Protokoll der Sitzung vom 09.03.2000

Für die Landesregierung antwortet wiederum Herr Minister Gabriel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider erlaubt die nicht eindeutig definierte Fragestellung nur eine allgemein gehaltene Beantwortung durch die Landesregierung.

Computerarbeitsplätze gibt es in Sachsen-Anhalt in der gesamten Einsatzbreite der Wirtschaft, der Wissenschaft und Bildung, der Verwaltung, in den Dienstleistungsbereichen usw. In jedem dieser genannten Bereiche sind Computerfachkräfte im Einsatz, die über ein unterschiedlich hohes Spezialwissen verfügen. Für die Bezeichnung „Computerspezialist“ gibt es keine eindeutige Beschreibung.

(Herr Wolf, FDVP: Die gibt es!)

Ich gehe davon aus, daß Fachleute in Höhe einer vierstelligen Zahl fehlen.

Zu 2: Wie in der Antwort zu 1 bereits ausgeführt, ist die Bezeichnung „Computerspezialist“ nicht eindeutig zu definieren. Eine Erhebung aller Computerfachkräfte im Land Sachsen-Anhalt in der gesamten Einsatzbreite wäre vom Aufwand her unverhältnismäßig und würde aufgrund der schnellen Entwicklung auch in unserem Bundesland keinen längeren Bestand haben.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf unsere erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Softwarespezialisten von Microsoft hinweisen. Seit vergangenem Jahr gibt es in Sachsen-Anhalt die Ausbildung zum zertifizierten Microsoft-Systemingenieur. Diese erfolgt mit Unterstützung der Arbeitsämter. Alle Absolventen haben entsprechende Arbeitsplätze erhalten.

Es kann davon ausgegangen werden, daß es in Sachsen-Anhalt im Prinzip keine arbeitslosen Computerfachleute gibt. Die Gegenüberstellung Kurzzeitarbeitsloser zu offenen Stellen bringt mich zu dieser pauschalen Aussage.

Herr Wolf hat angekündigt, daß er eventuell Nachfragen stellen würde. Bitte, Herr Wolf.

Herr Minister, sagen Sie ganz einfach, ob importiert werden soll oder nicht. Das wäre an dieser Stelle eine einfache und klare Aussage.

Zum zweiten verstehe ich unter Computerspezialisten in erster Linie sogenannte Administratoren, die in der Lage sind, WAN oder LAN, das heißt weltweite Netze und lokale Netze, zu pflegen und zu administrieren. - Danke.

Was war die Frage?

(Heiterkeit bei der SPD)

Die Frage war derart einfach, daß ich Ihre Rückfrage nicht verstehe. Wird importiert oder nicht? Das war die Grundfrage.

Zunächst erlaube ich mir die Bemerkung zu dem zweiten Teil Ihrer Frage, daß ich den Begriff „Computerfachleute“ weiter fasse als das, was Sie begrifflich eben hineingepackt haben.

Angesichts der Arbeitsmarktsituation und was die Fachkräfte auf diesem Gebiet angeht, halte ich eine Öffnung Deutschlands für ausländische Computerfachleute für angemessen.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Wir kommen zur Frage 8. Sie wird gestellt vom Abgeordneten Herrn Radschunat von der PDS-Fraktion zum Thema Novelle zum Altschuldenhilfegesetz.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie schätzt die Landesregierung den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf einer Novelle zum Altschuldenhilfegesetz in bezug auf die „Freikaufsregelung, die Nichtberücksichtigung der Negativrestitution und das Fortbestehen der Sanktionen bei Nichterfüllen der Privatisierungspflicht“ im Wissen um die schwierige Lage der sachsen-anhaltischen Wohnungsunternehmen ein?

2. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, daß dem Gesamtverband der Wohnungswirtschaft in der von Bundesminister Klimmt einberufenen Kommission „Wohnungspolitischer Strukturwandel in den neuen Län-dern“ eine angemessene und konstruktive Mitwirkung, auch aus der Sicht der betroffenen Länder, eingeräumt wird?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Dr. Heyer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Anfrage des Kollegen Radschunat beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.

Zu 1: Der Gesetzentwurf des Bundes zur Novellierung des Altschuldenhilfegesetzes wird von der Landesregierung begrüßt. Mit diesem positiven Votum befinden wir uns im Gleichklang mit allen neuen Ländern. Deshalb hat auch der Lenkungsausschuß am 27. Januar 2000 für eine zügige Verabschiedung des Gesetzes in dieser Form gesprochen.

Mit liegt inzwischen auch eine Stellungnahme des Landes Mecklenburg-Vorpommern zum Gesetzentwurf des Bundes vor. Obwohl der Bauminister dieses Landes einen eigenen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hatte, kann aus der Stellungnahme geschlossen werden, daß auch Mecklenburg-Vorpommern eine eigene Initiative für entbehrlich hält.

Unbeschadet dieser Einschätzung geht die Landesregierung davon aus, daß das Gesetz im parlamentarischen Verfahren noch Veränderungen erfahren wird.

Zu 2: Die in der Fragestellung anklingende Befürchtung, die Länder würden in der von Bundesminister Klimmt berufenen Kommission „Wohnungspolitischer Strukturwandel in den neuen Ländern“ nicht angemessen und konstruktiv mitwirken können, kann ich nicht teilen. Es handelt sich um eine Expertenkommission. Das heißt, es sollen die unmittelbar mit den Problemen befaßten Personen beteiligt sein, nicht in erster Linie Vertreter von Interessenverbänden.

So sind aus Sachsen-Anhalt der Geschäftsführer der Erneuerungsgesellschaft Wolfen-Nord, der für Stadtplanung zuständige Beigeordnete der Stadt Halle und die Vorsitzende des Mieterbundes unseres Landes vertreten. Die Berufung dieser Personen geschah in Abstimmung mit den Landesverbänden des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft. Die Vertreter der Bauressorts der Länder sind als mitberatende Gäste ebenfalls ständige Teilnehmer der Kommission.

Ich gehe davon aus, Herr Kollege Radschunat, daß wir bei Tagesordnungspunkt 9 noch Gelegenheit haben werden, den Sachverhalt ausführlicher zu debattieren. Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Wir haben den Tagesordnungspunkt 3 absolviert.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Zweite Beratung

Änderung der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/2665

Beschlußempfehlung des Ältestenrates - Drs. 3/2788

Die erste Beratung fand in der 34. Sitzung des Landtages am 10. Februar 2000 statt. Ich bitte jetzt Herrn Dr. Fikentscher, als Berichterstatter das Wort zu nehmen.

Herr Dr. Fikentscher, Berichterstatter des Ältestenrates:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Geschäftsordnung ist das Werkzeug der gesetzgebenden Versammlung zur glatten, einwandfreien Behandlung ihrer Aufgaben. Diese prägnante Definition, die auf den ehemaligen Präsidenten des Reichstages und ersten Alterspräsidenten des Deutschen Bundestages, den Sozialdemokraten Paul Löbe, zurückgeht, zeigt den Anspruch, dem sich ein jedes Parlament hinsichtlich der Ausgestaltung seiner Geschäftsordnung zu stellen hat.

Daß sich dieser Landtag - wie jedes andere Parlament im Medien- und Informationszeitalter - dabei auch Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gegenübersieht, dokumentiert insbesondere hier in Sachsen-Anhalt kaum ein Geschäftsordnungsthema so eindringlich wie jenes der Bildung der Fraktionen.

Wie Sie wissen, hatte ich in der letzten Sitzungsperiode des Landtages für meine Fraktion einen Antrag auf Änderung des § 2 der Geschäftsordnung, der die Bildung der Fraktionen regelt, eingebracht. Der Ältestenrat hat in seiner 20. Sitzung am 2. März 2000 darüber beraten und mich beauftragt, seine Beschlußempfehlung in dieser Sitzung des Landtages zu begründen.

Wie Sie in Nr. 1 der Beschlußempfehlung in der Drs. 3/2788 erkennen, ist der Antrag der Fraktion der SPD in der Beratung des Ältestenrates in seiner Grundsubstanz unverändert geblieben. Auch hat der Ältestenrat angesichts der doch recht grundsätzlichen, vor allem die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für eine geschäftsordnungsrechtliche Regelung der Fraktionsbildung auslotenden Aussprachen im Rahmen der ersten Beratung hier im Plenum bewußt darauf verzichtet, diese Fragen erneut im Detail aufzurufen.

Vielmehr ließ die Beratung im Ältestenrat keinerlei Zweifel daran aufkommen, daß eine Regelung wie die durch die Fraktion der SPD vorgeschlagene auch vor der Landesverfassung und insbesondere vor dem verfassungsrechtlich gewährleisteten freien Mandat, in dem sowohl Judikatur als auch das Schrifttum die Fraktionsbildung verfassungsrechtlich verorten, Bestand haben dürfte.

Nun aber zu den Veränderungen, die der Ältestenrat in den Antrag der SPD-Fraktion eingearbeitet hat. Der Ältestenrat griff eine Anregung der Fraktion der CDU auf, durch die Einfügung der Worte „nach Ablauf eines Monats“ in Absatz 1 Satz 4 die Frist klarzustellen, nach deren Ablauf nach der Konstituierung des Landtages jegliche Fraktionsbildung der Zustimmung des Land-tages bedarf. Eine entsprechende Passage war bereits im Antrag der Fraktion der CDU in der Drs. 2/684 enthalten gewesen.

Zweitens. Des weiteren empfiehlt der Ältestenrat, das im Antrag der SPD-Fraktion in Absatz 2 Satz 1 noch enthaltene strikte Ausspracheverbot zu streichen, da deutlich geworden ist, daß es angemessen erscheint, es dem Landtag freizustellen, über die Beschlußempfehlung des Ältestenrates zu debattieren oder nicht. So kann es unter Umständen erforderlich sein, sich auch im Plenum über eine zustimmungsbedürftige Fraktions-bildung politisch auszutauschen, auch wenn sie letztlich aus Rechtsgründen zu genehmigen ist.

Drittens. Schließlich empfiehlt Ihnen der Ältestenrat, in Absatz 3 die bisherigen Sätze 2 und 3 zu einem neuen Satz 2 zusammenzufassen. Nun wird in Satz 2 bestimmt, daß der Präsident die Führung einer Fraktions

bezeichnung untersagen soll, die die durch die Fraktion verfolgten Ziele nicht klar erkennen läßt oder eine Unterscheidung gegenüber anderen Fraktionen nicht gewährleistet.

Ich meine, durch diese Änderung werden zum einen die Mindestanforderungen, die an Fraktionsbezeichnungen zu stellen sind, nunmehr auch in unserer Geschäftsordnung deutlich und wird zum anderen betont, daß der Präsident lediglich im Falle des evidenten Nichterreichens dieser Anforderungen das Führen einer solchen Bezeichnung untersagen soll.

Die Ihnen unter Nr. 1 der Beschlußempfehlung vorgeschlagene Fassung des § 2 der Geschäftsordnung wurde im Ältestenrat bei zwei Stimmenthaltungen angenommen.

Neben diesen Änderungen hat sich der Ältestenrat auf der Grundlage des § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung mit Änderungen befaßt, die er wegen der zwischenzeitlich erfolgten Bildung einer fünften Fraktion im Landtag für erforderlich gehalten hat. Ich verweise insofern auf die Nrn. 2 bis 4 der Beschlußempfehlung.