Protokoll der Sitzung vom 04.05.2000

Sehr geehrter Herr Präsident! Die Anfrage des Abgeordneten Herrn Schomburg beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt.

Zu 1: Die Landesregierung hat weder beschlossen, noch beabsichtigt sie zu beschließen, die Sanierung von Dorfkirchen aus der bisherigen Förderung über das Dorferneuerungsprogramm herauszunehmen.

Dorfkirchen stellen ortsbildprägende Gebäude mit einem hohen denkmalpflegerischen Einzel- bzw. Ensemblewert dar. Ihre Erhaltung ist ein wichtiges Anliegen in der Praxis der Dorferneuerung. Das findet seinen Niederschlag in der bisherigen Förderung.

Bis Ende 1998 wurden in Sachsen-Anhalt insgesamt 595 Dorfkirchen mit einem Fördervolumen von 17,3 Millionen DM bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von 36,3 Millionen DM gefördert.

Zu 2: Die Beantwortung erübrigt sich aufgrund der Antwort zu Frage 1.

Eine Nachfrage? - Bitte.

Herr Minister Keller, wie erklären Sie sich dann die Tatsache, daß sich in den Ämtern für Flurneuordnung die

Anträge stapeln und in diesem Jahr nicht bearbeitet bzw. nicht bewilligt werden dürfen?

Erstens ist mir nicht bekannt, daß sich die Anträge stapeln. Zweitens kann die bisherige Nichtbewilligung von Neuanträgen mit der Freigabe der Mittel der Gemeinschaftsaufgabe insgesamt zusammenhängen. Jedenfalls ist nicht beabsichtigt, die Förderpraxis in bezug auf die Kirchen zu ändern. Das möchte ich betonen.

Damit sind alle vier angemeldeten Fragen beantwortet. Der Tagesordnungspunkt 5 ist abgeschlossen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich zwei Gästegruppen in unserem Hause begrüßen, zum einen eine Seniorengruppe aus Schönebeck und zum anderen Schülerinnen und Schüler des HerderGymnasiums aus Magdeburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes - GDG LSA

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 3/2512

Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales - Drs. 3/3063

Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Dr. Nehler. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegt Ihnen die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes SachsenAnhalt vor. Sie ist in der abschließenden Ausschußberatung am 27. April 2000 wie zuvor im mitberatenden Finanzausschuß einstimmig angenommen worden.

Die Einstimmigkeit in der Beschlußempfehlung wie auch die fraktionsübergreifende Übereinkunft, keine Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt zu führen, sollte uns die Bedeutung der Novellierung dieses Gesetzes nicht unterschätzen lassen.

In das Gesundheitsdienstgesetz wird ein neues Kapitel 3 eingeführt, das in seinen zwei Teilen die Ausführung des Krebsregistergesetzes und des Staatsvertrags über das gemeinsame Krebsregister wie auch des Transplantationsgesetzes des Bundes für das Land Sachsen-Anhalt regeln wird.

Es besteht offensichtlich in diesem Hohen Hause Einigkeit darüber, daß für beide Bereiche und damit sowohl im Sinne erstens der Verbesserung der Voraussetzungen für die epidemiologische Krebsforschung als auch zweitens der Bereitstellung und Verpflanzung von menschlichen Spenderorganen Handlungsbedarf und auch Eile vor allem in bezug auf mehr Rechtssicherheit für Ärzte, medizinische Einrichtungen und nicht zuletzt für jeden einzelnen Bürger besteht.

Sowohl das Transplantationsrecht als auch das aus der DDR übernommene Krebsregister haben vor der Verabschiedung der Bundesgesetzgebung bzw. des Staatsvertrages im vorigen Jahr über viele Jahre Anlaß zu brisanten politischen Auseinandersetzungen gegeben. Die nunmehr für das Land zu treffenden Ausführungsregelungen sind als Ergänzung zum Bundesrecht im Vorfeld der Landesgesetzgebung mit Fachvertretern der Ärztekammern und der Kassenärztlichen Vereinigungen wie auch hinsichtlich des Datenschutzes und der Einhaltung ethischer und verfassungsrechtlicher Normen abgestimmt worden.

Meine Damen und Herren! Der Sozialausschuß hat, wie aus der synoptischen Gegenüberstellung unserer Beschlußempfehlung mit dem Entwurf der Landesregierung ersichtlich wird, auf Empfehlung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes eine Reihe von Änderungen vorgenommen, die aber sämtlich redaktioneller Art oder eine Frage der Rechtssystematik waren. Ich erspare Ihnen aus Zeitgründen weitere diesbezügliche Details.

Inhaltliche Diskussionspunkte im Ausschuß betrafen insbesondere Patientenrechte, wie das Widerspruchsrecht hinsichtlich der Meldepflicht bei Krebserkrankungen, und zum Teil neu geschaffene Berufspflichten für Ärzte und Zahnärzte. Insgesamt bestand jeweils Konsens zu den Ausführungen des Gesetzestextes. Schließlich ist festzustellen, daß der öffentlichen Hand durch dieses Gesetz keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Kurzum, diese wichtigen Ergänzungen zum Gesundheitsdienstgesetz des Landes sollten in der vorliegenden Fassung verabschiedet werden. Ich bitte im Namen des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales um Ihre Zustimmung und bedanke mich.

(Zustimmung bei der SPD und von Ministerin Frau Dr. Kuppe)

Vielen Dank, Herr Kollege Nehler. - Eine Debatte ist nicht vorgesehen. Gibt es trotzdem Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren.

Wir stimmen zunächst über die selbständigen Bestimmungen ab. Ich möchte soviel wie möglich zusammenfassen, wenn das Ihre Zustimmung findet und es keinen Widerspruch gibt.

Ich stelle zunächst § 1 des Gesetzes in der Fassung der Beschlußempfehlung des Ausschusses zur Abstimmung. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - § 1 ist bei einer Stimmenthaltung ohne Gegenstimmen beschlossen.

Ich stelle § 2 des Gesetzes zur Abstimmung, ebenfalls in der Fassung der Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Wir stimmen über die Gesetzesüberschrift ab. Sie lautet: „Gesetz zur Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes“. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ebenfalls einstimmig.

Zuletzt stimmen wir über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer dem Gesetz in seiner Gesamtheit zustimmt,

den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Ebenfalls nicht. Somit ist das Gesetz einstimmig beschlossen und damit der Tagesordnungspunkt 6 abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kommunalwirtschaftlicher Vorschriften und Entwurf des Gesetzes über die kommunalen Anstalten des öffent- lichen Rechts (Anstaltsgesetz - AnstG)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 3/3022

In Vertretung des Ministers des Innern wird dieser Gesetzentwurf von der Ministerin Frau Schubert ein- gebracht. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung kommunalwirtschaftlicher Vorschriften in der Gemeindeordnung und des Gesetzes über die kommunalen Anstalten des öffentlichen Rechts, das sogenannte Anstaltsgesetz, sollen es den Kommunen ermöglichen, auf die teilweise auf europarechtliche Vorgaben zurückgehende und durch deren nationalstaatliche Umsetzung veränderte Wettbewerbssituation angemessen zu reagieren.

Leitgedanke kommunalwirtschaftlicher Betätigung bleibt jedoch die Gemeinwohlorientierung, das heißt die Erfüllung öffentlicher Zwecke unter Zurückstellung von Gewinnerzielungsabsichten. Ich betone dies gleich zu Anfang, weil in Presseberichten dargestellt wurde, dieser Leitgedanke werde aufgegeben. Das ist nicht der Fall. Im Zusammenspiel beider Gesetzentwürfe wird vielmehr nur eine vorsichtige Liberalisierung des aus dem Jahr 1935 stammenden kommunalen Wirtschaftsrechts verbunden mit einer deutlichen Erhöhung der Transparenz kommunalen Handelns und damit einem besseren Erkennen von Risiken wirtschaftlicher Betätigung angestrebt.

Die während der Anhörung zum Referentenentwurf vorgebrachten Bedenken, daß kommunale Betriebe noch stärker als bisher in den Wettbewerb mit kleinen und mittelständischen Unternehmen des Handwerks und der Dienstleistungsbranche träten und diese in ihrer Existenz gefährdeten, konnten weitgehend ausgeräumt werden. Dennoch berichtet die Presse weiter über bestehende Vorbehalte. Einigen Verbänden gehe die Novellierung nicht weit genug, anderen gehe sie zu weit. Die Erklärung hierfür liegt wohl darin, daß die Kritiker sich immer nur einzelne Regelungen vornehmen und nicht in der Lage sind, den Gesetzentwurf insgesamt zur Kenntnis zu nehmen.

Die Landesregierung hat keinen Zweifel daran, daß der Entwurf insgesamt ausgewogen ist. Die lange Phase der Anhörung nach der ersten Kabinettsbefassung und die gründliche Überarbeitung des ersten Entwurfs belegen dies.

Meine Damen und Herren! Die Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts soll nicht zur Ausdehnung kommunaler Wirtschaftstätigkeit führen, sondern dazu beitragen, daß die den Kommunen bisher auferlegten Beschränkungen im Wettbewerb mit der Konkurrenz etwas erleichtert werden. Die Wettbewerber haben auf der anderen Seite aber verbesserte Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich dieser wirtschaftlichen Betätigung der

Gemeinden erhalten; denn die für den Rat und die Bürger zu erstellenden Beteiligungsberichte über kommunalwirtschaftliche Betätigungen sind auch für die Privatwirtschaft öffentlich.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich die Regelungen im einzelnen vorstellen.

Zur Anpassung des kommunalen Wirtschaftsrechts an die veränderte Wettbewerbssituation soll primär eine verfassungskonforme Lockerung des Örtlichkeitsprinzips erfolgen. Mit der Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung außerhalb des Gemeindegebietes wird keine grundsätzliche Neuregelung geschaffen, weil das Überschreiten der Gemeindegrenzen auch nach geltender Rechtslage, allerdings nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der betroffenen Gemeinden, zulässig ist.

(Herr Scharf, CDU: Großer Unterschied!)

- Das kommt, Herr Scharf! - Zukünftig soll es den Kommunen gestattet sein, mit ihren Unternehmen außerhalb ihres Gebietes tätig zu werden, wenn die berechtigten Interessen der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften gewahrt sind, also auch ohne deren ausdrückliche Zustimmung.

Mit dieser Regelung wird der berechtigten Forderung Rechnung getragen, daß das Aufbrechen monopolistischer Strukturen und die Zulassung des Wettbewerbs zum Beispiel in der Stromversorgung keine Einbahnstraße zum Nachteil der Kommunen wird.

Von einer Beschränkung der Bestimmung auf den Energiesektor wurde im Hinblick auf die europapolitische Tendenz der Öffnung weiterer Märkte abgesehen.