Protokoll der Sitzung vom 23.06.2000

(Zustimmung bei der CDU)

zumindest so lange, bis der absehbare Mangel an Grundschullehrern dahin führen wird, daß Horterzieher

ganz regulär den Unterricht an Grundschulen erteilen werden.

Fünftens. Eine weitere wichtige Frage ist für uns, ob und inwieweit Schulen in freier Trägerschaft an die Gesetzgebung gebunden sein sollen. Es gibt beispielsweise Schulen, wo an zwei Tagen in der Woche nachmittags Unterricht stattfindet, so daß sie zwar nicht jeden Tag auf fünfeinhalb Stunden, aber in der Woche auf 27,5 Stunden kommen. Erfüllen sie nun diese Bedingungen des Gesetzentwurfes oder nicht? Welche genauen Befähigungen müssen ihre Erzieherinnen haben? Ich weiß nicht, ob man im Kultusministerium über diese Fragen überhaupt schon nachgedacht hat.

Sechstens. Viele Eltern, die auf eine Hortbetreuung angewiesen sind, fühlen sich verunsichert. Zu diesem Problem hat Herr Kuntze bereits eine Frage gestellt. Sie fragen sich, ob zu Recht oder nicht, unter welchen Bedingungen künftig die Betreuung nach der Schule gewährleistet ist.

Verehrte Damen und Herren! Nach dem Gesetzentwurf soll das Hortgesetz schon im Jahre 2001 auslaufen. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Landesregierung aber gleichzeitig einen Tarifvertrag für Horterzieherinnen mit einer Beschäftigungsgarantie bis zum Jahr 2003 aushandelt. Die Geltung des Tarifvertrages wird sogar davon abhängig gemacht, daß der Landtag diesen Gesetzentwurf in seinen wesentlichen Punkten nicht ablehnt.

Sie wollen also ein Gesetz, nach dem nur ein Teil der Horterzieher eine Landesaufgabe erfüllt, wollen zugleich aber alle im Landesdienst behalten.

(Frau Mittendorf, SPD: Sagen Sie eine andere Alternative!)

Ich weiß wirklich nicht, welche Logik oder Absicht dahinter steht. Diese Fragen können wir hoffentlich im Ausschuß klären.

Die CDU-Fraktion lehnt den Gesetzentwurf in dieser Form ab. Wir freuen uns aber auf die Diskussion im Ausschuß und hoffen, daß sich an diesem Gesetzentwurf doch noch einiges verändern läßt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP)

Vielen Dank. - Für die PDS-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Hein. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Feußner, ich wollte meine Rede eigentlich nicht so beginnen. Ich muß sagen, ich kann mich nicht mit jedem Ihrer Argumente auseinandersetzen, weil mir dafür die Zeit fehlt. In einer Sache bin ich aber -

(Zuruf von der CDU)

- Das können wir im Ausschuß machen. - Ich muß aber zumindest sagen, daß ich von Ihrer Rede sehr enttäuscht bin; denn einen so großen Mangel an Sachkenntnis habe ich Ihnen bisher nicht zugetraut.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD - Herr Dr. Bergner, CDU: Das ist die billigste Art, sich auseinanderzusetzen! - Zurufe von Frau Wiechmann, FDVP, und von Herrn Wolf, FDVP)

Wenn wir mehr Redezeit hätten, könnten wir das gern ausführlich tun. Das ist richtige Unkenntnis von geltenden Gesetzen. So etwas dürfte es nach sechsjähriger Arbeit im Landtag nicht mehr geben.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Die Leistungsfähigkeit des bundesdeutschen Bildungssystems steht seit Jahren mehr und mehr in der Kritik. Man mag von Vergleichsstudien halten, was man will, sie belegen am Ende nur, was im gesellschaftlichen Diskurs ohnehin seit Jahren offen diskutiertes Problem ist. Wenn sich in den ersten Jahren nach der Wende in den Schulen der neuen Bundesländer bezüglich des Wissensniveaus und der Problemlösungskompetenz der Schülerinnen und Schüler ein günstigeres Bild ergab als in den alten Bundesländern - die TIMSS-Studie deutet das an -, so deuten neuere Untersuchungen diesbezüglich ein Angleichen an das schlechtere Westniveau an.

Grundschullehrerinnen waren die ersten, die bereits etwa 1993 darauf aufmerksam machten, daß das von ihnen gewohnte Niveau der Unterrichtsergebnisse unter den neuen Bedingungen nicht mehr gehalten werden konnte. Das Ergebnis war eine spürbare Verschlechterung der Beherrschung der Kulturtechniken bei Grundschülerinnen und Grundschülern, was gravierende Auswirkungen auf den Erfolg der Bildungsarbeit auch in den nachfolgenden Schulstufen und Schulformen hatte.

Der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklung mit einer stärkeren Orientierung der Grundschulen auf die Ausprägung von Kulturtechniken reagiert, die aber bislang noch nicht die gewünschten Wirkungen erzielt hat. An vielen Grundschulen gibt es in den letzten Jahren Anstrengungen, das Bildungsniveau auch durch andere Konzeptionen des Unterrichtens zu verbessern.

Die heute von der Landesregierung vorgelegte Gesetzesnovelle zur Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten ist für uns vor allem aus diesem Blickwinkel ein notwendiger Reformschritt. Er reagiert zudem auf die gewachsenen Schwierigkeiten von Grundschülerinnen und Grundschülern in ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Von der Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten kann ein positiver Impuls auf die Entwicklung von Schülerpersönlichkeiten ausgehen, und es wird eine bessere Bildungsarbeit an Grundschulen ermöglicht. Sie wird natürlich nicht zwangsläufig und automatisch entstehen.

Dies vor allem erhoffen wir uns von der Gesetzesänderung. Die Zeit dafür ist günstig, weil es auch in den anderen Ländern, nicht zuletzt in Bayern, Frau Feußner, solche Überlegungen gibt.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Zumindest kann man uns jetzt nicht vorwerfen, wir würden uns mit dieser zusätzlichen Landesaufgabe einen Luxus leisten, für den andere Länder kein Geld haben.

(Oh! bei der CDU - Frau Feußner, CDU: Aber bitte!)

Für die PDS-Fraktion steht allerdings der pädagogische Ansatz im Vordergrund und nicht die verläßliche Betreuungszeit, die aus Mangel an Hortplätzen in manchem Altbundesland ausschlaggebender Faktor sein dürfte. Für die verläßliche Betreuung der Kinder hätten wir bereits jetzt alle notwendigen Voraussetzungen und brauchten dieses Gesetz nicht. Allerdings sehen wir in dieser Gesetzeslösung auch die gute Möglichkeit, ein

hohes Beschäftigungsniveau für Hortnerinnen zu garantieren, was nach der Änderung des Kinderbetreuungsgesetzes zunächst ziemlich aussichtslos erschien.

(Frau Feußner, CDU: Das war auch Ihre Idee!)

- Nein, das war nicht unsere Idee. Ich muß Ihnen sagen, Frau Feußner, daß wir andere Vorstellungen von Arbeitsplatzsicherung haben als das, was Sie gestern bei den Grundschullehrerinnen erklärt haben, nämlich den Weg der Kündigung zu gehen. Das muß man auch einmal so deutlich sagen.

(Zustimmung bei der PDS und von Frau Mitten- dorf, SPD)

Wir befürworten genau aus diesem Grunde auch die Entscheidung für die flächendeckende Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten und ein Vorziehen auf das Jahr 2001/2002.

An diesem Punkt setzen allerdings auch unsere Sorgen an. Mit der Grundschule mit festen Öffnungszeiten darf die nachfolgende Nachmittagsbetreuung nicht entfallen. Darum haben wir uns nach vielen Gesprächen mit Trägern der Hortbetreuung entschlossen, den zeitlichen Rahmen von 5,5 Stunden mitzutragen, obwohl aus der Sicht des pädagogischen Konzepts insbesondere für die Klassen 3 und 4 eine längere Betreuungszeit von etwa sechs Stunden sinnvoll wäre.

Wir richten unser Augenmerk in den Beratungen und in der Umsetzung des Gesetzes vor allem darauf, daß die nachfolgende Betreuung schulortnah möglich bleibt und keine zusätzlichen Hürden für die heutigen Träger der Schulhorte, die dann auch noch Träger von Kindereinrichtungen sein werden, errichtet werden, so daß dieses Angebot weiter vorgehalten werden kann, und zwar möglichst, wo immer es geht, auch im Schulgebäude.

Zum zweiten erwarten wir, daß die personelle und inhaltliche Vorbereitung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten insbesondere durch eine ausreichende Lehrerfortbildung garantiert wird.

Nicht zuletzt erwarten wir eine zügige Untersetzung des Gesetzes, damit die Schulen und die Schulträger schnell Klarheit über zu erwartende Veränderungen haben. Damit das allerdings stattfinden kann, brauchen wir eine zügige Beratung des Gesetzes in diesem Hause. Dazu ist sind wir bereit, und wir beantragen zumindest die Überweisung in den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft - das versteht sich fast von selbst -, aber auch in den Ausschuß für Gleichstellung, Kinder Jugend und Sport, weil es auch um die Anschlußbetreuung geht. Der Finanzausschuß und der Innenausschuß müssen sicherlich auch beteiligt werden. - Danke schön.

(Zustimmung bei der PDS - Zuruf von Frau Stan- ge, CDU)

Frau Abgeordnete Hein, sind Sie bereit, eine Frage der Abgeordneten Frau Feußner zu beantworten?

Wenn mir das die Gelegenheit gibt, noch ein Wort zu sagen, sicher.

Frau Dr. Hein, Sie haben gesagt, Sie hätten nicht die Gelegenheit, auf meinen Beitrag einzugehen. Dadurch

kann ich Ihnen die Gelegenheit geben, Ihre Redezeit zu verlängern. Ich möchte Sie herzlich bitten zu erläutern, wo ich auf falscher Linie liege. Ich möchte Sie also fragen: Wo liege ich Ihrer Meinung nach rechtlich nicht richtig?

Zum Beispiel in der Aussage, daß die Horterzieherinnen im Unterricht eingesetzt würden und sozusagen den Grundschullehrerinnen die Arbeitsplätze wegnehmen würden. Das ist schlichtweg falsch.

(Frau Mittendorf, SPD: Keine Ahnung! Keine Ah- nung!)

Die Horterzieherinnen werden als pädagogische Mitarbeiterinnen beschäftigt und nicht als Lehrerinnen. Sie können, da sie über das Landesbesoldungsgesetz keine Anerkennung haben, auch gar nicht als Lehrerinnen eingesetzt werden.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Das war die Vermutung für die Zukunft, Frau Kollegin!)

- Nein, das wird nicht passieren können. Das gefällt mir nicht einmal. Ich finde das nicht einmal schick. Ich hätte mir früher schon gewünscht, daß die Horterzieherinnen im Unterricht arbeiten könnten. Sie dürfen es einfach nicht.

(Herr Dr. Sobetzko, CDU: Ausschuß!)

Dagegen ist dummerweise kein Kraut gewachsen. Selbst der Landesgesetzgeber hat kaum eine Chance, diesbezüglich etwas zu regeln.

Einen Moment, ich habe den Verdacht, die Kollegen wollen noch viele Fragen stellen, damit Sie noch viele Fragen beantworten und all das loswerden können, was Sie nicht sagen konnten.

(Frau Feußner, CDU, winkt ab)

- Das wird zurückgezogen. - Ich bitte nun die Abgeordnete Frau Kauerauf, für die SPD-Fraktion das Wort zu ergreifen.