Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In seiner 67. Sitzung am 10. November 2000 befasste sich der Ausschuss für Finanzen mit dem Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband.
Zunächst wurden entsprechend dem Beschluss des Ausschusses für Finanzen die kommunalen Spitzenverbände und der Ostdeutsche Sparkassen- und Giroverband angehört. Während der Anhörung hatten die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und des OSGV die Möglichkeit, ihre Argumente für und gegen die Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband vorzubringen und so zu einer umfassenden Meinungsbildung bei den Ausschussmitgliedern beizutragen.
Im Laufe der Sitzung des Ausschusses für Finanzen wurde über einzelne Punkte des Staatsvertrages zum Teil ausführlich diskutiert. Darunter sind folgende drei Punkte hervorzuheben: erstens die Prüfung des OSGV durch den Landesrechnungshof, zweitens die vorgesehene Informationspflicht über beabsichtigte Entscheidungen und drittens die Einbindung des Sächsischen Finanzverbundes in den OSGV.
Der Gesetzentwurf in der vorgelegten Fassung sieht zu den eben genannten Punkten folgende Regelungen vor:
Erstens. Die Landesrechnungshöfe der Vertragsländer erhalten das Recht, die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Verbandes sowie seine Mehrheitsbeteiligungen zu prüfen oder durch Dritte prüfen zu lassen. Der Prüfbericht wird dem Verband sowie den zuständigen Ministerien der Vertragsländer zugeleitet.
Zweitens. Der Verband hat im Voraus die Vertragsländer über beabsichtigte Entscheidungen, die die Vertragsländer betreffen oder die für die Regionen der Vertrags
länder von erheblicher Bedeutung sind, zu unterrichten. Diese Informationspflicht betrifft auch die Errichtung von rechtlich unselbständigen und rechtlich selbständigen Einrichtungen des Verbandes.
Drittens. Die Regelungen des Sparkassenstützungsfonds gelten auch für die Sachsen-Finanzsparkassen. Der Eintritt des Stützungsfonds setzt jedoch voraus, dass der Sächsische Finanzverbund Aufgaben wahrnimmt, die der Ausübung von Kapitaleignerfunktionen bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten gleichgesetzt werden können.
Die Verpflichtung des OSGV zur Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit wird in den Staatsvertrag integriert. Die Einhaltung wird durch die Staatsaufsicht überprüft. In die Präambel wird die Beachtung der Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen sowie der regionalen Interessen aufgenommen. Die Satzung des OSGV und ihre Änderungen bedürfen künftig der Genehmigung aller Länder.
Der Verband hat innerhalb von drei Jahren ab In-KraftTreten des Änderungsstaatsvertrages unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit über seinen dauerhaften Verbandssitz zu entscheiden.
Zukünftig wird in der Verbandsversammlung grundsätzlich das Kapitalstimmrecht eingeführt, soweit die Satzung nicht etwas anderes vorsieht. Nur in Personalwahlangelegenheiten und bei Satzungsänderungen ist die Abstimmung nach Köpfen vorgesehen. Der Verband hat zukünftig nicht nur die Sparkassen, sondern unter anderem auch die Gewährträger in Sparkassenfragen zu unterstützen.
Zur Erstellung des Jahresabschlusses wird ein Abschlussprüfer bestellt. Die Bestellung des Abschlussprüfers bedarf der Zustimmung durch die Staatsaufsicht im Einvernehmen mit dem Landesrechnungshof des Landes, welches die Staatsaufsicht führt. Hierbei hat sich der Verband mit dem zuständigen Landesrechnungshof über die Prüfungsschwerpunkte ins Benehmen zu setzen.
Der Verband unterhält in allen Ländern Landesbeiräte, die ihn hinsichtlich der landesspezifischen Besonderheiten beraten, ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen und jeweils vier Mitglieder für den Verbandsvorstand wählen. Jeder Landesbeirat hat auch das Recht, bis zu zwei Vertreter der Gewährträger in regionale Arbeitsgemeinschaften des Verbandes als Mitglieder zu entsenden.
Im Sinne einer stärkeren Transparenz und effektiven Ausübung der Staatsaufsicht sind die zuständigen Landesministerien berechtigt, an der Verbandsversammlung und den Sitzungen der jeweiligen Landesbeiräte teilzunehmen und gegebenenfalls zu Tagesordnungspunkten Stellung zu nehmen.
Der Verband hat bei der Bemessung der zur Deckung der Verbandskosten notwendigen Finanzierungsbeiträge die tatsächliche Inanspruchnahme von Verbandsleistungen zu berücksichtigen.
Ungeachtet der zum Teil unterschiedlichen Ansichten zu den einzelnen Punkten des neuen Staatsvertrages waren sich die kommunalen Spitzenverbände, die Vertreter des OSGV und die deutliche Mehrheit der Mitglieder des Finanzausschusses darüber einig, dass der
OSGV unbedingt als Vierländerverband erhalten bleiben sollte und dass die getroffenen Vereinbarungen dieses Ziel gewährleisten können.
Der Antrag, die Landesregierung zu beauftragen, Nachverhandlungen mit dem Ziel zu führen, den ersten und den letzten Satz in § 2 Abs. 3 und die Sätze 1 und 2 in § 2 Abs. 4 zu streichen, wurde als nicht notwendig erachtet.
Dementsprechend stimmte der Ausschuss Artikel 1 und Artikel 2 sowie der Gesetzesüberschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes mit 6 : 3 : 1 Stimmen zu und empfahl gemäß dem Abstimmungsergebnis dem Ausschuss für Inneres die Zustimmung zum Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband.
Nachdem sich der Ausschuss für Inneres in seiner 36. Sitzung am 15. November 2000 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen angeschlossen hatte, wurde der Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband erneut im Ausschuss für Finanzen behandelt. Mit einem Abstimmungsergebnis von 7 : 2 : 2 empfiehlt der Ausschuss für Finanzen dem Landtag, unter Beachtung des Ergebnisses der Beratung des Ausschusses für Inneres den Gesetzentwurf in unveränderter Fassung anzunehmen.
Sollte das Gesetz zum Änderungsstaatsvertrag heute Ihre Zustimmung erhalten, so würde der Änderungsstaatsvertrag am 31. Dezember 2000 auch für das Land Sachsen-Anhalt in Kraft treten, vorausgesetzt, dass spätestens zum 31. März 2001 die Urkunden der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vorliegen.
Vielen Dank, Frau Fischer. - Im Ältestenrat ist dazu eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge DVU-FL, CDU, SPD, PDS und FDVP vereinbart worden. Zuvor hat jedoch der Minister der Finanzen Herr Gerhards um das Wort gebeten. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Den Inhalt des Staatsvertrages hat die Frau Vorsitzende noch einmal geschildert. Ich habe bei der Einbringung des Gesetzentwurfs vor zwei Monaten deutlich gemacht, weshalb es erforderlich ist, die Grundlagen des OSGV neu zu justieren, nämlich um den künftig veränderten Anforderungen gerecht werden zu können.
Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass sich nun ein aktueller Anlass dafür bietet, umso schärfer auf das zu achten, was in den nächsten Jahren im Sparkassenwesen geschehen wird. Die Entwicklung überschlägt sich gegenwärtig.
Im Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Wettbewerbsregeln bzw. der schärferen Anwendung der Wettbewerbsregeln in der Europäischen Union wird sehr genau auf die Bedingungen geachtet werden, denen die öffentlichen Banken, insbesondere die Landesbanken, aber auch die Sparkassen, soweit sie öffentlich-rechtlich getragen werden, unterliegen. Wir werden damit rech
nen müssen, dass wir in absehbarer Zeit zu erheblichen Umstrukturierungen, insbesondere im Bereich der Landesbanken, kommen.
Umso wichtiger ist es aber, dass wir für die Versorgung des Mittelstandes und der Kunden mit normalen Konten die öffentlich-rechtliche Struktur der Sparkassen erhalten, weil sie neben den Genossenschaftsinstituten, die nicht die gleiche Größenordnung haben, die einzigen sind, die dauerhaft die Grundversorgung sicherstellen und im Bereich der Daseinsvorsorge die erforderliche Struktur aufrechterhalten.
Hierbei zeichnen sich eine ganze Menge Veränderungen ab. Es gibt Begehrlichkeiten auch großer Sparkassen in Deutschland, sich von der öffentlich- rechtlichen Struktur jedenfalls insoweit zu lösen, als man zwar die Finanzierungssicherheit erhalten, künftig aber trotzdem in stärkerem Umfang am Wettbewerb teilnehmen will. Wie das zusammenpasst und welche Auswirkungen das auf das deutsche Sparkassenwesen insgesamt haben wird, lässt sich noch nicht genau absehen.
Umso wichtiger ist es aber, dass wir mit der Neujustierung des OSGV einen Rahmen bilden, der für die kleinen und mittleren Sparkassen, die für die vier ostdeutschen Mitgliedsländer noch immer typisch sind, eine gesicherte Grundlage für all das bietet, was hinter dem Schalter, im so genannten Backoffice-Geschäft, geschehen muss.
Im Hinblick auf die Neustrukturierungen, die sich insbesondere in Sachsen abzeichnen, ist im neuen Staatsvertrag auch eine Öffnungsklausel enthalten, die es uns möglich machen wird, in den nächsten Jahren flexibel auf solche Veränderungen zu reagieren.
Ich gehe davon aus, dass dieser Rahmen, den wir nun gefunden haben, in den nächsten zehn Jahren die erforderlichen Änderungen, aber auch das, was wir gar nicht wollen, was aber möglicherweise kommen wird, abdeckt und die Chance dafür bietet, dass die Sparkassen gleichwohl schlagkräftig werden und ihre Aufgaben an der richtigen Stelle bündeln können, damit sie andererseits lebensfähig bleiben und die Grundversorgung erfüllen können.
Ich weise deshalb daraufhin, weil ich glaube, dass die Änderungen in den nächsten Jahren noch sehr viel weiter gehen werden, als wir uns das bei der Neustrukturierung des Staatsvertrages im vergangenen Jahr bereits überlegt hatten. Ich bin zuversichtlich, dass uns die jetzt vorliegende Änderung einerseits, andererseits aber auch die klare Ausrichtung auf mehr Effizienz des OSGV helfen wird, die künftigen Aufgaben zu erfüllen.
Dabei will ich es belassen, denn ich glaube, wichtiger als all das, was ich jetzt gesagt habe, ist es im Augenblick, dass der Staatsvertrag in allen vier Ländern zum 1. Januar 2001 in Kraft treten kann. Dafür werden mit der heutigen Verabschiedung die Weichen gestellt. - Danke schön.
Herr Minister, Sie haben fast mehr zum Sparkassengesetz gesprochen als zum OSGV. Ist es richtig, dass das Sparkassengesetz schon vor einiger Zeit das Kabinett passiert hat? Wenn ja, wann werden wir das im Parlament haben?
Wir werden das Sparkassengesetz vermutlich in einer der ersten Sitzungen des nächsten Jahres einbringen. Die Vorarbeiten sind in der Tat fertig. Wir haben aber Wert darauf gelegt, dass die beiden Dinge, der OSGVStaatsvertrag einerseits und die Novellierung des Sparkassengesetzes andererseits, auseinander gehalten werden, auch in der politischen Diskussion. Das ist insofern klug, als wir die Zeit hatten, zu sehen, was sich im Augenblick entwickelt. Das habe ich jetzt nur angedeutet.
Wir werden sicherlich bei den Beratungen über das Sparkassengesetz sehr viel genauer darauf eingehen müssen. Das ist jetzt - wenn wir so wollen - eine Vorschau auf das gewesen, was sich im nächsten Jahr ereignen wird. Ich habe das nur deshalb heute angesprochen, weil der neue Rahmen des geänderten OSGV-Staatsvertrages uns darauf besser vorbereitet als der alte. Über alles andere werden wir zu gegebener Zeit sehr genau beraten. Sicherlich werden wir insbesondere im Fachausschuss detailliert darüber reden müssen.
Herr Minister, Moment. Weil Sie das angesprochen haben, hat auch der Abgeordnete Professor Trepte noch eine Frage. Bitte.
Herr Minister, Sie wissen, dass der Sächsische Finanzverbund Mitglied des OSGV wird, das heißt auch die Sachsenbank und die Sächsische Hauptbank. Sie wissen auch, dass gegen die WestLB ein Beihilferechtsverfahren läuft und dass mit der Aufnahme des SachsenFinanzverbundes in den OSGV der Sparkassenstützungsfonds auch für die Aufbaubank und für die Säch- sische Landesbank zutreffend ist.
Glauben Sie nicht - ich beziehe mich damit auf eine Aussage, die Sie eben getroffen haben -, dass die Gefährdung der ostdeutschen Sparkassen, insbesondere unserer vier Länder, durch die Einbeziehung der sächsischen Banken in Bezug auf die Beobachtung und eventuelle Maßgaben durch die EU gegeben ist?