Protokoll der Sitzung vom 18.05.2001

Herr Schomburg, ich will nichts weiter wissen als das, woran Sie feststellen, dass ich mich nicht zu meiner persönlichen SED-Vergangenheit bekenne, und woran Sie festmachen, dass ich nicht kritisch mit der Vergangenheit der SED umgehe. Woran machen Sie das fest? Ich behaupte, ich habe das immer getan und werde es auch in Zukunft tun.

Frau Dirlich, Sie haben aus dem Faktum, das Sie festgestellt haben und das ich nicht unterstützen will, dass alle, die im Zweiten Weltkrieg in der Wehrmacht gekämpft haben, Nationalsozialisten, Faschisten waren, je nachdem, wie Sie das bezeichnen wollten, geschlussfolgert, dass diese Menschen heute keinerlei Berechtigung haben, mit solchen Forderungen in die Öffentlichkeit zu treten.

(Frau Bull, PDS: Das ist richtig falsch! Das kön- nen Sie in Ruhe nachlesen! - Weitere Zurufe von der PDS)

- Ja, wir lesen das in Ruhe noch einmal nach. - Insofern haben wir schon Probleme damit, dass Sie als Nachfolger oder als Vertreter der Partei, die dafür gesorgt hat, dass die Rückkehrer, als sie zurückkamen, hier als

Kriegsverbrecher behandelt wurden, so einen Schluss ziehen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Preiß, DVU, und bei der FDVP)

Dies betraf auch häufig die Suche nach Arbeit. Die gesellschaftliche Eingliederung war ein zusätzliches ideologisches Problem für diese Menschen, die meiner Ansicht nach zum großen Teil unverschuldet in diese Zwangslage gekommen sind.

(Zurufe von Frau Bull, PDS, und von Frau Ferchland, PDS)

Deshalb kann ich diesen Schluss nur auf das Schärfste zurückweisen und sagen, damit entlarven Sie sich selbst, dass Sie noch diesem alten ideologischen Weltbild anhängen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP - Zustim- mung von Herrn Preiß, DVU)

Herr Schomburg, beantworten Sie noch eine Frage von der Abgeordneten Frau Dirlich?

Die möchten Sie nicht mehr beantworten.

(Frau Dirlich, PDS: Auf solche Unterstellungen!)

- Frau Dirlich, er muss nicht antworten. Wir handeln nach der Geschäftsordnung. Ein Abgeordneter kann, muss aber nicht eine Frage beantworten. Herr Schomburg hat das abgelehnt. Das Reagieren kann nicht als offene Debatte geschehen.

(Frau Dirlich, PDS: Ich kann aber eine persönli- che Erklärung abgeben!)

- Wir halten uns an die Geschäftsordnung. Diese Möglichkeit haben Sie selbstverständlich.

Ich würde damit die Debatte zum Tagesordnungspunkt 24 für beendet erklären. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

(Frau Stolfa, PDS: Es müsste aber eine persön- liche Erklärung nach dem Ende der Debatte möglich sein!)

- Nach dem Ende der Debatte? - Nach der Abstimmung.

(Frau Stolfa, PDS: Nach dem Ende der Debatte!)

- Halten Sie es für notwendig, dass das vor dem Abstimmungsverfahren geschehen muss? - Ich denke, wir stimmen erst einmal ab. Bevor der Tagesordnungspunkt abgeschlossen wird, kann Frau Dirlich die persönliche Erklärung abgeben.

Eine Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden. Ich habe nur gehört, dass der Abgeordnete Herr Schomburg einverstanden wäre, aber das war kein Antrag.

Demzufolge stimmen wir über den Antrag selbst ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag ohne Stimmenthaltungen bei einer großen Zahl von Befürwortern mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.

Bevor wir den Tagesordnungspunkt abschließen, erhält die Abgeordnete Frau Dirlich die Möglichkeit, eine persönliche Bemerkung abzugeben.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schomburg, mein Großvater war Mitglied der Wehrmacht. Mein Großvater war wahrlich kein Faschist. Mein Großvater hat auf mich ganz persönlich und auf meine Erziehung großen Einfluss genommen. Sie sehen, was dabei herausgekommen ist.

(Lachen und Zustimmung bei der CDU, bei der DVU und bei der FDVP - Herr Gürth, CDU: Das spricht nicht für Ihren Großvater! - Zurufe von der SPD)

Die faschistische Wehrmacht hat sich selbst als faschistische Wehrmacht bezeichnet. Das ist ein Fakt.

Herr Schomburg, der Vergleich zwischen der DDR und dem Nationalsozialismus, der Vergleich totalitärer Systeme ist erlaubt.

(Zuruf von Frau Lindemann, SPD - Herr Dr. Berg- ner, CDU: Ach, Frau Lindemann!)

Aber die Gleichsetzung der DDR mit dem nationalsozialistischen System lehne ich strikt ab und weise sie hiermit zurück.

(Lebhafter Beifall bei der PDS)

Damit ist die Beratung zum Tagesordnungspunkt 24 abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beratung

Sachsen-Anhalt ist kein geeignetes Experimentierfeld für gescheiterte Justizreform

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/4523

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/4566

Der Antrag der CDU wird eingebracht von dem Abgeordneten Herrn Remmers. Bevor Herr Remmers das Wort nimmt, begrüße ich herzlich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Elbingerode. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Bitte, Herr Remmers.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben diesen Antrag gestellt, um zu erreichen, dass die Versuche der Landesregierung - hier vertreten durch die Justizministerin - verhindert werden, das Land SachsenAnhalt in der Frage der Justizpolitik weiter mit der Begründung, man wolle Reformen betreiben, zurückzuwerfen. Anlass dazu haben wir genug.

Es ist lange allen bekannt - es wird auch von Ihnen, Frau Schubert, überhaupt nicht bestritten -, dass Sie eine

sehr dezidierte Verfechterin der so genannten Verbesserung der Justiz durch die Einführung der Dreistufigkeit sind. Wir haben jetzt erlebt, dass Sie schon vor längerer Zeit mit Ihrem Antrag, die Dreistufigkeit in der Justizministerkonferenz durchzusetzen, gescheitert sind. Wir haben dann erlebt, dass Sie sich mit großer Begeisterung auf das Zivilprozessreformvorhaben von Frau Däubler-Gmelin geworfen haben und sagten, das werden wir gemeinsam machen.

In der Justizministerkonferenz sind Sie gescheitert. Wenn ich mich an die Abstimmungsverhältnisse erinnere, waren es 16 : 0 Stimmen gegen die Dreistufigkeit. Ich weiß nicht, warum unsere Stimme nicht auf Ihrer Seite war. Nunmehr, bei der Justizreform, bei der Zivilrechtsreform - ich will es spezifizieren - ist es im Ergebnis fast genauso gelaufen.

Das soll nicht heißen, dass wir eine neue Debatte über die Justizreform, die gestern im Bundestag gelaufen ist, in diesem Landtag führen wollen. Ich will auch nicht erreichen, dass wir über die Frage diskutieren, ob das, was in dem Zivilrechtsreformgesetz beschlossen wird, nämlich dass bei den Amtsgerichten eine andere Art der Sachaufklärung betrieben werden muss, dass der Amtsrichter nicht mehr geheimnisvoll in der Hinterhand bleiben muss mit seinen Ansichten über den Prozessstoff, sinnvoll ist. Darin steckt durchaus auch etwas Vernünftiges.

Ich verstehe jedoch eines nicht, meine Damen und Herren, - das ist der Anlass unserer Sorge - dass die Mehrheitsfraktion, dass die Landesregierung diese Justizministerin immer wieder an der Stelle hurra schreien lässt, wo es im Ergebnis für das Land schädlich ist. Das ist bei diesen Strukturreformen sowohl im Amtsgerichtsbereich als auch jetzt bei den Rechtsmittelreformen der Fall.

Die gesamte Justizpolitik, alle, die Rang und Namen haben, aber insbesondere auch die Oberlandesgerichtspräsidenten und -präsidentinnen, von denen man gemeint hätte, sie würden einen solchen Zuwachs an Machtfülle begrüßen, haben im Rahmen der Diskussion um diese Zivilprozessreform um Hilfe gerufen. Sie sagten, man möge sie in dieser speziellen Frage mit solchen Reformen verschonen.

Nach zähem Widerstand hat die Bundesjustizministerin dieses zurückgenommen. Sie hat dann aber, um das Gesicht zu wahren, eine Experimentierklausel in die Zivilprozessreform hineingenommen. Sie hat gesagt: Ihr könnt von mir nicht erwarten, dass ich jetzt eingestehe, dass ich es aufgebe zu versuchen, dass alles, Berufung und Rechtsmittel, unmittelbar vom Amtsgericht an das Oberlandesgericht kommt.

Das wäre für Sachsen-Anhalt übrigens fatal; denn die Bürger aus der Altmark müssten an Magdeburg und Stendal vorbei nach Naumburg fahren. In Naumburg sind wir jedoch baulich nicht darauf eingerichtet.

Wir würden im Großen das wiederholen, was Sie, Frau Schubert, bereits im Kleinen bei der Schließung des Amtsgerichts Genthin gekonnt haben, als Sie sagten: Ich schließe das und dann wird das zusammengeführt. Jetzt haben wir in Burg und Genthin insgesamt drei Gerichtsstandorte mit all den Nachteilen hinsichtlich der Nebenstellen, der Dienstaufsicht, der Funktionalität und Ähnlichem.