Die beabsichtigten Änderungen des Abgeordnetengesetzes können von meiner Fraktion nicht mitgetragen werden. Etwas anderes gilt für das Fraktionsgesetz. Nicht mitgetragen werden von der Fraktion der FDVP auch die beabsichtigten Änderungen des Wahlgesetzes. Wir haben dazu im Vorfeld bereits Stellung genommen. Die beabsichtigten Änderungen ziehen denklogisch einen Demokratieverlust nach sich. Sie benachteiligen kleine Parteien und privilegieren den Moloch.
Zu der beabsichtigten umfangreichen Änderung der Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt ist zweierlei zu bemerken.
Erstens. Wenn die Fraktion der FDVP schon nicht an den Jubelveranstaltungen der Landesregierung gegenüber den Fachausschüssen in Bezug auf die Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrolle der Landesregierung auf dem Gebiet der akustischen Wohnraum
überwachung teilnehmen kann, so sollte man sich doch dazu durchringen, die verunglückte Formulierung „Wahrnahme“ durch „Wahrnehmung“ zu ersetzen.
Bedenklich ist darüber hinaus, dass die Landesregierung nur jährlich berichten will. Ein Eingriff in die durch Artikel 13 des Grundgesetzes geschützten Bereiche gebietet es folgerichtig, monatlich zu berichten. Die auf der Grundlage des Artikels 13 Abs. 3 bis 5 des Grundgesetzes erheischten Informationen werden häufig in verdrehter Form an die Damen und Herren mit den Schlapphüten weitergereicht.
Zweitens. Die Änderung unter Nr. 25 des Antrags wird nicht mitgetragen, da das, was gängige Gerichtspraxis in allen Rechtszügen ist, auch für die Ausschüsse zu gelten hat. Der Regelfall sollte also sein, dass Ausschusssitzungen öffentlich durchzuführen sind. Die Ausnahme ist die nichtöffentliche Sitzung. Wir haben einen entsprechenden Änderungsantrag vorgelegt. Vielleicht nehmen Sie sich einmal dessen an und springen über Ihren Schatten.
Schließlich ist der Entschließungsantrag über die angebliche Stärkung der Gesetzgebungsfunktion des Landtages nackter Aktionismus. Ein Blick in die Norm erleichtert auch hier die Rechtsfindung. Hierzu wird in Artikel 72 des Grundgesetzes unter Zugrungelegung der Inhalte der Artikel 74 und 74 a des Grundgesetzes ausgeführt:
„Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.“
Diesen Satz hörten wir heute schon einmal. Das rechtliche Begehren, Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung wiederum den Ländern zukommen zu lassen, wäre damit ein auf Unmöglichkeit gerichtetes Begehren, wie der Jurist umständlich auszudrücken pflegt.
Punkt a und c des Tagesordnungspunktes treffen wie vorgetragen - auf Ablehnung; Punkt b sollte den Ausschuss mit unserem Änderungsantrag erreichen. Danke.
Die DVU-Fraktion hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Es spricht dann für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Herr Scharf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wolf, die CDU-Fraktion hat weiterhin den Wunsch, dass wir unsere eigenen Werkzeuge - wenn es geht, parteiübergreifend und, wenn möglich, alle mit hineinnehmend beschließen; denn nur so erhalten wir unsere Arbeitsfähigkeit und sichern auch die eigene Akzeptanz.
Wir befinden uns jetzt im parlamentarischen Verfahren. Wir werden in den Ausschüssen, vornehmlich im Ältestenrat, ausführlich darüber beraten. Ich werbe ausdrücklich dafür, dass sich alle Fraktionen an diesen Beratungen beteiligen. Es geht um das Abgeordnetengesetz, um das Gesetz über die Regelung und Finanzierung der
Fraktionen, das Wahlgesetz, die Geschäftsordnung und auch um die Stärkung der Informationsrechte des Landtages.
Meine Damen und Herren! Es liegt eine Paketlösung vor. Das haben Sie sowohl bei der Einbringungsrede von Herrn Dr. Fikentscher als auch bei meiner Rede gemerkt. Eine Paketlösung ist immer ein Geben und ein Nehmen. Wir wollen einen Kompromiss, der Jahre halten soll. Wir wollen nicht jedes Jahr an diese Vorschriften heran.
Zum Abgeordnetengesetz. Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 21. Juli 2000 zum Thüringer Abgeordnetengesetz wird für die Abgeordneten des Landtages voll und ganz umgesetzt. Wir meinen, dass wir die Leitsätze erfüllen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts berührt nicht die Möglichkeit, dass die Fraktionen über ihr Satzungsrecht ihre arbeitsteilige Organisation, die sich in unterschiedlichen Verantwortungsgraden und Arbeitsbelastungen widerspiegelt, auch durch Vergütungen honorieren. Hiervon machen Bundestag und auch viele Landtage Gebrauch. Die Gewährung von zusätzlichen Einzelentschädigungen mit Einkommenscharakter für Abgeordnete mit besonderen Funktionen über das Abgeordnetengesetz ist hingegen eingeschränkt. Hieran hält sich das zukünftige Abgeordnetengesetz strikt.
Die verhandelnden Fraktionen sind der Auffassung, dass die herausgehobene Stellung von Ausschussvorsitzenden eine gesonderte Aufwandsentschädigung in Höhe von 350 Euro rechtfertigt.
Meine Damen und Herren! Ich komme zum Wahlgesetz. Es gibt keine allgemein anerkannte Formel, um die notwendige Größe eines Parlaments in Abhängigkeit von zum Beispiel Einwohnerzahl, Flächengröße und Strukturierung des Landes zu berechnen. Rein verfassungsrechtlich gibt es da einen weiten Gestaltungsspielraum. Die Kontrollfunktion des Parlaments insbesondere aus der Sicht der Opposition darf jedoch nicht geschwächt werden. Wenigen Abgeordneten stehen zurzeit über 70 000 Landesbedienstete gegenüber. Die Frage, was Demokratie kosten darf, darf daher nicht zur einer reinen Spardiskussion verkommen. Ich bin Herrn Dr. Fikentscher dankbar dafür, dass er das in großer Deutlichkeit gesagt hat.
Die jetzige Größe des Parlaments von 116 Abgeordneten ist freilich eine extreme Ausnahmesituation. Die zukünftige Größe von 91 Mandaten ist aus der Sicht der CDU-Fraktion hinnehmbar.
Ich komme zur Änderung der Geschäftsordnung. Die Geschäftsordnung bedarf der ständigen Erneuerung. Erfreut, sich auf diese Möglichkeit geeinigt zu haben, habe ich das Entsprechende vorzutragen.
Wir wollen der Öffentlichkeit zeigen, dass das Parlament lebt. Wir wollen den Bürgern zeigen, dass hier ihre Angelegenheiten verhandelt werden. Wir hoffen, dass wir über Konsenslisten das entsprechende Werkzeug entwickelt haben. Wir hoffen, dass wir die Plenardebatten über die Kurzinterventionen lebendiger gestalten werden. Freilich wollen wir nicht die Rolle des Landestheaters der Hauptstadt übernehmen.
Meine Damen und Herren! Wir hoffen, dass das Parlamentspräsidium zukünftig mit Fingerspitzengefühl diese neuen Möglichkeiten der parlamentarischen Auseinandersetzung managt.
Meine Damen und Herren! Wir brauchen Öffentlichkeit. Wir brauchen Öffentlichkeit, aber wir brauchen auch Ausschusssitzungen als geschützte Räume der parlamentarischen Arbeit.
Wenn das Parlament keine beruhigten Zonen einer geschlossenen Beratung und keine beruhigten Zonen der Konsenssuche mehr hat, dann werden sich diese Beratungsrunden in Hinterzimmer zurückziehen. Das wollen wir nicht. Damit werden sie sich nämlich dem normalen parlamentarischen Geschäftsgang entziehen.
Ich möchte ganz deutlich sagen: Kungelrunden hatten wir in diesem Parlament schon genug; ich möchte die entsprechenden Anlässe hier nicht aufzählen. Ich möchte nur sagen, dass wir von der CDU-Fraktion diese Kungelrunden in sehr unschöner Erinnerung haben. Deshalb sind wir dafür, dass die geschützten Parlamentsräume erhalten bleiben. Deshalb können wir dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion in dieser Frage auch nicht zustimmen, der damit diese geschützten Räume zerstören würde, und wir können auch dem Antrag der FDVP-Fraktion nicht zustimmen.
Frau Wiechmann, ich weiß nicht genau, woher Sie den Antrag haben. Er ist aber abgeschrieben. Sie wollen, dass die Sitzungen in erkennenden Ausschüssen usw. öffentlich sein sollen. Wir haben keine erkennenden Ausschüsse. Freilich gibt es Parlamente, die einen anderen Umgang mit der Öffentlichkeit in den Ausschusssitzungen haben.
(Frau Wiechmann, FDVP: Wahrscheinlich wissen Sie nicht, was „erkennender Ausschuss“ bedeu- tet! - Zuruf von Herrn Wolf, FDVP)
- Die Geschäftsordnung dieses Landes kennt diesen Begriff nicht. Wenn Sie sich in die Begriffsordnung dieser Geschäftsordnung hineinbegeben wollen, dann müssen Sie Ihre Anträge auch genau formulieren.
- Meine Damen und Herren! Daran störe ich mich nicht. Es geht mir ganz besonders darum, dass das Parlament öffentlich und erkennbar verhandeln kann. Es braucht aber auch geschützte Räume zur eigenen Meinungsbildung, und diese dürfen wir uns nicht selbst wegnehmen, meine Damen und Herren.
Wir werden auch streng darauf achten, dass die Informationsrechte des Landtages so gestärkt werden, wie wir dieses wünschen. Deshalb wird der Landtagspräsident beauftragt, zügig in Verhandlungen mit der Landesregierung einzutreten. Wir hoffen, dass das Verhandlungsergebnis so ist, dass wir zukünftig bestimmten Entwicklungen in Bundes- und Europaangelegenheiten nicht mehr hinterherhecheln, dass wir nicht mehr Drucksachen lesen zu einem Zeitpunkt, zu dem in der Zeitung schon ein Vierteljahr zuvor darüber berichtet worden ist und es eigentlich keinen Menschen mehr interessiert, dass wir uns dieses Themas annehmen.
Herr Abgeordneter Scharf, da Sie Ihre Redezeit deutlich überschritten haben, muss ich Sie bitten, zum Schluss zu kommen.
Ja. Weil ich, gerade wenn ich zu Geschäftsordnungsfragen rede, den Präsidenten nicht verärgern möchte, mache ich das auch. - Vielen Dank.
Liebe Kollegen! Werte Gäste! Werter Herr Präsident! Ich glaube, Herr Scharf hätte ein wenig länger reden können. Ich hätte ihm das gegönnt. Ich glaube, ich brauche nicht meine ganze Redezeit.
Wir haben hier ein ganzes Paket vor uns liegen. Die entsprechenden Einbringungsreden sind so umfangreich, perfekt und tiefgründig gewesen, dass ich dem kaum noch etwas anfügen kann.
Ich möchte nur auf zwei Aspekte eingehen innerhalb dieses Paketes. Das ist zum einen die Änderung des Wahlgesetzes. Ich möchte keinen Hehl daraus machen, dass dieser Kompromiss für uns nicht ganz so einfach zu schließen gewesen ist, wie es sich in der Öffentlichkeit darstellte.
Wir haben uns nach einer Diskussion im Sommer des Jahres 2000 auf einer Klausurtagung relativ schnell dem Vorschlag des Präsidenten angeschlossen, sind allerdings insofern noch etwas radikaler vorgegangen, was jetzt auch Gegenstand dieses Gesetzes ist, indem wir bereits für das Jahr 2006 eine Reduzierung der Anzahl der Abgeordneten auf 87 im Regelfall vorgesehen haben.
Der Präsident hat die Zahl 87 vorgeschlagen, hatte allerdings einen Zeitraum bis zum Jahr 2010 im Auge gehabt. Wir wollten das gern ab dem Jahr 2006 realisiert haben. Die Reduzierung der Anzahl der Abgeordneten bis zum Jahr 2006 ist jetzt realisiert.
Das andere Anliegen ist leider nicht realisiert worden. Wir hielten die Diskussion über 91 oder 87 Regelmandate nicht für so schwerwiegend, dass wir diesem Kompromiss nicht hätten zustimmen können. Es ist aber auf der anderen Seite auch ein wenig albern. Es gibt aus unserer Sicht kein vernünftiges Argument dafür, warum wir es nicht bei 87 Abgeordneten hätten belassen können.
Wünschenswert wäre aus unserer Sicht - das sage ich auch ganz deutlich - noch ein anderes Wahlverfahren gewesen, mit dem man das Risiko von Ausgleichs- und Überhangmandaten stärker eingeschränkt hätte.
Wir wissen, dass wir in Deutschland ein ganz ausgeprägtes Mehrheitswahlsystem haben. Wir halten das auch für sehr günstig, weil sich das Territorialprinzip für eine Abbildung der politischen Stimmungslage in der Bevölkerung nicht so sehr eignet.
Wir haben viel stärker als die territoriale Gliederung im politischen Raum eine soziale Gliederung, die sich quer durch alle Territorien zieht. Insofern wäre uns eine stärkere Gewichtung der Listenmandate durchaus lieber gewesen. In dieser Hinsicht kann man der PDS-Fraktion möglicherweise Eigennutz unterstellen. - Nun ja, das sei einmal dahingestellt.
Wir haben diese Chance leider in diesem Kompromisspaket nicht realisieren können. Wir werden auch in Zukunft mit diesem Problem zu tun haben und müssen dann eben aushalten, dass wir auch in Zukunft möglicherweise eine relativ hohe Zahl von Überhang- und Ausgleichsmandaten erreichen werden.