Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

dass diese Kürzung nach einer erneuten Überprüfung der anzunehmenden Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus umsetzbar sein dürfte.

Viertens. Es wurde eine Absenkung der bei Einzelplan 05 veranschlagten ESF-Mittel um netto 20 Millionen € vorgeschlagen. Hierbei wurde - wie bei allen anderen Punkten auch - sehr gründlich hinterfragt und es wurden die Abflusslisten aus dem laufenden Haushaltsjahr zurate gezogen. Der Abgleich mit dem Istergebnis per 8. November 2001 rechtfertigt unserer Meinung nach die Absenkung. Die damit verbundenen Mindereinnahmen von der EU stellen keinen Verzicht dar, weil die Mittel bekanntermaßen über den gesamten Programmzeitraum, der sich über die Jahre von 2000 bis 2006 erstreckt, zur Verfügung stehen.

(Zuruf von Herrn Prof. Dr. Böhmer, CDU)

Zur Absicherung wurden die Verpflichtungsermächtigungen um 20 Millionen € erhöht. Darüber hinaus wurde die Landesregierung ermächtigt, im Rahmen des EU-Programms einen Vorgriff auf das Haushaltsjahr 2003 vorzunehmen.

Aufgrund der hohen Steuerausfälle wurden alle Einzelpläne auf den Prüfstand gestellt. Um die Steuerausfälle auszugleichen, wurden neben den genannten Kürzungen auch die Bürgschaften auf das im Jahr 2001 im Haushaltsplan veranschlagte Niveau abgesenkt, die Zusatzversorgungsmittel um 25 Millionen € reduziert sowie

die Zuführung an das Sondervermögen Altlastensanierung gemindert.

Neben der Reduzierung der Ausgabenseite musste das ist für viele sehr schmerzlich - das gesteckte Ziel, die Nettokreditaufnahme gegenüber dem Haushaltsjahr 2001 um 153 Millionen € zu senken, aufgegeben werden. Aufgrund der prognostizierten Einnahmenverluste bei den Steuern, beim Länderfinanzausgleich und bei den Ergänzungszuweisungen konnte hieran in dieser Größenordnung nicht festgehalten werden. Der Finanzausschuss sah daher auch keine andere Möglichkeit und kürzte die Absenkung um 53 Millionen €, sodass am Ende eine Verminderung um 100 Millionen € gegenüber dem Haushaltsjahr 2001 bestehen bleiben konnte. An dem Ziel, die Nettoneuverschuldung bis zum Jahr 2006 auf null abzusenken, wird dennoch festgehalten.

Die mittelfristige Finanzplanung sieht ab dem Jahr 2006 die Möglichkeit der Tilgung vor. Daran wollte der Finanzausschuss auch nicht rütteln. Ich denke, meine Damen und Herren, die hohe Verschuldung des Landes lässt uns auch keine andere Wahl. Dem Haushaltsvolumen in Höhe von 10,03 Milliarden € stehen immerhin 14,5 Milliarden € Schulden gegenüber. Allein im Jahr 2002 müssen Zinszahlungen in Höhe von 782 Millionen € getätigt werden. Das sind fast unvorstellbare Summen.

(Herr Prof. Dr. Böhmer, CDU: So ist es! Jawohl! Da haben Sie Recht!)

Weiterhin konnten auf der Einnahmenseite die veranschlagten Mittel für die Zuführung aus dem Sondervermögen Grundstock um 10 Millionen € erhöht werden. Bereits im Jahr 2001 liegen die Erlöse - ausgenommen die landwirtschaftlichen Flächen - bereits über den veranschlagten Mitteln, sodass eine erhöhte Abführung möglich erscheint.

Ich habe Ihnen die wichtigsten Maßnahmen, die notwendig waren, um die Steuermindereinnahmen in Höhe von netto 268,6 Millionen € abzufangen, genannt.

Meine Damen und Herren! Ich habe Sie über den Verlauf der Haushaltsberatungen sowie über die Änderungen in den Einzelplänen informiert, die vom Finanzausschuss aufgrund der vorgetragenen Zwänge - der Steuermindereinnahmen nach der Novemberschätzung vorgenommen wurden. Ich trug Ihnen auch vor, warum der eine oder andere Änderungsvorschlag, der über die Beschlussempfehlungen der Fachausschüsse an uns herangetragen worden war, nicht die Mehrheit fand.

(Herr Scharf, CDU: Frau Vorsitzende, das ist wieder eine Wertung! - Unruhe bei der SPD)

- Gestatten Sie es mir trotzdem. - Am Ende meiner Ausführungen möchte ich - verbunden mit einem Wunsch einen kurzen Ausblick auf die nächste Legislaturperiode geben. Die Haushaltsberatungen der gesamten dritten Legislaturperiode wiesen nach meiner persönlichen Einschätzung Kontinuität auf. Diese Kontinuität ist bezogen auf immer wiederkehrende Schwerpunkte, die aber keinesfalls immer wieder nur genannt worden sind, sondern vom Finanzausschuss angegangen wurden und die am Ende auch Wirkung zeigen.

Wir können heute alle nicht mit Gewissheit sagen, wer ab Mai 2002 den Haushalt im Finanzausschuss beraten wird. Ich meine aber, diejenigen unter uns, die heute hier im Plenum sitzen und ab Mai des nächsten Jahres die Entscheidungen zum Haushalt treffen werden, sollten

drei Punkte berücksichtigen und deren weiteren Verlauf besonders im Auge behalten.

Erstens sind das die Investitionen. Die Investitionen bilden den Kernbereich des Landeshaushaltes. Die Anstrengungen, konsumtive und investive Ausgaben möglichst ausgeglichen zu gestalten, die Kofinanzierung der Fördermittel sicherzustellen und somit den Aufbau der Infrastruktur des Landes fortzuführen, die nicht zuletzt auch zur Sicherstellung von Arbeitsplätzen dient, dürfen nicht nachlassen.

(Zustimmung von Herrn Prof. Dr. Böhmer, CDU)

Zweitens ist es die Senkung der Personalkosten. Ich glaube, dazu habe ich heute schon vieles gesagt. Dennoch: Die Aufgabe, die Personalkosten kontinuierlich zu senken und das Stellenabbaukonzept einzuhalten, wird entschlossenes Handeln auch in den Ressorts erfordern, das aber zur Konsolidierung des Haushaltes unbedingt notwendig ist.

Drittens ist es das Thema der Nettoneuverschuldung. Dazu kann ich immer nur wiederholen, dass das Ziel nach wie vor lauten muss: Runter von den Schulden; ab dem Jahr 2006 keine Nettoneuverschuldung mehr zulassen und damit den Weg für die Tilgung frei machen.

Der Finanzausschuss hat in seinen Beratungen keine unverantwortlichen Mehrausgaben beschlossen. Er hat sich an den Sachzwängen orientiert und musste sich aufgrund der aktuellen Steuerschätzung vom November von manch anderen Vorstellungen verabschieden.

Die Beratungen verliefen in einer außerordentlich sachlichen und nüchternen Atmosphäre. Ich möchte den Mitgliedern des Finanzausschusses dafür an dieser Stelle Dank sagen. Ich möchte aber auch der Ausschussassistentin Frau Kahl Dank sagen, die die Sitzungen des Finanzausschusses mit Umsicht vorbereitet hat. Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom Schreibdienst des Landtages, den Vertretern der Ministerien, dem Finanzministerium und dem Herrn Finanzminister.

Nicht zuletzt - das ist mir besonders wichtig - gilt der Dank dem Landesrechnungshof. In diesem Jahr konnte der Präsident des Landesrechnungshofes Herr Schröder krankheitsbedingt leider nicht immer anwesend sein.

Meine Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen in der Drs. 3/5165 vom 6. Dezember 2001 liegt Ihnen vor. Sie ist mit einem Abstimmungsergebnis von 8 : 3 : 0 Stimmen im Finanzausschuss beschlossen worden. Ich möchte Sie darum bitten, dieser Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der PDS und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Debatte einsteigen, begrüßen wir Damen und Herren aus Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie Schülerinnen und Schüler des Schweitzer-Gymnasiums Coswig.

(Beifall im ganzen Hause)

Nunmehr eröffne ich die so genannte Generaldebatte und rufe hierzu den Einzelplan 02 - Staatskanzlei - auf.

Ich würde vorschlagen, dass wir die Generaldebatte in zwei Runden durchführen. In der ersten Runde wird zuerst für die Landesregierung der Finanzminister spre

chen. Danach folgen die CDU-Fraktion, die SPD-Fraktion, die PDS-Fraktion, die Landesregierung vertreten durch den Ministerpräsidenten, die DVU-Fraktion und die FDVP-Fraktion. Wenn Sie mit diesen beiden Runden einverstanden sind, würde ich vorschlagen - ich sage das, weil sich Herr Scharf gemeldet hat -, dass im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit eine zweite Rederunde durchgeführt wird.

Somit erteile ich dem ersten Redner das Wort. Für die Landesregierung spricht der Finanzminister Herr Gerhards. Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns Haushaltspolitikern eilen fürchterliche Einschätzungen voraus: Wir sind sensibel wie Dampfwalzen. Wir sind auch im Angesicht der Katastrophe noch fröhlich. Alle Ziele der Fachpolitiker verkommen bei uns zu schnöden Zahlen und im Übrigen lassen wir uns von Sachzusammenhängen und Sachzielen der Fachpolitiker überhaupt nicht beeindrucken.

(Herr Bullerjahn, SPD: Gut, dass wir es besser wissen!)

In den letzten Wochen, spätestens seit der Steuerschätzung von Anfang November, ist das aber ein bisschen anders gewesen. Auch unter den Haushaltspolitikern gab es überall lange Gesichter, auch bei meinen Kollegen in den Ländern, beim Kollegen Eichel und natürlich erst recht bei den Kolleginnen und Kollegen im Parlament während der Haushaltsberatungen.

Dennoch beraten wir heute abschließend über einen Haushalt, der knapp und schwierig ist, der aber nicht nur Löcher stopft, sondern nachvollziehbare und richtige Strukturen hat. Ich will das anhand des heute zu beschließenden Paketes deutlich machen. Auf Einzelheiten des Beratungsganges brauche ich dabei nicht einzugehen. Das hat die Frau Vorsitzende, der ich zum Geburtstag herzlich gratuliere, heute schon getan.

Ich habe die Aufregung bei der CDU-Fraktion nicht ganz verstanden. Frau Fischer hat nur referiert, was entschieden worden ist, und sie hat deutlich gemacht, warum sich die Ausschussmehrheit dem Regierungskonzept angeschlossen hat. Dafür dürfen Sie nicht die Ausschussvorsitzende kritisieren.

(Herr Scharf, CDU: Gelegentlich können Sie mal bei der SPD-Fraktion die Redezeit anrechnen! - Weitere Zurufe von Herrn Dr. Daehre, CDU, und von Herrn Dr. Keitel, CDU)

- Seien Sie doch nicht so aufgeregt. Wir hatten ruhige und konzentrierte Verhandlungen, die von einem guten Klima getragen waren. Sie dürfen jetzt nicht so tun, als ob das alles anders gewesen wäre.

(Zuruf von Herrn Dr. Daehre, CDU)

Zur Ausgangslage: Wir haben eine hohe Vorbelastung des Landeshaushalts durch hohe Schulden aus den vergangenen Jahren. Ich will heute auf die Gründe und auf die Ursachen dafür nicht eingehen. Wir sollten nicht jedes Mal dieselben Geschichten erzählen.

Die Folgen allerdings sind deutlich. Wir haben eine enorm hohe Zinsbelastung und dafür für das nächste Jahr 783 Millionen € eingestellt. Das sind 7,8 % der gesamten Ausgaben des Landeshaushaltes.

Die Ursachen dafür liegen zum Teil auch in den im Vergleich mit anderen Ländern sehr hohen Zuweisungen an die Kommunen.

(Herr Dr. Daehre, CDU, lacht)

- Sie lachen jedes Mal; Argumente beeindrucken Sie offenbar nie. Es gibt dazu Untersuchungen, die wirklich nicht zu kritisieren sind. Das ist einmal - ich sage das noch einmal, schon damit Sie nicht sagen, Sie hätten das noch nie gehört - die Untersuchung, die das Land Mecklenburg-Vorpommern aufgrund von Daten vorgenommen hat, die zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden dieses Landes abgeglichen worden sind.

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

Dabei stellt sich heraus, dass, auf das Jahr 2000 bezogen, das Land jährlich 500 Millionen DM mehr gezahlt hat als andere Länder, wenn man die Pro-Kopf-Leistung zugrunde legt.

Wenn man die Untersuchung des DIW als Basis nimmt, sind es 800 Millionen DM im Jahr. Das sind alles keine Institutionen, die uns besonders nahe stehen.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Die Kommunalpolitiker schwimmen ja auch nur so im Geld!)

Wenn man dann die Beträge errechnet, die seit 1995 bis heute zusammengekommen sind - seit 1995 deshalb, weil das das erste Jahr war, in dem es eine gesicherte, am Länderfinanzausgleich orientierte belastbare Zahl gegeben hat -, dann sind das bei 500 Millionen DM in sieben Jahren 3,5 Milliarden DM und bei 800 Millionen DM 5,6 Milliarden DM, die seitdem im Vergleich zu anderen Ländern an höheren Zuweisungen vom Land an die Kommunen gegangen sind.

Berücksichtigen Sie dann noch die Zinsbelastung allein für das Jahr 2001 von nur 5 %, was sehr knapp gerechnet ist, dann ergibt sich, dass wir im nächsten Jahr bei der aufgelaufenen zusätzlichen Verschuldung allein dadurch zwischen 89 Millionen € - bei der kleinen Zahl von 500 Millionen DM - und 143 Millionen € - bei Zugrundelegung der Zahl von 800 Millionen DM - zusätzlich ausgeben werden, und zwar aufgrund der Tatsache, dass wir für die Kommunen eine höhere Verschuldung aufgenommen haben.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Wollen Sie sagen, dass die Kommunen an der Haushaltsmisere des Lan- des schuld sind? Das ist doch wohl - -)