Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

Das waren zukunftsweisende Entscheidungen unter aktiver Wirkung dieser Landesregierung.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank - Herr Becker, CDU: Das ist keine Zu- kunft! Was ist mit BMW?)

Meine Damen und Herren! Ich verzichte auf weitere Beispiele, will aber zum Thema Bau noch etwas sagen. Zu DDR-Zeiten hatten wir hier mehrere große Baukombinate. Das Ergebnis war, gemessen an anderen östlichen Bundesländern, die Ausgründung überproportional vieler kleinerer Baubetriebe. Hierbei hat sich ein entscheidender Fehler der Regierung Kohl ausgewirkt, die durch teure Abschreibungsmodelle und komfortable Förderungen sehr einseitig auf den Bau als Konjunkturmotor gesetzt hat.

(Frau Wernicke, CDU: Das kann es doch nicht geben!)

Die Folge sind nicht nur leer stehende Wohnungen und Bürogebäude, Einkaufszentren auf der grünen Wiese und Überkapazitäten an Verkaufsflächen. Die Folge wa

ren vor allem zu große Baukapazitäten, die jetzt unter erheblicher Belastung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgebaut werden müssen.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Also das ist ja eine volkswirtschaftliche Sichtweise!)

Entsprechend problematisch sind derzeit unsere Wachstumsraten. Durch den Rückgang im Baugewerbe um 18 % wird die zweitbeste Wachstumsrate unter allen Bundesländern im verarbeitenden Gewerbe leider wieder aufgefressen.

(Herr Gürth, CDU: Wer hat die größten Beschäfti- gungsrückgänge? Was ist mit den größten Ar- beitsplatzverlusten?)

Nach meiner Einschätzung haben wir diesbezüglich die härteste Phase zwar hinter uns, aber das Problem darin bin ich sicher - wird uns in der nächsten Legislaturperiode noch in erheblichem Maße beschäftigen.

Die Umsetzung von Gegenmaßnahmen etwa zur Bekämpfung von Schwarzarbeit oder schlechter Zahlungsmoral werden wir weiter verfolgen. Das Kabinett hat am letzten Dienstag dazu Beschlüsse gefasst.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Na ja!)

Meine Damen und Herren! Zu einer Standortbestimmung für Sachsen-Anhalt gehört auch die Bestimmung des Ziels. Dieses lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Wir wollen die Herstellung gleicher Lebensverhältnisse in Deutschland.

(Herr Remmers, CDU: Ab heute!)

Aber wir werden nicht den Fehler wiederholen, blühende Landschaften innerhalb von wenigen Jahren zu versprechen. Wir wissen, dass diese Aufgabe eine Generationenaufgabe ist.

(Herr Gürth, CDU: Was ist mit dem Versprechen, die Arbeitslosigkeit zu senken?)

Aber von unserem Ziel werden wir uns auch nicht durch das Gerede vom Wettbewerbsföderalismus abbringen lassen. Herr Stoiber, der das immer wieder ins Gespräch gebracht hat, will diesen Wettbewerb der Starken auf Kosten der Schwächeren.

(Herr Gürth, CDU: So ein Quatsch! Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Das Ziel des Ausgleichs zwischen den Regionen hat Herr Stoiber noch nicht einmal in Bayern erreicht. Er hat es offenbar aufgegeben, wenn man beispielsweise die Region München mit der Region Oberfranken vergleicht.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank - Lachen und Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Was wir brauchen, sind gleiche Startbedingungen.

(Herr Gürth, CDU: Wir wären froh, wenn wir bayerische Verhältnisse hätten!)

Wenn wir gleiche Startbedingungen haben, dann ist mir vor dem Wettbewerb nicht bange.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS und von der Regierungsbank - Lachen bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich werde unter dem Stichwort „Standortbestimmung“ nicht mit statistischen Fakten und Daten über das Land aufwarten.

(Lachen bei der CDU - Herr Becker, CDU: Das würde auch schlecht aussehen! - Herr Gürth, CDU: Das verstehen wir! - Herr Remmers, CDU: Das ist verständlich!)

Es gibt gute und es gibt weniger gute; man kann sie nachlesen; man kann sich darüber streiten. Doch politisch gefärbte Ländervergleiche beweisen eher eine mangelnde Analysefähigkeit als wirtschaftspolitischen Sachverstand.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Becker, CDU: Roland Berger! 6. Februar!)

- Herr Becker, über das Thema Roland Berger habe ich schon gesprochen. 14 Tage später war das Konzept Makulatur.

(Herr Becker, CDU: Aber nicht über den 6. Febru- ar! - Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Unabhängig von Kommastellen in Zahlenkolonnen steht eines fest: Wir haben solide Grundlagen geschaffen, auf denen wir aufbauen können. Wenn ich anfangs auf die schwierige Ausgangssituation hingewiesen habe, dann vor allem, um zu betonen, welche Kraft, welche Qualitäten und welche Kapazitäten in diesem Lande stecken.

Nein, wir haben keinen Grund, uns zu entschuldigen. Wir haben keinen Grund zur Resignation.

(Zuruf von Herrn Taesch, CDU)

Jetzt kommt es darauf an, die Aufgaben für die Zukunft zu benennen. Die Instrumente zur Lösung dieser Aufgaben liegen bereit. Auch das ist das Ergebnis der harten politischen Arbeit der vergangenen Jahre.

Meine Damen und Herren! Es gehört zu den großen Leistungen der Bundesregierung unter Gerhard Schröder, mit dem Solidarpakt II verlässliche Voraussetzungen für das Schließen der Infrastrukturlücke zwischen Ost und West und für die Angleichung bis 2019 geschaffen zu haben.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regie- rungsbank - Herr Rahmig, SPD: Das könnt ihr Stoiber mal beibringen! - Unruhe bei der CDU)

Sie werden sich daran erinnern: Die Pflöcke dafür wurden in Magdeburg eingeschlagen, die Verhandlungen auf östlicher Seite wesentlich von uns mitbestimmt.

Meine Damen und Herren! Der Versuch der süddeutschen Länder, durch die Klage beim Bundesverfassungsgericht den ärmeren Ländern und damit auch uns in die Kasse zu greifen, konnte abgewehrt werden. Gott sei Dank, kann ich nur sagen. Ich hoffe sehr, dass solche Zeiten nicht wiederkommen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS und von der Regierungsbank)

Jetzt kommt es darauf an, den Rahmen, der durch den Länderfinanzausgleich und den Solidarpakt II geschaffen worden ist, konsequent auszufüllen und das Geld effizient auszugeben, damit die Lücke, die zwischen Ost und West noch besteht, in diesem Zeitraum tatsächlich geschlossen werden kann. Damit das gelingt, sind fünf Punkte besonders wichtig:

Erstens die konsequente Haushaltssanierung mit der Rückführung der Neuverschuldung auf null bis zum Jahre 2006. An diesem Ziel halten wir fest. Es gibt dazu keine Alternative.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Prof. Dr. Trepte, PDS, und von der Regierungs- bank)

Zweitens die Sicherung des Beihilferahmens der EU insbesondere für Großinvestitionen. Wir brauchen diese industriellen Leuchttürme für die langfristige Konsolidierung unserer Wirtschaft und die Schaffung zukunftssicherer Arbeitsplätze.

Darum hat sich die Landesregierung beim Kommissionspräsidenten Prodi, in Verhandlungen mit dem Wettbewerbskommissar Monti und mit vielen Briefen nach Brüssel erfolgreich für vernünftige Übergangsregelungen eingesetzt. Jetzt kann über etwa 15 größere Ansiedlungsprojekte ohne zwischenzeitliche Änderung der Rahmenbedingungen weiter verhandelt werden.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein wesentlicher Packen; denn daran hängen ein Investitionsvolumen von ca. 2,6 Milliarden € und mindestens 3 500 Arbeitsplätze in solchen Unternehmen.

Drittens. Wir brauchen dringend eine Anschlussregelung für das Investitionszulagengesetz nach dem Jahr 2004. Wer, wie die CDU anlässlich des Besuchs von Herrn Stoiber in Neubrandenburg, die Abschaffung dieser Investitionszulage fordert, der haut den mittelständischen Unternehmen mit ihrer geringen Eigenkapitaldecke einfach die Beine weg.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Es ist doch paradox: Sie rufen nach Mittelstandsförderung und Sie tun das Gegenteil. Sie rufen nach Steuererleichterungen für die Unternehmen und merken offenbar gar nicht, dass die Investitionszulage für Unternehmen, die investieren, gerade eine solche steuerliche Erleichterung ist. Ein bisschen mehr wirtschaftspolitischer Sachverstand wäre gut.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Prof. Dr. Trepte, PDS, und von der Regierungs- bank - Lachen bei der CDU)

Dieser lässt sich aber offenbar durch einen wirtschaftspolitischen Berater nicht importieren.