Ich hoffe, dass wir diesen Stil in der politischen Diskussion, die immer streitbar sein muss, in diesem Hause werden fortsetzen und bewahren können.
Wir alle sitzen hier, weil wir nicht einer Meinung sind. Es ist unsere Aufgabe, uns über die beste Lösung von anstehenden Problemen auch zu streiten. Aber es ist mein herzliches Bedürfnis, dies in der gleichen fairen Weise zu tun, in der wir auch im Wahlkampf miteinander im politischen Wettbewerb gestanden haben.
Meine Damen und Herren! Das Leben geht immer weiter. Wir alle sind längst nicht mehr im Stadium der politischen Unschuld. Jede Partei und jede Fraktion, die heute hier sitzt, hat bereits Wahlen gewonnen und ist in die Pflicht genommen worden, exekutive Verantwortung
zu organisieren und wahrzunehmen sowie Entscheidungen zu treffen, und weiß, dass man nur das Mögliche und nicht immer das Wünschbare machen kann und dass wir uns alle nach der Decke strecken müssen.
Jede Fraktion von uns hat auch schon Wahlen verloren und ist in die Position einer Opposition gekommen und weiß, dass es die Pflicht und Aufgabe der Opposition ist, die Regierung kritisch zu betrachten und, wenn es geht, bessere Lösungsvorschläge zu machen. Hier ist der Ort, an dem wir uns darüber streiten wollen, was für dieses unser Heimatland Sachsen-Anhalt das Beste sei. Dies möge so bleiben mit Fairness und Verständnis füreinander.
Ich weiß bereits heute, was einige Kollegen, die ich schon seit zwölf Jahre kenne, sagen werden, wenn sie nach vorn kommen. Umgekehrt ist es möglicherweise genauso: Diese ahnen schon, was ich sagen werde, wenn ich hier stehe.
Das möge bitte so bleiben; denn Politik ist ein Teil des Lebens und ist wichtig für die gesellschaftliche Gestaltung. Aber jeder von uns weiß, sie ist nicht das ganze Leben und es gibt auch andere Aspekte des menschlichen Zusammenlebens, die wir uns gegenseitig immer schuldig bleiben sollten.
Die Legislaturperiode, die heute beginnt, wird zu Ende gehen, wie alle drei vorangegangenen irgendwann einmal zu Ende gingen. Dann werden die Karten wieder neu gemischt werden. Ich habe in der Zeitung über Herrn Kollegen Püchel gelesen, dass er auf Ihrem Parteitag gesagt habe, dann wollten Sie wieder an die Regierung. Mein lieber Herr Püchel, wir werden versuchen, das zu verhindern. Das ist das ganz normale Geschäft.
Ich möchte aber wenigstens eines an dieser Stelle sagen - mehr als eine kurze persönliche Erklärung kann es ja nicht sein -: Weil ich nun nicht mehr Mitglied dieses Hohen Hauses bin, hatte ich heute Zeit, auch ein wenig hinzuhören. Der Herr Kollege Milbradt hat in Dresden seine Regierungserklärung abgegeben. Er hat dort mit großer Deutlichkeit gesagt, dass er Sachsen in die Zukunft führen will und dass er Sachsen zu einer führenden Region in Europa machen will.
Meine Damen und Herren! Ich möchte, dass wir uns dies gemeinsam vornehmen, ob wir zur Opposition oder zur Koalition gehören: Wir wollen das für Sachsen-Anhalt auch.
Wir - weil das gelegentlich auch anders interpretiert worden ist - haben auch in der Opposition versucht, Verantwortung zu artikulieren und wahrzunehmen. Ich habe mir einmal zusammenstellen lassen, dass von 25 Gesetzesinitiativen der SPD und der Regierungsfraktionen in der letzten Legislaturperiode elf von der CDU unterstützt worden sind und dass wir 29 Anträgen der SPD-Fraktion zugestimmt haben. Ich hoffe, dass es eine solche gesunde, normale parlamentarische Mischung auch in der vierten Legislaturperiode geben möge.
Nun habe ich nur noch eine Bitte. Ich werde das tun, wozu Sie mich mehrheitlich gewählt haben. Ich werde morgen das Landeskabinett berufen und möchte Sie bitten, Herr Präsident, die Voraussetzungen zu schaffen, dass in der morgigen Sitzung die Minister der neuen Landesregierung vereidigt werden können.
Dann wollen wir an die Arbeit gehen und gemeinsam in der beginnenden Legislaturperiode darum ringen, Sachsen-Anhalt ein Stück in die Zukunft zu führen. Darauf freue ich mich. Unabhängig davon, ob in der Opposition oder in der Koalition, unabhängig davon, ob in Regierungsverantwortung oder in der Situation desjenigen, der die Regierung kritisieren muss - das gehört zur Demokratie -, denke ich, dass wir diese Gemeinsamkeiten unter uns auch in Zukunft nicht verloren gehen lassen wollen. Darauf freue ich mich. Wenn Sie das genauso sehen, dann bedanke ich mich dafür.
Wir kommen nun noch zu einigen abschließenden Bemerkungen, meine Damen und Herren. Wir sind damit am Ende der 1. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der vierten Wahlperiode angelangt. Ich bedanke mich für Ihre würdevolle Teilnahme und Disziplin. Ich bedanke mich bei der Landtagsverwaltung für die sehr gute Vorbereitung und Regieführung. Ich bitte Sie um Nachsicht für einige kleine Versprecher, die mir passiert sind.
Ich berufe den Landtag zu seiner 2. Sitzung für morgen, Freitag, den 17. Mai 2002, 11 Uhr ein. Der Entwurf der Tagesordnung für morgen liegt auf Ihren Plätzen und wird heute Nachmittag durch den Ältestenrat verabschiedet. Der Ältestenrat trifft sich noch heute um 15.30 Uhr im Raum A1 45 zur seiner ersten Sitzung.
Nun noch etwas Erfreuliches, meine Damen und Herren: Ich darf Sie im Anschluss an diese Sitzung zu einem kleinen Stehempfang in das Erdgeschoss dieses Gebäudeteils einladen. Wir sehen uns dort also gleich. Die Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt ist damit geschlossen.