Der größte Anteil der Petitionen berührt mit einer Anzahl von 179 das Sachgebiet Inneres. Abwassergebühren und Straßenausbaubeiträge waren Themenschwerpunkte in diesen Petitionen. Durch Überweisung an Fachausschüsse und Hinzuziehen von externem Sachverstand war es gerade in diesem Bereich möglich, Runderlasse oder Gesetzesänderungen zu bewirken; ich darf an das Erheben von Straßenausbaugebühren in der satzungsfreien Zeit erinnern.
Mit 102 Petitionen gehörte im Berichtszeitraum das Ministerium für Gesundheit und Soziales zu den drei Ministerien, die mit dem Eingang der meisten Petitionen betraut wurden; dem Justizministerium wurden 89 Petitionen zur Stellungnahme überreicht. 18 Sammelpetitionen mit insgesamt 3 440 Unterschriften gingen ebenfalls ein.
Viele Petitionen wurden mehrfach behandelt. Zum einen, weil Petenten negative Bescheide nicht immer kritiklos hinnahmen, zum anderen weil sie mit Vorschlägen und Anregungen aktiv an der Politik unseres Landes teilhaben wollten. Mehrfachbehandlungen zeigen aber auch, dass der Ausschuss stets bemüht war und ist, Lösungen im Sinne der Petenten zu finden.
So wurden Stellungnahmen der Landesregierungen hinterfragt, und Ergänzungen in der Beantwortung führten wenn auch nicht immer zum Erfolg, so doch zumindest zum besseren Verständnis und damit schließlich zu Bürgern, die mit dem ihnen erteilten umfänglichen Antwortschreiben zufrieden waren.
Manchmal führten bereits vor dem eigentlichen Petitionseingang Gespräche dazu, dass Missverständnisse ausgeräumt und akzeptable Lösungen für alle gefunden werden konnten - der wohl günstigste Fall, doch leider nicht die Norm!
Das Durchführen öffentlicher Petitionsausschusssitzungen konnte im letzten Jahr wiederum das Medieninteresse steigern. Im Umkehrschluss lässt sich allerdings nicht erkennen, dass dadurch die Zahl der Petitionen gestiegen ist. Jeder und jedem scheint das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den Landtag zu wenden,
noch immer nicht bekannt zu sein. Es liegt an uns, dieses im Grundgesetz, in der Landesverfassung und in der Geschäftsordnung des Landtages verankerte Recht weiter publik zu machen. Nur wenn uns auf politischer Führungsebene die Sorgen und Probleme der Bürger vermittelt werden, kann Politik als solche nicht nur agieren, sondern vor allem reagieren.
Wieder konnte heute im obligatorischen Jahresbericht nur ein grober Überblick über die Arbeit und die Verantwortung des Petitionsausschusses gegeben werden. Hingegen wird in der Beschlussempfehlung des Tätigkeitsberichts für das Jahr 2002 detailliert aufgelistet, wo Bürgern „der Schuh drückt“ bzw. wo sich Gesetze, Runderlasse und Verordnungen zu ihrem Nachteil auswirken.
Somit bieten Petitionen und der vorgelegte Bericht ganz speziell für Sie, sehr geehrte Abgeordnete, eine gute Gelegenheit zur Überprüfung und einer eventuellen Novellierung von Gesetzen. Allerdings setzt das voraus, sich des Berichtes anzunehmen. Er liegt Ihnen in Schriftform vor, und ich versichere Ihnen, für Fragen und sachdienliche Hinweise habe ich ein offenes Ohr.
Als Ausschussvorsitzende ist es mir abschließend ein Bedürfnis, den Damen und Herren Ausschussmitgliedern und Berichterstattern, den Beamten aus der Ministerialebene wie auch dem Ausschusssekretariat für die konstruktive und gewissenhafte Arbeit zu danken.
Ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und bitte um Zustimmung der vorliegenden Beschlussempfehlung.
Wir stimmen über die Beschlussempfehlung in Drs. 4/504 ab. Der Ausschuss für Petitionen empfiehlt, die in den Anlagen 1 bis 9 aufgeführten Petitionen mit Bescheid an den Petenten für erledigt zu erklären. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen worden. Ich schließe Tagesordnungspunkt 19 ab.
Frau Präsidentin, ich wollte nur mitteilen, dass wir damit einverstanden sind, den Tagesordnungspunkt 22 noch zu behandeln. Ich hatte vorhin angemerkt, dass es aus unserer Sicht Schwierigkeiten geben könnte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses! Dort hinten liegt meine Rede. In der Beschlussempfehlung bitten wir die Landesregierung einstimmig, in dem Einzelfall einer Lehrerin eine Dienstzeit von 40 Jahren anzuerkennen.
Wir haben diese Petition mehrmals im Ausschuss beraten. Wir haben das Finanz- und das Kultusministerium hinzugezogen und sind als Petitionsausschuss einhellig zu der Auffassung gekommen, der Landesregierung diese Petition zu überweisen und sie zu bitten, diesen Einzelfall zu berücksichtigen und anhand dieses Einzelfalls zu prüfen, ob es möglicherweise noch mehr Lehrerinnen und Lehrer gibt, die 40 Jahre im Dienst sind und einen Anspruch auf eine Prämie in Höhe von 400 € haben.
Ich bitte Sie im Namen des Ausschusses, unserer Beschlussempfehlung zuzustimmen, also die Landesregierung zu beauftragen, diese Petition zu berücksichtigen und innerhalb von sechs Wochen im Petitionsausschuss darüber zu berichten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/505 ein. Wer mit der Beschlussempfehlung einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen worden. Wir schließen die Beratung zu Tagesordnungspunkt 20 ab.
Stellungnahme zu dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht betreffend das Gesetz über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Personen zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Ordnung - 2 BvR 1588/02
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Schreiben vom 25. November 2002 wandte sich das Bundesverfassungsgericht unter anderem an den Landtag von Sachsen-Anhalt und bot an, dass der Landtag eine Stellungnahme zu einer Verfassungsbeschwerde mit dem von der Frau Präsidentin bereits genannten Aktenzeichen bis zum 31. Januar 2003 abgeben kann. Gemäß
§ 52 der Geschäftsordnung des Landtages ist das Verfassungsgerichtsverfahren dem Ausschuss für Recht und Verfassung vom Landtagspräsidenten mit Schreiben vom 18. Dezember 2002 überwiesen worden.
Zunächst wurde gegenüber dem Bundesverfassungsgericht um eine Verlängerung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 15. Februar 2003 gebeten.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen Beschlüsse des Oberlandesgerichts Naumburg und des Landgerichts Halle und mittelbar gegen das Gesetz über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Personen zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 6. März 2002.
In der 8. Sitzung am 20. Januar 2003 beschäftigte sich der Ausschuss für Recht und Verfassung mit der Verfassungsbeschwerde. Zunächst ließ sich der Ausschuss vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst über das Gesetzgebungsverfahren in der dritten Legislaturperiode Bericht erstatten. Es wurden die Meinungsbildung und die kontroversen Diskussionen in den Plenardebatten und in den Ausschüssen für Recht und Verfassung sowie für Inneres dargestellt.
Im Ergebnis kam der Ausschuss für Recht und Verfassung dann überein, dem Landtag die Abgabe einer Stellungnahme zu diesem Verfassungsgerichtsverfahren zu empfehlen, insbesondere auch, da die Verfassungsbeschwerde ein vom Landtag Sachsen-Anhalt beschlossenes Gesetz betrifft, aufgrund dessen in die Freiheitsrechte einer Person eingegriffen wird.
Durch die Fraktion der PDS wurde die Beifügung eines Minderheitenvotums zur Stellungnahme beantragt. Diesem Antrag folgte die Ausschussmehrheit nicht. Sie kam jedoch überein, der Stellungnahme die Plenarprotokolle und die Niederschriften über die Ausschusssitzungen der beteiligten Ausschüsse beizufügen, da aus diesen Unterlagen der Meinungsbildungsprozess und die unterschiedlichen Rechtsauffassungen ersichtlich seien.
In der 9. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verfassung am 28. Januar 2003 entschied sich der Ausschuss mehrheitlich gegen einen Beitritt zu dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Er beschloss in dieser Sitzung mit Mehrheit die Stellungnahme, die Inhalt der Beschlussempfehlung ist, welche Ihnen in der Drs. 4/516 vorliegt.
Die Stellungnahme besagt, dass die Verfassungsbeschwerde unbegründet ist. Als Gründe werden ausgeführt, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Unterbringungsgesetz für das Land Sachsen-Anhalt gegeben ist. Grundsätzlich liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern, soweit nicht das Grundgesetz eine andere Regelung vorsieht oder zulässt. In Betracht könnte hier kommen, dass die Gesetzgebungskompetenz für den Bereich des Strafrechts und des Strafvollzugs dem Bund im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung nach Artikel 74 Abs. 1 des Grundgesetzes zugewiesen wurde, welchen dieser auch abschließend geregelt hat.
Es handelt sich bei dem Unterbringungsgesetz jedoch nicht um die Materie des Strafrechts oder des Strafvollzugs, sondern um die Materie des Gefahrenabwehrrechts. Mit der Unterbringung wird nicht eine bereits begangene Straftat sanktioniert, sondern eine solche Straftat soll gerade verhindert werden. Daher wirkt die Unterbringung präventiv und ist der Materie des Gefahrenabwehrrechts zuzuordnen. Das Unterbringungsgesetz
bleibt von dem Bundesgesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung unberührt, da es sich, wie bereits dargestellt, bei dem Unterbringungsgesetz nicht um die Materie des Strafrechts handelt.
Es liegt auch kein Grundrechtsverstoß vor. Durch das Unterbringungsgesetz wird der im Einzelfall Betroffene in seinem Grundrecht auf Freiheit durch die Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt eingeschränkt. Die Freiheitsentziehung ist die intensivste Form des Eingriffs in die Freiheit einer Person. Dieses Grundrecht kann aber aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, so wie es im vorliegenden Fall durch das Unterbringungsgesetz geschehen ist.
Es werden durch das Gesetz auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze beachtet. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird dadurch Rechnung getragen, dass in das Freiheitsrecht nur eingegriffen werden darf, um elementare Schutzgüter, wie zum Beispiel das Leben oder die sexuelle Selbstbestimmung, zu schützen.
Weiterhin wurden durch den Gesetzgeber auch die Vorgaben des Artikels 104 des Grundgesetzes beachtet, der Vorgaben macht, unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen eine Freiheitsentziehung angeordnet werden darf. So entscheidet über die Anordnung und die Fortdauer die Strafvollstreckungskammer und somit Richter. Vor der Entscheidung sind Gutachten von zwei Sachverständigen einzuholen. Der Betroffene hat Rechtsmittel gegen diese Entscheidungen und ihm ist ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen.
Es liegt auch kein Verstoß gegen die Rechte vor, die sich aus Artikel 103 des Grundgesetzes bzw. aus dem allgemeinen Rückwirkungsverbot ergeben. Zum einen besagt Artikel 103 Abs. 2 des Grundgesetzes, dass eine Tat nur dann bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde; das ist das so genannte Rückwirkungsverbot. Zum anderen besagt Artikel 103 Abs. 3 des Grundgesetzes, dass niemand wegen derselben Straftat mehrmals bestraft werden darf.
Da das Unterbringungsgesetz dem Gefahrenabwehrrecht zuzuordnen ist, fällt es nicht in den Anwendungsbereich des Rückwirkungsverbots aus Artikel 103 Abs. 2 des Grundgesetzes. Es liegt auch kein Verstoß gegen das allgemeine Rückwirkungsverbot vor. Für die Anordnung der Unterbringung ist die gegenwärtige Gefahr ausschlaggebend, die von der Person ausgeht.
Es liegt auch kein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung vor, da auch diese Norm auf das Strafrecht abstellt und auf Strafgesetze, zu denen das Unterbringungsgesetz nicht zu zählen ist.
Meine Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zu der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung.