Das krönende Bonbon am Rande ist, dass wir 5,2 Millionen € mehr für die Sanierung von Kindertagesstätten zur Verfügung gestellt haben. Des Weiteren haben wir 15 Millionen € für die Übergangsfinanzierung eingestellt. Ich denke, damit haben wir den Kommunen die faire Chance gegeben, den Systemwechsel, der nun einmal damit verbunden ist, organisatorisch zu bewältigen.
Ein viel diskutiertes Thema im Einzelplan 06 war die Finanzierung der Hochschulen. Zu diesem Thema liegen
Ihnen heute die Anträge in den Drs. 4/518 bis 4/531 vor. Meine Damen und Herren! Um die Wertschätzung, die wir den Hochschulen entgegenbringen, auch zu dokumentieren, ist das im Rahmen unserer Haushaltsdebatte Chefsache. Dazu wird Herr Scharf Ausführungen machen, sodass ich mich im Hinblick auf die morgige Debatte zurückhalten kann. Fakt ist: Wir haben einen tragfähigen Kompromiss gefunden. Wir haben darüber gestern im Finanz- und im Bildungsausschuss noch einmal diskutiert.
Meine Damen und Herren! Das Thema Kultur ist angesprochen worden. Das war ein sehr kritisches Thema, auch für uns. Das geben wir offen zu. Gerade die Kürzungen im Bereich der freien Kultur und im Bereich der Heimatpflege sind uns nicht leicht gefallen. Aber uns ist es im Rahmen der Haushaltsberatungen gelungen, diese ein Stück weit zurückzunehmen.
Ich weise an dieser Stelle auf ein strukturelles Problem hin: Es kann nicht sein, dass wir uns auf der eine Seite - das ist keine parteipolitische, sondern eher eine fachpolitische Geschichte - dafür feiern lassen, dass wir über 80 % der Mittel institutionell über Jahre binden und uns dann, wenn es um Einsparungen geht, nur an den Rest halten. Diesbezüglich müssen in den nächsten Jahren Strukturveränderungen erfolgen, über die aber die Fachpolitiker in den nächsten Monaten und Jahren nachdenken müssen.
Jetzt komme ich zu einem zentralen Thema. Herr Dr. Püchel, das bewegt Sie auch und treibt Sie um: die Kommunen.
Das ist ja richtig; das treibt uns um. Ein Grafitto in Pompeji beschrieb die Situation folgendermaßen: Man sollte die Stadtkasse aufteilen; denn unser Fiskus hat viel Geld. - Wohl wahr, die Römer hatten auch einmal gute Zeiten.
Nein, meine Damen und Herren, wie befinden uns in anderen Realitäten. In Deutschland befinden sich gerade die Kommunen in einer dramatischen Finanzkrise. Minister Herr Paqué hat es bereits angesprochen. Allein in Nordrhein-Westfalen, wohlgemerkt einem SPD-regierten Land, haben zwei Drittel aller Kommunen keinen ausgeglichenen Haushalt. Damit gehen die besagten und zu beklagenden Entwicklungen einher: Die kommunalen Investitionen, die den Hauptanteil der Investitionen der öffentlichen Hand ausmachen, gehen dramatisch zurück.
Die Ausgaben im Bereich der Sozialleistungen steigen deutlich an. Diese sind in den letzten zwei Jahren um 3 Milliarden € gestiegen. Ich kann noch andere Kenngrößen anführen. Die Kassenkredite stiegen um 25 %. Das Steueraufkommen geht zurück. Die Verschuldung der Kommunen steigt.
Auch wir in Sachsen-Anhalt kürzen. Das ist richtig und unbestritten. Und es ist uns nicht leicht gefallen. Die Absenkung der Quoten nach dem FAG auf eine einheitliche Höhe von 23 % ist bedauerlich.
Aber wir müssen den Realitäten ins Auge sehen: Das Land befindet sich in einer schweren Finanzkrise. Man könnte sogar von einer Krise des Föderalismus an sich sprechen, wenn man die Haushalte in den anderen Ländern berücksichtigt. Deshalb können wir per se keine Institution und keinen Titel davon ausnehmen. Wir sitzen
alle in einem Boot. Ich denke, deswegen ist es auch vertretbar, so schwer es uns fällt, dass wir in diesem Bereich kürzen.
Gelindert wird dies - Sie sprachen es an - durch eine Freischaufelung von 33 Millionen €, die wir nach einem harten Ringen hinbekommen haben.
Gespeist wird das aus dem Zinstitel und der Absenkung der Erstattung an den Bund für Zusatzversorgungssysteme. Meine Damen und Herren! Über die Bewertung, ob das viel oder wenig ist, können wir uns trefflich streiten. Fakt ist: Wir haben eine Summe eingestellt, die mehr als eine Signalwirkung für die Kommunen im Land entfaltet. Das ist das Signal, mit dem wir in die Debatte gehen wollen.
Das kommunale Investitionsprogramm bleibt, wenn auch in veränderter Form - Herr Püchel sprach es an -, mit der GA-Finanzierung erhalten. 75 Millionen € aus dem GATopf plus Zinsen und Tilgung für die Kommunen, das ist in akzeptables Angebot, mit dem die Kommunen umzugehen wissen werden.
Jetzt noch ein Wort zu dem Kom-Invest-Programm 2002. Sie haben es groß gefeiert, als Sie dieses Programm aufgelegt haben. Sie verschwiegen dabei aber trefflich, dass die Konditionen, an die Sie es geknüpft haben, so waren, dass die Mittel nicht abgeflossen sind. Die neue Landesregierung hat im April erst einmal dafür gesorgt, dass die Mittel zu 100 % abgeflossen sind. Angesichts dessen macht Ihre Politik für die Kommunen doch einen etwas zwielichtigen Eindruck; das muss ich Ihnen doch einmal bescheinigen.
Über eine Modifizierung der Kommunalaufsicht haben auch wir intensiv nachgedacht. Ich halte es für vertretbar, wenn wir es den Kommunen in den nächsten Jahren ermöglichen, über den bisherigen Umfang hinaus Kreditfinanzierungen vorzunehmen.
- Natürlich ist das kreuzgefährlich; darin sind wir uns völlig einig. Aber ich denke, für eine Übergangszeit ist das zu verantworten. Darüber können wir lange streiten. Für uns als CDU-Fraktion ist das zu verantworten. Wir werden am Ende sehen, wie sich das entwickelt.
Meine Damen und Herren! Die Finanzstrukturkommission des Landes wird ab 2004 Vorschläge dazu machen, inwieweit wir Fördermittel in allgemeine Zuweisungen umschichten können. Meiner Ansicht nach würde es den Kommunen sehr helfen, wenn es uns gelänge, einen flexibleren Umgang mit den Mitteln hinzubekommen. Auf diese Weise könnte die kommunale Eigenständigkeit weiter gestärkt werden. Ich bin auch sehr optimistisch, dass uns das gelingen wird.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einen Exkurs zum Bund. Das wird Ihnen wieder einmal nicht gefallen. Aber es ist einfach notwendig, um die Realitäten ein wenig einordnen zu können.
Auch die Bundesregierung hat 1998 erkannt, dass die Lage der Kommunalfinanzen schwierig ist. Was macht der Bundeskanzler? Er kündigt im Herbst 1998 an, dass
er eine so genannte Kommission zu den kommunalen Finanzen einsetzt. Außer der Ankündigung ist drei Jahre lang nichts passiert. Ende 2001, offenbar im Heraufdämmern des nächsten Wahltermins, hat sich Herr Schröder dieses Versprechens, das er nicht gehalten hat, erinnert. Er kündigte im November 2001 die Einsetzung dieser Kommission an.
Im Mai 2002, ein Quartal vor den Wahlen, konstituierte sich diese Kommission plötzlich. Im Oktober 2002 fand die erste und bisher einzige Sitzung statt. Es gibt bislang keinen neuen Termin. Das sollten Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Sie sollten einmal in Ihren Reihen diskutieren, wie Sie hier im Plenum auftreten und sich zum Anwalt der Kommunalfinanzen machen,
während Ihre eigene Bundesregierung die Kommunen verhöhnt, indem sei eine Ankündigungspolitik betreibt, die substanzlos ist. Das ist keine verantwortbare Politik.
(Beifall bei der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Sie haben die Gnade der späten Geburt! Sie wissen nicht, was von den Leuten, die da drüben sitzen, hier schon alles gesagt worden ist!)
Herr Dr. Püchel, ich möchte Ihre kommunalpolitische Kompetenz nicht infrage stellen. Aber das, was Sie in den letzten vier Monaten geleistet haben, möchte ich doch noch einmal hinterfragen.
Da war zunächst die Anhörung, die wir im Finanzausschuss zu den Kommunalfinanzen gemacht haben. Jetzt las ich im Protokoll, dass die Kommunen dieses Begehren auch zum Haushalt 2002 vorgebracht haben. Da war es Ihre Regierung, die es abgelehnt hat, mit den Kommunen im Haushaltsausschuss über die Frage der Kommunalfinanzen zu reden. Ich meine, dass dabei finanziell nichts herauskommt, ist eine Sache. Aber es geht darum, dass man die Kommunen ernst nimmt und mit ihnen noch einmal diskutiert. Das ist ein wichtiges Signal, das wir im Gegensatz zu Ihnen den Kommunen senden.
Jetzt kommt der Gipfel. Herr Püchel, Sie haben hier Ihr Sechspunkteprogramm angeführt. Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet und habe mich, ehrlich gesagt, auch schon gefreut. Man konnte in allen Zeitungen lesen, dass die SPD ein Sechspunkteprogramm aufgelegt hat, durch das die Kommunen gerettet werden sollen. Sie haben es sogar auf alle Kreise ausgeweitet. Das aber war im Finanzausschuss nie Thema.
Ich habe darauf gewartet. In der vorletzten Sitzung hat Herr Gallert nachgefragt, was denn mit dem Programm wäre. Daraufhin haben Sie in der Bereinigungssitzung hektisch Ihre Zettel hervorgeholt und haben erzählt, das wäre im Innenausschuss abgelehnt worden. - Das ist keine Politik für die Kommunen.
Ebenso wie beim KiBeG wären wir sehr gern bereit gewesen, mit Ihnen über Ihre Vorschläge im Finanzausschuss zu diskutieren.
Aber sich hier hinzustellen und zu erklären, Sie hätten ein Sechspunkteprogramm, das Sie aber in den Finanzausschuss nicht eingebracht haben - da müssen Sie sich schon einmal fragen lassen, was das mit Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit in der Politik zu tun hat.
Das ist reine Show-Politik. Auf diese Weise machen Sie sich als Verfechter von Kommunalinteressen unglaubwürdig. Sachpolitik ist höher zu bewerten als Pressemitteilungen. Deswegen kann ich Sie nur auffordern, in Berlin zu intervenieren und Sachpolitik zu machen, anstatt hier Pressemitteilungen zu verbreiten, die ohne Substanz sind.
- Ich weiß es nicht, Herr Püchel. Ich bin Mitglied im Finanzausschuss und hätte mich gerne damit auseinander gesetzt. Von Ihnen aber sind keine Vorschläge gekommen. Das ist keine solide Politik, da können Sie hier reden, wie Sie wollen. Diese Verhaltensweise werden Sie öffentlich - wir werden es auch in die Öffentlichkeit tragen - zu verteidigen haben. Das ist wirklich peinlich, Herr Püchel.
Wenn ich einmal die Beratungen im Finanzausschuss Revue passieren lasse, so muss ich sagen: Ich habe konstruktive Vorschläge von Ihrer Seite vermisst, die auf unsere Linie eingeschwenkt wären oder Alternativen aufgezeigt hätten. Nichts ist gekommen. Das lässt mich kühn vermuten, dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, unseren Weg grundsätzlich mittragen.
Was Ihre konkreten Einzelvorschläge angeht, so muss man jedoch konstatieren: Sie forderten beständig, die Konsumausgaben zu erhöhen, ohne Vorschläge zur Gegenfinanzierung zu unterbreiten, die seriös gewesen wären. Die Erhöhung der Nettoneuverschuldung war immer Ihr letzter Vorschlag. Das ist keine seriöse Politik. Deswegen konnten wir keinem der Vorschläge folgen.
Der Abbau von Leistungen ist dringend erforderlich. Das ist nicht erfreulich. Aber man muss das Notwendige tun, wenn wir die Spielräume für unsere Landesfinanzen zurückgewinnen wollen.