Zum ersten Punkt. Wichtigstes Ziel des Haushaltes 2003 - das sage ich ruhiger und gelassener als Herr Dr. Püchel - bleibt für uns die Halbierung der Nettoneuverschuldung auf 750 Millionen €. Dies ist ein wichtiger Schritt auf unserem Weg zu einem Haushalt ohne Neuverschuldung ab dem Jahr 2007. Die Jüngeren unter uns werden es uns danken.
Meine Damen und Herren! Das ist ein anspruchsvolles und ehrgeiziges Ziel, das durch niemanden kaputtgeredet werden sollte.
Genau deshalb hat die Landesregierung den konsequentesten Sparhaushalt, den dieses Land überhaupt je kennen gelernt hat, aufgelegt. Doch wir müssen noch weitere Erschwernisse schultern. Angesichts der zusätzlich zu erwartenden Steuermindereinnahmen, die wir nicht zu verantworten haben, haben wir satte 307 Millionen € Mindereinnahmen in diesem Jahr zusätzlich zu schultern. Vor dieser Gesamtkulisse erscheint mir die nachrangige Beleihung des Sondervermögens „Altlastensanierung Sachsen-Anhalt“ auf der Basis einer Effekten-Lombard-Vereinbarung in Höhe von 150 Millionen € als vertretbar.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf verweisen - weil es bisher überhaupt keine Rolle in der Debatte gespielt hat -, dass die Fraktionen von CDU und FDP im Verlauf der Ausschussverhandlungen über
100 Millionen € dieses zu erwartenden Steuerdefizits über zusätzliche Einsparungen seriös nach den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit erwirtschaftet haben.
Dazu gehören auch die rund 32 Millionen € für die Kommunen sowie die wenn auch eher symbolischen Zulagen beim Blindengeld und die Stabilisierungen bei der Kultur.
Die teilweise heftigen Auseinandersetzungen darüber, auf höherem oder niedrigerem Niveau, öffentlich oder im Finanzausschuss, sind doch nur deswegen möglich geworden, weil die Landesregierung die von ihr eingeleiteten Strukturveränderungen durch die Aufnahme einer gesonderten Titelgruppe 96 zum ersten Mal für das Parlament überhaupt transparent und damit auch in den Strukturen konkret gemacht hat. Wir halten das geradezu für eine Innovation haushaltstechnischer Klarheit und finanzpolitischer Zielstellung.
Bei aller Diskussion über zeitliche Abläufe und realistische Einsparungsmöglichkeiten bleibt festzuhalten, dass die Landesregierung mit diesem Konzept grundsätzlich wesentlich weiter gegangen ist als die Vorgängerregierung. Zielzahl ist ein Stellenbestand von 55 000 Stellen, was einem Durchschnittswert von 21,6 Stellen pro 1 000 Einwohner entspricht. Damit orientiert sich der Stellenbestand am Durchschnitt der alten Länder. Die Vorgängerregierung wollte eine Zielzahl von 61 000 Stellen erreichen, was 24 Stellen pro 1 000 Einwohner entsprochen hätte.
Einen ersten Schritt zur Erreichung dieser Zielstellung dokumentiert die Titelgruppe 96. Mit der Ausweisung der 5 547 einzusparenden Stellen wird die Strukturveränderung auch in der Landesverwaltung eingeleitet. Dahinter stecken Maßnahmen wie zum Beispiel die schrittweise Annäherung an den konkreten Lehrerbedarf, die Konzentration von Fachaufgaben im Rahmen der Verwaltungsreform, die Anpassung der Polizeidichte an den Länderdurchschnitt einschließlich der Reduzierung der Polizeiverwaltung, die Reformierung des Katasterwesens und der Staatshochbauverwaltung, die Anpassung des Finanzamtspersonals an die Bedarfsberechnung und die Behördenkonzentration im Bereich der Straßenbauverwaltung.
Über den weiteren Abbau von rund 4 000 Stellen bis auf einen Bestand von 55 000 Stellen wird die Landesregierung im Zusammenhang mit dem Haushalt 2004 grundsätzlich zu entscheiden haben.
Im Haushaltsjahr 2003 ist es notwendig, mindestens 2 400 der 5 547 einzusparenden Stellen abzubauen, um die im Haushaltsplan ausgewiesene globale Minderausgabe in Höhe von 42 Millionen € zu erwirtschaften. Dies wird mittels der angebotenen Abfindungsregelung sowie
Die Fraktionen der CDU und der FDP werden den Vollzug der Abbauraten in der Titelgruppe 96 parlamentarisch überwachen. Das ist unsere feste Absicht. Wir haben deswegen einen Entschließungsantrag eingebracht, der Ihnen in Drs. 4/513 vorliegt.
Noch wenige Worte zur Veräußerung von Landesvermögen. Der Verkauf von Landesbetrieben und zum Beispiel von Flächen aus dem Bereich der Forst- und Landwirtschaft ist für die FDP überhaupt kein schmerzlicher Vorgang und hat auch nichts mit der Veräußerung von Tafelsilber zu tun, sondern ist ein Beitrag zur Konsolidierung des Haushaltes, aber auch ein Beitrag, - darauf legt die FDP außerordentlich großen Wert - der ordnungspolitisch notwendig ist.
Meine Damen und Herren! Der Staat muss nicht der Eigentümer von 12,6 % der Landesfläche sein. Der Staat muss nicht auf einem Vermögen von geschätzten 6 bis 8 Milliarden € sitzen. Der Staat soll und muss sich von diesen Dingen verabschieden, um wieder handlungsfähig zu werden und um sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren zu können. Das spart im Übrigen auch Personal.
Wir gehen davon aus, dass die eingeplanten Veräußerungserlöse von rund 100 Millionen € realistisch sind. Wir werden diesen Weg auch im Jahr 2004 in etwa gleicher Höhe und Intensität fortzusetzen haben.
- Es ist ja noch genügend da. Wir haben ein geschätztes Vermögen von 6 bis 8 Milliarden €. Sie können daran ablesen, dass in den nächsten Jahren noch einiges realisiert werden könnte.
Ich möchte schließlich noch auf die Kommunalfinanzen eingehen. Ich gestehe zu, die finanzielle Situation der Kommunen kann alles andere als befriedigen. An dieser Stelle heißt es aber nicht nur Wunden zu lecken, sondern Lösungen für die Zukunft zu finden. Auch wenn die Pro-Kopf-Verschuldung - das hat heute noch niemand gesagt - mit 1 262 € deutlich niedriger ist als die des Landes mit 5 580 €, die Landesverschuldung also mehr als viermal so hoch ist, ist eine Kürzung der Zuweisungen für die Kommunen doch immer besonders schmerzlich.
Die Kürzungen bleiben schmerzlich, selbst wenn das Land durch die Vorfinanzierung der 72 Millionen € Steuermindereinnahmen im Jahr 2003, durch die zusätzliche Bereitstellung von etwa 32 Millionen € im Zuge der Haushaltsberatungen und durch die Bereitstellung der etwa 20 Millionen € im Zusammenhang mit dem Gesetz über die Kinderbetreuung die Belastung der Kommunen im Jahr 2003 um mehr als 100 Millionen € dämpfen wird.
Es müssen neue Wege des Finanzausgleichs - das sage ich mit Blick nach Berlin - zwischen Bund, Ländern und Kommunen gefunden werden, die sich zum einem an den tatsächlichen Aufgaben und Lasten der einzelnen Ebenen orientieren und zum anderen der Vorgabe unserer Verfassung Rechnung tragen, dass in der Fläche des Landes ungefähr gleiche strukturelle Bedingungen gegeben sein sollten.
Die finanziell schwierige Situation seiner Kommunen wird Sachsen-Anhalt selbst nur bedingt lösen können.
Dies ist - ich sagte es schon - ein bundesweites Problem, wie der Anstieg des kommunalen Defizits in Deutschland von rund 4 Milliarden € im Jahr 2000 auf etwa 8 Milliarden € im Jahr 2002 zeigt.
Auch wenn Länder und Kommunen in Ost und West häufig auf sehr unterschiedlichem Niveau klagen: Der Anstieg vor allem der Ausgaben für soziale Leistungen von 32,6 Milliarden € auf 41 Milliarden € engt die Entscheidungsspielräume der Kommunen extrem ein.
Natürlich gibt es Kommunen, die lediglich den Verlust politischer Gestaltungsmöglichkeiten bedauern, andere, die endlich strukturelle Veränderungen etwa beim Personal vollziehen müssen, und wieder andere Kommunen, die trotz Stellenabbaus und eines strengen Sparkurses kaum mehr in der Lage sind, ihre Pflichtaufgaben wahrzunehmen. Wir müssen davon ausgehen, dass in Sachsen-Anhalt ungefähr die Hälfte der Kommunen keinen ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2003 vorlegen werden.
Es ist allerhöchste Zeit für andere Verteilungsschlüssel beim Steueraufkommen. Anders als bisher müssen mehr Steuerarten - ich meine damit zum Beispiel auch die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer, Letztere mit eigenen Hebesatzrechten für die Kommunen - verteilt werden. Dafür wird sich die FDP von SachsenAnhalt auch bundespolitisch nachdrücklich einsetzen.
Darüber hinaus ist die Landesregierung aufgefordert zu prüfen, welche Mittel den Kommunen künftig zusätzlich zur Verfügung gestellt werden können. Im Rahmen der Finanzstrukturkommission des Landes muss neu über das Verhältnis von allgemeinen Zuweisungen und Fachprogrammen in den Ressorts nachgedacht werden. Auch über eine Qualifizierung der Strukturen bei Verwaltungsgemeinschaften sowie gegebenenfalls bei Landkreisen sollte grundsätzlich weiter nachgedacht werden.
Meine Damen und Herren! Abschließend und zusammenfassend lassen Sie mich feststellen: Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen der CDU und der FDP haben - auch über die Beratungen in den Ausschüssen angereichert - einen Haushalt vorgelegt, der eine bessere Zukunft für Sachsen-Anhalt einleitet. Der Haushalt hat Prinzipien und trägt eine klare und berechenbare Handschrift. Wir haben einen mutigen Prozess angesteuert und wir werden Strukturen im Land entscheidend verändern und modernisieren.
Lieber Kollege Bullerjahn, Sie haben im Finanzausschuss den Begriff des Paradigmenwechsels geprägt, bezogen auf gewisse Haltungen des Landesrechnungshofes. Ich kann den unter unserer Landesregierung erfolgten Paradigmenwechsel nicht besser als mit den Worten von Jean Paul beschreiben:
Meine Damen und Herren! Wir schließen die Generaldebatte mit einem Redebeitrag unseres Ministerpräsidenten Herrn Professor Böhmer ab. Bitte sehr, Herr Professor Böhmer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben zu Recht die Debatte zum Einzelplan 02, der eigentlich nur den Haushalt der Staatskanzlei darstellt, als Generaldebatte bezeichnet. Dies wird in allen deutschen Parlamenten und auch im Bundestag so gehandhabt. Die Vorsitzenden der Oppositionsfraktionen haben völlig zu Recht im Rahmen dieser Debatte gesprochen; denn diese Generaldebatte ist immer die hohe Stunde der Opposition. Dabei wird - das ist üblich - der Landesregierung gesagt, was sie alles falsch gemacht hat, und manchmal sogar, wie man es besser machen könnte.
Deswegen ist es eine Aufgabe des Ministerpräsidenten zuzuhören. Meine verehrten Kollegen von den Oppositionsparteien, ich habe Ihnen zugehört. Ich weiß nur eines: Wenn ich Ihren Vorschlägen, die kaum welche waren - es waren nur Andeutungen -, folgen würde, würde die Lage in Sachsen-Anhalt noch schlimmer werden. Das ist unser eigentliches Problem.
(Lebhafter Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank - Herr Dr. Püchel, SPD: Schulbuchfreiheit! - Zuruf von der CDU)