Protokoll der Sitzung vom 13.03.2003

(Zuruf von Herrn Kühn, SPD)

- Nein, ich möchte sagen, wie die Stimmung im Lande ist.

(Frau Budde, SPD: Wie ist denn nun Ihre Mei- nung?)

Bezug nehmend auf die Bauordnung ist die gänzliche Aufhebung der Stellplatzpflicht anzustreben und die Liste der genehmigungsfreien Bauvorhaben ist zu erweitern, Stichwort Carports und Garagen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Zweite Investitionserleichterungsgesetz ist keine weiße Salbe, es wird durch seine Inhalte und die Signalwirkung positive Wirtschaftseffekte haben. - Ich schließe mich dem Antrag auf Überweisung in die Ausschüsse an und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Schrader. - Bevor ich Herrn Minister Rehberger das Wort gebe, habe ich die Freude, Damen und Herren der CDU-Ortsunion Stapel begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun bitte Herr Minister Rehberger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor Herr Püchel Entzugserscheinungen bekommt, erlaube ich mir, doch einige wenige Bemerkungen zu diesem wichtigen Gesetz zu machen.

Ich glaube, meine Damen und Herren, dass man zunächst einmal die Fakten zur Kenntnis nehmen muss. Zu den Fakten gehört, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2002 im verarbeitenden Gewerbe, das heißt in der Industrie, in der produzierenden Wirtschaft, einem ganz wesentlichen Zweig unserer Volkswirtschaft, eine rückläufige Investitionstätigkeit verzeichnen mussten.

Aber zu den Fakten gehört auch, dass im Land Sachsen-Anhalt in einer Zeit, in der es anderwärts bergab ging, die Zahl der Investitionsvorhaben im produzierenden Gewerbe deutlich zugenommen hat. Dass sie zugenommen hat, dass Investitionen auf den Weg gebracht werden konnten, hängt damit zusammen, dass das Landesförderinstitut und die gesamte Begleitung der Projekte durch die neue Landesregierung mit einem ganz anderen Tempo betrieben wird, als es vorher der Fall war. Das ist ein Erfolg, meine Damen und Herren. Das sollte man nicht schlechtreden.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP - Zuruf von Herrn Dr. Thiel, PDS)

Wir haben heute, Herr Püchel, im Landesförderinstitut wieder über 700 Anträge auf Förderung von Investitionen im produzierenden Gewerbe. Das ist eine enorme Zahl, und ich sage Ihnen voraus, dass wir im Jahr 2003 die Zahlen des Jahres 2002 wiederholen werden. Das heißt, auch im Jahr 2003 werden Investitionen angeschoben, die eine Größenordnung von über 2,5 Milliarden € haben werden. Ich meine, das ist ein erfreulicher Tatbestand und das ist eine positive Entwicklung, die sich auch - wenn auch verständlicherweise im Moment erst moderat - auf dem Arbeitsmarkt niederschlägt.

Meine Damen und Herren! Im Februar 2003 haben wir, wie Sie wissen, bundesweit über 4,7 Millionen Arbeitslose - förmlich registrierte Arbeitslose, muss man sagen. Ein Jahr davor waren es 4,3 Millionen. Hier in SachsenAnhalt - Herr Dr. Schrader hat eben darauf aufmerksam

gemacht - ist im gleichen Zeitraum die Zahl der Arbeitslosen um rund 11 000 gewachsen.

Aber, meine Damen und Herren, auch das muss man zur Kenntnis nehmen - wobei das gar nicht eine Kritik an der Bundesanstalt für Arbeit oder am Bundesminister sein soll; aber es ist eine Tatsache -: Der Anstieg, der bei uns zu beklagen war und ist, ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass der Bund im Bereich von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und anderen Maßnahmen inzwischen deutlich weniger Geld zur Verfügung stellt.

(Zuruf von Frau Dr. Kuppe, SPD)

Ich sage noch einmal, ich möchte den Bund nicht kritisieren. Aber eines sage ich in aller Deutlichkeit: Herr Püchel, solange Sie auf Bundesebene den Minister für Wirtschaft und Arbeit stellen und eine Bundesregierung mittragen, die auch für die Bundesanstalt für Arbeit die Rahmenbedingungen festlegt, lasse ich mir die Arbeitslosen, die durch Maßnahmen in Nürnberg produziert werden, nicht von Ihnen vor meine Tür kehren.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustimmung von Minister Herrn Becker und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Meine Damen und Herren! Es ist ja ganz unstreitig - damit bin ich bei einigen konkreten Punkten dieses Gesetzes -, dass die einzelnen Normen - -

(Herr Bullerjahn, SPD: Das ist das, was Sie jahre- lang gewollt haben, und jetzt meckern Sie rum!)

- Nein, ich habe es gewusst, ich habe nur darauf - -

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

- Nein, Frau Budde, meine Herren, ich habe das nicht kritisiert; ich habe es nur festgestellt und habe gesagt, das, was die Bundespolitik verursacht, lassen wir uns nicht vor die Tür kehren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Frau Bud- de, SPD: Ist es richtig oder ist es falsch?)

- Frau Budde, ich werde Herrn Clement, der mich heute Abend zusammen mit meinen Kollegen eingeladen hat, sagen, dass ich der Auffassung bin, dass in der Tat im Bereich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Dinge zurückgedreht werden müssen, damit wir die entsprechenden Staatsmittel mehr für den ersten Arbeitsmarkt einsetzen können.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

- Ja, aber ich weise darauf hin, dass das, was der Bund zu verantworten hat, eben nicht von Herrn Püchel hier vorgetragen werden darf mit dem Tenor, die Landesregierung macht etwas falsch. Es ist eine Folge der Bundespolitik.

(Frau Budde, SPD: Nein, nein, nein! Entweder oder! - Herr Bischoff, SPD: Die Sie für richtig hal- ten! Dann sagen Sie es doch!)

Im Übrigen, wenn wir schon über die Bundespolitik reden, dann muss auch auf die Tatsache hingewiesen werden, dass die Schröder-Regierung jetzt 4,7 Millionen Arbeitslose vermelden muss, obwohl man die Statistik, wie Sie wissen, vor drei Jahren korrigiert hat.

Wenn die Statistik, wie sie bis vor drei Jahren für den Bereich der Arbeitslosigkeit gegolten hat, heute noch gelten würde, dann hätten wir jetzt 250 000 Arbeitslose zusätzlich in der Statistik. Man hat die Statistik nach un

ten korrigiert, aber dennoch haben wir diese Zahl. Dass das so ist, ist in hohem Maße eine Folge der Bundespolitik und damit von denjenigen zu verantworten, die seit 1998 die Bundesregierung tragen. Weswegen haben Sie denn damals den Wahlkampf gewonnen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Warum ist denn Schröder 1998 gewählt worden? - Weil er gesagt hat: Ich mache nicht alles anders, aber ich mache vieles besser. - Heute stellen wir fest, er macht fast alles schlechter, meine Damen und Herren - leider.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Herrn Kühn, SPD)

Noch einige Stichworte. Sehen Sie, Sie sagen mit Recht, die einzelne Norm, die hier verändert wird,

(Herr Kühn, SPD: Wo ist sie denn?)

in der Fülle der Normen, wie sie etwa in dem Zweiten Investitionserleichterungsgesetz geändert oder abgeschafft werden sollen, verändert die Welt nicht total. Das ist völlig richtig.

Ich sage Ihnen aber auch mit aller Deutlichkeit: Allein die Tatsache, dass wir im Bereich der Müllentsorgung das, was Sie einmal aus ideologischen Gründen hier beschlossen haben, nicht mehr aufrechterhalten, nämlich das strikte Territorialprinzip, bedeutet, dass in Kürze in Sachsen-Anhalt eine Investition von über 100 Millionen € auf den Weg gebracht werden kann. Das ist immerhin eine interessante Folge einer notwendigen und jetzt vorgeschlagenen Gesetzesänderung.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen wäre ich ganz vorsichtig mit der Position, die Sie hier vertreten, dass das alles „weiße Salbe“ sei.

(Zuruf von Herrn Dr. Püchel, SPD)

Im Übrigen, Herr Püchel, wenn es nur weiße Salbe wäre, dann würden Sie sich doch nicht so aufregen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Ich rege mich nicht auf, sondern Sie! - Frau Dr. Kuppe, SPD: Sie regen sich auf!)

Die Tatsache, dass hierdurch erhebliche Veränderungen erreicht werden, wird aber dadurch bestätigt, dass Sie hier so heftig opponieren. Es ist aber Ihr gutes Recht.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Sie sind doch heftig! - Zu- ruf von Herrn Bullerjahn, SPD)

Im Übrigen noch ein anderes Stichwort - Stellplatzablösegebühren. Sie sagen, man muss den Kommunen dieses Geld lassen. Ich sage, wenn Sie den Kommunen wirklich helfen wollen, dann müssen Sie dafür sorgen, dass zum Beispiel das, was der Bund an Teilhabe im Bereich der Gewerbesteuer durchgesetzt hat, verändert wird. Lassen Sie den kommunalen Gebietskörperschaften die Gewerbesteuer. Dann haben diese ein Vielfaches von dem, was sie durch Stellplatzablösegebühren einnehmen können. Sie müssen dann schon auf Bundesebene die richtigen Weichen stellen und dazu beitragen, dass sich die Entwicklung wieder zugunsten der kommunalen Gebietskörperschaften vollziehen kann.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal auf eines hinweisen: Was wir tun, sind Maßnahmen im Rahmen dessen, was eine Landesregierung, was ein Landtag tun kann. Es ist heute Morgen schon mit Recht darauf aufmerksam gemacht worden, dass wir in die Gesamtentwicklung auf der Bundes

ebene und darüber hinaus eingebunden sind. Deswegen ist es sehr schwer, regional eine andere wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig herbeizuführen, als sie national durch die Rahmenbedingungen nun einmal gegeben ist.

Es gäbe Möglichkeiten. Der Bundeswirtschaftsminister hat sehr weitgehende Vorstellungen. Er kann sich in der eigenen Fraktion nicht durchsetzen. Deswegen hat er sich etwas ausgedacht, das ich für sehr klug halte. Er hat nämlich gesagt: Lasst uns zwei Modellregionen, zwei Länder - ein Land in Ostdeutschland, das andere in Westdeutschland - nehmen, in denen die politisch Verantwortlichen, das heißt das jeweilige Parlament, die Freiheit bekommen, die Normen etwa im Arbeitsrecht, im Bau-, im Planungsrecht und in anderen Bereichen, die von vielen als hinderlich für eine gute wirtschaftliche Entwicklung eingeordnet werden, ihrerseits regional zu verändern. Ich finde, das ist eine plausible Überlegung, weil man dann nämlich nebeneinander das jetzt geltende Bundesrecht hat und reformierte Regelungen in den Modellregionen.