Protokoll der Sitzung vom 13.03.2003

Das Land Sachsen-Anhalt hat SPNV-Leistungen umgeschichtet, sodass bei fast gleich gebliebenem Angebot landesweit betrachtet einzelne Strecken stillgelegt worden sind. Hierfür hat das Land zusätzlich Busverkehr initiiert und finanziert. Im Jahr 2002 waren das 1,6 Millionen Fahrkilometer, die von diesen Regio-Bussen gefahren worden sind.

Die Kommunen haben aus Kostengründen den ÖPNV zurückgefahren, sodass Ihre Bedenken hinsichtlich des flächendeckenden ÖPNV nicht unbegründet sind. Aber wir haben den Schülerverkehr. Wie Sie sicherlich wissen, werden durch den Schülerverkehr alle Gemeinden angebunden. Die meisten Gemeinden und Kreise haben in den Schülerverkehr auch den Personannahverkehr mit eingebunden. Dass das nicht immer zeitlich passt, ist eine andere Frage. Das geplante Anreizsystem der Finanzierung des ÖPNV dürfte dem entgegentreten.

In Punkt 2 fordern Sie die Sicherstellung der Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern zur Gewährleistung effektiver und nutzerfreundlicher Strukturen. Diese Zusammenarbeit ist gewährleistet, meine Damen und Herren. Es bestehen enge Kontakte zu den Nachbarländern, den Nachbarverbünden und über die Verbände der Verkehrtreibenden.

Zu Punkt 3 ist festzustellen, dass der Mitteldeutsche Verkehrsverbund im Süden des Landes bereits grenzüberschreitend besteht. Er wird in Kürze durch die Landkreise Weißenfels und Burgenlandkreis, die schon seit Jahren eine Tarifgemeinschaft haben, erweitert werden. Damit ist der Süden des Landes mit den genannten Landkreisen, dem Saalkreis, dem Landkreis MerseburgQuerfurt und der Stadt Halle in einem Verbund zusammengeschlossen. Dazu kommen jetzt Tarifgemeinschaften und Kooperationen im Bereich Magdeburg/Umland, Altmark, im Harz sowie landkreisübergreifend von der Verkehrsgesellschaft Südharz bediente Gebiete der Kreise Aschersleben, Mansfelder Land, Sangerhausen bis nach Thüringen, nach Artern hinein. Im Bereich Anhalt, Bitterfeld und Wittenberg soll in Kürze eine Tarifgemeinschaft initiiert werden.

Die im Punkt 4 eingeforderte Verhinderung von Sozialdumping ist mit der DIN EN 13 816 gegeben, indem die

Träger Qualitätsmerkmale des ÖPNV genau definieren und auf die örtlichen Verhältnisse angepasst festlegen können.

Hohe Anforderungen im ÖPNV werden auch gut geschultes und qualifiziertes Personal erfordern, damit wir den ÖPNV attraktiver und gegen Sozialdumping effektiver machen. Mit der Ausschreibung von Verkehrsleistungen sind Kriterien festzulegen, sodass jeder Bewerber in deren Kenntnis sein Angebot abgeben kann. Die Kriterien legt der Aufgabenträger fest. Dabei ist der Nahverkehrsplan, in dessen Erarbeitung die Gewerkschaften und Verbände einbezogen werden, die Grundlage.

Somit ist Ihre Forderung bereits in der Vorbereitungsphase erfüllt. Ob an der Entscheidung die Gewerkschaften und Verbände beteiligt werden, liegt im Ermessen des Entscheidungsträgers. Die meisten Entscheidungsträger tun es.

Die von Ihnen in Punkt 6 geforderte Entwicklung von Pilotprojekten läuft bereits, wie zum Beispiel das Pilotprojekt „Rufbusse“ in den Kreisen Bitterfeld, Salzwedel und dem Ohrekreis.

Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion wird diesen Antrag ablehnen. Ich denke, wir sollten über das Gesetz diskutieren. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Abgeordneter Ernst, würden Sie noch eine Nachfrage des Abgeordneten Kasten beantworten?

Wenn ich kann, Herr Kasten, gern.

Ich hätte gern Folgendes gewusst: Sie haben die Länder übergreifende Kooperation positiv beurteilt. Zwischen dem VTO und dem Regionalverband Braunschweig als unserem Nachbarn gibt es diese positive Zusammenarbeit nicht. Es gibt eher ein Konkurrenzdenken. Ist Ihnen das bekannt gewesen?

Das ist mir nicht bekannt, weil ich noch nicht so lange im Ausschuss bin, aber Braunschweig - -

Ich wäre damit vorsichtig in diesem Zusammenhang.

Ich habe vielleicht mehr die Ostländer gesehen und habe dabei Sachsen und Thüringen berücksichtigt.

Das ist diese Richtung, aber wir haben dort durchaus noch Reserven.

Darin gebe ich Ihnen Recht.

Danke, Herr Abgeordneter Ernst. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Schröder das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es am Winterschlaf gelegen hat, wie Herr Kasten sagte; aber auf jeden Fall, meine Damen und Herren von der SPD, legen Sie mit Ihrem Antrag auch ein Stück weit den Finger in die Wunde Ihres eigenen Gesetzes. Nicht nur aus den von Ihnen genannten Gründen wollen wir ein neues Gesetz für den öffentlichen Personennahverkehr in Sachsen-Anhalt. Das von Ihnen zu vertretende Gesetz - wenn mir die Bemerkung gestattet ist - ist sehr sozialdemokratisch: hohe, sehr hohe, aber eben leider auch oft sehr unerfüllbare Ansprüche und wenig Eigenverantwortung.

Meine Damen und Herren! Wir wollen ein neues ÖPNVGesetz mit der Klarstellung, dass der ÖPNV als freiwillige Aufgabe definiert wird, um einen Sonderweg im Vergleich zu den anderen Bundesländern zu beenden. Wir wollen eine Bündelung bisher zersplitterter Finanzierungsquellen sowie mehr Flexibilität und Effizienz. Das neue Gesetz der Landesregierung befindet sich derzeit im Anhörungsverfahren. Der Minister hat darauf hingewiesen.

Die CDU-Landtagsfraktion plädiert dafür, die Ergebnisse dieser Anhörung zunächst abzuwarten. Nach der Einbringung des Gesetzes - vermutlich im April; vorbehaltlich einer Entscheidung des Kabinetts - besteht genügend Zeit für eine ausgiebige parlamentarische Beratung. Diese Beratung nun auf Antrag der SPD-Fraktion vorzuziehen, ohne dass das neue ÖPNV-Gesetz dem Parlament vorliegt, halten wir nicht für erforderlich und empfehlen deshalb die Ablehnung Ihres Antrages. Zu den einzelnen Punkten schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen von der FDP-Fraktion an. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Schröder. - Herr Abgeordneter Doege, Sie haben noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben mit dem Antrag versucht, uns sehr frühzeitig in den Diskussionsprozess über ein neues ÖPNVGesetz einzumischen.

(Zurufe von der CDU: Sehr früh!)

- Es mag sein, dass es aus Ihrer Sicht sehr früh war. - Trotzdem denken wir, dass kein Gesetz so gut ist, dass es nicht noch verbessert werden kann. Wir sind gespannt auf die im Rahmen der Anhörung von den Landkreisen sicherlich noch vorgebrachten Argumente. Allerdings wollten wir es nicht versäumen, zu einem sehr frühen Zeitpunkt unsere Vorstellungen in die Diskussion einzubringen. Die Fachdiskussion wird, so wie Sie es ausdrückten, Herr Minister, im Ausschuss sicherlich noch zu führen sein, und ich freue mich darauf.

Würden Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Am Ende. Ich bin gleich fertig. - Ein wenig erstaunt hat mich Ihr Redebeitrag, Herr Kasten. Als Unschuld vom Lande hier aufzutreten, ist schon erstaunlich.

(Herr Gürth, CDU: Aber er hat doch Recht ge- habt!)

Meines Wissens haben Sie in den letzten Jahren auch dem ÖPNV-Gesetz in dieser bisher gültigen Form zugestimmt. Zumindest ist mir keine ablehnende Haltung der PDS-Fraktion im Landtag bekannt. Ich bin nur leider erst seit dem Jahr 1998 im Landtag, aber zumindest in dieser Zeit ist mir nicht bekannt geworden, dass Sie den Vorstellungen, die die SPD-Fraktion bis dato vertreten hat, entgegengetreten sind. Herr Kasten, von dieser Warte her verstehe ich Ihre Äußerungen an dieser Stelle nicht.

Ich freue mich auf die fachliche Diskussion im Ausschuss mit Ihnen als ausgesprochener Fachmann für Bahnverkehr. Sie werden uns dann sicherlich noch mit der einen oder anderen Geschichte überraschen.

Danke, Herr Doege. Herr Dr. Daehre und Herr Kasten hatten noch eine Nachfrage.

Kollege Doege, ich habe nur eine ganz kurze Frage. Ist zu erwarten, dass die SPD-Fraktion nicht nur die sechs Punkte aufschreibt, sondern mit einem eigenen Gesetzentwurf kommt?

Herr Minister, das kann ich, glaube ich, ausschließen. Wir werden nach der Anhörung und den dort erhaltenen Anregungen der Spitzenverbände und der Landkreise sicherlich über den Gesetzentwurf zu diskutieren haben.

Herr Kasten, bitte.

Herr Doege, stimmen Sie zu, dass für die Umsetzung eines Gesetzes der Fachminister zuständig ist und, wenn es mehrere Ministerien betrifft, die Landesregierung?

Das ist korrekt, Herr Kasten. Herr Kasten, ich weiß nicht, was Sie damit bezwecken wollten. Aber Ihre Frage kann ich nur mit Ja beantworten.

Danke, Herr Doege. - Damit sind wir am Ende der Debatte. Wir treten ein in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/657.

(Unruhe)

- Würden Sie bitte alle noch mitmachen?

Der Wunsch nach Ausschussüberweisung wurde vorgetragen. Wer für die Ausschussüberweisung stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koali

tionsfraktionen. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir treten nun in die Direktabstimmung ein. Wer dem Antrag in der Drs. 4/657 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die SPD-Faktion. Wer ist dagegen? - Das sind die übrigen Fraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Bei einer Enthaltung ist der Antrag abgelehnt worden. Wir schließen Tagesordnungspunkt 18 ab.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf. Vielleicht können wir uns jetzt noch einmal konzentrieren auf die beiden Anträge, die noch vorliegen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung

Verbesserung der Hilfen für Demenzkranke in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/604

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Bischoff für die SPD-Fraktion. Sie haben das Wort.