Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Die FDP-Fraktion wird dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen, die Landesregierung aufzufordern, im Innenausschuss zu berichten.
Der Antrag gibt mir aber auch die Möglichkeit, aus der Sicht der FDP-Fraktion einige grundlegende Ausführungen zur Thematik des Schutzes vor gefährlichen Hunden zu machen. Beginnen möchte ich mit dem Gegenstand des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg, das hier schon mehrfach angesprochen wurde.
Grundlage des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden war die in Sachsen-Anhalt von der Vorgängerregierung erlassene Gefahrenabwehrverordnung zum Schutz vor gefährlichen Hunden. Was nach Ansicht der alten Landesregierung unter gefährlichen Hunden zu verstehen war, konnte man in der Legaldefinition des § 1 nachlesen. Zitat aus der Verordnung:
„Gefährliche Hunde im Sinne dieser Verordnung sind American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden.“
An der abschließenden Aufzählung der Hunderassen kann man erkennen, dass das angestrebte Ziel von Gesetzes wegen nur ein Teilschutz der Bevölkerung hätte sein können. Anders formuliert: Der Fokus war auf Kampfhunde und nicht auf gefährliche Hunde insgesamt gerichtet. Meine Damen und Herren der Opposition, wenn man eine Verordnung erlässt, die den Titel „Schutz vor gefährlichen Hunden“ trägt, dann sollte man dabei auch an alle gefährlichen Hunde denken.
Die Lebenszeit der Verordnung war kurz. Sie ist, zumindest in ihrer scharfen Formulierung, geboren am 26. März 2002 und ist, um im Bild zu bleiben, am 12. Dezember 2002 gestorben.
Zum Inhalt des Urteils des OVG möchte ich Folgendes sagen. In der Begründung zur Aufhebung nahezu aller
Paragrafen der Verordnung führt das OVG aus, dass die Verordnungsermächtigung des § 94 Abs. 1 Nr. 4 SOG keine Ermächtigungsgrundlage für den in der Verordnung geregelten Inhalt darstellt. Das OVG Magdeburg schloss sich somit dem Bundesverwaltungsgericht an, das in einem Urteil vom 3. Juli 2002 die Gefahrtierverordnung des Landes Niedersachsen aufgrund einer fehlenden Ermächtigung aufgehoben hatte.
Auf ein bekanntes Detail möchte ich hier gar nicht vertiefend eingehen. Herr Kollege Püchel, soweit ich mich erinnern kann, waren Sie nicht nur als Innenminister Initiator der Verordnung, sondern als amtierender Justizminister auch für die Rechtsprüfung durch die Landesregierung zuständig. Das können wir aber an anderer Stelle weiter erörtern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, ob eine gesetzliche Regelung zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden notwendig ist. Nebenbei bemerkt, auch wenn es heute nicht darum geht, erscheint es mir äußerst fraglich, ob der Regelungsgegenstand auf Hunde begrenzt sein sollte oder ob nicht vielmehr auch eine Regelung für Spinnen, Schlangen und andere gefährliche Tiere notwendig wäre, weil auch diese eine erhebliche Gefahr darstellen können.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Oh! bei der SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: Ein Maul- korb wäre da gut!)
Die FDP-Fraktion ist zu der Überzeugung gelangt, dass es keiner gesetzlichen Regelung bedarf; denn das eigentliche Problem ist nicht der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, sondern der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen und verantwortungslosen Hundehaltern.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! An diesem Punkt sollte die Diskussion beginnen. Diejenigen, die sich mit Hunden intensiv befassen, werden Ihnen folgenden Satz sagen, den Sie auch mir gesagt haben: Was aus dem Hund wird, liegt am Menschen.
Wenn man sich den § 2 des Tierschutzgesetzes einmal genauer anschaut, dann stellt man fest, dass eine Reihe von Forderungen an den Halter gestellt werden, die ich an dieser Stelle im Einzelnen nicht aufführen möchte. Ich erwähne nur eine Forderung, nämlich die, dass der Tierhalter die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit dem Tier haben sollte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Zusammenleben von Menschen und Tieren geschehen von Zeit zu Zeit tragische Unfälle durch Übergriffe. Niemand möchte diese Unfälle. Niemand kann aber solche Unfälle völlig ausschließen. Gerade wir, die wir politische Verantwortung tragen, sollten nicht in Populismus verfallen, sondern sollten vielmehr Ursachen und Gründe sachlich bewerten und nach Schlussfolgerungen suchen.
Im Hinblick auf die heutige Thematik heißt das für die FDP, dass wir uns in erster Linie der Aufklärung und Prävention zuwenden, in diesem Zusammenhang an die Vernunft der Hundehalter appellieren und in sie Vertrauen setzen müssen; denn nur so kann dieses Problem umfassend gelöst werden.
Übergriffe wie jüngst in Calbe hätten auch bei gültiger Verordnung nicht verhindert werden können, weil Rottweiler nicht unter die Legaldefinition des § 1 gefallen wären.
Die FDP ist der Meinung - das werde ich im Innenausschuss noch einmal im Einzelnen darlegen -, dass wir keine neuen gesetzlichen Regelungen brauchen. Wir stimmen aber der Überweisung in den Innenausschuss zu.
Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Wer dem Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 4/605 zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei einer Enthaltung ist der Drs. 4/605 zugestimmt worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 17.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem zweiten Zwischenbericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt tritt die Diskussion über die Zukunft der Strukturfonds in eine neue Phase ein. Die Diskussionen werden jetzt intensiver und es geht um die Ausgestaltung der Anschlussförderung nach Auslaufen der Strukturfondsförderung 2006. Diese Diskussion wird auf allen Ebenen intensiv geführt. Ich denke, das ist gut so; denn es wird viele Entscheidungsebenen geben, die hier zusammenspielen müssen, damit wir erfolgreich für eine Fortsetzung der Förderung für die ostdeutschen Länder kämpfen können und das Ergebnis entsprechend sein wird.
Es wird voraussichtlich Anfang 2004 ein Vorschlag der Europäischen Kommission vorliegen. Dieser wird dann im Europäischen Parlament beraten und verabschiedet. Deshalb denke ich, dass alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, sowohl mit der Kommission zu reden als auch auf der parlamentarischen Ebene darüber zu diskutieren. Auch ein Landtag wie dieser, der ein elementares Interesse daran hat, dass auch nach dem Jahr 2006 die entsprechenden Fördermöglichkeiten für das Land zur Verfügung stehen, sollte sich hierzu positionieren.
Klar ist, dass es eine Balance geben muss zwischen den unterschiedlichen Interessen, die vorhanden sein werden, wenn man über die Fortführung der Strukturfonds redet. Zum einen gibt es mit Sicherheit das Interesse der ostdeutschen Bundesländer, darauf hinzuwirken, dass es nach dem Jahr 2006 keinen Abbruch der Förderung geben wird; denn das würde dazu führen, dass dem wirtschaftlichen Aufholprozess ein starker Dämpfer verpasst wird. Das darf nicht geschehen. Denn klar ist: Der wirtschaftliche Aufholprozess in Ostdeutschland ist noch lange nicht so, dass es ausreicht, um eine weitere Entwicklung von selbst vorangehen zu lassen.
Des Weiteren gibt es ein bundesdeutsches Interesse. Das bundesdeutsche Interesse besteht darin, die Nettozahlerposition nicht weiter zu verschlechtern. Ich denke, auch das kann im Interesse der ostdeutschen Bundesländer liegen.
Es gibt darüber hinaus ein drittes Interesse, das Interesse der Europäischen Union, die Instrumente, die vorhanden sind und zu denen die Strukturfonds gehören, im Interesse der zukünftigen Entwicklung der EU weiter zu nutzen.
Wolfgang Clement hat es als Bundesminister vor kurzem einmal so formuliert: Die EU-Osterweiterung ist sicherlich notwendig und unumgänglich und wir werden sie auch durchführen und unterstützen. Langfristig ist das mit Sicherheit der richtige Weg. Kurzfristig müssen wir uns aber überlegen, wie wir die Ausgestaltung hinbekommen, sodass es nicht zu Problemen beim deutschen Aufholprozess kommt.
Ich denke, das ist eine Position, wie wir sie auch als Landtag unterstreichen und vertreten können. Klar ist: Wenn die Erweiterung der Europäischen Union ab dem 1. Mai 2004 erfolgt, werden osteuropäische Gebiete mit einem sehr niedrigen Bruttoinlandsprodukt in die EU eintreten. Klar ist auch, dass es dann einen rechnerischen Effekt geben wird.
Die entscheidende Zahl für die Ziel-1-Gebiete ist die Quote von 75 % des durchschnittlichen Bruttoinlandsproduktes. Klar ist, dass bei neuen Rechnungen die ostdeutschen Ziel-1-Gebiete über diese 75%-Grenze kommen werden. Das würde zur Folge haben, dass wir automatisch aus der Ziel-1-Förderung herausfallen. Deshalb ist es gut, dass im zweiten Zwischenbericht dieser Effekt für die ostdeutschen Länder, aber auch für andere Ziel-1-Regionen so beschrieben ist, dass es ausschließlich ein statistischer Effekt ist.
Ich denke, das ist der Punkt, an dem wir festhalten und ansetzen müssen. Es geht darum, dass es nur ein statistischer, ein rein rechnerischer Effekt ist und dass der wirtschaftliche Aufholprozess in Ostdeutschland noch lange nicht da ist, wo er sein müsste, um eine solche relative Steigerung des Bruttoinlandsproduktes herbeizuführen. Schön wäre es, wenn wir schon so weit wären. Aber wir sind noch nicht so weit.
Deswegen wird es in den nächsten Wochen und Monaten darum gehen, über Folgendes zu diskutieren: Wie wird eine Anschlussförderung aussehen? Wird sie Ziel-1-Gebiet heißen? Wird sie „als wie“-Ziel-1-Gebiet heißen? Das ist mit Sicherheit erst am Ende der Diskussion festzulegen. Aber klar ist, es muss eine Anschlussförderung geben, die nicht abbricht. Das heißt, sie muss auf jeden Fall in der Höhe beginnen, in der die Förderung für die ostdeutschen Länder im Jahr 2006 endet. All das sind Diskussionen, die im Fluss sind.
Wir haben zwei Anträge vorliegen. Ich denke, es wird uns nicht gelingen, im Landtag zu texten. In beiden Anträgen sind Punkte enthalten, die zusammengeschoben werden können. Ich schlage vor, dass wir die beiden Anträge in der vorliegenden Fassung in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten überweisen. Ich glaube, dass wir dann einen gemeinsamen Beschlussvorschlag für den Landtag hinbekommen werden und dass es für diesen Landtag sehr gut wäre und uns allen gut anstehen würde, wenn wir einen gemeinsamen Beschluss zur Positionierung des Landtags zur Strukturfondsförderung hinbekommen.
Ich denke, dass das möglich ist. Dabei wird sich keiner - auch wir nicht - an irgendwelchen Formulierungen verbeißen. Deshalb bitte ich darum, dass wir diese beiden Anträge in den Ausschuss überweisen und dann einen gemeinsamen Beschlussvorschlag im Landtag zur Abstimmung bringen können. Ich denke, dies ist von höherem Wert, als wenn wir uns in der heutigen Landtagssitzung über Formulierungen auseinander setzen müssten. - Vielen Dank.
Danke, Frau Abgeordnete Budde, für die Einbringung des Antrags der SPD-Fraktion. - Den zweiten Antrag bringt Frau Abgeordnete Wybrands für die CDU-Fraktion ein.