Protokoll der Sitzung vom 15.05.2003

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Czeke. - Nun bitte für die CDU-Fraktion Herr Daldrup. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere, dass die Landesregierung durch die verfehlte Politik, durch das Finanzgebaren und durch das Finanzloch, das Sie uns hinterlassen haben, gezwungen ist, Waldimmobilien und Waldflächen zu veräußern.

(Ach! bei der SPD)

Wir müssen das tun.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann Ihre Argumentation überhaupt nicht verstehen; denn am Ende sind Sie selbst die eigentliche Ursache. Deshalb sollten Sie bei Ihrer Argumentation etwas vorsichtiger sein.

(Zuruf von Frau Ferchland, PDS)

Ich lege großen Wert auf die Feststellung, dass dies nicht wahllos geschieht, sondern nach einem bestimmten und guten Verfahren. Das Ziel heißt, im Jahr 2003 dem Landeshaushalt durch die Verkäufe von Landeswald, Splitterflächen und Landesimmobilien einen Betrag von 14,5 Millionen € zuzuführen. Dabei ist die Rangfolge - das haben wir bei den Anhörungen und Gesprächen mit diesem Aktionsbündnis auch sehr deutlich gemacht -: Splitterflächen, Forstimmobilien und dann erst Waldflächen anderer Art. Das ist ganz klar.

Es werden nicht rund 10 000 ha Landeswald verkauft, sondern es werden nur so viel Hektar Landeswald verkauft, dass die Summe, die eingestellt ist, zusammenkommt. Wenn ich es richtig einschätze, dann ist das Interesse an diesen Waldflächen relativ groß. Ich gehe davon aus, dass die Fläche deutlich unter 10 000 ha liegen wird und dass wir damit das Haushaltsziel erreichen können.

Die Landesregierung ist sich durchaus bewusst - und die Prioritätenliste zeigt das ja auch -, dass der Landeswald in Sachsen-Anhalt eine große und wichtige Bedeutung hat. Das Land besitzt fast 148 000 ha Wald. Das sind gut 30 % der Landeswaldfläche. Die Gesamtfläche des Landeswaldes wird durch den Verkauf im Rahmen der Haushaltskonsolidierung so gut wie gar nicht vermindert - dies ist hier schon mehrfach gesagt worden -, weil wir auf der anderen Seite vom Bund Naturschutzwaldflächen hinzubekommen, sodass der Abgang in der Summe ausgeglichen werden kann.

Die Landesregierung hat nicht, wie es die SPD suggeriert, festgelegt, dass sie mindestens 10 000 ha Wald verkaufen möchte. Das Konzept der Landesregierung zum Verkauf ist meines Erachtens gut, weil es zwei Ziele verfolgt. Das erste Ziel ist der Verkauf der Splitterflächen, der zur Wirtschaftlichkeitsverbesserung des Landesforstbetriebes beiträgt - das ist ja völlig klar und das ist auch unstrittig -, der auf der anderen Seite aber auch die privaten Reviere abrundet. Sowohl forstwirtschaftlich als auch betriebswirtschaftlich und letztendlich auch ordnungspolitisch ist das der richtige Weg.

Im Übrigen wird das Land durch den Verkauf der Forstimmobilien von einem doch sehr hohen Sanierungsbedarf bei diesen Forstimmobilien verschont. Dieser Sanierungsbedarf ist auch ein Ergebnis der Politik der früheren Landesregierung, weil während Ihrer Regierungszeit dort so gut wie nichts passiert ist und hier ein Investitionsstau erheblichen Ausmaßes entstanden ist. Auch Sie haben Ihren Anteil daran.

Wir glauben, dass die Forstimmobilien gut verkauft werden können. Im Übrigen ist es so, dass natürlich auch Landesflächen, die an den Forstimmobilien liegen, durch den Verkauf von Forstimmobilien gegebenenfalls besser verkauft werden können und in dem Verkauf dann auch die angemessenen Preise erzielt werden können.

Was die Landesregierung eben nicht machen möchte: Sie wird eben keinen Wald verramschen. Das können wir ausschließen. Das wird nicht geschehen, meine Da

men und Herren. Die Signale, die mir aus der Interessentenschaft gegeben werden, zeigen, dass ein Verramschen des Waldes auch schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Bedarf und die Nachfrage danach relativ groß ist.

Wir sollten also in Ruhe das Verfahren durchführen, bis zum Ende des Jahres warten und sehen, was dabei herauskommt. Ich bin davon überzeugt, dass die Landesregierung im Sinne eines wirtschaftlichen und verantwortungsvollen Umganges mit dem Eigentum des Landes das auch richtig verhandeln wird.

Von der Opposition wird wider besseres Wissen ständig behauptet, dass die Zugänglichkeit des Waldes eingeschränkt wird. Das ist einfach falsch. Es ist auch in den jetzigen Fällen schon falsch. Das ist bei den Verkäufen der BVVG falsch und das wird auch bei den Verkäufen von Landeswald durch die Landesregierung falsch sein. Wir haben das Landeswaldgesetz und daran müssen sich alle halten, auch die Privaten. Die werden das auch tun.

Das Landeswaldgesetz schreibt ja auch vor, dass der Wald nachhaltig und ordnungsgemäß bewirtschaftet werden muss. Das haben diejenigen, die jetzt Wald in Sachsen-Anhalt privat erworben haben, schon bewiesen, und so wird es auch bei dem Wald sein, den wir als Land verkaufen.

Im Übrigen ist es so, dass die zum Verkauf stehende Fläche maximal 2 % der Gesamtfläche ausmacht. Da kann mir ja wohl niemand sagen, dass das eine wirklich substanzielle Veränderung der Besitzverhältnisse darstellt. Vielmehr ist es so, dass dieser Punkt des privaten Waldbesitzes von der SPD und von der PDS als geeignetes Vehikel angesehen wird, einem veralteten Staatsgläubigkeitsdenken Vorschub zu leisten und dieses zu transportieren,

(Zustimmung bei der CDU)

frei nach dem Motto: Der Staat muss im Besitz möglichst vieler Grundgüter sein, weil man ja den privaten Landwirten und Waldbesitzern nicht trauen kann. - Das ist allerdings ein Denken, das aus dem letzten Jahrhundert stammt; vielleicht ist es auch schon ein wenig älter. Mit Modernisiererpartei ist da nicht viel zu holen. Vielleicht sollten sich die SPD und die PDS darüber einmal Gedanken machen.

Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion steht zu den Beschlüssen zum Waldverkauf und wird demzufolge den Antrag der SPD ablehnen.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Czeke, PDS: Oh!)

Vielen Dank, Herr Daldrup. - Zum Schluss der Debatte spricht noch einmal Herr Oleikiewitz. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hätten diese Debatte früher führen müssen - das sehe ich heute ein -, nämlich vor der Verabschiedung des Landeshaushaltes. Aber ich denke, es ist noch nicht zu spät; denn es wird ja bald wieder ein Haushalt aufgestellt. Ich hoffe sehr, Frau Wernicke, dass im Haushaltsplan 2004 - dazu können Sie ja vielleicht noch ein Wort sagen - der Verkauf von Landeswald eben nicht mehr als Möglich

keit, den Landeshaushalt zu sanieren, vorgesehen sein wird. Das hoffe ich sehr.

Ich hoffe vor allen Dingen, meine Damen und Herren, dass Sie zukünftig nicht immer das aus den Redebeiträgen herauslesen, was Sie herauslesen wollen. Wenn hier gesagt wird, sozialistische Verhältnisse würden hier wieder angestrebt, dann muss ich Ihnen sagen, ich bin gern Sozialist, wenn ich das Volksvermögen in diesem Fall verteidigen kann. Das sage ich Ihnen ganz klar.

(Beifall bei der PDS - Minister Herr Dr. Daehre: Oh!)

Wenn es darum geht, die Gesetze des Landes einzuhalten, dann sind eigentlich auch Sie in der Pflicht; denn das Waldgesetz des Landes enthält nun einmal das, was Herr Czeke angesprochen hat: Pflege und Mehrung des Waldvermögens des Landes Sachsen-Anhalt.

Ob Allgemeinwohl gleich Volksvermögen ist und Volksvermögen gleich Sozialismus, das kann ich an dieser Stelle philosophisch nicht bewerten, aber ich wiederhole es noch einmal: An dieser Stelle bin ich gerne Sozialist.

Frau Wernicke und auch Herr Daldrup haben davon gesprochen, dass im Wesentlichen nur Splitterflächen verkauft werden. Nun kann ich mir schlecht vorstellen, dass alles das, was Sie hier erklärt haben - - Herr Daldrup hat es noch einmal bestätigt. Die Nachfrage ist riesengroß und es ist klar, dass wir mit dem Verkauf von Wald auch Haushaltslöcher stopfen wollen. Er hat das - das können Sie im Protokoll nachlesen - so gesagt.

(Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

Na, dann können es ja nicht nur Splitterflächen sein, Frau Wernicke, dann müssen es natürlich auch zusammenhängende größere Waldstücke sein, die natürlich von Interesse sind, aber nicht nur für Waldbesitzer hier in unserem Land, sondern auch für die, die aus anderen Gegenden kommen.

(Zuruf von Herrn Daldrup, CDU)

Das, meine Damen und Herren, ist das Prinzip, das wir eigentlich nicht wollen und das wir bekämpfen. In diesem Sinne bitte ich Sie noch einmal und appelliere ich noch einmal an Ihre politische Verantwortung: Verhindern Sie, dass zukünftig Erlöse aus dem Verkauf von Landeswald in Sachsen-Anhalt zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet werden! Geben Sie ein erstes Zeichen, indem Sie im Landeshaushalt des Jahres 2004 diese Möglichkeit nicht mehr vorsehen! - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Herr Gürth, CDU: Das kann doch nicht dein Ernst sein!)

Vielen Dank, Herr Oleikiewitz. - Eine Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden, sodass wir über den Antrag insgesamt abstimmen können. Es hat auch niemand beantragt, über die drei Punkte einzeln abzustimmen, also erfolgt die Abstimmung über die drei Punkte insgesamt.

Wer stimmt diesem Antrag zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Mehrheit der Koalitionsfraktionen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 10 ist abgeschlossen.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 13 und sind damit wieder in der ursprünglich geplanten Reihenfolge:

Beratung

Perspektive der Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/715

Alternativantrag der Fraktionen der FDP und der CDU - Drs. 4/760

Ich bitte zunächst Frau Ferchland, den Antrag einzubringen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Schule in Deutschland galt lange international wie national als vorbildlich, als eines der leistungsfähigsten Schulsysteme mit Schulpflicht, modernen Inhalten, Projektarbeit und sozialpädagogischen Profilen. Und heute? - Von einem Erfolg der deutschen Schule kann kaum mehr die Rede sein.

Wie selten zuvor haben sich zwei Ereignisse in das Bewusstsein gebrannt und werfen grundlegende Fragen an den Schulalltag auf. Das erste war die Veröffentlichung der OECD-Studie, auch Pisa-Studie genannt, welche die Kompetenzen von 15-Jährigen in Mathematik, Lesen, und Naturwissenschaften untersuchte. Was herauskam, haben viele geahnt und befürchtet, aber dennoch war es ein Hammer: Nahezu jeder Vierte hat große Schwierigkeiten, selbst einfache Texte zu verstehen, und nur 11 % dieser Schüler werden von Lehrerinnen erkannt. Und was noch? - Gerade im Selektieren und Aussortieren ist das deutsche Schulsystem Spitze.

Und als zweites Ereignis kam Erfurt: Ein gutes Gymnasium in sehr guter Wohngegend, ein Schüler mit ganz normalem Elternhaus und offenbar ganz und gar nicht außergewöhnlichen Hobbys. Ein Massaker in einer Schule, ein Rachefeldzug gerichtet gegen die Schule und gegen ihre Repräsentanten.

Erfurt wird Konsequenzen haben, haben viele vor einem Jahr gesagt. Aber welche - außer der Verschärfung des Waffengesetzes - hatte dieses Ereignis? Wie viele überzeugende Konzepte haben Erziehungswissenschaftler und Fachdidakten in Deutschland schon publiziert, ohne dass sich seitdem der Schulalltag verändert hat. Auch wenn die Erkenntnis bitter ist: Erfurt wird in den nächsten Jahren bei jeder Entscheidung, die zu einem Schulausschluss führt, präsent sein.

Pisa und Erfurt haben eine gemeinsame Botschaft für alle, die sich mit Schule und Bildung beschäftigen: Die nachkommende Generation human und gleichzeitig mit guten Ergebnissen zu bilden und zu erziehen, hat individuelle, aber auch gesamtgesellschaftliche Dimension. Außerdem ist und bleibt Bildung ein Kostenfaktor und man kann auch die besten Konzepte kaputtsparen.

Pisa und Erfurt haben in drastischer Weise gezeigt, dass fachliche Leistungen und soziales Lernen, Effizienz und Humanität, Lernprodukt und Lernprozess immer zusammengehören. Daran kommen wir nicht vorbei. Vorbei kommen wir auch nicht an der Erkenntnis, dass Schule mehr als Unterricht ist.