Danke, Frau Abgeordnete Ferchland, für die Einbringung. - Als ersten Debattenredner rufe ich den Minister für Gesundheit und Soziales Herrn Kley auf. Herr Kley, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der PDS vollzieht in großen Teilen Aktivitäten und Planungen der Landesregierung nach. Auch die Landesregierung sieht in den Frauenschutzhäusern und den weiteren Angeboten unabding
bare Säulen der Gewaltarbeit. Sie sind deshalb zentraler Bestandteil unseres Landesprogramms zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder.
Die Notwendigkeit des Angebots dieser Einrichtungen, betroffenen Frauen und deren Kindern Schutz und Unterstützung zu gewähren, sich aus der gewalttätigen Beziehung zu lösen bzw. diese zu verändern, wird von der Landesregierung bei der Verfolgung des Ziels der nachhaltigen Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder unterstrichen.
Das Land hat aber im Rahmen der Konsolidierungserfordernis Einsparungen vornehmen müssen, die keinen Förderbereich ausnahmen. Die Fortführung der Förderung in der Größenordnung der vergangenen Jahre war auch für den Bereich der Antigewaltprojekte nicht haltbar.
Verwundert bin ich allerdings über die Aufforderung, eine Bedarfsplanung festzuschreiben und einen Dialog über Qualitätsanforderungen an Frauenschutzhäuser zu führen. Wie der Fraktion der PDS vielleicht entgangen sein mag, wurden in diesem Jahr mit den Trägern der Frauenhäuser erstmalig Zuwendungsverträge abgeschlossen. In § 4 Abs. 2 dieser Zuwendungsverträge ist zu lesen - ich zitiere -:
„Die Vertragsparteien führen einen Qualitätsentwicklungsprozess durch, der auf Grundlage einer bedarfsgerechten Netz- und Entwicklungsplanung eine bessere Vergleichbarkeit und Transparenz der Arbeit in den Frauenhäusern, eine Entwicklung von Qualitätskriterien in der Beratungs-, Begleitungs- und Nachsorgetätigkeit und eine Erarbeitung von Leistungsbeschreibungen sowie eine Umsteuerung von einer Input- zur OutputOrientierung zum Ziel hat.“
„Im Rahmen des Qualitätsentwicklungsprozesses sind qualitative und quantitative Ergebnisparameter als Maßstab für die zu erreichenden Resultate zu entwickeln.“
Gern gebe ich der Fraktion der PDS an dieser Stelle auch zur Kenntnis, dass mit diesen Verträgen erstmalig ein pauschaler Zuschuss gewährt wurde, mit dem die Träger eigenverantwortlich die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Personal- und Sachkosten abdecken können und mit dem sie somit eine weitaus größere Eigenverantwortlichkeit bekommen haben.
Damit ist das Ziel verbunden, die bestehenden Frauenhäuser funktionsfähig zu halten. Voraussetzung ist dabei allerdings die Weiterführung einer finanziellen Beteiligung der Kommunen. Diese Verträge sind im Übrigen von allen Trägern der Frauenhäuser unterschrieben worden.
Ergänzend möchte ich noch anführen, dass zu den Qualitätsanforderungen an Frauenhäuser bereits am 4. Juni 2003 eine Auftaktveranstaltung in Kooperation zwischen der Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege und dem Ministerium für Gesundheit und Soziales stattgefunden hat.
Interessiert habe ich die Aufforderung zur Gewährung einer Grundfinanzierung für Frauenschutzhäuser in Ihrem Antrag zur Kenntnis genommen. Vonseiten der Exekutive ist mit der von mir gerade genannten Gewährung eines Pauschalbetrages die verwaltungstechnische Möglichkeit umgesetzt worden. Wenn die Kolleginnen und
Kollegen der PDS-Fraktion die Förderung von Frauenhäusern als so genannte Pflichtleistung verankern wollen, so verweise ich auf die Möglichkeit, als Legislative entsprechende Initiativen zu ergreifen.
Zu dem letzten Punkt Ihres Antrages möchte ich bemerken, dass es den Gepflogenheiten der Zusammenarbeit von Exekutive und Legislative widerspricht, in den Ausschüssen vor den Haushaltsberatungen über finanzielle Angelegenheiten zu beraten. Als Legislative obliegt es schließlich Ihnen, auf zentrale Punkte im Rahmen der Haushaltsberatungen entsprechend Einfluss zu nehmen. - Ich bitte daher, den Antrag insgesamt abzulehnen.
Danke, Herr Minister Kley. - Als ersten Debattenredner der Fraktionen rufe ich für die CDU-Fraktion Herrn ElKhalil auf. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Ferchland, ich hoffe erst einmal, dass es Ihnen wieder besser geht.
Frau Ferchland, Ihre Einbringung hat auch uns gerührt. Sie hatten in Ihrer Einbringung zwei Teile. In dem einen Teil ging es um häusliche Gewalt. In dem zweiten Teil ging es um die Frauenschutzhäuser und deren Finanzierung.
Was den ersten Teil betrifft, unterschreibe ich jedes Wort, das Sie hier gesagt haben. Wir denken auch, dass es eine vordringliche Aufgabe der Politik ist, Menschen, nicht nur Frauen, sondern Menschen insgesamt, vor Gewalt zu schützen. Das sollte auch nicht nur deshalb so weit gehen, weil sie dadurch ähnliche Schmerzen empfinden. Ganz im Gegenteil, der seelische Schmerz, den Sie erwähnt haben, im Prinzip die Demütigung, die damit einhergeht, das ist das Unerträgliche, das auch sehr lange dauert und das Menschen regelrecht kaputtmacht.
Meine Damen und Herren! Ich denke, mit diesem Antrag beabsichtigt die PDS, im Prinzip eine Sicherung der Finanzierung des nächsten Jahres oder möglicherweise der Folgejahre zu erreichen, und das im Vorfeld der Haushaltsberatungen. Das ist natürlich durchschaubar. Es ist legitim. Es kann allerdings von uns zu diesem Zeitpunkt nicht mitgetragen werden.
Wenn wir diesem Antrag zustimmen würden, wenn wir ihn unterstützten, was geschieht dann in dem nächsten Jahr, wenn wir feststellen, das Versprochene ist nicht einzulösen, wenn wir feststellen, dass wir einen Blankoscheck ausgestellt haben, der nicht einmal gedeckt ist?
- Na gut, dann möchte ich aber sehen, wie Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, dann reagieren. Dann hätten wir hier wirklich eine einmal eine lustige Debatte. Das ist doch ganz klar.
Aber auch aus inhaltlicher Sicht gibt es einige Punkte, die wir nicht akzeptieren. Die Änderung des SOG ist bereits erwähnt worden; das möchte ich nicht wiederholen. Ich meine, hiermit erhalten wir die Möglichkeit neuer Verfahren. Warum soll immer der Täter zu Hause bleiben und das Opfer weggebracht werden? Das sollte ei
gentlich umgekehrt sein. Ich denke, diesbezüglich müssen wir erst einmal abwarten, wie sich das bei uns bewährt, und nicht woanders. Möglicherweise machen wir das im Rahmen der Selbstbefassung im Ausschuss zum Thema. Dann können wir darüber reden und dies beurteilen.
Wir denken, dass in diesem Antrag etwas fehlt, und zwar der Präventionsgedanke. Dieser ist nach der Ansicht unserer Fraktion nicht vorhanden oder vergessen worden, wie auch immer. Diesen Aspekt müssen wir mit aufnehmen. Man muss sehen, was mit den Interventionsstellen usw. geschieht. Das ist letztlich eine Sache, die nicht einfach so weitergehen darf, dass wir sagen: Da gibt es Gewalt, dann bringen denjenigen in ein Schutzhaus.
Ein dritter Punkt ist nach meiner Auffassung in dem Antrag der PDS ebenfalls nicht aufgegriffen worden. Gerade von Ihrer Seite hören wir häufig, wie wichtig der Gedanke des Gender-Mainstreaming ist. Dieser Aspekt fehlt völlig. Von der Polizeidirektion Magdeburg wissen wir, dass ein Anteil von 15 % der Misshandelten, Geschlagenen oder wie auch immer Männer und nicht Frauen sind. Dies fehlt hier völlig. Ich denke, auch das darf man nicht vergessen.
Zusammenfassend kann ich sagen: Wir verkennen nicht, dass der Landtag einen Anspruch darauf hat, dass die Regierung darüber berichtet, wie die Entwicklung verläuft und wie die Zahlen in Frauenschutzhäusern sind. Wir können im Ausschuss im Rahmen der Haushaltsberatungen 2004 über dieses Thema noch einmal reden. Wir werden diesen Antrag ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr El-Khalil. - Für die SPD-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Ute Fischer sprechen. Bitte sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Weil vorhin der eine Herr von der CDU klatschte, möchte ich sagen: Sicherlich gibt es auch misshandelte Männer, aber hierbei sind wohl die Prozentzahlen ausschlaggebend. Ich denke, es ist immer noch gerechtfertigt, wenn wir über die Mehrzahl der misshandelten Frauen reden.
Ich möchte gleich zu Beginn sagen: Wir werden dem Antrag der PDS zustimmen. Ich will aber nicht schon wieder vom Pult weggehen. Das Thema ist mir viel zu ernst.
Ich möchte auf eine Veranstaltung in den Franckeschen Stiftungen, die ich gestern besucht habe, Bezug nehmen. Gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung hat das Interventionsprojekt Halle mit seiner wissenschaftlichen Begleitung, der Universität Osnabrück, eine Veranstaltung unter dem Thema „Kinder als Opfer häuslicher Gewalt - die Auswirkungen, die Hilfsmöglichkeiten und die rechtliche Situation“ durchgeführt. Daran habe ich teilgenommen.
Dieser gestrige Tag hat mich sehr beeindruckt. Das Ausmaß der Auswirkungen auf die Kinder, die selbst misshandelt werden, die Gewalt gegen Mütter miterleben, die
in einer Atmosphäre ständiger Angst und Bedrohung leben müssen, wurde in unter die Haut gehenden Vorträgen deutlich gemacht.
Das von der SPD entwickelte Landesprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder benennt Kinder ausdrücklich, weil Kinder als Opfer später leider häufig selbst zum Täter werden und eben nicht nur Zeuge von Gewalttaten an der Mutter oder vielleicht an dem Vater sind.
Die Unterstützung von Frauen und Kindern durch die Möglichkeit der Wegweisung des Täters aus der Wohnung, die wir in Sachsen-Anhalt initiiert haben, ist ein Anfang. Gleichzeitig bedarf es aber auch einer umfassenden Beratung der Frauen, damit diese aus ihrer Verfolgungs- und Angstsituation herauskommen. Wir brauchen eine gezielte Beratung und pädagogische Kurzzeitprogramme für Kinder, damit diese Erfahrenes und Erlebtes verarbeiten, altersgemäß verstehen und die Achtung gegenüber der Mutter, die sie schwach und als Unterlegene erlebt haben, neu entwickeln können.
Diese Prozesse brauchen Ruhe und Zeit. Sie müssen von ausgebildeten, speziell qualifizierten Psychologen und Psychologinnen, Beratern und Beraterinnen entwickelt und gesteuert werden. Die Beschäftigten in den Frauenschutzhäusern können diese gesellschaftlich wichtige Arbeit nur leisten, wenn sie sich nicht ständig in neuen Vertragsverhandlungen finden oder selbst Existenzängste haben müssen.
Neben den entstandenen Problemen durch das AußerKraft-Treten der Erlasse in Bezug auf die Frauenschutzhäuser, die Frauenkommunikationszentren und die Beratungsstellen für Mädchen und Frauen als Opfer von sexueller Gewalt steht für mich Folgendes im Vordergrund: Landesrichtlinien beinhalten für Kommunen immer auch die Verpflichtung mitzufinanzieren. Wenn keine Landsrichtlinien mehr vorhanden sind, zieht sich eine Kommune sehr schnell aus der Verantwortung. Es ist für Trägervereine ungeheuer schwierig geworden, zusätzliche Finanzierungen zu dem vertraglich festgelegten Geld zu bekommen.
Die Unsicherheit ist nun einmal gerade in diesem Bereich keine Arbeitsgrundlage. Wenn Sie als Landesregierung es mit Ihrer Aussage ernst meinen, das Landesprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder weiterführen zu wollen, dann stellen Sie auch die Finanzierung der Frauenhäuser auf eine verlässliche finanzielle Grundlage.
Die Vertragsdiskussionen, bei denen für mich die gleiche Augenhöhe sehr infrage steht, müssen endlich abgeschlossen werden. Berechtigterweise besteht der Geldgeber selbstverständlich auf Qualitätskriterien - diese sind gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser entwickelt und festgelegt worden -, aber Leistungen müssen auch leistungsgerecht vergütet werden.
Die Kürzung der Mittel um durchschnittlich 20 % im vergangenen Jahr ist von den Trägervereinen abgefangen worden. Sie haben dies vorwiegend durch Lohnverzicht, starke Ausweitung ehrenamtlicher Arbeit und eine Verkürzung der Beratungszeit hinbekommen. Doch irgendwann ist auch damit Schluss.
Ich selbst bin Mitglied eines Trägervereins. Es ist nicht verantwortbar, mit festangestellten Beraterinnen auf einer ungesicherten finanziellen Basis arbeiten zu müssen. Vereine haben nun einmal kein finanzielles Polster,
können keine Gewinne erzielen und keine Rücklagen bilden, um Vorfinanzierung zu leisten. Spenden für Zinsen auszugeben, damit wir Löhne vorfinanzieren können, hat wahrlich wenig Sinn.
Wir stimmen dem PDS-Antrag zu, weil wir wollen, dass die Trägervereine der Frauenhäuser langfristig, schon bevor der Haushalt aufgestellt worden ist - auch sie müssen einen Haushalt aufstellen und müssen weiterhin Mittel sammeln -, eine gewisse finanzielle Sicherheit bekommen.