Dazu kann man so nicht klatschen; die Antwort war gar nicht richtig. Vor einem Jahr haben Sie gesagt: Schluss mit allem Zwang, nur noch Freiwilligkeit. Sie sprachen nicht von größeren Einheiten, auch nicht von größeren Verwaltungsgemeinschaften oder größeren Einheitsgemeinden.
- Nein, nur noch auf freiwilliger Basis. Im Land haben die Kommunen sich zurückgezogen und gesagt: Wenn alles freiwillig ist, dann brauchen wir nicht. Jetzt kommen Sie mit Zahlen und kommen mit Zwang.
Den zwangsweisen Zusammenschluss zu größeren Einheitsgemeinden lehnen wir, wie gesagt, ab, weil Sie die Aufgaben nicht definieren, bevor Sie die Gebietsstrukturen definieren.
Zum anderen haben wir gesagt, wir werden es nicht zwangsweise machen, und wir tun es auch nicht. Wir zwingen niemanden, eine Einheitsgemeinde zu bilden. Wir zwingen nur dazu, ein gemeinschaftliches Amt zu bilden. Das ist ein erheblicher Unterschied.
Danke, Herr Abgeordneter Wolpert. - Für die PDS-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Grünert das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ist nicht nur zu kurz gesprungen, ich denke, er bringt auch auf sehr deutliche Weise zum Ausdruck, dass es der Landesregierung weder um eine bürgernahe, entbürokratisierte Verwaltung noch um die Wah
Was ist nun der Inhalt dieses Gesetzentwurfs? Die Regierung hat mittlerweile erkannt, dass für eine bestimmte Verwaltungs- und Veranstaltungskraft entsprechende Einwohnerzahlen notwendig sind. Sie hat sie festgemacht bei 8 000 Einwohnern für die Einheitsgemeinde und bei 10 000 Einwohnern für die Verwaltungsgemeinschaft. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Erkenntnis; seit dem Jahr 2001 liegt diese bereits vor.
Es stimmt eben nicht, Herr Wolpert, dass keine Aufgabenkataloge da waren. Erinnern Sie sich bitte an den Beschluss in Drs. 3/68/5222 B. Darin steht eindeutig, welche Aufgaben zugrunde gelegt werden sollten, damit man zu einer vernünftigen, strukturierten Verwaltung kommen kann. Es ist also eine Mär, die Sie hier verbreiten. Es gibt diese Grundlagen.
Insofern muss man tatsächlich einmal hinterfragen: Was ist denn mit diesem Freiwilligkeitsprinzip? - Herr Scharf schickt Briefe in die Welt, die Bürgermeister bekommen diese auch. - Hat nun tatsächlich die Freiwilligkeit Vorrang?
- Nein, Herr Scharf, das hat sie eben nicht. - Wenn Sie den Gemeinden, den Verwaltungsgemeinschaften einen Zeitkorridor von maximal vier Monaten zur Brautschau vorgeben, das heißt, wenn - - Sie haben ja gesagt, im Herbst solle das Gesetz verabschiedet werden. Ich nehme an, Sie wollen eine Anhörung durchführen.
- Das würde also heißen, im November wird das Ding veröffentlicht - wenn es im Oktober beschlossen wird - und tritt in Kraft. Von November bis März haben die Kommunen Zeit, sich zu suchen.
(Herr Scharf, CDU: Jeder weiß ab heute, wo der Zug hinfährt! - Herr Gallert, PDS: Genau zwei Jahre später!)
- Ja, das haben wir auch immer gesagt. Darauf haben Sie gesagt: Sie wollen zuordnen. Genau so ist das Problem. - Genau an der Stelle fängt Freiwilligkeit an, zur Farce zu werden, weil die Freiwilligkeit unter einen zeitlichen Zwang gesetzt wird, und der stimmt noch nicht einmal mit einem möglichen Korridor für eine Kommunalwahl im Jahr 2004 überein. Selbst das bringen Sie nicht auf die Reihe. Das heißt, Sie haben im Jahr 2004 eine Kommunalwahl und machen Sie im Jahr 2005 noch einmal. - So viel zur Frage der Freiwilligkeit.
Sie sagen, die Grundlage für diese Größenordnung soll die Neuzuordnung von Aufgaben sein. Ich habe mir einmal den Spaß gemacht, anhand des Beschlusses des Landtages vom 17. Januar 2002 zu prüfen, welche Aufgaben davon übrig geblieben sind. - Es ist noch nicht einmal ein Fünftel der Aufgaben, die Sie den Kommunen zuordnen. Da sprechen Sie von einer Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, von Verwaltung aus erster Hand. Scheinbar ist das ein Bezug auf utopische Literatur, meine Damen und Herren von der Regierung, die Sie offensichtlich nicht umsetzen wollen.
Das heißt also: Was Sie damals eingeklagt haben - erst Aufgabenzuschnitte, dann Verwaltungsstruktur zu schaffen -, verkehren Sie ins Gegenteil. Das bisschen, was Sie zuordnen, stärkt die Verwaltung nur insofern, als sie Durchleitungsorgan - sprich: staatliche Ebene - ist. Selbstverwaltungsaufgaben geben Sie in der Beziehung nicht ab.
Wie sieht es mit der Stärkung der Leistungsfähigkeit aus? Dazu darf man einmal danach fragen: Wie wollen Sie denn die Leistungsfähigkeit auch finanziell unterstützen, finanziell absichern? Dazu gibt es einen lapidaren Satz in Ihrem Gesetz, der da heißt: Die durch Aufgabenzuordnung notwendigen Finanzen sind im FAG auszuweisen. - So wie bisher? - Fließt so wie bisher wiederum kein Geld nach unten? Wird so wie bisher wiederum die Frage gestellt, wie die Finanzierung auf die Füße gestellt werden kann? - Ich denke, hierbei haben Sie noch erheblichen Nachholbedarf.
Einen Punkt zur Freiwilligkeit muss ich aber noch anmahnen: Sie haben in der Begründung Ihres Gesetzentwurfs dargestellt, dass Sie in keiner Weise die kommunale Selbstverwaltung beeinflussen bzw. beeinträchtigen wollen. Jetzt finden kreisübergreifende Zusammenschlüsse hat. Herr Polte findet das toll. Ich finde das insofern nicht toll, als damit ein legitimes Recht eines Landkreises absolut beschnitten wird. Das heißt, Sie als Innenminister, Herr Jeziorsky, werden es sicherlich dann machen, werden zuordnen, werden diese kreisübergreifenden Zusammenschlüsse präjudizieren.
Auf der anderen Seite muss der Kreis aber die Leistungsfähigkeit besitzen, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Dieses Recht wird ihm jedoch beschnitten - nichts mit kommunaler Selbstverwaltung. Das heißt, es wird für den Wert an sich, dass sich Verwaltungsgemeinschaften zusammenfinden, letztlich ein anderes legitimes Recht beeinträchtigt.
- Dazu hat er ja nichts gesagt. Eine Kreisgebietsreform findet ja nicht statt, denn die hätte man wiederum auf Aufgaben beziehen müssen. Offensichtlich ist der Erklärungsbedarf hierzu noch ein bisschen größer.
Ein Punkt noch - ich bin gleich fertig - im Zusammenhang mit der Präferierung der Einheitsgemeinde. Das können Sie ja gern tun, bloß welchen Grund soll denn eine Gemeinde haben, in eine Einheitsgemeinde zu gehen, wenn Sie nichts anbieten?
Wir haben ein qualifiziertes Ortschaftsverfassungsrecht. Was interessiert denn die Gemeinden? Die Gemeinden interessieren die Verwaltungsangelegenheiten, die sie noch bewirken können - nicht das bisschen Vereinsförderung, den Blumenstrauß zur Oma zu tragen, sie wollen die Ortsidentität erhalten.
Sie haben es mit dem damaligen Gesetz zur Wiederherstellung kommunaler Selbstverwaltung abgeschafft. Insofern, denke ich, ist auch hierzu noch einiges zu regeln.
Aus unserer Sicht ist dieser Gesetzentwurf eher ein Stückwerk. So, wie er derzeit vorliegt, können wir ihn nicht tragen. In den Ausschuss wird er sicherlich überwiesen werden. Ich hoffe und denke, dass der Gesetzentwurf, auch im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung und der Stärkung dieser, tatsächlich Verände
rungen erfährt, damit das Gesetz den Wert bekommt, den Sie ihm eigentlich beimessen wollten. - Ich danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte es kurz machen, weil ich weiß, wir alle haben noch einen langen Tag vor uns und möchten uns auch in einer Mittagspause noch stärken dürfen.
Es sind vorhin die Kosten angesprochen worden, die unsere Novelle mit sich bringen soll. Ich frage aber einmal: Was hätte uns denn die Verbandsgemeinde zusätzlich gekostet, da wir, um sie demokratisch zu legitimieren, auch eine zusätzliche Selbstverwaltungsebene hätten einziehen müssen? Sie werden mir zustimmen, dass dadurch ebenfalls Kosten auf uns zu gekommen wären.
Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich im Land umgesehen haben, dann haben Sie festgestellt, dass unter den Gemeinden durchaus Bewegung da ist. Aber aufgrund der derzeitigen Rechtslage konnten bestimmte Zusammenschlüsse nicht vollzogen werden. Wir hatten zum Beispiel eben nicht die Möglichkeit, kreisübergreifende Zusammenschlüsse durchzuführen. Jetzt gehen wir einen großen Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube, die Gemeinden werden es uns danken.
Es gibt Bewegung, die Gemeinden wollen dies, die Gemeinden werden dankbar sein, dass sie es dann auch dürfen.
Herr Dr. Polte, Sie haben natürlich vollkommen Recht, die Einheitsgemeinde ist das Idealbeispiel, wie wir die kommunale Verwaltung sehen möchten, weil sie das effizientere Modell gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft ist. Das gebe ich gern zu. Aber wir werden die kommunalen Strukturen nicht antasten, womit wir eine zentrale Aussage des Wahlkampfes umsetzen. Die Gemeinde, die Gemeinde bleiben möchte, wird es künftig bleiben dürfen.
Effiziente Verwaltungsstrukturen müssen aber gegeben sein. Dann muss eben der Weg in eine Verwaltungsgemeinschaft gegangen werden. Es kann auch das Modell der Trägergemeinde gewählt werden.
Zur Zeitschiene. Da sich viele Gemeinden im Grunde genommen schon gefunden haben, glaube ich nicht, dass die Zeit das Problem ist. Aber - auch wir können hin und wieder sicherlich dazulernen - eine Verordnungsermächtigung in den Fällen, in denen sich wirklich keine andere Möglichkeit ergibt, um gemeindlich zusammenzugehen, muss der Innenminister haben, um die kommunale Verwaltungstätigkeit in unserem Land weiterhin gewährleisten zu können.
Zur Stadt-Umland-Problematik. Herr Dr. Polte, ich glaube nicht, dass Sie wirklich denken, dass ein Gesetz die Stadt-Umland-Problematik lösen könnte.
Ich sage einmal, vielfach ist es auch der Umgang der größeren Städte - denn es sind schließlich die größeren Städte, die das Problem haben - mit den kleineren Gemeinden im Umland. Wenn man sich mehr auf gleicher Augenhöhe treffen könnte, könnte sicherlich auch das eine oder andere Problem gelöst werden.