marktung unterstützt werden. Hierbei haben die Biotechnologie, die Nanotechnologie und der innovative Maschinenbau besondere Bedeutung. Gerade die Chancen der Biotechnologie sollen für Sachsen-Anhalt genutzt werden. Die Koalition wird deshalb eine Biotechnologieoffensive initiieren.“
Meine Damen und Herren von der Koalition, das sind leider nicht mehr als Absichtserklärungen; sie waren sozusagen schon veraltet, als sie aufgeschrieben worden sind.
Insbesondere bei der Sicherung der wissenschaftlichen Seite im Bereich der Biotechnologie scheinen wesentliche Teile der Sparorgie des Finanzministers zum Opfer zu fallen. Wie hieß es doch gleich:
„Die Agrarforschung in Sachsen-Anhalt hat eine lange Tradition und verfügt über ein großes Potenzial.“
Das stimmt; denn die landwirtschaftliche Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist in der Tat die älteste landwirtschaftliche Fakultät auf deutschem Boden und gegenwärtig die einzige in Mitteldeutschland, also in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Sie hat sich seit ihrer Gründung durch Julius Kühn im Jahr 1862 zu einer im In- und Ausland anerkannten Lehr- und Forschungsstätte entwickelt und eine nicht überschaubare Zahl von Persönlichkeiten der landwirtschaftlichen Forschung und Praxis hervorgebracht. Beispielhaft sei an dieser Stelle die Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt unseres Landes, Frau Wernicke, erwähnt.
Nunmehr scheinen Sie die Vorstellung zu hegen, die Entwicklung der Biotechnologie, wie Sie sie in der Koalitionsvereinbarung versprechen, sei auch mit weniger Professoren und mit weniger Geld für Forschungsgruppen, also ohne eine ordentliche Ausstattung in Lehre und Forschung der Agrarwissenschaften, möglich. Das muss man annehmen, wenn man sich die Ansätze für den Haushalt 2004 anschaut; doch das können Sie nicht wirklich glauben. Wie ernst ist es Ihnen mit der Entwicklung der Agrarforschung und mit der Biotechnologieoffensive?
Wenn Sie das, was Sie vorhaben, umsetzen und eine Kürzung des Etats der Fakultät um 3,14 Millionen € vornehmen, wird in diesem Bereich nicht mehr viel laufen. Ein solches Vorhaben birgt die Gefahr, dass eine weltweit renommierte agrarwissenschaftliche Lehr- und Forschungseinrichtung ganz von der Bildfläche verschwindet. Diese Auffassung wird im Übrigen auch von den Betroffenen sowie von Bauernverbänden und anderen Verbänden in der Landwirtschaft geteilt.
Dabei waren Ihre Meinungsführer schon einmal viel weiter: Zwei Hochschul- und Universitätsprofessoren haben in dem Abschlussbericht der Enquetekommission „Nachhaltiges Sachsen-Anhalt“ auf die zunehmende Bedeutung von Bildung, Wissenschaft und Forschung als tragende Säulen der Entwicklung einer Gesellschaft und als wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung hingewiesen. Diese beiden sind heute Mitglieder der Landesregierung.
Natürlich können alle meine Kolleginnen und Kollegen, die die anderen Fachbereiche vertreten, in Bezug auf ihre jeweiligen Bereiche das gleiche Lied anstimmen. Ich spreche heute für die Agrarforschung.
Ich denke, das widersprüchliche Verhalten der Koalitionsfraktionen wird insbesondere an dem Beispiel der Biotechnologie, das von ihnen in der Öffentlichkeit so gern hervorgehoben wird, sehr deutlich. Wir sind es inzwischen gewöhnt. Aber, meine Damen und Herren von der Koalition, dieser Widerspruch zwischen öffentlicher Verkündigung und internem Tun impliziert bei den Betroffenen in Lehre und Forschung, bei den Landwirten und bei der Industrie die Furcht, dass Sie es mit der besonderen Rolle der Biotechnologien wohl nicht sehr ernst gemeint haben.
Um es schärfer zu sagen: Mit Ihrem Vorhaben, die Forschung in der beabsichtigten Weise zu schmälern, schmälern Sie in erheblichem Maße auch die Chancen Sachsen-Anhalts, auf dem Zukunftsmarkt der Biotechnologien eine prioritäre Rolle zu spielen.
Herr Professor Böhmer, der Ministerpräsident dieses Landes, hat anlässlich der Aussprache zum Abschlussbericht der Enquetekommission und bei der Diskussion über die Bildung eines Rates für Zukunftsfähigkeit formuliert:
Schön wäre es gewesen, aber leider sind die Bemühungen in dieser Hinsicht der geschätzten Öffentlichkeit bisher verborgen geblieben.
Meine Damen und Herren! Unser Antrag soll Ihnen helfen, das aus unserer Sicht verschobene Bild der Biotechnologie im Gesichtsfeld der Öffentlichkeit wieder gerade zu rücken; denn wer sonst, wenn nicht SachsenAnhalt, hat hervorragende Voraussetzungen dafür, einen führenden Platz in dem sich global rasant entwickelnden Markt der Bio- und Gentechnologien einzunehmen?
Wo sonst sind die Voraussetzungen aufgrund der vorhandenen und in den letzten zehn Jahren erheblich ausgebauten Infrastruktur in diesem Bereich so vorzüglich? Wir verfügen an der Martin-Luther-Universität über ein gut ausgestattetes Biotechnikum, ein pharmazeutisches und ein biologisches Institut.
Wir verfügen im Bereich der Agrarwissenschaften über ein international anerkanntes Institut für Pflanzenforschung.
Die grüne Biotechnologie hat an der Martin-Luther-Universität eine sehr lange Tradition und ist dort auch aktuell von Bedeutung.
Im Bereich der Ernährungswissenschaften wurden in den vergangenen Jahren Ausbildungs- und Forschungskapazitäten aufgebaut, die eine gelungene Synthese von Medizin und Agrarwissenschaften darstellen und in Deutschland ihresgleichen suchen. Sie werden auch weiterhin - davon bin ich überzeugt - in unserer Gesellschaft an Bedeutung gewinnen, wenn man sie lässt. Es gibt also eigentlich beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Biotechnologieoffensive.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie haben einen Änderungsantrag zu unserem Antrag eingebracht. Allerdings erschließt sich mir der Sinn nicht so richtig, das muss ich ehrlich zugeben. Ich habe Ihren Antrag mehrmals gelesen und habe dabei so viele Dinge ge
funden, die aus unserem Antrag stammen, dass ich mich frage, was das soll; es sei denn, Sie haben Formulierungen in Ihrem Antrag versteckt, die ich nicht gleich erkannt habe.
Dazu fällt mir etwas ein, was ich bei einem Besuch der Fakultät im Gespräch erfahren habe. Möglicherweise wollen Sie mit einer Formulierung im zweiten Absatz andeuten, dass Sie Professoren von der Universität an die Fachhochschulen delegieren wollen oder dass Sie die Aufgaben der Agrarforschung an die Fachhochschulen delegieren wollen. Das spart natürlich Geld; denn die Professoren an der Fachhochschule sind nicht so teuer wie die an der Universität. Aber das ist nur eine Vermutung von mir.
Ich kann nicht richtig erkennen, weshalb Sie diesen Antrag stellen. Deswegen bitte ich Sie, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. Ich denke mir jedoch, Sie werden ihn ablehnen. Sie haben das sicherlich schon abgesprochen. Bei Ihrem Antrag werden wir uns dann enthalten, weil er unserem Antrag sehr ähnlich ist.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Wie Ihnen bekannt ist, hat die Landesregierung am 19. November 2002 eine Biotechnologieoffensive beschlossen und diese am 5. August dieses Jahres mit einer Umsetzungsstrategie untersetzt. Diese in enger Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschafts-, dem Landwirtschafts- und dem Kultusministerium konzipierte Offensive steht im Mittelpunkt der Forschungs-, Ausbildungs- und Wirtschaftsförderung auf diesem für Sachsen-Anhalt bedeutenden Sektor.
Bestandteil der Biotechnologieoffensive ist unter anderem die grüne Biotechnologie, die in unserem Land - sowohl bundesweit als auch international betrachtet - über ausgezeichnete Voraussetzungen verfügt.
Die wissenschaftliche Kompetenz Sachsen-Anhalts mit dem Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben und dem Institut für Pflanzenbiochemie Halle sowie der Bundesanstalt für Züchtungsforschung in Quedlinburg auf dem Gebiet der molekularen Pflanzengenetik, Pflanzenbiologie und Züchtungsforschung ist international anerkannt. Dies wurde nicht zuletzt gewürdigt mit der Prämierung des InnoregioWettbewerbsbeitrages „Pflanzenbiotechnologie Nordharz/Börde“ durch das BMBF im Herbst 2000.
Der regionale Schwerpunkt wird zudem durch die traditionelle Präsenz von Saatzuchtunternehmen in der Region flankiert, die sich ihrerseits mit Kooperationsprojekten am Innoregio-Vorhaben beteiligen. Mit einer auf großen Flächen agierenden wettbewerbsfähigen Landwirtschaft und einer beachtlichen Veredlungsindustrie sind die potenziellen Anwender der pflanzenbiotechnologischen und züchterischen Ergebnisse am Standort präsent.
In Sachsen-Anhalt existieren laut Biokom-Adressbuch Biotechnologie heute 22 Biotechnikunternehmen der Kategorie I mit 690 Beschäftigten. Damit belegen wir
Diese sehr guten Ausgangsbedingungen haben die Landesregierung veranlasst, ihre Bemühungen um beste Bedingungen für herausragende Forschungsleistungen und stabile wettbewerbliche Strukturen mit entsprechenden Arbeitsplatzeffekten gerade in der Biotechnologie zu verstärken. Mit der Umsetzungsstrategie zur Biotechnologie-Offensive wurden bereits - das wissen Sie genau - verschiedene konkrete Maßnahmen zur Stärkung der grünen Biotechnologie getroffen.
Das größte Projekt ist der Bau des Bioparks in Gatersleben in unmittelbarer Nachbarschaft zum Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung mit einem Finanzvolumen von 35 Millionen € und einer Förderung in Höhe von immerhin 90 %, womit die Infrastruktur für die Ansiedlung von biotechnologisch orientierten Firmen bereitgestellt wird. - Ich zähle das nur auf, um Ihren Untergangsszenarien etwas Substanz entgegenzuhalten.
Das Innoregio-Projekt „Innoplanta“ wird weiterentwickelt und nach Auslaufen der Bundesförderung, was im Jahr 2006 der Fall sein wird, mit dem fachlich damit in Verbindung stehenden Innoregio-Projekt „Rephyna“ zusammengeführt.
Zugleich bringt sich die Landesregierung aktiv in die Gestaltung nationaler und internationaler Rahmenbedingungen für die Biotechnologie ein. Einen ersten Vorstoß gab es unter anderem mit der Bundesratsinitiative Sachsen-Anhalts zur Novellierung des Gentechnikgesetzes. Auch das Wirtschaftsministerium räumt innerhalb seiner Förderprogramme zur Unterstützung von Ansiedlungen und Gründungen dem Bereich der Biotechnologie oberste Priorität ein.
Ein wichtiger Beitrag zur Koordination der Biotechnologieoffensive ist die Gründung der Bio Mitteldeutschland GmbH - übrigens erst zu Beginn dieses Jahres - und die Schaffung der Koordinierungsstelle für nachwachsende Rohstoffe im Februar 2003.
Der Landesregierung in Bezug auf die Förderung der Biotechnologie Untätigkeit oder Fahrlässigkeit in der Disposition der Ressourcen vorzuwerfen, ist schlicht abenteuerlich.
Natürlich unterstützt die Landesregierung auch die klassischen Bereiche Land- und Ernährungswirtschaft. Die Forschungsförderung im Bereich Land- und Ernährungswirtschaft durch mein Haus hatte in den Jahren 2001 bis 2003 einen Umfang von 2,03 Millionen € für 23 Projekte. Darüber hinaus wird ein Verbundprojekt zum Thema BSE mit einem Volumen von 806 000 € bis zum Jahr 2005 an der Universität Halle - übrigens durch das Kultusministerium - gefördert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich vermutete also richtig, was man aus dem Antrag allerdings nicht ersehen konnte, dass der Antrag der SPD-Fraktion auch in einem Zusammenhang mit der Hochschulstrukturdiskussion im Lande steht, die auch auf die künftige Entwicklung der landwirtschaftlichen Fakultät in Halle und des Fachbereiches Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landespflege in Bernburg Einfluss hat.
Dass der Kabinettsbeschluss zur Hochschulstrukturplanung insbesondere für die hallesche Fakultät erhebliche Einsparpotenziale ausweist, steht nicht in einem Widerspruch zu der Förderung der Agrar- und Ernährungswirt
schaft und der grünen Biotechnologie in Sachsen-Anhalt. Die Einbindung der neuen Hochschulstrukturplanung in das Konsolidierungsprogramm des öffentlichen Haushaltes in Sachsen-Anhalt kann gerade Bereiche, die erhebliche Effizienzreserven haben, nicht einfach ausnehmen.
Die Reserven bestehen in diesem Fall in einer gravierenden Unterauslastung der Lehrkapazität. Das muss Gründe haben. Die vorhandenen Studienplätze - 271 für Studienanfänger - sind nur etwa zur Hälfte ausgelastet, was die Studienanfänger betrifft. Ich rede nicht von jenem Bruchteil von Studierenden, die am Ende als Absolventen aus dem System heraustreten. In dem kritischen Jahr, das wir jetzt haben - ich gebe zu, dass das ein kritisches Jahr ist -, sind es ganze 34. Das sind so eklatante Divergenzen, dass es für mich unverantwortlich wäre, mich einfach darüber hinwegzusetzen.
Diesem außerordentlich kritischen Befund stehen allerdings in der Tat herausragende Forschungsleistungen und ein überdurchschnittliches Drittmittelvolumen gegenüber. Die Behebung dieser Diskrepanz soll insbesondere durch eine engere Kooperation der landwirtschaftlichen Ausbildungsbereiche sowohl innerhalb der Universität Halle als auch standortübergreifend insbesondere mit Bernburg erreicht werden.
Geplant sind unter anderem die Einführung jeweils eines Studienganges oder mehrerer gemeinsamer Studiengänge der Agrarwissenschaften der Universität Halle und der Hochschule Anhalt, die Kombination von Studienmodulen beider Einrichtungen sowie gemeinsame Schwerpunkte in der angewandten Forschung mit Bezug auf den mitteldeutschen Raum.
An der Universität Halle soll das Fachgebiet Ernährungswirtschaft durch entsprechende Berufungen nachfragegerecht sogar ausgebaut werden.