Vielen Dank, Frau Dr. Sitte. - Herr Dr. Püchel, Sie haben die Möglichkeit für eine Erwiderung. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von uns wird immer Zurückhaltung gefordert. Wir sollen uns zurückhalten. Wir sollen nicht polemisch werden. Was ich in diesem Hause acht Jahre lang erlebt habe, spottet jeder Beschreibung.
Es war gnadenlos, was in der Vergangenheit hier passiert ist. Ich komme noch zu einigen Beispielen. Es sind gnadenlos Minister vorgeführt worden. Dagegen ist das, was ich heute sagte, harmlos. Das war zurückhaltend.
Jetzt zu Herrn Lukowitz. Nachdem der Ministerpräsident gesprochen hat, habe ich die Möglichkeit, etwas zu Herrn Lukowitz zu sagen. Herr Kollege Lukowitz, ich schätze Sie sehr. Aber Sie sagten erstens: Erst wird verurteilt, dann wird aufgeklärt. Darauf sage ich Ihnen: Ich komme auf das zu sprechen, was hier acht Jahre lang abgelaufen ist. Damals ist das in einem ganz anderen Maße abgelaufen.
billigster politischer, inhaltsleerer Polemik. Lesen Sie einmal die Protokolle der letzten Untersuchungsausschüsse.
Herr Lukowitz, Sie erwähnten den ersten Untersuchungsausschuss. Das hätte ich an Ihrer Stelle nicht getan. Sie haben eines dabei vergessen - vielleicht weiß es Herr Rauls noch -: Der Vorsitzende des ersten Untersuchungsausschusses hat einen Abschlussbericht vorgelegt, dem zum Entsetzen der CDU-Fraktion die FDPFraktion zugestimmt hat. Das sollten Sie sich überlegen. Sie haben das mitgetragen, was ich damals vorgelegt habe.
Drittens. Ich habe fast den Eindruck, als seien wir es gewesen, die damals den Rücktritt von Herrn Rehberger verursacht haben. Das war Ihre Partei; sie hat ihn aufgefordert zurückzutreten. Das hat die Regierungskrise im Jahr 1993 ausgelöst.
Jetzt zu dem, was der Ministerpräsident gesagt hat. Herr Professor Böhmer, spätestens seit heute ist es für mich keine Angelegenheit Becker mehr, sondern eine Angelegenheit Professor Böhmer.
Sie haben mit der Bagatellisierung begonnen, als Sie sagten, es sei nur ein Brief von einem Vorgänger an den Nachfolger. Sie haben gestern eine sehr zurückhaltende Pressemitteilung herausgegeben, von der ich bis heute nicht weiß, was sie bedeutet. Vielleicht bin ich zu naiv oder zu einfältig, um das zu verstehen. Sie äußern sich in der dritten Person und so undurchsichtig, dass man sich fragt: Steht er noch zu dem Minister oder steht er nicht mehr zu ihm?
Sie haben andeutungsweise gesagt: Na ja, ein halbes Jahr lang war Ruhe, jetzt kommt etwas. Sie meinten damit - ich übersetze das einmal -: Ab jetzt wird zurückgeschlagen; der Becker hat sich gegen die Richter geäußert, jetzt schlagen sie zurück.
Die Reaktion der Richter ist aber nicht die Ursache. Die Ursache ist der Brief vom März, das dürfen Sie nicht vergessen. Hierbei werden Ursache und Wirkung verwechselt.
Herr Ministerpräsident, Sie sind mit hehren Ansprüchen angetreten. Sie treten hier manchmal als moralische Instanz auf - Sie machen alles richtig.
Ich habe meine Fehler. Die kenne ich selbst zur Genüge, die muss ich an dieser Stelle nicht erläutern,
Ich finde es schon interessant, wie Sie mit diesem Land umgehen. Erstens. Da wird ein Vizepräsident für ein Landesverwaltungsamt bestimmt - ich weiß nicht, wie weit das Verfahren gediehen ist - ohne Ausschreibung. Dabei gibt es Vizepräsidenten mit der Besoldungsgruppe B 3, die dafür an erster Stelle infrage kämen. Dafür kommt ein Beamter der Besoldungsgruppe A 15 und wird, weil er der FDP angehört, eingesetzt. Das ist mein Land, das ist unser Land, wir machen das.
Zweitens. Da wird ein neuer Abteilungsleiter in der Landesvertretung in Berlin eingesetzt. Dabei ging es nicht nach Eignung, Leistung und Befähigung, sondern es musste ein FDP-Mann sein. Das wurde offen gesagt.
Drittens. In diesem Land soll einmal eine Landesinvestitionsbank gegründet werden. Seit Wochen steht fest, wer der Direktor wird. Es gibt aber noch nicht einmal ein Gesetz dazu.
- Bleiben Sie doch einmal ruhig. - Über das, was aus Ihren Wahlversprechen geworden ist, will ich gar nicht erst reden.
Jetzt ist der Begriff „unappetitliche Argumentationskette“ gefallen. Dazu sage ich Ihnen eines: Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Zeit als Abgeordneter drei Untersuchungsausschüsse mitgetragen. Sie haben mitgetragen, dass ein Abgeordneter Gürth einen Minister im Ausschuss nach seinem Intimleben gefragt hat. Unappetitliche Dinge sind abgelaufen, nicht während unserer Regierungszeit, sondern während Ihrer Regierungszeit. Das haben Sie mitgetragen. - Peinlich!
Sie haben drei Untersuchungsausschüsse angezettelt, zu Minister Rehhahn, zu Minister Heyer, zur „Möwe“. Die „Möwe“ - das war ja ein wahnsinniger Skandal. Dann erinnere ich mich an die Einweihung, bei der auch Herr Gürth anwesend war - warum, weiß ich bis heute nicht; denn es war kein Abgeordneter eingeladen worden -, bei der alles gelobt wurde. Es wird einfach vergessen, dass es dazu einen Untersuchungsausschuss gab. Plötzlich ist alles, was Sie vorher noch kritisiert haben, wunderbar.
Noch ein Satz zu Herrn Minister Becker. Herr Becker ist eigentlich Oberbürgermeister geblieben. Er liebt seine Stadt Naumburg. Aber Liebe kann blind machen und das ist gefährlich. Ich glaube nicht, dass er sich in solchen
Damit so etwas in Zukunft nicht noch einmal passiert, falls er im Amt bleiben sollte, schlage ich dem Ministerpräsidenten vor, jemanden an die Seite von Herrn Becker zu setzen, der ihn vor solchen Ausrutschern schützt.
Der Rest wird, wie gesagt, im Untersuchungsausschuss geklärt werden. Wir kommen nicht mehr darum herum. Ich glaube, alle sind daran interessiert, diesen einzusetzen.
Auch Folgendes ist klar - ich weiß nicht, in welche Richtung der Vorwurf ging -: Auch ich halte Richter nicht für bestechlich; keiner in unserer Fraktion tut dies. Mit dieser Frage muss sehr sensibel umgegangen werden.