Protokoll der Sitzung vom 20.06.2002

Wir werden die Förderkulisse insgesamt bereinigen müssen. Wenn wir schon weniger Geld zur Verfügung haben als in den letzten Jahren, dann müssen wir wenigstens dafür sorgen, dass dieses wenige Geld sauber, schnell und einfach bei den Zuwendungsempfängern ankommt. Dann müssen wir auch den Mut haben, Klein- und Kleinstförderprogramme einzuschränken. Dann müssen wir den Mut haben zu sagen, für bestimmte Vorhaben gibt es eben nichts mehr.

Wenn ein Referat seine Berechtigung nur noch daraus ableitet, dass es einen kleinen Fördertopf verwaltet, dann brauchen wir den kleinen Fördertopf nicht mehr und dann können die Beschäftigten in diesem Referat zukünftig etwas anderes machen. Nur so können wir uns eine Vereinfachung und Effektivierung der Landesverwaltung vorstellen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Wir können uns auch vorstellen, dass wir das Landesförderinstitut zu einer effizienten eigenen Landesfördereinrichtung umbauen. Das ist nicht die Förderbank, von der manche schwärmen. Ich glaube aber, dass das Landesförderinstitut den einen oder anderen wichtigen Zuwendungsempfänger - nicht die großen Brocken, die haben Sonderzutrittsrechte - auf kleiner Ebene geärgert hat, und dass hier einiges verändert werden muss, ist eine unwidersprochene Wahrheit in diesem Hause.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Hauser, FDP)

Wir werden uns auch durchaus dafür einsetzen, dass mit der Umstrukturierung der NordLB insgesamt eine Effizienzsteigerung zum Nutzen des Landes Sachsen-Anhalt eintreten wird.

Ich komme nun noch einmal zu der Frage der Verschuldung und der Verfassungsgrenze, die wir uns in Arti

kel 99 der Landesverfassung selbst gegeben haben. Der Kollege Doege hat daraus zitiert und hat ausgeführt: Wir müssen eine mögliche Überschreitung dieser Verfassungsgrenze sehr ernst nehmen. Eine Verfassungsgrenze ist eine sehr bewusst gezogene Grenze. Deshalb muss diese Überschreitung auch besonders begründet werden.

Der Finanzminister hat schon ausgeführt, dass in der schriftlichen Begründung eine kurze Zusammenfassung zu dem Thema der Störung des gesamtgesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes enthalten ist. Hierüber wird es im Finanzausschuss mit Sicherheit auch noch einmal eine vertiefte Diskussion geben.

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber bei der Definition der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes absichtlich einen rechtlich unbestimmten Begriff gewählt hat. Das heißt, dieser rechtlich unbestimmte Begriff muss in der jeweils zu behandelnden konkreten volkswirtschaftlichen Situation konkret und verantwortlich ausgelegt werden. Ich denke, dieses haben wir getan und werden wir im Einzelnen in den Ausschüssen noch einmal wiederholen.

Wir müssen aber, glaube ich, in diesem Landtag ganz deutlich sagen: Wenn wir jetzt nicht mit diesem Nachtragshaushalt eingreifen und die Handlungsfähigkeit der Regierung wiederherstellen würden - das würden wir durch eine bloße Haushaltssperre eben nicht tun -, würden wir mit Sicherheit der Wirtschaft und der Beschäftigungsentwicklung im Land Sachsen-Anhalt einen Schaden zufügen, wir würden sie nicht mehr unter Kontrolle behalten und dies wäre unverantwortlich. Deshalb müssen wir jetzt handeln. Daher ist dieser dramatische Schritt der einmaligen Kreditaufnahme über die verfassungsmäßig gesetzte Grenze hinaus zulässig und auch sachlich geboten und richtig.

Nun, meine lieben Kolleginnen und Kollegen der SPDFraktion, zu Ihrem Antrag, die Beratung des Nachtragshaushalts zu verschieben. Sie sollten sich schämen, dass Sie so einen Antrag eingebracht haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist nicht der Stil, den wir jetzt brauchen. Ich kann ja verstehen, dass die Verlockung groß ist, dass man, wenn über acht Jahre eine Abschlussbilanz vorgelegt wird, zu dieser Bilanz lieber inhaltlich nicht sprechen möchte,

(Herr Dr. Püchel, SPD: Das kommt doch noch!)

sondern dass man sagt: Stürzen wir uns voll auf Verfahrensfragen! Diese Überlegung kann man einen kleinen Moment lang haben, aber man sollte sie wieder in der Schublade verschwinden lassen.

Sie wissen ganz genau, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass die Beratung eines Nachtragshaushaltes vom zeitlichen Umfang einen viel geringeren Aufwand erfordert als die drei dicken Bände Haushaltsberatungen, die wir jedes Jahr zu absolvieren haben, durchzulesen. Wenn Sie sich schon die Mühe gemacht haben, dieses kleine Bändchen des Nachtragshaushaltes durchzulesen, werden Sie gesehen haben, dass es in der Nachtragshaushaltsdiskussion eigentlich sehr wenige politisch umstrittene Zahlen gibt. Aber über diese Zahlen muss ehrlich und offen und, wie ich denke, auch sehr deutlich gesprochen werden. Es gibt eine ganze Menge kleinerer Flurbereinigungen, die ich fast als technisch bezeichnen möchte.

Wenn Sie sagen, dass Sie im Zusammenhang mit diesem vom Umfang her kleinen Nachtragshaushalt monatelang Beratungsbedarf haben, stellen Sie Ihr Licht wirklich unter den eigenen Scheffel.

(Herr Bullerjahn, SPD: Herr Scharf!)

Das ist in den Fachausschüssen an einem Tag zu schaffen, wenn man sich ordentlich Zeit nimmt, und das ist im Finanzausschuss in ganz wenigen Tagen zu schaffen. Wenn wir dies tun, haben wir die neue, saubere parlamentarische Grundlage gelegt. Die Suppe, die Sie sich hier in acht Jahren eingebrockt haben, müssen Sie schon mit uns zusammen vor der Sommerpause auslöffeln.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden Sie in den Beratungsgang hineinzwingen. Ich denke, alle Zuwendungsempfänger erwarten auch, dass vor der Sommerpause wieder die haushaltsrechtlichen Grundlagen hergestellt werden, sodass ohne zusätzliche Bewirtschaftsauflagen jedes Ministerium frei handeln kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Das, was in diesem Jahr an Handlungen, an Wirtschaftsförderung und an Zuwendungen im kulturellen und im sozialen Bereich noch möglich ist, muss dann ohne Hemmnisse auch umgesetzt werden.

Herr Professor Paqué hat richtig ausgeführt: Die programmatische Neuordnung des Landeshaushaltes wird erst mit dem Jahr 2003 erfolgen. Das ist eine schwierige Aufgabe. Das alleinige Initiativrecht hierfür liegt natürlicherweise bei der Landesregierung. Da werden die Minister in der Sommerpause nicht allzu lange in den Urlaub fahren können. Aber ich bin mir ganz sicher, dass sie im Herbst einen verantwortbaren Haushalt für das Jahr 2003 vorlegen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Ich danke dem Abgeordneten Scharf. - Bevor ich den nächsten Debattenredner aufrufe, möchte ich es nicht versäumen, Schülerinnen und Schüler der Fachhochschule Magdeburg bei uns im Parlament zu begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der FDPFraktion. Herr Dr. Volk, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP hat, ob außerparlamentarisch oder aus Berlin, immer wieder gefordert, in Sachsen-Anhalt endlich eine anständige und ehrliche Haushaltspolitik zu betreiben. Die abgewählte Regierung unter Ministerpräsident Dr. Höppner hat, wie jetzt deutlich wird, beides nicht geleistet. Sie hat weder anständig noch ehrlich gewirtschaftet.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir mussten vermuten, dass SPD und PDS zulasten zukünftiger Generationen immer wieder neue Haushaltskosmetik betrieben haben.

(Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Dass es jedoch so gravierend ist, wie der jetzt von uns durchgeführte Kassensturz zeigt, hätten wir uns in unseren schlimmsten Träumen nicht ausgemalt.

Hier in Sachsen-Anhalt haben Sie, meine Damen und Herren von der SPD, mit der PDS acht viel zu lange Jahre das Land im wahrsten Sinne des Wortes an die Grenzen des Ruins getrieben. Der Nachtragshaushalt zeigt: Allein im laufenden Haushalt 2002 haben Sie ein Defizit von 900 Millionen € erwirtschaftet. Man wagt das Wort kaum in den Mund zu nehmen: „erwirtschaftet“.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Eben gerade nicht!)

Auch im vergangenen Jahr haben Sie Schulden über das geplante Maß hinaus gemacht. Das Resultat ist ein nochmaliges Defizit von 200 Millionen €. Damit haben Sie unserem Land am Schluss Ihrer Regierungszeit ein aktuelles Defizit von 1,1 Milliarden € hinterlassen, von den Schulden, die Sie aufgrund Ihrer verfehlten Politik in den Vorjahren gemacht haben, ganz zu schweigen. Sie haben die Menschen in Sachsen-Anhalt mit Ihrer Schuldenpolitik gezielt und bewusst getäuscht.

Meine Damen und Herren! Es liegt auf der Hand, dass die neue Landesregierung diesen Schuldenberg nicht aus dem Stand durch gezielte Einsparungen ausgleichen kann. Sie wissen selbst, dass der Haushaltsvollzug schon viel zu weit vorangeschritten ist, sodass tiefgreifende Sparanstrengungen nicht mehr möglich sind. Die meisten Mittel sind rechtskräftig gebunden; einsparen können wir bei ihnen nichts mehr.

Aber gerade weil der Haushaltsvollzug schon so weit vorangeschritten ist und da die neue Regierung gerade vier Wochen im Amt ist, hat es mich umso mehr beeindruckt, mit welchem Ehrgeiz jeder der Fachminister in seinem Ressort noch Sparanstrengungen unternommen hat. Das Ergebnis dieser Sparbemühungen kann sich sehen lassen. Das Kabinett hat es trotz allem geschafft, 157 Millionen € einzusparen, und zwar - dies sage ich mit allem Nachdruck - nicht durch den üblichen Haushaltstrick der abgewählten rot-roten Regierung, sondern durch titelgenaue und präzise Einsparungen.

(Herr Bullerjahn, SPD: Sie haben die falsche Re- de mitgekriegt!)

Angesichts der Größe des Schuldenberges des Landes ist dies sicherlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein und hilft uns nicht, eine weitere Erhöhung der Nettokreditaufnahme zu verhindern. Denn dafür sind die Ausmaße der Misswirtschaft der letzten Jahre viel zu groß.

Mit der vorliegenden Bilanz der PDS-tolerierten Regierung, die beschämend und alarmierend ist, müssen wir umgehen. Beschämend ist, wie SPD und PDS im Hinblick auf die Interessen der Bürger des Landes SachsenAnhalt mit den nachfolgenden Generationen umgegangen sind. Alarmierend ist sie angesichts der Aufgaben, die wir in der Regierungskoalition zu erfüllen haben.

Der Nachtragshaushalt ist der Neubeginn einer ordentlichen und nachhaltigen Finanzpolitik. Ab jetzt wird in diesem Land wieder eine Politik gemacht, die Schluss macht mit Haushaltsbetrügereien, die Schluss macht mit dem Verteilen von Wohltaten an Interessengruppen.

Unsere Politik orientiert sich am Wohl des Landes und seiner Kinder. Wir brauchen eine solide Grundlage für die Zukunft, eine Grundlage, die nicht mit Risiken und Halbwahrheiten belastet ist, sondern die eine solide Ausgangsbasis zur Erreichung eines letztmalig defizitären Haushaltes im Jahre 2006 bietet.

Dieser Nachtragshaushalt schafft die Grundlage für den Neubeginn einer seriösen Politik. Bilanzwahrheit, Haushaltsklarheit, seit acht Jahren Fremdwörter in der Landesregierung, erhalten heute durch unsere neue Regierung wieder die Bedeutung, die ihnen zusteht. Wir machen Schluss mit dem ständigen Verschieben von Problemen und Schulden auf die Zukunft und damit auf unsere Kinder.

(Zuruf von Frau Ferchland, PDS)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, die zügige Verabschiedung des Nachtragshaushaltes blockieren und hinauszögern wollen, dann kann ich nur feststellen: Sie haben immer noch nicht verstanden, dass das Laufenlassen zulasten der Zukunft endgültig der Vergangenheit angehören muss.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie haben auch immer noch nicht verstanden, dass sich die Probleme nicht mehr in die Zukunft verschieben lassen.

Eines steht fest: Der Nachtragshaushalt bilanziert die abgewählte Regierung, er korrigiert noch nicht die strukturellen Fehler und Sündenfälle, die Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, dem Land SachsenAnhalt eingebrockt haben. Die Korrektur dieser Fehler werden wir im nächsten Haushalt in Angriff nehmen müssen; wir werden mit aller Konsequenz überprüfen, wo welche Einsparungen und welche strukturellen Veränderungen vorzunehmen sind, und leider wird dabei jeder seinen Beitrag bringen müssen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)