Wenn es so wäre, werfe ich den Ball der Scheinheiligkeit zurück. Wir haben in der Tat dieses Gutachten erst heute auf den Tisch bekommen. Wenn Sie das nicht glauben: Es gibt einen Stempel Ausgang Büro des Umweltausschusses 20. November. Es wäre schön, wenn Sie diesen Vorwurf - ich bin sehr empfindlich, Frau Wernicke, wenn es um unsachliche Vorwürfe geht - in aller Form zurücknehmen.
Meine Damen und Herren! Ich hatte nicht vor, heute Abend noch eine große Debatte über das Thema des Salzigen Sees zu führen. Dieses Thema bewegt uns schon zu lange, seit dem Jahr 1993; wenn ich mich persönlich sehe, seit dem Jahr 1970, denn ich habe in diesem Gebiet meine Diplomarbeit geschrieben. Deshalb kenne ich den gewesenen See vielleicht viel besser als viele andere in diesem Hause. Aber ich gehe nicht weiter auf diese Dinge ein; denn es ist immer gut, wenn Fachleute über die Dinge reden und nicht Leute, die vielleicht vor Ort Wahlkreise zu vertreten haben. Deswegen bin ich ganz froh, dass die Fraktion mich gebeten hat, dazu zu reden.
Wir haben viele Jahre lang über das Thema geredet. Wir waren uns in jedem Jahr dessen bewusst, Frau Wernicke, dass wir dieses Problem des Salzigen Sees nicht mit einem Strich von der Tagesordnung bekommen und dass das Thema Salziger See und seine Entstehung einen gewaltigen Aufwand erfordern wird, um die Erwartungen, die vor Ort an dieses Projekt gestellt werden, zu erfüllen.
Wir haben als Landesregierung, wenn ich mich recht erinnere, in den letzten acht Jahren jedes Jahr enorme Summen in den Haushalt eingestellt, um die Maßnahmen zu finanzieren, die notwendig waren, um dann in der Folge ein größeres Projekt, möglicherweise auch mit EU-Beteiligung, finanzieren zu können. Das ist in den letzten Jahren geleistet worden. Das können Sie auch nicht vom Tisch wischen, Frau Wernicke. Sie waren eine von denen, die in dieser Zeit immer am lautesten geschrien und Geld für diese Region gefordert haben. Wir haben das getan, ohne darüber groß polemisch in der Öffentlichkeit zu reden.
Die EU-Kommission hat den Antrag Sachsen-Anhalts, dieses Projekt mit zu finanzieren, abgelehnt. Das bedeutet, dass wir uns nun Gedanken darüber machen müssen, wie wir mit dieser Angelegenheit weiter verfahren wollen.
Der See wird kommen, ob wir das wollen oder nicht. Der See ist, wie Sie wissen, ein bergbauliches Senkungsgebiet, das auch ohne unser Zutun weiter absinken wird. Der Grundwasserstand wird steigen. Der See wird sich irgendwann einstellen. Wenn wir irgendwann die Pumpen nicht mehr bezahlen können, wird das schneller gehen, als uns lieb ist. Deswegen ist es notwendig, sich darüber klar zu werden, was wir wollen, wie wir uns die Zukunft dieser Region und insbesondere des Salzigen Sees vorstellen.
Deshalb müssen wir über dieses Thema weiter reden. Deswegen brauchen wir auch ein Konzept, wie es weitergehen soll. Das, Frau Wernicke, fordern wir in unserem Antrag.
Sicherlich ist der zweite Punkt unseres Alternativantrages überholt, denn dieses Gutachten liegt inzwischen vor. Das wussten wir, wie gesagt, nicht, als wir den Antrag formuliert haben.
Den Antrag der PDS sehe ich mit etwas gemischten Gefühlen. Ich kann mit dem Bürgergutachten nichts Richtiges anfangen. Aber ich denke, dass es in den Fraktionen kaum Widerstände geben wird, unserem Punkt 1 zuzustimmen, nämlich uns das Konzept der Landesregierung, so sie Vorstellungen hat, im Ausschuss vorstellen zu lassen und darüber zu diskutieren.
Ich denke, es ist nicht verkehrt, wenn wir uns im Ausschuss darüber unterhalten, in welcher Form auch immer. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr. - Als nächster Debattenredner wird Herr Ruden für die CDU-Fraktion sprechen. Doch zuvor habe ich die Freude, Damen und Herren der internationalen Begegnungsstätte Magdeburg bei uns recht herzlich zu begrüßen. Herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man diesen Schlagabtausch an Worten heute, in dieser Wahlperiode und in den vergangenen drei Wahlperioden verfolgt, dann möchte man eigentlich an dieser Stelle sagen: Der Worte sind genug gewechselt - zumindest zu diesem Thema.
Eine unendliche Geschichte mit diesem Salzigen See! Sie, die Sie in den vergangenen Wahlperioden hier schon gesessen haben, wissen das sehr gut. Ich musste mich erst in diesem Sommer kundig machen, um zu erfahren, wie groß das kommunale Interesse in dieser Gegend an der Wiedererstehung des Salzigen Sees ist.
Aber, meine Damen und Herren, man muss wirklich fragen: Ist es die Aufgabe der Landesregierung, diese Region mit einem Konzept zu überziehen, an die Hand zu nehmen und zu sagen, so müsst ihr es machen?
Das Thema Salziger See darf für meine Begriffe, weil diesbezüglich kommunale Planungsgemeinschaften, kommunale Verantwortungsträger in der Verantwortung sind, nicht populistisch und womöglich als Thema für Wahlkämpfe missbraucht werden. Das Thema ist viel zu komplex, viel zu vielschichtig, um von der Landesebene den Bürgern irgendetwas zu oktroyieren. Sie haben ja in der Vergangenheit versucht, etwas daraus zu machen.
Ich will nicht die ganzen Stationen im Landtag aufzählen. Es beginnt nämlich schon, glaube ich, im Jahr 1993 mit einem Antrag der Grünen. Danach ging es munter weiter. Im Jahr 1995 hat sich der Landtag dazu bekannt, ebenso in den Jahren 1996, 1999 und 2000. Aber es kam dabei immer heraus, dass sich die Landesregierung letztlich nicht einmal in der Lage gesehen hat, die Untersuchungen zum Abschluss zu bringen oder irgendwelche Förderanträge zu stellen. Es waren alles Absichtsbekundungen der vorhergehenden Regierung ohne Konkretisierung durch einen entsprechenden Antrag in Brüssel.
Immerhin - das muss man sagen und das wurde auch schon betont - war die Landesregierung nicht untätig.
Sie haben immerhin 11 Millionen DM, glaube ich, seit 1996 in diese Problematik investiert. Ich glaube auch nicht, dass das Fehlinvestitionen waren. Da wurden Gutachten erstellt, Sedimentuntersuchungen durchgeführt und Konzepte erarbeitet. Es wurde die Seengesellschaft aus der Taufe gehoben. Alles richtige und wichtige Schritte, aber ich denke, das kann nicht der Weg sein, auf dem wir als Land fortschreiten sollten, zumal nachdem uns die EU die rote Karte oder - sagen wir einmal - das „Njet“ gezeigt hat.
Das ist ein Antrag, der vielleicht im Jahr 1996, wenn wir ihn damals gestellt hätten, noch von Erfolg gekrönt gewesen wäre, aber im Jahr 2003 hat die EU offenbar nicht mehr die Möglichkeit gesehen, hier so helfend einzugreifen, dass infrastrukturelle Großprojekte aus der Taufe gehoben werden können. Es wurde ja zum Beispiel die Nachhaltigkeit angemahnt.
Ich will kurz auf den Begriff Bürgergutachten eingehen, weil ich darauf schon angesprochen wurde. Es war mir ein besonderes Vergnügen, einmal nachzugrasen, was da so mit dem Mittel Internet zutage kommt.
Also, meine Damen und Herren von der PDS, das ist sicherlich ein gut gemeintes Instrument eines 80-jährigen Soziologieprofessors aus Wuppertal, der das sicherlich in soziologischen Studienzirkeln ausprobiert hat. Vielleicht macht sich auch die eine oder andere Gemeinde dieses Instrument zu Eigen. Ich will das ja gar nicht als verkehrt in die Ecke tun.
„Die Grundidee besteht darin, dass mit einer zufällig ausgewählten Schar von 25 interessierten Bürgern eine Planungszelle gegründet wird, die sich unter entsprechender Moderation in einem länger andauernden Diskussionsprozess zu dem besagten Bürgergutachten verständigt.“
- Sie können mich gern korrigieren. - Es ist also, wenn Sie so wollen, ein gut gemeintes theoretischen Kind.
(Frau Dr. Sitte, PDS: Nein, es ist nicht theore- tisch! Das hat in Halle stattgefunden als Stadt- spiel!)
- Ich finde es ja wunderbar, wenn das in Halle stattgefunden hat, aber wieso müssen wir als Land dann das Subsidiaritätsprinzip verletzen und den gewählten kommunalen Gremien vorschreiben, was sie zu machen haben?
Ich glaube, dass es angesichts der großen Zustimmung der Bürger in der Region zur Wiedererstehung des Salzigen Sees - Frau Wernicke wies darauf hin -, auch infolge der bisher zutage geförderten Arbeitsergebnisse - Entwicklungsgesellschaft Seengebiet Mansfelder Land - und aufgrund der in den Kommunen erfolgten Diskussionsprozesse der falsche Weg ist, weiterhin von der Landesebene her bevormundend tätig zu werden.
Die bisher zusammengetragenen Daten, planungsrechtlichen Voraussetzungen usw. sollten in kommunale Beschlüsse umgesetzt werden, und zwar in Teilprojekten, in Einzelprojekten, die sicherlich in dem einen oder anderen Fall förderfähig sind. Das sollte der Weg sein, in einer Art abgestimmter Projektvielfalt Stück für Stück
den Salzigen See wiedererstehen zu lassen. Ein Großprojekt - das hat sich nach allen bisherigen Erfahrungen gezeigt, meine Damen und Herren - ist zum Scheitern verurteilt.
Der SPD-Antrag - dazu wurde schon von meinem Kollegen Kehl Stellung genommen - ist aus denselben Gründen in Punkt 1 abzulehnen. Der Punkt 2 - das muss ich ehrlich sagen - ist an sich eine Sache, die es nicht wert ist, im Landtag behandelt zu werden. Es scheint ein Bürokratiefehler, ein Informationsverlust vorzuliegen. Den muss man nicht im Landtag aufarbeiten. Insofern werden wir auch diesen Antrag ablehnen. Ich bitte Sie, entsprechend zu votieren, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Abgeordneter Ruden, würden Sie noch eine Nachfrage der Abgeordneten Frau Dr. Klein beantworten?
Herr Kollege Ruden, auf der einen Seite meinen Sie, dass die Landesregierung den Kommunen nicht oktroyieren darf, was im Seegebiet passieren soll. Auf der anderen Seite lehnen Sie eine Bürgerbefragung ab. Das ist für mich ein Widerspruch. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen.
Im Übrigen habe ich eine Frage an Frau Wernicke zurückgezogen, weil sie weiß, wie kompliziert das Problem ist. Ich wohne in einer der betroffenen Gemeinden, und ich weiß: Wenn es im nächsten Frühjahr wieder regnet, säuft unsere Verbindungsstraße zur B 80 wahrscheinlich wieder ab. Solche Probleme können die Kommunen eben nicht alleine lösen.
Vermutlich müssen die Seengemeinschaft und der Landkreis mithilfe des Landes eine längerfristige Lösung finden. Ob es dann die Lösung ist, die ursprünglich angedacht war, halte ich auch für sehr zweifelhaft. Wir haben das Geld für diese Brücke nicht. Aber wir brauchen andere Strategien; denn das Wasser kommt, ohne uns zu fragen. Dann fährt der Zug nicht, die Straße steht unter Wasser, und dann wissen sie nicht, wie sie aus ihrem Dorf herauskommen. Insoweit halte ich es für unbedingt notwendig, gemeinsam nach anderen Lösungen zu suchen.
Ich kann mir aufgrund der Situation vorstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger dies eben nicht nur emotional sehen. Wir brauchen eine Lösung. Das ist der Punkt.
Frau Dr. Klein, ich weiß nicht genau, wie ich darauf antworten soll. Ich habe es, wie ich glaube, in meiner Rede schon gesagt: Ein solches Bürgergutachten kann durchaus ein Instrument sein, das eine kommunale Körperschaft anwendet. Aber was soll das Land für einen Kreis oder für Teile von mehreren Kreisen organisieren?
Was das Wasser angeht, haben Sie natürlich Recht. Es kommt bestimmt, und wir müssen uns in den nächsten zehn bis 15 Jahren Maßnahmen einfallen lassen, um mit diesem Problem zurechtzukommen. Es wird ja vielleicht einmal eine Zeit kommen, in der man infrastrukturell auf die Straße verzichten kann. Bisher können wir das aber mit keinem Großprojekt überbrücken.