Angelika Klein
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern wurde ich von einem Kollegen gefragt, was ich eigentlich mit diesem Antrag bezwecke; denn wir haben schließlich in der letzten Landtagssitzung das Thema EU-Dienstleistungsrichtlinie debattiert und die Koalitionsfraktionen und die SPD haben es als erledigt abgehakt. Ich kann Ihnen diese Aktuelle Debatte aber nicht ersparen. Es geht hier schließlich um den wichtigsten Prozess in der Europäischen Union nach der gescheiterten Verfassungsdebatte.
Diese ist unter anderem auch daran gescheitert, dass es in der Diskussion schon um die Dienstleistungsrichtlinie ging. Wir in Sachsen-Anhalt können zwar darüber philosophieren, welchen Standort wir in Europa haben; wenn wir aber in Fragen der Dienstleistungsrichtlinie den Kopf in den Sand stecken, dann kommt etwas über uns, was wir letztendlich umzusetzen haben, zu vertreten haben und dann auch gefordert sind.
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments haben gestern in erster Lesung mehrheitlich einem Richtlinienentwurf zugestimmt, der trotz einiger Verbesserungen, die aufgrund des öffentlichen Drucks zustande kamen, eine bedrohliche Verschlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage darstellt.
Das Europäische Parlament hat nahezu alle Änderungsanträge des federführenden Binnenmarktausschusses vom 9. November 2005 angenommen. Ebenfalls angenommen wurden alle Kompromissvorschläge der Christdemokraten und der Sozialdemokraten, die in der vergangenen Woche ausgehandelt worden sind. Diese hatten allerdings ihre Anträge zu Artikel 16 des Entwurfs, in dem es um das Herkunftslandprinzip oder, wie es jetzt heißt, die Dienstleistungsfreiheit geht, zurückgezogen. Also war der wichtigste Änderungsantrag weg.
Von der Bundesregierung über den SPD-Vorsitzenden bis hin zu den Medien wird dieses gestrige Ergebnis bejubelt. Das europäische Sozialmodell sei gerettet. - Abgesehen davon, dass Ihnen keine und keiner erklären kann, was denn das europäische Sozialmodell ist; denn ein solches gibt es nicht. Wenn es eines gäbe, das verbindliche Sozial- und arbeitsrechtliche Standards beinhalten würde, würde die Dienstleistungsrichtlinie anders aussehen und es wären sicherlich die Proteste nicht so groß.
Seit einer Woche wird nun in den Medien von Politikern von CDU und SPD mit Nachdruck darauf verwiesen, dass ein Kompromiss gefunden worden sei, der alle Probleme löse; Proteste seien nicht mehr notwendig.
Dass wir das anders sehen, wundert Sie sicherlich nicht. Aber auch andere wie die Gewerkschaften und Hunderttausende Betroffene tragen diese angeblich jähe Wendung des Kompromisses nicht mit. Weil es eben keine jähe Wendung ist; vielmehr sind die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament schlicht und ergreifend auf die Linie der Konservativen eingeschwenkt.
Ich zitiere den Vorsitzenden der Fraktion der Sozialdemokraten im Europaparlament Martin Schulz, wie er die sozialdemokratische Verhandlungsstrategie charakterisierte:
„Letztlich geht es in den Gesprächen in der kommenden Woche weniger um inhaltliche als um sprachliche Korrekturen. Mit den Grundzügen der Richtlinie können die Sozialdemokraten leben, zumindest in der Fassung, die der Binnenmarktausschuss im Herbst 2005 beschlossen hat.“
Es gab übrigens am 28. November 2005 einen Beschluss des Parteivorstandes der SPD, der genau das konterkariert. Dort werden nämlich insbesondere das Herkunftslandprinzip und auch die Aufnahme von Diensten von allgemeinem und allgemeinem wirtschaftlichen Interesse strikt abgelehnt. Aber das Papier ist geduldig und die Praxis ist eine andere.
Es bleibt also dabei: Das Wort „Herkunftsland“ als solches ist zwar gestrichen worden, aber nicht das Prinzip. Durch die Hintertür soll es zurückkehren, weil die Mitgliedstaaten in ihren Rechten zur Festlegung von Standards beschnitten werden.
Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, das Recht von Dienstleistungserbringern, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen zu erbringen, in dem sie niedergelassen sind, zu achten. - Zu achten. Das heißt, es wird nicht gesagt, es gelten nun die Gesetze des Herkunftslandes. Es wird aber auch nicht gesagt, es gelten die Gesetze des Ziellandes, in dem die Dienstleistung erbracht wird, zumal der Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll, für die freie Aufnahme und die freie Ausübung einer Dienstleistung innerhalb seines Hoheitsgebiets sorgen soll. Dazu darf
er nach wie vor keine beglaubigten Dokumente abfordern, keine Übersetzungen, sondern er muss mit dem leben, was ihm der Antragsteller bringt, egal in welcher Sprache, egal in welcher Rechtsform.
Eine Einschränkung gibt es. Aber die ist auch nicht neu, sondern sie wurde ebenfalls bereits im November 2005 vom Binnenmarktausschuss beschlossen. Die Mitgliedstaaten, in die sich die Dienstleistungserbringer begeben, können Anforderungen in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen stellen, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, des Umweltschutzes und der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sind. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht ihre Bestimmungen über Beschäftigungsbedingungen, sprich Arbeits- und Tarifrecht einschließlich der Bestimmungen in Tarifverträgen, anwenden. - Das ist positiv.
Allerdings wirken diese Gesetze nur dann einschränkend, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Bestimmungen hinsichtlich des Umweltschutzes, der öffentlichen Gesundheit, der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung erforderlich, diskriminierungsfrei und verhältnismäßig sind. Ansonsten unterliegt der Dienstleistungserbringer den Gesetzen seines Herkunftslandes.
Damit bekommt auf jeden Fall eine Institution Arbeit. Das ist der Europäische Gerichtshof; denn ein Land muss, wenn es seine Zustimmung verweigert, das erst einmal nachweisen. Das ist ein Rückfall hinter die jetzige Praxis. Statt Bürokratieabbau erfolgt erst einmal Bürokratieaufbau.
Die Rechtsunsicherheit für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Kommunen und die Länder wächst und es wird noch mehr Grauzonen als bisher geben.
In der ursprünglichen Fassung des Kompromisses von vergangener Woche - der Text, der zurückgezogen wurde - waren bei den Ausnahmetatbeständen zum Herkunftslandprinzip wenigstens noch Sozialpolitik und Verbraucherschutz mit genannt worden. Diese beiden Bereiche wurden in letzter Minute mit Einverständnis der Sozialdemokraten gestrichen. Wenn das so bleiben sollte, dann werden also sozialpolitische oder Verbraucherschutzbestimmungen als Rechtfertigungsgrund für staatliche Anforderungen an die Dienstleistungserbringer nicht mehr hinreichend sein.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Hinblick auf den Geltungsbereich der Richtlinie - Artikel 2 - sind die Dienstleistungen von allgemeinem und allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nach wie vor enthalten. Es gibt zwar eine Reihe von Bestimmungen, die besagen, dass die Richtlinie nicht die Liberalisierung oder Privatisierung bisher nicht dem Wettbewerb geöffneter Sektoren bewirken soll. Angesichts dessen, dass es aber EU-weit - wir dürfen nicht nur Deutschland angucken, sondern wir müssen die ganze EU sehen - kaum noch einen Sektor gibt, der nicht irgendwo bereits dem Wettbewerb geöffnet ist, ist diese Einschränkung fast nur ein Lippenbekenntnis; denn auch so elementare Dienste wie Bildung, Wasserversorgung oder Abfallbeseitigung sind mit dem Markteintritt privater Anbieter längst dem Wettbewerb geöffnet worden und würden mit der Richtlinie flächendeckend dem freien Spiel der Marktkräfte unterworfen.
Lediglich der Gesundheitssektor, die audiovisuellen Dienste und der Bereich des Glücksspiels werden aus dem Geltungsbereich der Richtlinie ausgeklammert. Aber selbst dort sind die Begründungen schon so gehalten, dass man mindestens drei Rechtsanwälte braucht, um die vierte Meinung herauszubekommen, was denn nun eigentlich richtig ist. Ich könnte Ihnen ein Beispiel vortragen, wie die Richtlinie die öffentlichen Gesundheitsdienste nicht berührt. Aber ich glaube, das überfordert uns im Augenblick alle. - Gut.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie gesagt, es wäre eine klare Trennung zwischen kommerziellen Dienstleistungen und den Dienstleistungen von allgemeinem und allgemeinem wirtschaftlichen Interesse notwendig gewesen.
Ich gebe zu, die Regulierung des Dienstleistungssektors - das habe ich bereits gesagt - ist einer der am schwersten wiegenden europäischen Rechtsakte. Dieser soll nun mit einem zutiefst widersprüchlichen Gesetzeswerk bewältigt werden. Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Unternehmen in der Europäischen Union werden diese Last schultern müssen.
Rechtssicherheit und Kontrolle werden nicht mehr gegeben sein, wenn die Dienstleistungsrichtlinie so bleibt, wie sie nun vorliegt; denn wer soll schon die Bestimmungen der Richtlinie beherrschen? Wer beherrscht schon alle 25 Rechtssysteme der Mitgliedstaaten? Schon eine sektorale Regelung einzelner Dienstleistungen war - das hat die Vergangenheit gezeigt - und ist eine schwierige Angelegenheit.
Aus der Sicht der Linkspartei.PDS ist die EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht der Weg, um ein Europa der Bürgerinnen und Bürger, ein Europa der Regionen zu schaffen. Wir sind der Auffassung, dass uns das, was da in Brüssel passiert, sehr wohl etwas angeht und dass wir deshalb auch das Recht und die Pflicht haben, uns einzumischen. Noch gibt es die Chance, dass die Richtlinie nicht Wirklichkeit wird.
Die Linkspartei.PDS wird deshalb den Protest gegen diese Richtlinie aufrechterhalten, auch hier im Land. Wir werden die nächste Landesregierung - das Thema wird wieder auf der Tagesordnung stehen - auffordern, darauf hinzuwirken, dass die Bundesregierung einer solchen Richtlinie ihre Zustimmung im Ministerrat verweigert.
Frau Röder, Sie dürfen mir glauben, ich habe die Änderungsanträge alle gelesen. Ich habe das nicht aus Pressemitteilungen oder Ähnlichem.
Ich habe aber eine Frage. Würden Sie eine Dienstleistung, die ein Klempner anbietet, und eine Dienstleistung, die ein Lehrer anbietet, in Ihren Regularien gleichsetzen?
Das ist aber genau damit passiert. Es geht nicht um sektorale Regelungen, sondern es geht um horizontale Regelungen. Das ist das Grundproblem, das begriffen werden muss.
Frau Röder, wissen Sie, dass wir eine Niederlassungsfreiheit in der EU haben?
Wissen Sie, dass wir eine Freizügigkeit der Arbeitnehmer haben,
mit Ausnahme der osteuropäischen Arbeitnehmer? Das verlängert sich auf drei Jahre, sie dürfen für Erntearbeiten kommen.
Glauben Sie, dass ein deutscher Klempnermeister mit seinen Arbeitern in Frankreich oder in Polen oder in Lettland zu den Bedingungen der Bundesrepublik arbeiten wird?
- Sind Sie wirklich sicher?
Warum muss man das mit einem schlecht gemachten Gesetz regeln, wenn es sowieso schon stattfindet?
Herr Minister, es geht noch einmal um die Scheibe C, weil Sie sagten, dass das schon in der langfristigen Planung sei. Ich habe hier die „Mitteldeutsche Zeitung“ vom 17. Dezember 2005. Darin werden Sie nach einer möglichen Unterbringung der Finanzämter in der Scheibe C gefragt. Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass die Zustände dort dringend zu ändern sind. Sie antworten auf die Frage, das müsse im Rahmen eines Gesamtkonzepts geklärt werden.
Gibt es jetzt ein Gesamtkonzept oder ist es nun das, was jetzt sehr vage angedeutet wurde?
Die andere Frage ist dann natürlich: Die 13,2 Millionen € bleiben trotzdem im Raum stehen. Die brauchen wir ja trotzdem für die Sanierung. Oder wird eine abgespeckte Variante realisiert?
Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Herr Tullner, den Skandal um die Immobilien haben nicht wir thematisiert, den haben zwei Minister verursacht.
Ansonsten wäre zumindest ich immer von dem Beschluss des Finanzausschusses ausgegangen, den wir im Jahr 2004 zum Doppelhaushalt 2005/2006 gefasst haben. Da steht nämlich etwas von der Kamieth-Straße
drin. Darauf komme ich noch; denn es geht uns in diesem Zusammenhang unter anderem auch um die Arbeit der Limsa.
Die Landesregierung hat die Limsa zum 1. Januar 2004 mit viel Elan aus der Taufe gehoben und hoffte, nun werde es mit den Landesimmobilien schon seinen Gang gehen. Aber auch zwei Jahre nach der Gründung geht es mit der Limsa eben nicht seinen Gang; sie gehört vielmehr zu den vielen Baustellen, die die gegenwärtige Regierung ihren Nachfolgern hinterlassen wird.
- Manche müssen doch für die Koalition schon üben und ein wenig verhalten sein.
Die Aufgaben des Landesbetriebes sind eigentlich klar umrissen: Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte für Zwecke des Bundeslandes Sachsen-Anhalt nach kaufmännischen Grundsätzen zu erwerben, zu bewirtschaften, zu entwickeln, zu verwerten und dabei auch die baupolitischen Ziele des Landes zu beachten - so steht es in der einschlägigen Rechtsordnung.
Es wurde damit zumindest bei den Kommunen, auf deren Territorien sich Landesimmobilien befinden - im ländlichen Raum und in den Städten -, die Hoffnung geweckt, dass diese künftig genutzt, bewirtschaftet und notfalls auch gewinnbringend veräußert werden. Es wurde vielleicht auch ein wenig Hoffnung bei den Landesbehörden dahin gehend geweckt, dass das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel endlich aufhört und die Behörden einmal über einen längeren Zeitraum sesshaft werden. Wenn man sich die Umzüge der Behörden in den letzten Jahren einmal anschaut, stellt man fest: Das ist ja immer wieder sagenhaft. In jüngster Zeit haben erst die Staatskanzlei und das Justizministerium den Standort gewechselt - nur so viel zum Repräsentationsverständnis der Landesregierung; es hat auch Geld gekostet.
Wir haben auch genug Immobilien. Es ist interessant, auf der Internetseite der Limsa wird ein Immobilienbestand von 3 400 Gebäuden und 3 300 Liegenschaften aufgezeigt. Der „MZ“ wurden andere Zahlen genannt. Darüber will ich mich aber nicht streiten. Mich verwundert das nur; denn angeblich hat doch die Limsa noch gar nicht alle Immobilien übernommen, weil noch nicht alle Ministerien in den Bereich der Limsa aufgenommen worden sind.
Wie gesagt, generell könnte man über das Gezeter zwischen zwei Ministern in den vergangenen zwei Wochen nur müde lächeln, wenn es hierbei nicht auch um das Vermögen des Landes ginge.
Auf der einen Seite verschleudert die Limsa Grundstücke fast zum Nulltarif - erinnert sei nur an den Verkauf des Grundstückes des DDR-Rundfunks in der Nalepastraße in Berlin für 350 000 € -, auf der anderen Seite verfallen Gebäude vor sich hin, aber mithilfe der Limsa werden eifrig neue Gebäude angemietet.
Da hatten wir den Umzug des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation in das City-Carré. Landesliegenschaften wurden freigezogen. Dann kam die Anmie
tung des alten Postgebäudes, ein PPP-Modell, für das Justizzentrum Magdeburg. Wiederrum stehen die Magdeburger auf der Treppe: Es sind genügend eigene Immobilien vorhanden.
Wir haben uns das alles gut angesehen.
- Herr Kosmehl, lassen Sie mich doch einmal ausreden. Sie können sich dann gern melden, wenn Sie wollen.
Zum Problem Ernst-Kamieth-Straße. Ich habe es vorhin schon gesagt: Nach sehr langen Diskussionen im Rahmen der Beratungen über den Doppelhaushalt 2005/ 2006 wurde die Entscheidung des Innenministeriums für einen Mietvertrag mit der Deutschen Bahn AG für das Gebäude in der Ernst-Kamieth-Straße in Halle durch die Koalitionsfraktionen abgenickt.
- Sie stimmen zu. - Wir haben insbesondere im Zusammenhang mit der Ernst-Kamieth-Straße über das Problem der Zehnjahresmietverträge sehr ausführlich diskutiert.
Eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung wurde im Haushaltsplan ausgebracht.
Spätestens seit dem Streit über die überplanmäßige Verpflichtungsermächtigung für das Landesamt für Vermessung und Geoinformation hätten eigentlich alle wissen können, dass der Finanzminister nicht ganz so schnell ist, wenn es um die Unvorhersehbarkeit von Maßnahmen geht. Deswegen muss Ihnen scheinbar ein ganzes Jahr nicht bewusst gewesen sein - -
- Wenn wir im November, Dezember 2004 beschließen, dass die Ernst-Kamieth-Straße angemietet wird, und im Dezember 2005 kommt auf einmal das Signal, nein, jetzt gehen wir in die Scheibe C - ich nehme jetzt nur einmal dieses Problem -, dann muss man sich schon wundern, Herr Kosmehl.
- Verpflichtungsermächtigungen.
- Dahinter muss natürlich auch ein Konzept stehen.
Die spannende Frage ist jetzt für uns: Soll über die neue überplanmäßige Verpflichtungsermächtigung, die der Finanzminister angekündigt hat, wieder am Parlament vorbei entschieden werden? Oder wird der Finanzausschuss möglichst schnell noch informiert? Das erwarten wir zumindest.
Wir haben am Donnerstag die letzte Sitzung des Finanzausschusses.
Für diese Sitzung steht die Tagesordnung fest.
Ich habe bisher noch keine Anfrage des Finanzministers.
Wir werden uns mit diesem Thema auf jeden Fall im Rahmen der Selbstbefassung noch einmal auseinander setzen. Es ist schon ganz schön heftig, wenn wir kurz vor dem Ende der Wahlperiode Entscheidungen in solchen Dimensionen - -
- Trotzdem ist auch das Ende April. Das ist schon eine kurze Frist. Wir treffen hier eine Entscheidung für die kommende Regierung, die vielleicht ein Landesverwaltungsamt gar nicht mehr braucht.
Sie hat dann die Sanierung der Scheibe C in Halle auf dem Tisch und muss auch noch die beiden Finanzämter in Halle in ordentlichen Gebäuden unterbringen. - Danke schön.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein Antrag, bei dem ich ernsthaft grübelte: Was soll mir dieser sagen?
Zuerst dachte ich, Sie hatten Angst davor, dass die Tagesordnung der letzten Sitzung zu kurz sein könnte.
Oder sind Sie am Ende der Wahlperiode gar besonders romantisch verklärt, was die EU-Politik unseres Landes betrifft?
Frau Wybrands, Sie haben mich aufgeklärt: Es gab eine interessante Konferenz und es gibt ein interessantes Projekt.
Wenn bisher Interreg-IIIC-Gelder ungenutzt blieben und sie jetzt für Konferenzen und Gespräche mit drei anderen Regionen genutzt werden, dann ist das vernünftig, weil diese Gelder sonst wirklich verfallen und nicht einfach eingespart werden können.
Vielleicht können wir im Jahr 2008 mitjubeln, wenn aus dieser regionalen Maßnahme wirklich beträchtliche Chancen, wie es in dem Antrag heißt, erwachsen sind, wenn Pilotprojekte in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit angefangen und zu Ende gebracht und die öffentlichen Dienstleistungen verbessert worden sind.
Es ist zwar nie zu spät, sich mit einem Thema zu beschäftigen, hier aber wäre es durchaus wünschenswert gewesen. Aber die Einbeziehung des Landtages stößt scheinbar in Ihren eigenen Reihen nicht unbedingt immer auf Zuspruch. Ansonsten hätten Sie in dem Antrag eine konkretere Forderung formulieren können. Der an die künftige Landesregierung gerichtete Wunsch ist doch sehr verschwommen: Man bittet zu prüfen, inwieweit der Landtag einbezogen werden könnte. - Bitte beziehen Sie uns ein, wenn der Austausch so bahnbrechend ist.
Fragen zu diesem Projekt hätten wir schon: Warum wurden gerade diese drei Regionen ausgewählt? Die begründeten gewissen Ähnlichkeiten kann man vielleicht noch finden, aber es gibt auch beträchtliche Unterschiede in Bezug auf das Einkommen und die Wirtschaftsentwicklung. Warum sind nicht Regionen einbezogen worden, mit denen wir schon Kontakte haben, wie etwa mit Masowien oder Plovdiv? Wir haben auch sehr gute Kontakte nach Schottland.
Für das ganze Projekt stehen reichlich 3 Millionen € zur Verfügung. Davon gehen die Kosten für drei große Kongresse ab. Wie viel Geld steht dann für die eigentlichen Projekte zur Verfügung? Welche Kosten verursacht diese regionale Maßnahme für Sachsen-Anhalt? Wir müssen sicherlich auch eine Kofinanzierung aufbringen. - Gut, auf diese Fragen werden wir sicherlich in der nächsten Legislaturperiode eine Antwort bekommen.
Die Arbeit der Zukunftskommission mag zwar einen gewissen Beitrag zur Ausgestaltung der EU-Förderprogramme leisten können, aber dann hätte man damit auf jeden Fall eher anfangen müssen; denn Sie wissen: Sachsen-Anhalter stehen früher auf!
In diesem Zusammenhang haben wir im Landtag schon weiter gehende Beschlüsse gefasst, als festzustellen, dass das Land Maßnahmen ergreift, damit die EU-Strukturfonds in der Förderperiode 2007 bis 2013 so effizient und nachhaltig wie möglich verwendet werden. Dass die Mittel in der nächsten Förderperiode effizient und nachhaltig eingesetzt werden sollen, ist wohl selbstverständlich.
Aber dies im Antrag vorsorglich zu fordern, ist ein schöner Ansatzpunkt für die Kritik an der endenden Förderperiode; denn effizient und nachhaltig war in dieser der Mitteleinsatz, der zu wesentlichen Teilen unter Ihrer Koalition, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, erfolgte, selbst nach Ihrer Ansicht nicht immer.
In der Bilanz sind die Landesinitiativen verkümmert. Viele regionale Initiativen überlegen heute, inwieweit es sich überhaupt lohnt, Kraft zum Beispiel in das ILEK zu stecken, weil sie nicht wissen, ob dies im Sande verläuft.
Wenn dieser Antrag schon mit Vorstellungen zur neuen Förderperiode verknüpft wird, dann müsste auch die For
derung nach einer besseren Beteiligung des Landtages und einer stärkeren Einbeziehung der Wirtschafts- und Sozialpartner in die Strukturfondsplanung genannt werden. Aber darum werden wir uns in der nächsten Legislaturperiode kümmern.
Was also soll man nun mit einem Antrag tun, der die Landesregierung dafür lobt, dass sie vorhandenes EUGeld nutzt, damit es nicht verfällt, einem Antrag, der so euphorische Erwartungen an dieses Kooperationsprojekt knüpft? Wir werden uns dazu verhalten, und zwar durch Enthaltung.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Tagen gab es die Meldung: Die Deutschen geben wieder mehr Geld beim Friseur aus.
In diesem Jahr wird insbesondere infolge des anhaltenden Trends zur - so heißt es im Fachdeutsch - professionellen Haarcoloration mit einem Jahresumsatz in Höhe von 4,4 Milliarden € gerechnet. Aber im nächsten Jahr wird wohl Schluss mit lustig sein; denn die große Koalition will, statt, wie es vernünftig wäre und nicht nur von der Linkspartei seit Jahren gefordert wird, die Mehrwertsteuer wenigstens für einige ausgewählte arbeitsintensive Dienstleistungen zu senken,
die Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 um drei Prozentpunkte erhöhen.
Viele Frauen werden sich dann wohl überlegen, wie viel Friseur es noch sein darf, und werden wohl nach dem Motto „Selbst ist die Frau“ ihre Haare wieder selbst färben.
- Männer auch. Herr Tullner, ich wusste nicht, dass Sie schon so weit sind.
Auch diese Frage gilt es sicherlich noch zu diskutieren: Dürfen die Friseurrechnungen wie auch andere Handwerkerrechnungen künftig von der Steuer abgesetzt werden? Herr Paqué, das wäre eine Frage an Sie.
Das Handwerk hat die Bundesregierung in den vergangenen Tagen aufgefordert - -
Danke schön.
Das Handwerk hat die Bundesregierung in den vergangenen Tagen aufgefordert, die Erhöhung der Mehrwertsteuer und andere Steuerpläne zu überdenken; denn infolgedessen würden dem Markt ab 2007 47 Milliarden € an Kaufkraft entzogen werden.
Das jüngst beschlossene Konjunkturprogramm der Regierung wird dem Handwerk im Jahr 2006 erstmals seit 1999 wieder mehr Umsatz bescheren, und zwar ein Plus von 1 %. Dennoch wird die Branche 60 000 bis 80 000
Stellen verlieren. Der Aufwärtstrend ist also ebenso in Gefahr, wie es die Arbeitsplätze sind.
Ich weiß - ich habe es auch schon gehört -, dass Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, mir bei unserem Antrag sofort mit der Keule des Populismus und des Wahlkampfes kommen. Aber damit würden Sie mir auch kommen, wenn ich heute über die Uhrzeit oder über das Wetter reden würde.
Das ist, glaube ich, völlig egal. Also reden wir über die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer und deren Folgen nicht nur für das Frisörhandwerk, sondern für die Menschen in unserem Land und für unser Land insgesamt und reden wir dann auch über den Populismus der einzelnen im Landtag vertretenen Parteien.
Trotz der schwierigen Situation der öffentlichen Haushalte, die allerdings der Finanz- und Steuerpolitik in den vergangenen Jahren geschuldet ist, ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer aus der Sicht der Linkspartei.PDS keine Lösung. Wir haben ein Steuerkonzept vorgelegt, bei dem Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, uns unverdrossen Populismus unterstellen; denn das ist schlicht und ergreifend einfacher, als endlich mit den Steuergeschenken an Großunternehmen und Spitzenverdiener aufzuhören.
Die so genannte Reichensteuer hat nicht einmal die Wirkung von Baldrian-Tropfen auf schwache Nerven. Im Jahr 1998 gab es einen Spitzensteuersatz von 53 %, er sank inzwischen auf 42 %, was einen jährlichen Steuerausfall von 11 Milliarden € zur Folge hat. Wenn man jetzt von den ganz Reichen 1,2 bis 1,3 Milliarden € - das ISW rechnet sogar nur mit 300 bis 400 Millionen € - zurückholen will, ist das zwar eine nette Geste, löst aber die Probleme nicht. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird sie auch nicht lösen. Im Gegenteil: Die Polarisierung zwischen Arm und Reich wird verschärft werden und es werden noch mehr aus der gesellschaftlichen Mitte nach unten fallen.
Die Bundesrepublik hat eine einmalig schwache Binnenkonjunktur. Wir haben real sinkende Löhne und steigende Energiepreise zu verzeichnen. Mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer in einer solchen Situation wird die Steuerbelastung weiter umgeschichtet von den Einkommen hin zu den Verbrauchern. Nach jüngsten Berechnungen ist eine Erhöhung der Mehrwertsteuer eigentlich nicht notwendig.
Nach Aussagen des Statistikamtes Destatis ist der öffentliche Fehlbetrag im Jahr 2005 deutlich geringer ausgefallen, als die Regierung geschätzt hat.
Der Finanzminister Herr Steinbrück sagte am Montag, er erwarte sogar eine Revision auf 3,4 %.
- Warten wir es ab. - Der Konjunkturchef des DIW Steinherr forderte, wegen der günstigen Entwicklung der Defizite auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2007 zu verzichten. Wird die Mehrwertsteuer erhöht, so sagt
Steinherr, würge dies das Wachstum im Jahr 2007 ab, was wiederum zu einem höheren Defizit führe.
Rürup geht sogar davon aus, dass das Defizit ohne weitere Maßnahmen in diesem Jahr unter den 3,5 % von 2005 liegen wird und dass es deshalb relativ leicht möglich sein werde, diesen Fehlbetrag unter die im Maastricht-Vertrag vorgegebene 3%-Marke zu drücken.
CDU/CSU und SPD wollen mit den möglicherweise zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 24 Milliarden € pro Jahr den Haushalt konsolidieren und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um einen Prozentpunkt senken. Hierzu kann ich nur sagen: Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Auf die Senkung der Beitragssätze der Krankenkassen warten die gesetzlich Versicherten heute noch. Inzwischen sind die nächsten Erhöhungen angekündigt bzw. schon längst Realität. Mit der Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung käme dann die Konjunktur, so jedenfalls die Hoffnung der Berliner Koalition. Es kann aber auch anders kommen.
Blicken wir doch einmal zurück: Bei der letzten Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. April 1998 wurden die Probleme der Rentenversicherung ins Feld geführt. Diese aber sind bis heute nicht gelöst. Auch die Hoffnung auf die großen Einnahmen ging nicht auf. Nur rund 50 % der Erhöhung sind tatsächlich auf die Endpreise umgewälzt worden.
Angesichts der schwachen Binnenkonjunktur muss man damit rechnen, dass diese Möglichkeit in noch geringerem Umfang genutzt werden wird als im Jahr 1998. Statt einer Mehreinnahme von rund 8 Milliarden € pro Prozentpunkt höherer Mehrwertsteuer könnten es nur 6,2 Milliarden € sein, da sich die Steuereinnahmen an den Endpreisen orientieren. Insgesamt würden damit also nicht 24 Milliarden €, sondern nur 18,6 Milliarden € zusätzlich in die Kassen des Staates fließen. Da bliebe für das Stopfen der Haushaltslöcher nur wenig übrig. Von der Erfüllung anderer Wünsche möchte ich gar nicht reden.
Aber das ist nicht unser Problem. Wir halten die Erhöhung der Mehrwertsteuer als Mittel zur Sanierung der Haushaltskassen schlichtweg für den falschen Weg, für unsozial und ungerecht.
Das immer wieder angeführte Argument, dass eine Mehrwertsteuererhöhung gerecht sei, da sie alle Bundesbürger treffe, zieht nicht. Von einer gleichmäßig verteilten Belastung kann keine Rede sein. Da Union und SPD mit einem Teil der zusätzlichen Einnahmen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung senken wollen, schlägt für große Teile der Bevölkerung die Belastung stärker durch als für die Arbeitnehmerinnen. Allein in Sachsen-Anhalt müssen rund 1,2 Millionen Nichterwerbstätige - dazu zählen Pensionäre, Rentnerinnen und Rentner, Studentinnen und Studenten - im Vergleich zu den Arbeitnehmern erheblich tiefer in die Tasche greifen. Sie müssten pro Jahr im Durchschnitt mit Mehrausgaben von rund 270 € rechnen.
Schon aus dieser Sicht heraus ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht gerecht.
Jetzt nenne ich das Argument, das auch der Ministerpräsident immer anführt: Die Mehrwertsteuer für Lebensmittel bleibt auf dem ermäßigten Niveau und auf Mieten wird keine Mehrwertsteuer gezahlt; dafür geben die sozial Schwachen das meiste Geld aus.
Auch dieses Argument berücksichtigt nur die halbe Wahrheit. Was ist mit Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Telefon, Benzin und Diesel, von kulturellen Bedürfnissen gar nicht zu reden? - Die Preise dafür steigen munter weiter. Hier bekommen nicht nur die Betroffenen ein Problem, sondern auch die Kommunen und Landkreise, die dann letztlich einspringen müssen. - Aber wen kümmert es?
Genau aus diesem Grund ist die Mehrwertsteuererhöhung Gift für die Konjunktur. Reale Kaufkraft geht verloren und die Binnenkonjunktur wird, wie bereits gesagt, geschwächt. Damit fällt letztlich auch der erwünschte Steuerregen geringer aus.
Es kommt zu einer weiteren Belastung des Einzelhandels. Die kleinen Einzelhändler kämpfen doch schon seit Jahren ums Überleben. Sie werden die Mehrwertsteuererhöhung an ihre Kunden weitergeben müssen und sich damit selbst den Todesstoß zufügen. Man könnte es auch aktive Sterbehilfe nennen; dies ist strafbar.
Ähnlich wird es den kleinen und mittleren Unternehmen gehen, die nicht über die Macht verfügen, die erhöhte Mehrwertsteuer über entsprechende Preiserhöhungen an die Verbraucher weiterzugeben. Ein-Mann-Unternehmen und Ich-AGs spüren überhaupt keine Entlastungen beim Personal; denn bei ihnen fallen die Arbeitgeberkosten nicht an. Dazu kann ich nur sagen: Es lebe die Schwarzarbeit! Mit der steuerlichen Anrechnung von Handwerkerleistungen wird das Problem nicht zu lösen sein. - So viel zur Mehrwertsteuer.
Nun zum Populismus. Es ist schon ganz erstaunlich, welche Wendungen die CDU und die SPD bei der Mehrwertsteuer in den vergangenen Monaten gemacht haben.
Herr Professor Böhmer gehört zu den wenigen in der CDU, die sich sehr frühzeitig für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgesprochen haben. Es spricht für Sie, dass Sie sich in Ihrer Partei so schnell durchsetzen konnten; denn Ihr Generalsekretär Volker Kauder hat noch im Mai des vergangenen Jahres betont: Eine Steuererhöhung, auch bei der Mehrwertsteuer, wäre Gift für die Konjunktur. - Nun gut, bei der CDU hat man damit auch gerechnet; damit kann man umgehen.
- Sie haben es gesagt - ich sagte es doch - und Herr Böhmer hat es frühzeitig angekündigt. - Erstaunlich sind die Wandlungen beim Koalitionspartner SPD im Bund. Ich gebe zu, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD: Wie Sie den Übergang vom Kampf gegen die Merkel-Steuer zu einer dreiprozentigen Erhöhung der Mehrwertsteuer ohne Depressionen hinbekommen haben, das erschüttert doch.
Ich erlaube mir, Ihren jetzigen Bundesvorsitzenden Matthias Platzeck zu zitieren. Er sagte auf einer Wahlkampfveranstaltung am 6. August 2005 - damals war er noch nicht der Bundesvorsitzende -:
„Die jetzt von der Union angedrohte Merkel-Steuer ist in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation völlig falsch. Sie würde voll durchschlagen auf Konjunktur und Binnennachfrage. Sie würde ausgerechnet die Bürger mit den kleinen und mittleren Einkommen am härtesten treffen. Sie würde das Handwerk schädigen und neue Anreize zur Schwarzarbeit setzen.“
Im Oktober 2005 hören wir von der SPD Forderungen nach einer Mehrwertsteuer von 20 %. Sie sollten außerdem, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihrem Webmaster auf Bundesebene unbedingt empfehlen, die Seiten mit der SPD-Kampagne gegen die Mehrwertsteuererhöhung schnellstens zu löschen.
Dort kann man immer noch wunderschöne Plakate, Flyer, Broschüren und Flugblätter gegen die Merkel-Steuer herunterladen.
Ich konnte mir dort viele Argumente holen. Dafür danke ich Ihnen. Aber ich muss schon sagen: Das nenne ich Wahlbetrug. Populismus ist dafür eigentlich ein zu schwaches Wort.
Angesichts der großen Töne der Landesvorsitzenden bin ich von der FPD schon enttäuscht. Frau Pieper hat doch angekündigt, die Mehrwertsteuer solle das Hauptthema im Wahlkampf sein; sie sei dagegen. - Ich warte darauf. Der von Ihnen gemeinsam mit der CDU vorgelegte Alternativantrag ist nun mehr als zaghaft.
Er enthält kein Wort von der Mehrwertsteuer. Wir haben nichts gegen eine umfassende Diskussion über die Steuer.
- Machen wir. - Trotzdem muss aber die Erhöhung der Mehrwertsteuer abgelehnt werden. So viel Mut, wie ihn Ihre Kolleginnen und Kollegen in Baden-Württemberg haben, hätte ich Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, schon zugetraut.
Die Landesregierung von Baden-Württemberg wird im Bundesrat einer Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht zustimmen. So weit wollten wir ja gar nicht gehen, Sie zu bitten, die Landesregierung dazu aufzufordern. Wir wollten nur mit einem Nein des Landtages ein Zeichen setzen; denn wir wissen nicht, wie es nach dem 26. März 2006 weitergeht.
Aber mit unserem Ministerpräsidenten wird es dann auf jeden Fall ein Nein zur Mehrwertsteuer geben.
Ein Wort noch zu dem Vorwurf, die Linkspartei hätte auf die Fragen von heute nur die Antworten von gestern.
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein schlüssiges Steuerkonzept vorgelegt.
Aber Ihre Antworten, verehrter Kollege, sind die Lügen von gestern.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, seien Sie mutig und stimmen Sie für unseren Antrag.
Herr Präsident, es ist eine Kurzintervention. - Herr Kosmehl, die Linkspartei.PDS setzt sich sehr wohl für die Aufarbeitung der Geschichte von 1945 bis 1989 ein. Ich glaube, uns fällt das viel schwerer als manchen anderen, die 1989 schaumgeboren wurden. Es tut verdammt weh, sich mit diesen Fehlern, mit diesen Verbrechen, die in dieser Zeit begangen worden sind, auseinander zu setzen.
Aber dieser Satz in § 2 Abs. 1 sieht eben nicht zwei historische Etappen, sondern sieht nur eine, nämlich das historische Geschehen in den Jahren 1933 bis 1989. Mit diesen Formulierungen wird die Zeit von 1933 bis 1945, nämlich die Einmaligkeit der Naziverbrechen nivelliert. Es gab vor Kurzem in Sachsen genau aus diesem Grunde eine sehr schlimme Auseinandersetzung, die letztendlich mit dazu geführt hat, dass Nazis wieder gesellschaftsfähig geworden sind.
Das möchten wir nicht. Wir stehen zu dieser Vergangenheit und möchten auch eine Aufarbeitung. Ohne Ab
striche sehen wir die Notwendigkeit der Einbeziehung der Gedenkstätten für die Zeit von 1945 bis 1989, wollen aber keine Gleichsetzung, weil das nicht den historischen Tatsachen entspricht und auch nicht dem, was Wissenschaftler und die politische Öffentlichkeit nachdrücklich dargestellt haben. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt immer Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich einem nicht unbedingt erschließen. Dazu gehört für mich die vorliegende Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses. Danach hat sich das Thema für uns erledigt, da es noch keine Beschlüsse auf Bundesebene gibt.
Zum einen war ich bisher davon ausgegangen, dass wir als Landtag auch Beschlüsse fassen dürfen, ohne dass es einen Beschluss auf Bundesebene gibt.
Aber scheinbar ist irgendetwas an mir vorbeigegangen. Zum anderen kenne ich jedenfalls mindestens drei Beschlüsse des Bundesrates zur EU-Dienstleistungsrichtlinie aus dem Jahr 2005, in denen diese Dienstleistungsrichtlinie grundlegend kritisiert wird. Ein vierter Beschluss steht noch aus, nämlich ein Antrag aus Hessen, mit dem wir uns in den entsprechenden Ausschüssen durchaus hätten befassen und zu dem wir unserer Landesregierung entsprechende Empfehlungen mit auf den Weg hätten geben können.
Es gibt dazu Beschlüsse des Deutschen Bundestages vom März 2005 zur Bearbeitung des Kommissionsvorschlags unter Berücksichtigung des europäischen Sozialmodells und zu dessen Harmonisierung sowie vom
Juni 2005 mit der kompletten Ablehnung des so genannten Herkunftslandprinzips samt Behandlungsauftrag für die Bundesregierung zur grundsätzlichen Überarbeitung des Richtlinienentwurfs.
Eine Diskussion zum Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie wurde eigentlich auf allen Ebenen der Gesellschaft geführt. Da gab es vor Kurzem noch einen Kanzler, der sagte, dass Deutschland diesem Richtlinienvorschlag nicht zustimmen werde. Aber das ist Schnee von gestern. Inzwischen haben wir eine Kanzlerin. Die seht das etwas anders. Sie sagt, die Auseinandersetzungen um die Dienstleistungsrichtlinie seien übertrieben.
Ein Bundesarbeitsminister Müntefering hat heute die große Nähe zur Haltung Österreichs in Bezug auf die Dienstleistungsrichtlinie betont. Österreich will die Dienstleistungsrichtlinie zurückweisen. Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD heißt es: Das Herkunftslandprinzip in der bisherigen Ausgestaltung führt uns nicht in geeigneter Weise zu diesem Ziel; deshalb muss die Dienstleistungsrichtlinie überarbeitet werden.
Aber zumindest bei der Beschlussfassung am 22. November 2005 im federführenden Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments ist klar geworden, dass die konservativ-liberale Mehrheit im EU-Parlament keine grundlegende Änderung der EU-Dienstleistungsrichtlinie will. Damit haben Sie völlig Recht, Frau Röder: Es soll alles nach Möglichkeit so bleiben, wie es jetzt ist. - Aber sie ist ja gar nicht mehr da.
- Ach, Entschuldigung.
Am 14. Februar 2006 wird die erste Lesung im Europäischen Parlament stattfinden. Es wäre schon ganz gut gewesen, wenn zumindest die Europaparlamentarier aus Sachsen-Anhalt auch die Position des Landtages und nicht nur die der Landesregierung kennen würden. Ich halte es für außerordentlich bedauerlich, dass sich der Landtag einer klaren Position hinsichtlich der EUDienstleistungsrichtlinie enthalten hat und die Befassung damit den neu zu wählenden Landtagsabgeordneten überhelfen will.
Es gab zumindest einmal die Situation, dass alle Fraktionen der Dienstleistungsrichtlinie in ihrer ursprünglichen Fassung ablehnend gegenüberstanden; so zumindest habe ich es aus der Berichterstattung entnommen.
Die vom Binnenmarktausschuss vorgenommenen Änderungen haben die grundsätzlichen Kritikpunkte an dem Entwurf der EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht aufgenommen. Ich möchte nur zwei Beispiele nennen: Der heiß umstrittene Artikel 16, das Herkunftslandprinzip, bleibt erhalten. Aus dem Herkunftsland wird lediglich der Mitgliedstaat der Niederlassung. Das Herkunftslandprinzip gilt nicht nur für die Zulassungsvorschriften, sondern auch für die Ausübung der Dienstleistung.
Es gibt zwar eine gewisse Aufweichung; Mitgliedstaaten dürfen von Unternehmen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit die Einhaltung ihrer jeweiligen nationalen Vorschriften verlangen, aber nur zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, der Volksgesundheit und der Umwelt und auch nur dann, wenn diese als unerlässlich gelten, was auch immer das heißt. Hierbei gibt es einen beliebig großen Auslegungsspielraum und Rechtsstreitigkeiten sind schon vorprogrammiert. Andere Gründe, wie der Ver
braucherschutz oder kommunale Vorschriften, sind nicht zulässig. Es gelten die Gesetze jenes Landes, aus dem der Dienstleister kommt.
Selbst die erweiterten Kontrollmöglichkeiten, die für den Binnenmarkt beschlossen worden sind, sind eigentlich nur Papiertiger. Es gibt weder eine Meldepflicht für die im Ausland zu erbringenden Dienstleistungen, noch muss das Unternehmen im Herkunftsland die Dienstleistung selbst erbringen. Es genügt ein steuerndes Hauptquartier; also der Briefkasten ist durch ein Büro ersetzt worden.
Es gibt auch keine Strafmöglichkeiten bei Zuwiderhandlungen. Bisher gibt es kein europäisches Verwaltungsvollstreckungsabkommen. Die Kombination des Herkunftslandprinzips mit faktisch nicht durchsetzbaren Kontrollen wird letztlich zu einer Abwärtsspirale bei Lohn-, Sozial-, Qualitäts-, Umwelt- und Verbraucherstandards führen.
Unser Antrag, dass die EU-Dienstleistungsrichtlinie zurückgezogen und grundlegend überarbeitet werden soll, ist nach wie vor aktuell. Insofern kann ich nur sagen, werte Kolleginnen und Kollegen: Keine Aussage ist auch eine Aussage.
Die Fraktion der Linkspartei.PDS wird die Beschlussempfehlung ablehnen, auch wenn wir natürlich dem neu gewählten Landtag einen entsprechenden Antrag vorlegen werden in der Hoffnung, dass es dann nicht schon zu spät ist. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor einem Jahr wurde die Föderalismusreform mit viel Wehgeschrei zu Grabe getragen. Die, um es bildlich zu sagen, wie ein Tiger gestartete Bundesstaatskommission endete mit ihren Vorstellungen letztlich als Bettvorleger.
Die Ursachen für das Scheitern sind vielfältig. Ich möchte nur eine nennen. Es war vorrangig eine Sache der Landesregierungen und der Bundesregierung. Trotz der Einbeziehung einiger Parlamentarier blieben die Parlamente, insbesondere die Landesparlamente, an sich außen vor. Insofern konnte wahrscheinlich kein großer Wurf gelingen. Nun haben wir eine Große Koalition von CDU/CSU und SPD und alle drei sind sehr schnell bereit, den Gordischen Knoten im föderalen Beziehungsstreit zu durchschlagen.
Man könnte sagen: So weit, so gut. Aber was nun im Koalitionsvertrag zum Thema Föderalismus vorgelegt worden ist, ist alter Wein in neuen Schläuchen. Die Ergebnisse der Arbeit der Bundesstaatskommission wurden zusammengefasst, und siehe da, der Streitpunkt Bildung, der im vergangenen Jahr letztlich der Anlass für das Scheitern, nicht aber das eigentliche Problem war - das waren die Finanzen, die ausgeklammert wurden -, war weg. Heimlich, still und friedlich haben die Koalitionäre entschieden, dass der gesamte Bildungsbereich Sache der Länder ist. Der Bund sieht für sich nur noch gewisse Kompetenzen bei der Hochschulzulassung und bei den Hochschulabschlüssen. Aber auch an dieser
Stelle können die Länder, sofern es wie beabsichtigt kommt, eine abweichende Gesetzgebung erlassen. Das ist mehr als ein fauler Kompromiss.
Um die hohe Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze im Bundesrat zu reduzieren, legt man den Ländern die Verantwortung für den gesamten Bildungsbereich auf den Gabentisch. - Darauf komme ich noch einmal zurück.
Seit Jahren wird über eine Reform des bundesdeutschen Föderalismus debattiert, um endlich den angeblich so großen Reformstau auflösen zu können. Abgesehen davon, dass von Reformstau kaum die Rede sein kann - wir haben eine Gesundheitsreform, Arbeitsmarktreformen, Steuerreformen, Rentenreform und fast alle Parteien machen mit -,
wird das, was uns vorgelegt wurde, die wirklichen Probleme wie Massenarbeitslosigkeit, fehlende Binnenmarktnachfrage und auch Bildungsnotstand nicht lösen.
Nun ist genau das eingetreten, was auch wir als Landtag immer wieder beklagt haben. War die Zusammensetzung der Bundesstaatskommission gerade aus der Sicht der ostdeutschen Länder sehr fragwürdig, bleiben nun die Länder generell außen vor. Im Koalitionsvertrag heißt es - ich zitiere -:
„Aus der Mitte des Deutschen Bundestages werden mit den Ländern abgestimmte Entwürfe für ein Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes und für ein Artikelgesetz, das die Änderungen bzw. den Erlass der dazu gehörenden Gesetze umfasst, eingebracht und zügig verabschiedet.“
Wie zu hören war, soll das schon im Januar geschehen. Das heißt, im Januar kommt ein Gesetzentwurf mit weitreichenden Änderungen des Grundgesetzes in den Bundestag. Die Länder werden dann erst über den Bundesrat einbezogen und die Landesparlamente haben so gut wie keine Chance sich einzubringen. Wir haben also kaum noch Chancen, Veränderungen zu bewirken, wenn wir uns jetzt nicht sehr schnell bewegen; denn bei uns ist ja nun einmal im März Wahlkampf angesagt.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits im vergangenen Jahr immer wieder gefordert, sich die Vorschläge der Bundesstaatskommission gründlich anzuschauen. Sie haben zum Teil sehr nachhaltigen Einfluss nicht nur auf die Beziehungen zwischen Bund und Ländern, sondern auch auf die Beziehungen zwischen den Ländern.
Einige Länder stellen das mittelbare Staatsziel gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zur Disposition. Obwohl die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sehr unterschiedlich ist, soll künftig noch mehr Konkurrenz zwischen den Ländern herrschen. Der Finanzausgleich wie auch die Gemeinschaftsaufgaben werden infrage gestellt. Dabei geht es jetzt nicht nur um einen Konflikt zwischen den alten und den neuen Bundesländern, sondern auch um einen solchen zwischen den nördlichen und den südlichen; denn auch zwischen ihnen verläuft eine gewisse Trennlinie.
Der Föderalismus in der Bundesrepublik hat sich aus gutem Grund in Strukturen entwickelt, die auf Kooperation und Verflechtung der politischen Entscheidungsebenen beruhen. Diese in Richtung Wettbewerbsföderalismus aufzulösen und dann zu hoffen, alles werde besser, wird
nichts bringen, im Gegenteil; denn wie heißt es in einem alten Sprichwort? - Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.
Nehmen Sie die Morgengabe des Bundes an die Länder, Bildung, Wissenschaft und Forschung. Es ist geradezu paradox, Wissenschaft und Forschung zu parzellieren. Die Entwicklung von Wissenschaft und Forschung hat sich schon immer in einem internationalen Wettbewerb vollzogen. Wettbewerb ist diesem System immanent, aber es ist vom Charakter her ein anderer Wettbewerb als der, der jetzt gewollt ist. In der Bundesrepublik gibt es nun den politischen Willen, gerade auf diesem Gebiet in die Kleinstaaterei zurückzufallen. Im Rahmen der EU wird seit mindestens vier, fünf Jahren ganz konkret davon gesprochen, die Europäische Union als einen wissensbasierten Wirtschaftsraum zu entwickeln.
Das setzt das Denken nicht nur über die Grenzen von Mitgliedstaaten, sondern auch über die Grenzen kleinkarierten Denkens in diesen selbst voraus.
Im Zuge der Neuaufteilung der Macht zwischen Bund und Ländern wird eine zukunftsfähige Bildungs- und Wissenschaftspolitik zwischen den Steinen dieses Machtspiels zerrieben. So wie es jetzt in der Koalitionsvereinbarung vorgeschlagen wurde, hat man sich auf eine Prioritätensetzung geeinigt, die mit den eigentlichen Erfordernissen von Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologieentwicklung nur wenig zu tun hat.
Wir brauchen nicht über auf europäischer Ebene vergleichbare Hochschulabschlüsse zu diskutieren, wenn wir es hier nach Möglichkeit jedem Ländle selbst überlassen, gerade auf diesem Gebiet seine Autonomie auszutoben. Hier geht es nicht nur um Macht; gerade hier geht es eben auch um Geld. Statt sich über die Möglichkeit der Bündelung der knappen Ressourcen und deren effektivsten Einsatz für das Gesamtsystem zu verständigen, werden Ideen entwickelt, die eine Zerstückelung des Gesamtpotenzials zur Folge haben werden.
Mit dem Anspruch der Länder, zusätzliche Kompetenzen in der Bildungspolitik, wie Hochschulbau, Wissenschaftsförderung, Berufsbildung und Bildungsplanung, auf sich zu ziehen, drohen der Wissenschaft neu errichtete Provinzgrenzen statt der nötigen Mobilität.
Wenn der Bund künftig Forschungsprojekte fördern will, braucht er die Zustimmung von mindestens 13 Ländern; ansonsten verstieße er gegen die jetzt geplante Neufassung des Artikels 104b, wo ausdrücklich festgehalten ist, dass der Bund den Ländern für die Investitionen, die Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung der Länder betreffen, keine Finanzhilfen geben darf. Für große Forschungsprojekte aber reichen einzelne Landesbudgets nicht aus. Bis sich die Länder dann geeinigt haben, ob ein Forschungsprojekt möglicherweise von überregionalem Interesse ist und der Bund es fördern darf, haben Wissenschaftler in anderen Ländern das Problem schon gelöst.
Auch der geplante Wegfall der Gemeinschaftsaufgabe Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken ist hinsichtlich der finanziellen Folgen für das Land, aber auch und vor allem hinsichtlich der Folgen für die Wissenschaftsentwicklung in SachsenAnhalt zu betrachten. Aus der Sicht der Linkspartei.PDS muss die GA Hochschulbau nach Artikel 91a des Grundgesetzes erhalten bleiben. Ohne die finanzielle Hilfe des
Bundes werden wirtschaftsschwache Länder wie Sachsen-Anhalt nicht in der Lage sein, den notwendigen Ausbau der Hochschul- und Forschungseinrichtungen fortzusetzen.
Im Jahr 1969 wurde die GA Hochschulbau aufgenommen, eben deshalb, weil abzusehen war, dass die Länder damit überfordert sind. Machen wir uns doch bitte nichts vor: Forschung wird nicht billiger werden und unter den Bedingungen einer Wissensgesellschaft gilt dieses Argument noch mehr. Eine wissensbasierte Gesellschaft muss mehr Studentinnen und Studenten als bisher auch in der Bundesrepublik ausbilden. Außerdem spricht allein die reine Größe und die überregionale Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für eine enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Die Hochschulen in unserem Land sind zurzeit noch ein Faustpfand für eine mögliche selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung. Setzen wir diese bitte nicht aufs Spiel.
Die nun gewollte Kleinstaaterei führt eher zur Marginalisierung und Provinzialisierung der deutschen Hochschul- und Forschungspolitik. Der eingeforderte föderale Wettbewerb zwischen den Ländern um die besten Hochschulen wird künftig nur noch über das Geld entschieden werden. Nur die Länder, die Professorinnen und Professoren sowie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlen können, werden internationale Spitzenleistungen hervorbringen. Die Lehre wird dabei weiter zu einer marginalen Randposition verkommen. Gerade im Bereich Bildung, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung sollte es beim Europa der 25 bleiben und nicht ein Europa der 24 plus 16 entstehen.
Eine europäische Stadt der Wissenschaft wird es, werden die Vorstellungen der Koalitionäre wahr, in Sachsen-Anhalt dann auf jeden Fall nicht geben.
Ähnlichen Sprengstoff bieten aus der Sicht der Linkspartei.PDS die geplanten Veränderungen bei der Zuständigkeit im Beamtenrecht. Nun haben wir Linke ein durchaus kritisches Verhältnis zum deutschen Beamtentum, aber solange es keine grundlegende Dienstrechtsreform gibt, ist der Vorschlag, Besoldung, Laufbahn und Versorgung in die Verantwortung der Länder zu geben, die nächste Laufstrecke für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Wettbewerbsföderalismus. Dies fördert die Abwanderung junger Menschen und gefährdet eine ernsthafte Novellierung des Beamtenrechts.
Die Linkspartei.PDS ist gegen eine Zersplitterung der Besoldungsstruktur und der Versorgungsleistungen. Zumindest ist hier immer auf den verfassungsrechtlichen Aspekt verwiesen worden, dass es nur einen Spielraum von weniger als 10 % geben dürfe, weil die Länder ansonsten vor Gericht scheitern könnten. Die Herauslösung von Besoldung und Versorgung aus der konkurrierenden Gesetzgebung steht auf jeden Fall in keinem Verhältnis zu den darin verbliebenen Statusrechten und Aufgaben. Anstatt den Ländern jetzt die finanzielle Seite überzuhelfen, sollte man endlich über eine ernsthafte Reformierung des Dienstrechtes reden.
Obwohl ebenfalls im vergangenen Jahr durch die Bundesstaatskommission verhandelt, wurde die Einführung eines nationalen Stabilitätspaktes längst nicht so emotional diskutiert wie die Bildung. Der Entwurf für einen
neuen Absatz 5 des Artikels 109 des Grundgesetzes beinhaltet aber gerade für die Länder jede Menge Sprengstoff, weil überhaupt noch nicht absehbar ist, welche finanziellen Belastungen auf sie zukommen.
Eine Beteiligung an der Erfüllung möglicher Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft macht eine Haushaltskonsolidierung eigentlich unmöglich oder aber macht die Länder überflüssig, weil sie überhaupt keine Möglichkeit mehr haben, sich in ihrer Autonomie darzustellen und entsprechend der politischen Zielstellung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu agieren.
Die Schulden der Länder liegen nicht unbedingt in einer schlechten Haushaltspolitik begründet, wie es den neuen Bundesländern immer wieder vorgeworfen wird, sondern in dem generellen Versäumnis der Bundespolitik, die Einnahmesituation so zu gestalten, dass Bund, Länder und Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können. Wie gesagt, kommt der nationale Stabilitätspakt so wie angekündigt, dann können wir als Land wirklich Insolvenz anmelden und uns ein Land suchen, das uns dann vielleicht nimmt. Aber es wird nur sehr wenige Bundesländer geben, die aus diesem Stabilitätspakt als Sieger hervorgehen.
Eine Reduzierung der Anzahl der Bundesländer, wie Sie, Herr Kollege Bullerjahn, es in dieser Woche gefordert haben, wäre sicherlich ein Weg, um die Zahl der Sieger und Verlierer zu verringern. In diesem Zusammenhang hat mich der kollektive Aufschrei der Kollegen von CDU und FDP etwas verwundert. Der Gedanke der Länderfusion ist ja nicht neu. Seit 1966 gibt es immer wieder Vorstöße verschiedener Parteien oder einzelner Funktionäre.
Erst im Jahr 2003 haben sowohl Vertreter der CDU - -
Im Jahr 2003 hat zum Beispiel Ihr damaliger Vizevorsitzender Walter Döring eine Länderfusion gefordert; Herr Schäuble hat eine Länderfusion gefordert und Vertreter von SPD und Grünen ebenfalls. Es wurde laut über eine Neugestaltung der Länder nachgedacht. In diesen Zusammenhang ordne ich die Initiative Mitteldeutschland ein, die Ministerpräsident Böhmer mit viel Schwung gestartet hat und von der nur noch klägliche Reste geblieben sind.
Die Linkspartei hat übrigens im Juli dieses Jahres auf ihrem Parteitag beschlossen, sich für eine Fusion von Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen stark zu machen.
Dabei geht es uns nicht so sehr darum, aus drei armen Ländern ein reiches Land zu machen, sondern wir sind der Meinung, dass endlich mit der unsinnigen Konkurrenz zwischen den Ländern Schluss gemacht werden muss. Es ist für uns eben kein Wettbewerb, wenn ein Land dem anderen die Investoren durch Fördermittelbescheide klaut.
Wir brauchen ein Miteinander im Umgang mit den knapper werdenden Fördermitteln, die gezielt zum Aufbau einer wissensbasierten Gesellschaft eingesetzt werden.
Wir brauchen in diesem Zusammenhang eine Konzentration unserer Wissenschaft und Forschung.
Der universitäre Verbund Halle/Leipzig/Jena muss Kern der vor kurzem von der Landesregierung recht überschwänglich angekündigten Metropolregion sein, die, wenn ich mich erinnere, von Erfurt über Magdeburg, Halle, Leipzig bis nach Dresden reichen sollte.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, hoffentlich können Sie sich auch noch nach dem 26. März an diese Forderung bezüglich der Länderfusion erinnern. Von den fünf Regionalkreisen ist im Augenblick auch nicht allzu viel übrig geblieben.
- Herr Tullner, wir reden nach dem 26. März darüber. Die Linkspartei sieht durchaus die Notwendigkeit der Reform des Föderalismus, aber wohlgemerkt eines kooperativen Föderalismus.
Wir stehen zur Lübecker Erklärung der deutschen Landesparlamente, angenommen auf dem Föderalismuskonvent am 31. März 2003. Dort wurde unter anderem mehr Mitwirkung der Landesparlamente eingefordert. Wir haben als Landesparlament aufgrund der verfassungspolitischen Grundentscheidung zur Kompetenzverteilung bisher nur bedingt Einflussmöglichkeiten gehabt. Künftig werden wir wahrscheinlich gar nicht mehr gefragt.
Die in der Koalitionsvereinbarung vorgelegten Schwerpunkte werden den in Lübeck angemahnten Veränderungen in keiner Weise gerecht. Die jetzt geplanten Veränderungen geben, wie bereits gesagt, das mittelbare Staatsziel, nämlich die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet, auf.
Eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Länder und Kommunen ist schon lange nicht mehr gegeben und mit den angekündigten Sparmaßnahmen der großen Koalition wird dies nicht besser werden.
Die Transparenz der politischen Entscheidungen muss im Interesse einer wirklichen Föderalismusreform verbessert werden. Bürgerinnen und Bürger müssen durch die Erweiterung der Befugnisse der Landeparlamente verstärkt einbezogen werden. Das Kontrollrecht der Landesparlamente muss ausgebaut, statt ständig abgebaut werden.
Wie gesagt, wir schließen auch eine Neugliederung des Bundesgebietes nicht aus. Dies muss allerdings in einer Balance von Solidarität und einem fairen Wettbewerb vor sich gehen und mit den Bürgerinnen und Bürger und nicht ohne sie.
Wir halten es deshalb für notwendig, dass die vorliegenden Vorschläge in den entsprechenden Ausschüssen so schnell wie möglich diskutiert werden. Deshalb bitten wir um eine Berichterstattung in den Fachausschüssen, und zwar in allen Fachausschüssen mit Ausnahme des Petitionsausschusses, des Zeitweiligen Ausschusses Hochwasser,
obwohl auch das sehr spannend wäre, und der Untersuchungsausschüsse. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.