Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne hiermit die 71. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der vierten Wahlperiode und damit die erste Sitzung im Jahr 2006. Dazu möchte ich Sie, sehr verehrte Anwesende, auf das Herzlichste begrüßen. Ich wünsche Ihnen, obwohl ich das schon schriftlich getan habe, auch mündlich beste Gesundheit und ein in jeder Hinsicht erfolgreiches Jahr 2006.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Mitglied des Landtages Herr Wolfgang Rauls, Fraktion der FDP, hat seinen Verzicht auf das Abgeordnetenmandat im Landtag von Sachsen-Anhalt mit Ablauf des 31. Dezember 2005 erklärt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Unterrichtung des Landtages in der Drs. 4/2531 vom 6. Dezember 2005.
Da innerhalb der im Wahlgesetz vorgeschriebenen Widerspruchsfrist von sieben Tagen kein Einspruch erfolgte, ist Herr Rauls seit dem 1. Januar 2006 rechtswirksam aus dem Landtag ausgeschieden und nimmt nunmehr als Bürgermeister eine andere verantwortungsvolle Aufgabe wahr. Ich habe Herrn Rauls, wie Sie wissen, für seine Arbeit im Landtag gedankt und ihm - auch im Namen des Hohen Hauses - für seine weitere berufliche und persönliche Zukunft beste Wünsche übermittelt.
Vom Landeswahlleiter liegt nun die Benachrichtigung vor, dass der Sitz mit Wirkung vom 1. Januar 2006 auf Herrn Uwe Droese übergegangen ist. Ich verweise auf die Unterrichtung in der Drs. 4/2554. Herr Droese gehört der Fraktion der FDP an. Im Namen des Hohen Hauses wünsche ich Ihnen, Herr Droese, gutes Gelingen bei der Ausübung Ihres Mandats. Seien Sie herzlich willkommen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle nunmehr die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.
Es liegen Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung vor. Herr Ministerpräsident Professor Dr. Böhmer hatte sich für heute ab 18 Uhr entschuldigt. Das wird hinfällig, da wir die Sitzung heute bereits um 18 Uhr schließen.
Frau Ministerin Wernicke hat sich für die heutige Sitzung ab 16.30 Uhr entschuldigt. Sie nimmt in Vertretung des Ministerpräsidenten am Neujahrsempfang der Stadt Leuna teil.
Herr Minister Kley nimmt am heutigen Donnerstag an der konstituierenden Sitzung der Gremien der Stiftung „Behindertensport in Sachsen-Anhalt“ sowie am Festakt im Rahmen der Stiftungsgründung teil und ist aus diesem Grund heute ab 16 Uhr zu entschuldigen.
Anlässlich der Gründung der Stiftung zur Förderung krebskranker Kinder wird am 20. Januar 2006 in Halle dem Verein zur Förderung krebskranker Kinder e. V. die Anerkennungsurkunde ausgehändigt. Herr Minister Kley lässt sich deshalb auch für den morgigen Tag, den 20. Januar 2006, bis 12 Uhr entschuldigen.
Darüber hinaus ist mir eine weitere Entschuldigung zugegangen, meine Damen und Herren. Herr Minister Dr. Rehberger ist gehalten, heute das Projekt „Land der Ideen“, das unter der Schirmherrschaft des Bundesprä
sidenten steht, am Standort Bitterfeld zu präsentieren. Er entschuldigt sich für heute Morgen für zwei Stunden.
Nun zur Tagesordnung, meine Damen und Herren. Die Tagesordnung für die 37. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Im Ältestenrat ist vereinbart worden, die morgige 72. Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt „Aktuelle Debatte“ zu beginnen. Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat fristgemäß ein weiteres Thema für diesen Tagesordnungspunkt eingereicht. Der Antrag mit dem Titel „Besorgniserregende Situation in der Polizei von Sachsen-Anhalt“ liegt Ihnen in der Drs. 4/2579 vor. Der Antrag wurde fristgemäß eingereicht. Er würde bei Zustimmung des Plenums als Tagesordnungspunkt 2 b eingeordnet und somit am morgigen Freitag behandelt. - Dagegen gibt es keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Gibt es weitere Bemerkungen zur Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir so verfahren.
Meine Damen und Herren! Zum zeitlichen Ablauf der 37. Sitzungsperiode: Die heutige Landtagssitzung werden wir, wie bereits gesagt, gegen 18 Uhr beenden. Die morgige 72. Sitzung beginnt wie üblich um 9 Uhr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Herr Dr. Höppner hat aus terminlichen Gründen darum gebeten, an dieser Stelle der Plenarsitzung eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung gemäß § 68 der Geschäftsordnung des Landtages abgeben zu dürfen. Er hat mich vorher vom wesentlichen Inhalt seiner Erklärung in Kenntnis gesetzt. - Herr Dr. Höppner, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Grund für meine Wortmeldung ist einfach: Dies ist die letzte Parlamentssitzung, an der ich als Abgeordneter teilnehmen werde. Während der nächsten Sitzung im Februar bin ich zu einer Tagung in Dänemark.
Da ich diesem Parlament nun 16 Jahre lang und davon acht Jahre lang in der Verantwortung als Ministerpräsident angehört habe, dachte ich, es ist gut, wenn ich nicht einfach ohne eine einzige Rede in dieser Legislaturperiode aus dem Landtag verschwinde. Es war für mich schließlich auch eine wichtige und eine prägende Zeit.
Ich bin im Jahr 1990 in die Politik gegangen, weil ich - natürlich mit vielen anderen - unsere Gesellschaft neu gestalten wollte. Das war eine große Aufgabe, eine Herausforderung, auf die wir fast alle kaum vorbereitet waren. Aber wir fühlten uns der Aufgabe verpflichtet und darum haben wir Verantwortung übernommen. Das hat die Zusammenarbeit geprägt.
Darum wünsche Ihnen jetzt, dass dieses Markenzeichen guter Politik, nämlich dass man der Aufgabe verpflichtet ist und von der Aufgabe her denkt und nicht vom politischen Machtkalkül her, nicht verloren geht.
Wir haben unsere Gesellschaft grundlegend umgestaltet. Aber oft waren die Verhältnisse auch größer als wir. Wir haben zum Beispiel den Einzug der Rechtsradikalen in dieses Parlament nicht verhindern können. Gerade deshalb müssen wir immer wieder gegen diesen Ungeist kämpfen. Die ausländerfeindlichen Ausschreitungen mahnen uns: Gebt diesem Ungeist keine Chance! Zeigt auch
Wir haben es übrigens trotz großer Anstrengungen nicht geschafft, die Zahl der Arbeitslosen nennenswert zu reduzieren, übrigens parteiübergreifend nicht. Mancher, wie ich glaube, ungerechtfertigte Vorwurf hat mich dabei auch hart getroffen. Aber wir sollten uns das nicht gegenseitig vorwerfen. Vielmehr sollten wir eine Politik betreiben, die Arbeitslose nicht weiter ins Abseits stellt und demütigt. Eine menschengerechte Gesellschaft kann ohne Solidarität nicht existieren und gute Politik muss Solidarität ermöglichen und ermuntern.
Wir haben mitgeholfen, das Gesicht unserer Städte und Dörfer zu verändern. Man muss jetzt übrigens in die östlichen Nachbarländer fahren, um zu sehen, wie es bei uns im Jahr 1990 ausgesehen hat. Das war und das ist eine gewaltige Aufgabe. Trotzdem haben wir es nicht verhindern können, dass viele Menschen weggegangen sind. Die beharrliche Arbeit, mehr Lebenschancen für Menschen zu schaffen, bleibt unsere größte Herausforderung. Ich kann Sie nur bitten, dies auch weiter als zentrale Aufgabe von Politik anzusehen.
Wir haben die Grundlagen für eine moderne und leistungsfähige Wirtschaft gelegt. Trotzdem konnten wir nicht verhindern, dass der Wettbewerbsdruck zu Existenzängsten und Entsolidarisierung geführt hat. Fortschritt lässt sich eben nicht in Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts messen. Wirklicher Fortschritt muss immer ein Mehr an Lebensqualität für möglichst viele Menschen sein. Daran müssen wir uns auch in Zukunft orientieren.
Politik ist nur gut, wenn sie den Menschen dient. Nur dazu wird uns, ob in der Regierung oder in der Opposition, Macht und Verantwortung übertragen. Ihnen, den Menschen im Land, sind wir verpflichtet. Jeder Politiker, jeder Abgeordnete ist gut beraten, sich die Welt und die Politik aus der Perspektive der einfachen Menschen anzusehen. Das ist im alltäglichen Politikgetriebe nicht einfach; aber ich wünsche Ihnen allen, dass Ihnen das gelingt.
Ich habe gerne für dieses Land gearbeitet. Ich werde es an anderer Stelle und in anderer Art auch weiter tun. Ich danke allen, sowohl im Parlament wie in der Regierung und in den Ministerien - Sie dürfen das gerne weitersagen -, mit denen ich konstruktiv zusammenarbeiten konnte. Herzlichen Dank!
Ich bin in diesem Land prächtigen und engagierten Menschen begegnet. Sie sind der Schatz unseres Landes. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Erfahrungen in Sachen Veränderung, die die Menschen im Osten gemacht haben, ihnen bei der Bewältigung der großen Veränderungen, die noch vor uns stehen, einen Vorsprung geben werden. Das ist unsere Chance, das macht Mut.
Ich wünsche Ihnen, ich wünsche der politischen Klasse dieses Landes, dass es gelingt, diese Chancen tatsächlich wahrzunehmen. Dazu braucht es den Mut zur Ehrlichkeit genauso wie die Vision von einem Land, in dem man gern lebt und in dem man gerne bleibt. Beides wünsche ich Ihnen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, sehr geehrter Herr Dr. Höppner. Sie gehörten dem Landtag von Sachsen-Anhalt seit 1990 an. In
diesen 16 Jahren haben Sie sich neben Ihrer Tätigkeit als Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt auch als Parlamentarier bleibende Verdienste erworben.
Als Vorsitzender des Verfassungsausschusses in der ersten Wahlperiode hatten Sie einen großen Anteil am Zustandekommen unserer Landesverfassung, die über alle politischen Meinungsverschiedenheiten hinweg bis heute eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung unseres Landes findet. Des Weiteren waren Sie viele Jahre lang Vorsitzender der Fraktion der SPD, Mitglied des Ältestenrates und weiterer parlamentarischer Gremien des Landtages. Zuletzt engagierten Sie sich aktiv im Ausschuss für Petitionen.
Sie haben uns soeben darüber informiert, dass Sie nun eine andere Aufgabe übernehmen werden. Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit im Landtag. Ich wünsche Ihnen für Ihre weitere Betätigung viel Erfolg und auch persönlich alles Gute für die Zukunft.
Regierungserklärung des Kultusministers Professor Dr. Jan-Hendrik Olbertz zum Thema: „Bildung in Sachsen-Anhalt“
Ich erteile zunächst, meine Damen und Herren, dem Minister Herrn Professor Dr. Jan-Hendrik Olbertz zur Abgabe der Regierungserklärung das Wort. Bitte sehr, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bildung ist d i e gesellschaftliche und individuelle Ressource in einem Land wie Deutschland. Von der Bildung der jungen Menschen hängen ihre Zukunft, ihre Chancen auf Arbeit, auf Selbstverwirklichung, auf Partizipation maßgeblich ab. Bildung ist entschieden mehr als nur eine Dienstleistung in einer Gesellschaft, die ihren Wohlstand lediglich verwaltet. Sie ist erstrangiger Gegenstand politischer, gesellschaftlicher und privater Verantwortung.
Die ganze Gesellschaft verspielt ihre Zukunft, wenn sie Bildung gering schätzt oder vernachlässigt. Deshalb ist es geradezu die Pflicht einer Regierung, über ihre dazu geleistete Arbeit regelmäßig, zumal zum Ausklang einer Wahlperiode, Rechenschaft abzulegen und zugleich offene Probleme und künftige Aufgaben zu benennen.
Aufgrund von internationalen Vergleichsstudien zu den schulischen Leistungen hat sich die öffentliche Aufmerksamkeit auch in Sachsen-Anhalt wieder verstärkt Fragen der Bildung und der Bildungspolitik zugewandt. Die vergangenen vier Jahre waren geprägt von zahlreichen Initiativen zur Verbesserung unserer Schulen, für die sich die Landesregierung, die Schulverwaltung, vor allem aber die Lehrerinnen und Lehrer des Landes mit enormer Kraft eingesetzt haben.
Dass Anstrengung sich lohnt, hat der im Spätsommer veröffentlichte Pisa-Ländervergleich gezeigt, aus dem Sachsen-Anhalt mit dem größten Entwicklungssprung
In Mathematik sind wir auf Rang 5 aufgerückt, im Lesen auf Rang 9 und in den Naturwissenschaften nehmen wir den 6. Platz ein. Nach der Gesamtpunktzahl über alle Kompetenzbereiche liegen wir damit auf dem 6. Platz der Länder.
Diese Erfolge sind Anlass zur Freude. Dennoch gibt es weiterhin Gründe genug, bescheiden zu sein und auch in Zukunft alles zu unternehmen, um diesen guten Trend zu stabilisieren und auszubauen. Deshalb werde ich auch die Schwachstellen unseres Systems nennen und versuchen aufzuzeigen, was weiterhin zu tun ist, um eine verlässlich gute Schule aufzubauen. Im Übrigen kann auch die beste Leistungsvergleichsstudie nicht alles umfassen, was eine erfolgreiche Schule und einen guten Unterricht ausmacht.
Ist man sich über solche Grenzen von Schülerleistungsvergleichen im Klaren, dann freilich können uns Studien wie Pisa wichtige Hinweise geben. Vor allem haben sie in den letzten Jahren zu einer erfreulichen Versachlichung des bildungspolitischen Diskurses geführt. Das zeigt sich beispielsweise am Stil der Auseinandersetzung in der Kultusministerkonferenz, und auch die Debatten im Land um den besten Weg zu einer guten Schule für jedes Kind wurden in der letzten Zeit weniger ideologisch als vielmehr sachlich, problembewusst und ergebnisorientiert geführt. Das hebt unterschiedliche Grundpositionen natürlich nicht auf, ermöglicht aber eine Verständigung in vielen Bereichen.
Zunehmend hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Bildungspolitik, die sich nur auf Strukturfragen beschränkt, wenig Aussicht hat, den von ihr zu erwartenden Beitrag zu einer guten Schule zu leisten. Im Gegenteil: Seit den 70er-Jahren haben uns die wiederkehrenden Neuauflagen solcher Strukturdebatten, die nicht selten Ausdruck von bildungspolitischer Phantasielosigkeit sind, von längst überfälligen Schritten einer inneren Schulreform abgehalten.
Wenn internationale Leistungsvergleiche eines zeigen, dann ist es die Tatsache, dass eine gute Schule unter verschiedenen strukturellen Bedingungen möglich ist und dass Schulen unter gleichen strukturellen Voraussetzungen unterschiedlich gut sein können.
Das bedeutet nun keinesfalls, dass Strukturfragen für immer obsolet geworden sind. Mein Grundsatz in den vergangenen Jahren bestand jedoch immer darin, dass strukturelle Änderungen nur zu rechtfertigen sind, wenn sie mit sichtbaren und nachhaltigen Effekten in Bezug auf die innere Schulentwicklung einhergehen und sich aus nichts anderem als daraus begründen und legitimieren.