Protokoll der Sitzung vom 06.02.2003

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne hiermit die 13. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der vierten Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie, sehr verehrte Anwesende, auf das Herzlichste begrüßen.

Ich stelle zunächst die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung liegen vor. Herr Minister Dr. Rehberger wird die heutige Sitzung ab ca. 16.30 Uhr verlassen. Er nimmt in Zeitz an der Verleihung des Zeitzer Michael teil.

(Unruhe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 8. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Ich möchte Sie aber zunächst noch einmal sehr herzlich um Ruhe bitten.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, die Tagesordnungspunkte 4 bis 9 als erste Punkte am morgigen Freitag zu behandeln. Die Fraktion der SPD hat fristgemäß ein weiteres Thema zum Tagesordnungspunkt 4 - Aktuelle Debatte - eingereicht. Der Antrag zum Thema „Zukunft der Hochschulfinanzierung in Sachsen-Anhalt“ liegt Ihnen in der Drs. 4/517 vor. Vereinbarungsgemäß wird dieser Antrag als Tagesordnungspunkt 4 b auf die Tagesordnung genommen und ebenfalls am morgigen Freitag behandelt.

Meine Damen und Herren! Noch ein Wort in eigener Sache. Wir haben in diesen zwei Tagen ein Mammutprogramm zu absolvieren. Wir haben dieses Programm, das an und für sich drei Tage in Anspruch nehmen würde, in das Zeitkorsett von zwei Sitzungstagen zu pressen versucht - ein Unterfangen, das der Quadratur des Kreises glich. Deshalb hatte der Ältestenrat ursprünglich beschlossen, heute bis 21 Uhr zu tagen.

Sie wissen, dass heute Abend eine parlamentarische Begegnung mit dem Verband der freien Berufe im Hotel Maritim stattfindet, die langfristig vereinbart worden ist. Wenn wir die Sitzung um 21 Uhr schließen, sind wir um 21.30 Uhr im Maritim. Zu diesem Zeitpunkt warten die ca. 300 geladenen Gäste bzw. Vertreter dieses Verbandes bereits seit zwei Stunden auf die 79 Abgeordneten, die sich angemeldet haben. Es sind Bürger unseres Landes, die von Hohenmölsen bis Salzwedel, von Jessen bis Ilsenburg nach Magdeburg kommen, um uns ihre Anliegen vorzutragen und mit uns ins Gespräch zu kommen. Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie es aufgenommen wird, wenn wir diese Vertreter und Bürger zwei Stunden lang warten lassen.

Der Geschäftsführer des Verbandes und mehrere Abgeordnete haben mich deshalb gebeten, da dies dem Gastgeber nicht zumutbar sei, doch eine Kompromisslösung zu finden. Der Kompromiss würde darin bestehen, dass wir heute pünktlich um 20 Uhr schließen. Dann brauchen die Gastgeber lediglich eine Stunde auf uns zu warten. Wir müssen den gordischen Knoten durchschlagen. Deshalb schlage ich Ihnen diese Kompromisslösung vor.

Gleichzeitig schlage ich Ihnen vor, dass sich die parlamentarischen Geschäftsführer heute Nachmittag treffen und Möglichkeiten erörtern, wie man die Tagesordnung des morgigen Tages eventuell etwas komprimieren kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gibt es weitere Bemerkungen zur Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir so verfahren und in die Verhandlungen eintreten.

Bevor wir dies tun, möchte ich Ihnen noch etwas zur Kenntnis geben, meine Damen und Herren. Die kommunalen Spitzenverbände haben Herrn Minister Jeziorsky 2 318 Unterschriften übergeben. Hierbei geht es um die Kürzung der kommunalen Finanzzuweisungen. Mir wurde erst am gestrigen Nachmittag eine Unterschriftensammlung mit 1 144 Unterschriften übergeben. Auch diese Unterzeichner setzen sich für eine Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung ein.

Ich wurde von den kommunalen Spitzenverbänden gebeten, dies dem Hohen Hause mitzuteilen. Ich hätte die Möglichkeit vorgezogen, dies allen Abgeordneten schriftlich zu übermitteln. Da dies aus Zeitgründen aber nicht mehr möglich war, habe ich dies jetzt auf diese Art und Weise getan.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu Punkt 1 unserer Tagesordnung:

Zweite Beratung

a) Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haus- haltsgesetz 2003 - HG 2003)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/300

Entschließungsantrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/314

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen - Drs. 4/511

Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/518, 4/519, 4/520, 4/521, 4/522, 4/523, 4/524, 4/525, 4/526, 4/527, 4/528, 4/529, 4/530 und 4/531

Änderungsanträge der Fraktion der SPD - Drs. 4/532, 4/534, 4/535, 4/536 und 4/537

Änderungsanträge der Fraktion der PDS - Drs. 4/548, 4/549, 4/550, 4/551, 4/552, 4/553 und 4/554

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/513

Entschließungsantrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/558

b) Entwurf eines Haushaltssanierungsgesetzes 2003

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/301

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen - Drs. 4/512

Änderungsanträge der Fraktion der SPD - Drs. 4/538, 4/539 und 4/540

Die erste Beratung dazu fand in der 9. Sitzung des Landtages am 14. November 2002 statt. Sehr geehrte Damen und Herren! Zu diesem Tagesordnungspunkt haben sich die Fraktionen in der vergangenen Woche im Ältestenrat auf folgendes Verfahren verständigt:

Zunächst erfolgt die Berichterstattung durch die Vorsitzende des Finanzausschusses Frau Dr. Weiher zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 2003 sowie zum Entwurf

des Haushaltssanierungsgesetzes 2003. Für die anschließende Debatte wurde vom Ältestenrat die Redezeitstruktur G und somit eine Gesamtredezeit von 255 Minuten vereinbart. Nach der Redezeittabelle stehen damit den Fraktionen und der Landesregierung folgende Redezeiten zur Verfügung: CDU 75 Minuten, PDS 39 Minuten, SPD 39 Minuten, FDP 27 Minuten, Landesregierung 75 Minuten. Ich bitte zu beachten, dass im Rahmen dieser Redezeiten alle Änderungsanträge und gegebenenfalls Entschließungsanträge mit einzubringen sind.

Traditionell beginnt die Debatte, wie Sie wissen, mit der so genannten Generaldebatte zum Einzelplan 02. Danach werden die Einzelpläne der Reihe nach, beginnend mit Einzelplan 01, danach Einzelplan 03 und folgende, aufgerufen.

Die Abstimmung wird sodann folgendermaßen ablaufen: Zuerst wird über den Entwurf des Haushaltssanierungsgesetzes in der Fassung der Beschlussempfehlung in Drs. 4/512 abzustimmen sein, weil die damit verbundenen Entscheidungen Auswirkungen auf den Haushalt 2003 entfalten. Danach erfolgt die Abstimmung über den Entwurf des Haushaltsgesetzes 2003 in der Fassung der Beschlussempfehlung in Drs. 4/511 - in folgender Reihenfolge: Abstimmung über die Einzelpläne einschließlich der - soweit vorhanden - zu dem jeweiligen Einzelplan vorliegenden Änderungsanträge, Beschlussfassung über die Einzelbestimmungen, über die Gesetzesüberschrift und über das Haushaltsgesetz in seiner Gesamtheit sowie Abstimmung über die zum Haushaltsgesetz vorliegenden Entschließungsanträge.

Verehrte Abgeordnete, werte Gäste, so weit meine Vorbemerkungen. - Zur Berichterstattung aus dem Ausschuss für Finanzen erteile ich nunmehr der Abgeordneten Frau Dr. Weiher das Wort. Bitte sehr, Frau Dr. Weiher.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatterin habe ich den Auftrag des Finanzausschusses, den nachfolgenden Bericht über die Beratung zum Haushaltsgesetz 2003 nebst Haushaltssanierungsgesetz und Entschließungsantrag der PDS an Sie zu erstatten.

Gestatten Sie mir eine Bemerkung vorweg: Eine umfassende und allen Diskussionen gerecht werdende Berichterstattung vorzunehmen erscheint mir in diesem Jahr durchaus schwierig. Das liegt einerseits daran, dass uns aufgrund der engen Terminsetzung erst wenige Protokolle über die Beratungen zum Nachlesen vorliegen. Andererseits gestattet es die Fülle der in den Beratungen gestellten Anträge nicht, wirklich alle Veränderungen hier zu benennen. Eine Zahl spricht Bände: Allein in der letzten Sitzung am 27. Januar 2003, der so genannten Bereinigungssitzung, wurde über mehr als 90 Anträge, insbesondere der Koalitionsfraktionen, befunden. Beide Fraktionen hatten schon zu Beginn der Sitzung im Dezember 2002 angekündigt, dass eine Reihe von Problemen, auch aufgrund der Steuermindereinnahmen, erst in der letzten Sitzung abschließend beraten werden könnten.

Der Haushaltsplanentwurf wurde in der ersten Lesung am 14. November 2002 in den Landtag eingebracht und in alle Ausschüsse außer in die Ausschüsse für Petitionen und für Wahlprüfung zur Mitberatung überwiesen. Bereits in der Debatte zur ersten Lesung war zu erken

nen, dass die Auseinandersetzung in den Ausschüssen und das Ringen um einzelne Haushaltspositionen nicht einfach werden würde, zumal zu diesem Zeitpunkt die genaue Novemberschätzung zu den Steuereinnahmen noch ausstand.

Der Entwurf der Landesregierung sah einen Haushaltsumfang von 10 525 247 700 € vor, wobei die Summe der Verpflichtungsermächtigungen auf eine Höhe von 2 367 515 800 € festgelegt war.

Der Finanzminister benannte als Eckwerte der Landesregierung die Halbierung der Nettokreditaufnahme auf 750 Millionen €, eine Investitionsquote von 20,3 % bei 1,1 Milliarden € eigenfinanzierten Investitionen und einen Stellenabbau von 68 368 auf 63 828 Stellen im Jahr 2003. Gleichzeit sollten die konsumtiven Ausgaben gesenkt und nicht benötigtes Landesvermögen zur Einnahmenverbesserung veräußert werden. Zielstellung der Landesregierung, so Minister Paqué noch einmal in der Generaldebatte im Finanzausschuss am 19. Dezember 2002, sei die Konsolidierung des Landeshaushalts unter der Maßgabe der Rückführung der Neuverschuldung auf null im Jahr 2006.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Teil der mitberatenden Ausschüsse seine Beratungen noch vor sich. Da die Landesregierung in der Plenarsitzung im Dezember 2002 keinen Ergänzungsantrag zu den Steuermindereinnahmen in Höhe von 307 Millionen € vorgelegt hatte, war den Beratenden bewusst, dass die Fraktionen der CDU und der FDP entsprechende Änderungsvorschläge in die Einzelplanberatungen einbringen würden.

Zwei zusätzliche Aufwüchse in nennenswerter Größenordnung kamen a) aufgrund des neuen Lehrertarifvertrages in Höhe von 15 Millionen € nach Einschätzung der Landesregierung und b) aufgrund einer Übergangsregelung im Kindertagesstättenbereich, da gleichzeitig das entsprechende Gesetz geändert werden sollte, hinzu. Auch bei Letzterem waren 15 Millionen € avisiert worden.

In der Generaldebatte wurden seitens der Landesregierung Bereiche vorgeschlagen, die aus ihrer Sicht entsprechende Einnahmen ergeben oder Kürzungen verkraften würden: erstens eine Entnahme von 150 Millionen € aus dem Altlastensanierungsfonds, zweitens eine Erhöhung der globalen Minderausgabe um 27 Millionen €, drittens eine Kürzung um insgesamt 88 Millionen € bei einzelnen Ansätzen, insbesondere bei der Titelgruppe 99 - IuK-Technik -, und viertens die Weitergabe von 72 Millionen € der Steuermindereinnahmen an die Kommunen bereits im Jahr 2003. Insbesondere über die Punkte 1 und 4 wurde in den Beratungen kontrovers debattiert.

Der Landesrechnungshof machte in der Generaldebatte traditionell seine Ausführungen zur finanziellen Situation des Landes und äußerte sich zur Neuverschuldung und zur Rückführung der Nettokreditaufnahme. Zu fünf weiteren Bereichen machte der Präsident des Landesrechnungshofs umfangreiche Ausführungen, die über alle Beratungen hinweg auch zu den zwischen den Oppositionsfraktionen und den Koalitionsfraktionen kontrovers diskutierten Themen gehörten.

Es handelte sich erstens um die vorgesehene Entnahme von 150 Millionen € aus dem Sondervermögen „Altlastensanierungsfonds“. Der Landesrechnungshof sprach von einem internen Vorgang und nicht von einer Kreditaufnahme, da das Sondervermögen rechtlich einen unselbständigen, abgesonderten Teil des Landesvermögens

darstellt. Der eigentliche Sorgenpunkt lag aus seiner Sicht bei der Weckung von Begehrlichkeiten im Zusammenhang mit dieser Entnahme.

Nachdem der Finanzminister in der Beratung über den Einzelplan 13 dem Ausschuss mitgeteilt hatte, dass es anstelle einer Entnahme eine Beleihung des Sondervermögens geben würde, stellte der Landesrechnungshof fest, dass nach formalen Kriterien eine Kreditaufnahme stattfinde, die einer Neuverschuldung gleichkomme und in die Schuldenstatistik des Landes gehöre. Diese Meinung vertraten in der Debatte dazu auch die Fraktionen von PDS und SPD, während die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung in der Verschuldung des Landes bei sich selbst keine Neuverschuldung sahen.

Zweitens ging es um Personal und Personalausgaben. Der Landesrechnungshof machte deutlich, dass durch den vorgelegten Haushaltsplanentwurf entgegen der Ansicht der Landesregierung tatsächlich nur 1 155 Stellen abgebaut würden. Angesichts einer Umbuchung von Personal in die Titelgruppe 96 über alle Einzelpläne, einer Umbuchung des Personals an den beiden Universitäten infolge der Globalhaushalte und einer Umbuchung von Personal in Landesbetriebe in den Kapiteln 03 45 und 15 03 relativiert sich der optische Stellenabbau. Angemahnt wurde auch, dass den nunmehr in der Titelgruppe 96 vorhandenen 5 547 Überhangstellen noch keine konkreten Beschäftigten zugeordnet werden konnten.

Im Zusammenhang mit dem Personal äußerte sich der Landesrechnungshof zu den damit verbundenen Ausgaben und machte schnell deutlich, dass unter Beachtung des Personals an den Universitäten und des Lehrertarifvertrags insgesamt 55 Millionen € mehr als im Jahr 2002 ausgegeben werden. Hinsichtlich der Berechnung der Landesregierung meinte der Landesrechungshof zur letzteren Problematik, dass die veranschlagten 15 Millionen € nicht ausreichten; realistisch wäre eine Summe von ca. 29 Millionen €.

Die Frage der Personalkostenveranschlagung - sowohl im Hinblick auf die Stellen als auch im Hinblick auf die Ausgaben - zog sich wie ein roter Faden durch die Beratungen des Ausschusses über alle Einzelpläne. Von der Fraktion der SPD wurde insbesondere kritisiert, dass nicht erkennbar sei, in welchen Jahresscheiben die Titelgruppe 96 tatsächlich abgebaut werden solle und wie hoch die Stellenreduzierung im Jahr 2003 sein werde.

Die global veranschlagte Minderausgabe bei den Personalkosten im Einzelplan 13 in Höhe von 42,5 Millionen € eignete sich als Effizienzrendite nur bedingt für konkrete Aussagen. Den Stellenabbau konkret benennen konnten auch nur wenige Ministerien, sodass die Frage des Personals den Ausschuss sicherlich im gesamten Jahr 2003 beschäftigen wird, wie das auch ein heute vorgelegter Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP zeigt.