Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Dieses, denke ich, muss gewürdigt werden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie sagen, Sie wollten im nächsten Jahr richtig Politik machen, wenn es um den Doppelhaushalt gehe,

(Herr Bullerjahn, SPD: Sie machen endlich mal Politik!)

- nein, Sie wollten richtige Konzepte vorlegen -, dann will ich einmal sagen: Ihre Rede war jetzt frei gesprochen, gewiss sehr gut, aber konzeptionell war sie auch noch nicht tief genug. Wenn Sie wirklich einmal die Regierung wieder übernehmen wollen, dann müssen Sie ein Stückchen tiefer in die Problematik des Haushalts reingehen; Sie wissen, wie schwierig das ist.

An Stellen, an denen Sie sich fair verhalten, will ich auch dieses freimütig zugeben: Ich muss sagen, als wir über die Geschäftsordnung des Landtages diskutiert haben, haben wir eine Weile in der Fraktion überlegt - ich wurde von einigen gewarnt -, gehen wir auf Pairing ein oder nicht, machen wir die Ausschüsse knapp oder nicht? Dazu haben Sie gesagt, wir sollten es machen; Sie verhielten sich in kritischen Situationen fair. Das haben Sie gemacht während der Haushaltsberatungen, und ich habe unserer Fraktion gesagt: Seht ihr, der Bullerjahn, der hält, was er verspricht, wenn man mit ihm ordentlich spricht. Das heißt, wenn Sie sich so verhalten, weiß ich das zu würdigen. Ich denke, das sollte auch das Klima sein, das wir im Parlament pflegen.

(Zustimmung bei der CDU)

Das wird uns eine vernünftige Beratungsgrundlage auch in schwierigen Situationen schaffen, ohne dass wir in der Sache etwas nachgeben. Sie sind dazu hier, uns in der Sache richtig und fair zu kritisieren.

Wir haben nach meiner Auffassung die Daten, die wir selber beeinflussen können, im Laufe des Haushaltsjahres 2003 und auch in der Planung für das Haushaltsjahr 2004 durchaus erfolgreich beeinflusst. Dabei stellt sich hauptsächlich die Frage: Wie gehen wir mit dem Personal um? Dazu will ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich hervorheben: Die Einführung der Titelgrup

pe 96 ist eine Erfolgsstory, weil sie erstmals dazu führt, dass wir zu klar strukturierten Haushalten kommen, dass die Haushaltspläne auch die Behördenstrukturen richtig wiedergeben. Dieses hat es in den letzten Jahren unter Ihrer Regentschaft nicht gegeben.

Ich will auch ganz deutlich sagen: Als wir es in diesem Haushaltsaufstellungsverfahren geschafft haben, noch weitgehend die Stellenpläne des Landesverwaltungsamtes und anderer Behörden bis hin zu LHO-Betrieben einzuordnen, haben wir damit für uns als Parlament ein großes Stück an Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit geschaffen, und das ist gut so.

Deshalb ist es auch sinnvoll gewesen, dass wir die Landesregierung beauftragt haben, das, was im Laufe des Herbstes im Kabinett noch beraten worden ist, zusätzlich in das Haushaltsaufstellungsverfahren einfließen zu lassen. Das ist eine Forderung, die wir aus gutem Grunde an uns selbst und an die Regierung gerichtet haben.

Die Regierung hätte ohne weiteres - das hat Frau Dr. Paschke gesagt - nach § 50 LHO allein handeln können. Wir hätten im Finanzausschuss nachrichtlich die Umsetzung bekommen und die meisten Parlamentarier hätten sich - außer den wenigen Leuten, die sich durchgehend im Finanzausschuss mit Stellenplänen beschäftigen - nicht mehr durchgefunden. Wir hätten Haushalte gehabt, die rechtlich gültig gewesen wären. Wir hätten aber sie in die Schränke gelegt, weil viele damit nichts hätten anfangen können.

Ich denke, dieses hohe Maß an Klarheit, das wir mit diesem Beratungsverfahren erreicht haben, das ist die Holprigkeit bei einzelnen Ausschussverfahren schon wert. Wir haben selber gefordert, dass straff beraten werden muss, und das ist, denke ich, auch gut so.

Eine Anmerkung zu einem Begriff, der mir doch ein bisschen sauer ausgestoßen ist. Frau Dr. Paschke, wenn Sie davon sprechen, dass mit der Schaffung des Landesverwaltungsamtes „Reisekader“ installiert werden, dann will ich einmal sagen: Das Wort „Reisekader“ stammt eigentlich aus einer anderen Zeit. Dabei will ich nicht nachfragen, ob das SW- oder NSW-Reisekader sind, die auf die Reise geschickt werden. Reisekader waren andere Leute. Wenn das Wort aus Ihrer Fraktion kommt, sollte es mit größerer Vorsicht benutzt werden als in anderen Fraktionen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Wir haben freilich mit der Vorlage der Beschlussempfehlung den Parlamentariern und den Ausschüssen ein erhebliches Stück Arbeit zugemutet. Aber wenn jetzt die Fülle der Vorlagen beklagt wird - ich habe vorhin einmal nachgemessen mit meinem Lineal -: Über ungefähr 3 cm Beratungsgrundlage werden wir nachher abstimmen, aber von den 3 cm sind 2 cm Stellenpläne.

Das heißt: Wenn man einmal die Stellenpläne beiseite lässt, ist der Umfang der Unterlagen, die uns zusätzlich in das Beratungsverfahren eingestreut werden, nach meiner Auffassung immer noch zu groß. Ich wünsche nicht, dass so viel in die Bereinigungssitzung kommt, aber es ist durchaus vergleichbar mit dem, was wir in den anderen Jahren schon erlebt haben.

Gleichwohl will ich an dieser Stelle den Appell an die Landesregierung und auch an alle anderen richten, die sich mit dem Haushaltsverfahren beschäftigen: Wir sollten uns wirklich wieder anstrengen, um dazu zu kommen, dass möglichst viel schon abschließend in den

Fachausschüssen und im Finanzausschuss beraten wird und möglichst wenig in der Bereinigungssitzung des Finanzausschusses. Die Bereinigungssitzung ist eigentlich dafür da, zu bereinigen, und nicht dazu, noch einmal in großem Umfang inhaltliche Veränderungen zu behandeln.

Wir könnten es theoretisch sogar bei der zweiten Lesung des Haushaltsplans im Plenum machen, aber dann würde sich wahrscheinlich keiner mehr so richtig durchfinden. Also: Wir tun uns nichts Gutes an, wenn wir die Beratungen selber verschleppen.

Wir haben aber auch wichtige Positionen unseres politischen Handelns klar und richtig beschrieben und mehr erreicht als Sie in den Jahren zuvor. Ich denke an unsere planmäßige Bildungspolitik, ich denke an den planmäßigen Infrastrukturaufbau, der Straßenbau geht voran, der Stadtumbau geht voran. Ich denke aber auch an das zügige Umsetzen der Hochwasserhilfen und auch an den zügigen Deichbau. Wir haben im letzten Jahr mehr an den Deichen gebaut, als dies in den acht Jahren zuvor unter Ihrer Regentschaft gemacht wurde.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Sie haben gewusst, wie gefährdet die Deiche sind, und haben diese Studie jahrelang unter Verschluss gehalten,

(Herr Doege, SPD: Quatsch!)

was wir Ihnen, denke ich, zu Recht zum Vorwurf gemacht haben.

Ich will an dieser Stelle nur würdigen, was jetzt tatsächlich angepackt worden ist. Wir sind die wichtigen Aufgaben in unserem Land auch wirklich zügig angegangen.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Kos- mehl, FDP)

Der Haushalt ist ein Haushalt der Konsolidierung; wir würden uns freilich noch viel mehr wünschen. Aber dass wir es schon zwei Jahre hintereinander geschafft haben, in der Pro-Kopf-Verschuldung hinter Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zu liegen, das ist für uns Anstoß genug, den Ehrgeiz zu haben, diese Tendenz fortzusetzen. Wir wollen nicht mehr Schlusslicht unter den neuen Bundesländern sein. Ich glaube, wir haben die richtige Politik, um dieses umzusetzen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Nun kann man dazu neigen, über Investitionsbegriffe zu philosophieren, über Subventionsabbau zu philosophieren. Ich halte das für relativ gefährlich. Ich halte auch nichts davon, den Investitionsbegriff umdefinieren zu wollen. Wir wissen alle: Er ist ein relativ grober Maßstab, weil es Beispiele und Gegenbeispiele dafür gibt, wo er passt und wo er nicht besonders gut passt.

Es gab auch Vorstellungen, zum Beispiel auf der Bundesebene, die Verteidigungsausgaben den Investitionsaufgaben zuzurechnen. Man kann, wenn es um die Zukunftsfähigkeit eines Landes geht, durchaus versuchen, die Bildungsausgaben den Investitionsaufgaben in die Zukunft, könnte man sagen, zuzuordnen. Aber das hilft uns alles letztlich nicht viel weiter. Der Investitionsbegriff, den wir haben, ist doch dafür da, dass wir uns selber im Haushaltsaufstellungsverfahren bescheiden und nicht die Verschuldung überborden lassen. Deshalb halte ich wenig davon, an diesem Begriff herumzudoktern, so problematisch er letztlich auch ist.

Man weiß übrigens meist nicht so ganz genau, was für die Zukunft eigentlich wichtig ist. Wir wissen, dass Wissenschaft wichtig ist. Wissen ist das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt oder wenn man es verteilt. Aber wir wissen zum Beispiel nicht, welches Wissen tatsächlich für die Zukunft entscheidend ist.

Ich denke an ein ganz einfaches Beispiel - verzeihen Sie mir, dass ich als Mathematiker dieses Beispiel immer gern nenne -: Als Herr Bool Mitte des 19. Jahrhunderts die so genannte Boolsche Algebra erfand - wer bei Pisa nicht so ganz mithalten konnte, dem sage ich noch einmal: Das ist die Rechnung mit 0 und 1, das ist die Algebra, auf der fast alle Computer heutzutage funktionieren, die in der Welt arbeiten -, wurde gesagt, als Herr Dr. Bool in seiner entsprechenden wissenschaftlichen Arbeit gerühmt wurde, dass dies ein besonders prägnantes und schönes Beispiel für die reinste Wissenschaft ist, die gar keiner Gefahr unterliegt, einmal praktisch verwertet zu werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Herr Dr. Püchel, SPD: Was wollen Sie damit sagen?)

- Ich wollte damit nur sagen, dass man vorsichtig sein soll, wenn man prognostizieren will, welches Wissen für die Zukunft wirklich wichtig ist, welche Investitionen für die Zukunft wirklich nachhaltig und richtig sind. Wir sollten nicht zu kleinlich herumdoktern an den Begriffen.

Um den Bogen wieder zurückzuschlagen: Ich bin dagegen, dass wir den Investitionsbegriff versuchen umzuinterpretieren. Dies nutzt uns überhaupt nichts.

(Zuruf von Herrn Dr. Püchel, SPD)

Wir haben uns bei den Haushaltsberatungen an die Vorgaben der Landeshaushalts- und der Bundeshaushaltsordnung zu halten, und damit sind wir, auch wenn es grobe Maßstäbe sind, bisher ganz gut gefahren.

Wichtiger ist es schon, dass wir die Zukunftsdiskussion in unserem Land führen. Deshalb haben wir zwei Investitionserleichterungsgesetze in den Landtag eingebracht und verabschiedet. Deshalb sind wir bei Bundesratsinitiativen dabei. Professor Böhmer hat einiges erläutert, was jetzt in den nächsten Tagen im Bundesrat zur Entscheidung ansteht. Davon hängt auch entscheidend ab, wie wir das Land Sachsen-Anhalt in den nächsten Jahren gestalten können.

Ich kann der Landesregierung dazu nur ein gutes Verhandlungsgeschick wünschen. Jetzt abzufragen, welche Detailentscheidungen die Landesregierung wahrscheinlich bei dieser oder jener Situation im Bundesrat fällen wird, ist doch Sophisterei. Das bringt nichts.

Wir wissen doch ganz genau, dass da eine Gemengelage vorliegt. Die Landesregierung muss versuchen, insgesamt für die Menschen in den neuen Bundesländern und für Sachsen-Anhalt das Beste herauszuholen. Ich wünsche Professor Böhmer an dieser Stelle wirklich eine glückliche Hand.

(Zustimmung bei der CDU)

Das, was wir hier zu tun haben, werden wir auch erledigen. Ich gebe zu, wenn wir über die kommunalen Haushalte zu sprechen haben, dann schlagen wir ein schwieriges Kapitel auf. Aber das, was angesichts der eigenen Haushaltslage möglich ist, machen wir auch. Deshalb wird auch das Komm-Invest-Programm des Jahres 2003 im Jahr 2004 vernünftig abgearbeitet; des

halb werden wir auch dafür sorgen, dass die GVFGMittel auch bei den ärmeren Gemeinden, die Schwierigkeiten mit der Gegenfinanzierung haben werden, abfließen werden. Darüber hinaus geben wir die Steuerausfälle nur gedämpft an die Kommunen weiter.

Wir haben das FAG geändert. Ich habe schon bei der ersten Lesung gesagt, dass wir alles gründlich prüfen werden. Dort, wo wir meinen, dass keine Fehlsteuerungen eintreten, werden wir auch über die Neugestaltung der Finanzausgleichsmasse beraten.

Nach langer und gründlicher Beratung übrig geblieben sind das Aufnahmegesetz und die Jugendpauschale. Heimatpflege, Musikschulförderung und Kinderförderungsgesetz gehen zurück in die Einzelpläne. Ich will sagen, das ist auch ein gutes Beratungsverfahren des Parlaments. Das wird nicht abgenickt, hierbei werden die Fraktionen zu Rate gezogen. Die Fraktionen entscheiden abschließend, was sich wirklich bewähren wird. So beschließen wir auch den Haushaltsplan. Ich meine, hierbei hat die Koalition eine verantwortungsvolle und gute Arbeit geleistet.

Ich gebe zu, dass wir Schwierigkeiten damit haben, die Veräußerungserlöse pünktlich zu erzielen. Dabei hätte ich mir auch etwas mehr gewünscht. Wir sind hierbei in dem Aufstellungsverfahren für das kommende Jahr auch wesentlich vorsichtiger vorgegangen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Wie weit sind Sie denn gekommen?)

Ich habe übrigens bisher noch nicht gehört, dass das Landesweingut unverkäuflich sein soll. Diese Nachricht, die Herr Bullerjahn verbreitet hat, war für mich neu. Darüber müssen wir erst einmal - -