„Zum einen verfolgt das beklagte Land mit der offensichtlich im Wege des Bieterverfahrens vorgesehenen Privatisierung seiner Anteile an der Fernwasserversorgung ein primär anderes Ziel, als es bislang die Träger öffentlicher Belange im Rahmen dieser Fernwasserversorgung gemeinsam verfolgt haben. Genauso steht zu erwarten, dass der private Investor mit einer anderen Philosophie in seine Beteiligung hineingeht.“
Nach Auffassung des Gerichtes werden dadurch zugleich die Interessen der KWL nachhaltig und nachteilig berührt. Insofern liegt in diesem Verhalten eine Umgehung vor, da ein aufgrund vertraglicher Regelungen nicht unmittelbar erreichbares Ziel unter Aushebelung der Interessen des Vertragspartners sozusagen auf kaltem Wege erreicht wird. Es hätte nämlich auch andere Möglichkeiten gegeben, eine entsprechende Übertragung vorzunehmen.
„Besondere Gründe, warum das beklagte Land an der nun einmal mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung nicht mehr festhalten muss, sind nicht ersichtlich. Fiskalische Gründe des beklagten Landes reichen jedenfalls nicht aus, um sich über die vertraglichen Vereinbarungen, die man letztlich beeinflussen konnte, hinwegzusetzen.“
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschließen heute über die Neuordnung des Talsperrenbetriebes in Sachsen-Anhalt und über die Neuregelung der Fernwasserversorgung. Der Gesetzentwurf bringt uns eine Trennung hoheitlicher Aufgaben und eröffnet die Möglichkeit, privatwirtschaftlich tätig zu werden. Mit dem Gesetz findet noch keine Privatisierung statt, wie hier dargestellt wurde, sondern es wird erst einmal eine Grundlage dafür geschaffen, dass hoheitliche und nichthoheitliche Aufgaben getrennt werden können.
Die Landesregierung und auch die Koalition sind einhellig der Meinung - so gibt es der Gesetzentwurf auch eindeutig wieder, Herr Dr. Köck -, dass der Vertrieb von Rohwasser eben weiterhin im hoheitlichen Bereich bleibt. Im Gegensatz zu Ihrer Darstellung wird dieser
Bereich nicht privatisiert und auch nicht in eine GmbH umgewandelt. Ich möchte unterstreichen, dass es noch keine Privatisierung bedeutet, wenn wir eine reine Rechtsformveränderung vornehmen.
Sie haben zuvor ausgeführt, dass wir im Gegensatz zum Investitionserleichterungsgesetz gerade bei diesem Gesetzentwurf auf die Opposition nicht zugegangen sind. Das empfinde ich als ein starkes Stück, sind wir doch gerade in diesem Bereich unter vehementen Protesten auch teilweise von den eigenen Leuten ganz elementar auf Sie zugegangen.
So haben wir der Durchführung einer Anhörung zugestimmt und deutlich gemacht, dass wir an dem ordnungspolitischen Ziel festhalten, eine Trennung beizubehalten. Aber all das wird nicht gesehen. Wir sind sehr vehement und sehr stark auf Sie zugegangen, sodass ich diesen Vorwurf deutlich zurückweisen möchte.
Sie sprachen sich dafür aus, die Kommunen für die Fernwasserversorgung zuständig zu machen. Auch das halte ich für einen großen Fehler. Gerade die Kommunen sind nicht für die Übernahme der Fernwasserversorgung geeignet, da sie nur beschränkte Zugriffmöglichkeiten, eben auf ihrem Gemeindegebiet, haben. Wollen Sie dafür noch einmal Zweckverbände gründen, die dafür zuständig sein sollen, oder wie soll das laufen? Ich denke, das ist genau der falsche Weg.
Sie haben auch ausgeführt - das ist natürlich richtig -, dass es einen einstweiligen Rechtsschutz gibt, durch den es dem Land zunächst einmal untersagt ist, die gegründete GmbH so zu verkaufen, dass sich die Mehrheitsverhältnisse in den GbRs ändern würden. Das ist richtig. Es ändert aber trotzdem nichts an dem richtigen Ziel, grundsätzlich hoheitliche und private Dinge zu trennen und das ordnungspolitisch auch im Gesetz zu manifestieren.
Ich glaube, dass wir dabei auf jeden Fall auf dem richtigen Weg sind. Auch wenn die tatsächliche Privatisierung erst einmal außen vor steht, haben wir, wie gesagt, ordnungspolitisch den richtigen Schritt gemacht. - Schönen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter Kehl. - Für die SPD-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Bullerjahn sprechen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schauen Sie nicht so verwundert, Herr Ruden. Ich will mich in Ihr Fachgebiet nicht einmischen. Ich vertrete Herrn Oleikiewitz, der aus gesundheitlichen Gründen etwas kürzer treten musste. Ich bitte Sie deshalb darum, von Zwischen- und Nachfragen abzusehen,
weil ich diese so umschiffen würde, dass es Ihnen nicht viel bringt. Ich lese den Text vor, stehe natürlich hinter ihm und bitte Sie darum, zuzuhören.
Die SPD-Fraktion hat den Gesetzentwurf aus grundsätzlichen Erwägungen heraus abgelehnt. Gegen eine Trennung von hoheitlichen und wirtschaftlichen Aufgaben ist an sich nichts einzuwenden. Der Hintergrund für dieses
Entgegen dem Gerichtsurteil des Landgerichts sollen die Anteile an der Fernwasserversorgung nach Aussage von Staatssekretär Aeikens veräußert werden. Das laufende Bieterverfahren verstößt bereits eklatant gegen den Gesellschaftervertrag mit den Kommunalen Wasserwerken Leipzig. In dem Gesellschaftervertrag ist eindeutig festgehalten worden, dass die Vertragspartner das Vorkaufsrecht zum Ertragswert haben. Der Vertrag verbietet demzufolge die Veräußerung an Dritte ohne eine Genehmigung der Mitgesellschafter.
Unsere Ablehnung des Gesetzentwurfs beruht auf der Tatsache, dass die Landesregierung sich offensichtlich über das Urteil hinwegsetzen will und die Anteile an der Fernwasserversorgung an Dritte veräußern möchte.
Wenn es dazu kommen sollte, dann muss sichergestellt sein - darauf sollte sich das Parlament eindeutig verständigen -, dass die Ordnungshaft greift und nicht das Ordnungsgeld. 250 000 € an Steuergeldern aufs Spiel zu setzen verbietet sich von selbst. Ein Untersuchungsausschuss, an dessen Ende personelle Konsequenzen zu ziehen sind, wäre vorprogrammiert.
Die Argumentation, den Prozess habe man eigentlich gewonnen, da zwei Drittel der Kosten auf die KWL entfallen, ist Augenwischerei; denn in der Urteilsbegründung steht, dass sich das Urteil wahrscheinlich materiellrechtlich stärker zugunsten der KWL auswirkt. Die von der Landesregierung angekündigte Berufung ist sicherlich möglich.
Dem Land werden aber dadurch mit Sicherheit zusätzliche Kosten entstehen. Wir haben heute erst eindrucksvoll erlebt, wie knapp in unserem Bundesland das Geld ist. Es wäre nicht zu vermitteln, wenn viel Geld zum Fenster herausgeschmissen wird. Seien Sie sich sicher, dass wir das thematisieren werden.
Ihr Privatisierungswahn, meine Damen und Herren von den Fraktionen von CDU und FDP, wird die Bürger in unserem Land teuer zu stehen kommen. Sie tragen Ihr Unvermögen, einen Haushalt solide zu führen, auf dem Rücken der Menschen in unserem Land aus, indem Sie für steigende Gebühren von morgen sorgen.
Während der Anhörung wurde von Herrn Leindecker für die kommunalen Spitzenverbände zu Recht ausgeführt, dass sich das Land am Gemeinwohl und nicht an kurzfristigen fiskalischen Interessen zu orientieren hat.
Der Vertreter der KWL hat plausibel verdeutlicht, dass ein strategischer Kauf durch private Unternehmen mit einer nachhaltigen und preiswerten Wasserversorgung nicht vereinbar ist und zu einem Interessenkonflikt führen muss; denn private Unternehmen müssen auf die Rendite achten, wenn sie auf dem Markt bestehen wollen.
Meine Damen und Herren! Marktwirtschaft in der Trinkwasserversorgung heißt: Entweder du nimmst das Wasser und zahlst den Preis, oder du lässt es. Wenn irgendetwas in die öffentliche Hand gehört, dann ist es die Trinkwasserversorgung. Wenn der Begriff der Daseinsvorsorge nicht zur Bedeutungslosigkeit verkommen
soll, dann müssen Aufgaben wie die Trinkwasserversorgung in der Zuständigkeit der öffentlichen Hand bleiben.
Nach dem Jahr 1945 haben die Menschen in der Not Lebensmittel gegen ihre Habseligkeiten getauscht. So mancher Bauer hätte seinen Schweinestall mit Perserteppichen auslegen können. Das alles, meine Damen und Herren, ist Marktwirtschaft pur - eine Marktwirtschaft, in der der Anbieter eine Monopolstellung hat oder das Angebot unter der Nachfrage liegt, sodass fast jeder Preis verlangt werden kann, zumindest bei Gütern, die lebensnotwendig sind.
Was in 20, 30 oder 50 Jahren ist, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass einmal aus der öffentlichen Hand heraus privatisiertes Eigentum schwerlich zurückgeholt werden kann. Lassen Sie uns nicht den Fehler begehen, die momentan schwierige Haushaltslage auf dem Rücken unserer Kinder auszugleichen. Der Preis, den wir alle dafür zahlen müssen, wird zu hoch sein. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Bullerjahn. - Für die CDU-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Hacke sprechen. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über den uns heute in der zweiten Lesung vorliegenden Gesetzentwurf zur Neuordnung der wasserwirtschaftlichen Aktivitäten und zur Umwandlung des Talsperrenbetriebs des Landes Sachsen-Anhalt ist im Umweltausschuss zwar leidenschaftlich, aber doch, wie ich meine, sehr sachlich und unter Einbeziehung der betroffenen Trinkwasserversorgungsunternehmen im Rahmen einer Anhörung diskutiert worden.
Auf Antrag der Koalitionsfraktionen haben wir lediglich eine Begrenzung der Beteiligungsmöglichkeiten der neuen Anstalt des öffentlichen Rechts in § 3 Abs. 1 vorgenommen und darüber hinaus die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit dieser Anstalt erweitert, indem wir den preisrechtlichen Spielraum durch das Streichen des Absatzes 2 in § 12 erweitert haben. Dies ist wenig strittig gewesen.
Strittig ist es, wie wir heute hörten, nun wohl auch nicht mehr, die notwendige klare Trennung der hoheitlichen Aktivitäten des Landes von den wirtschaftlichen - genauer gesagt: fernwassertypischen - Aktivitäten des Talsperrenbetriebs vorzunehmen.
Strittig ist lediglich das Ziel, das die Landesregierung mit diesem Vorgehen verfolgt. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es ist unser Ziel, das Vermögen und die Geschäftsanteile des Landes an der Fernwasserversorgung zu veräußern, ohne dabei die hoheitlichen Aufgaben des Landes zu vernachlässigen, geschweige denn auch nur zu gefährden und ohne die Rohwasserversorgung für die kommunalen Abnehmer qualitativ und quantitativ zu verschlechtern bzw. deren Wirtschaftlichkeit infrage zu stellen.
Dieses Ziel teilt die Opposition nicht. Besonders Herr Oleikiewitz wurde nicht müde, orakelnd in seine Glaskugel zu schauen und ständig neue Horrorszenarien
Schon während der letzten Landtagssitzung sprach Herr Oleikiewitz von einem ungeschickten Umgang mit dieser Materie und von einer nicht seriösen und rechtlich sehr fragwürdigen Art, wie die Landesregierung das Bieterverfahren durchführt. Schon vor vier Wochen schlug er sich auf die Seite der Kommunalen Wasserversorgung Leipzigs und sagte ein Scheitern des Bieterverfahrens und damit der Privatisierungsabsichten der Landesregierung voraus.
Nun, es muss wohl sehr viel Nebel in dieser Glaskugel gewesen sein, oder er hat zum Glück für uns sein Talent, sich erfolgreich als Nostradamus der SPD-Fraktion zu betätigen, verpasst. Das Landgericht Magdeburg jedenfalls hat am 12. November 2003 nicht in dem von ihm erhofften und vorhergesagten Sinne entschieden.
Zu Ihrer Information, meine Damen und Herren: Die Kommunalen Wasserwerke Leipzig wollten verbieten lassen, dass das Land ein Bieterverfahren zur Veräußerung seiner fernwassertypischen Aktivitäten durchführt, und sie haben beantragt, dass die Bündelung der fernwassertypischen Aktivitäten in die Fernwasser Sachsen-Anhalt GmbH untersagt wird.
Beiden Anliegen ist das Landgericht nicht gefolgt. Dem Land wurde lediglich vorläufig aufgegeben, Herr Dr. Köck, innerhalb eines Jahres nicht mehr als die Hälfte seiner Anteile an der Fernwasser Sachsen-Anhalt GmbH zu veräußern. Zum Beleg dafür erlaube ich mir aus dem Urteil des Landgerichts vom 12. November 2003 zu zitieren. Unter Punkt 1 steht:
„Dem beklagten Land wird bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes... für die Dauer von höchstens einem Jahr verboten, einen oder mehrere Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, namentlich der Fernwasser Sachsen-Anhalt GmbH, oder einer sonstigen Kapitalgesellschaft, die im Wege der Umwandlung des TSB entstanden ist, in der Weise zu veräußern, dass der Erwerber über die Mehrheit der Stimmrechte in der Mitgliederversammlung verfügt.“