Ich sage Ihnen, Herr Thiel, in aller Deutlichkeit: So sehr ich Ihre Sorgen teile, aber die Tendenz, die in Ihrem Antrag zum Ausdruck kommt, ist für mich nicht akzeptabel. Sie sprechen von einem aktiveren und vorausschauenderen Handeln der Landesregierung zur Bestandspflege und Erhaltung.
Sie setzen voraus, dass die Landesregierung bzw. jemand im Auftrag der Landesregierung sich in die einzel
betrieblichen Vorgänge einschaltet, dass sie die Betriebsleitung, den Betriebsrat oder wen auch immer zu sich zitiert, mit ihnen das Problem im Einzelnen bespricht, also dass der Staat interveniert. Diese Auffassung entspricht einem sozialistischen Weltbild und führt in die Sackgasse.
Weder die Wirtschaftsordnung noch die Rechtslage lassen eine solche Interventionspolitik zu, wie sie in dem PDS-Antrag letztlich eine Rolle spielt.
Meine Damen und Herren! Wir können auch nicht eine liberale Wirtschaftsordnung praktizieren, bei der das Motto gilt: Wenn die Unternehmen schwarze Zahlen schreiben, dann ist das der Erfolg des Unternehmens; wenn sie rote Zahlen schreiben, dann hat die Landesregierung gefälligst dafür zu sorgen, dass das wieder abgestellt wird. Das funktioniert nicht. An dieser Stelle müssen wir konsequent bleiben.
Dort, wo Hilfe möglich und sinnvoll ist, intervenieren wir ohne großes Tamtam. Ich könnte zu jedem der von Ihnen, Herr Thiel, angeführten Fälle einen langen Vortrag halten. Das mache ich nicht.
Ich weise aber auf eines hin: Ein System, das darauf hinausläuft, dass der Staat die Verantwortung für Fehlentwicklungen in einzelnen Unternehmen übernimmt, ist zum Scheitern verurteilt und ist noch unwirtschaftlicher als jedes andere.
Dort, wo Hilfe möglich ist, wird sie geleistet. Wenn dies gewünscht wird, unterrichten wir den Wirtschaftsausschuss selbstverständlich über das, was geschehen kann und was geschieht. Aber eine weitergehende Verantwortung für die einzelnen Betriebe lehne ich mit Nachdruck ab.
Diese Tendenz würde dazu führen, dass wir immer stärker in eine Wirtschaftsordnung hineinkommen, in der der Staat für alles gerade zu stehen hat. Die Erfahrungen zeigen, dass das ein Holzweg ist. Deshalb bitte ich darum, den Antrag der PDS-Fraktion abzulehnen.
Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. - Gibt es noch eine Nachfrage an den Minister, Herr Abgeordneter Krause? - Möchten Sie diese beantworten?
Herr Minister, Sie haben zum Beispiel die Fabrik in Bad Kösen genannt und gesagt, wenn die Betriebskosten zu hoch seien, sei es verständlich. Ich ziehe eine Parallele dazu. Man könnte sich bei allen anderen Unternehmen genauso verhalten, auch bei den Mittelständlern in der
Innenstadt von Haldensleben, die mit den Kosten einfach nicht mehr mithalten konnten und Insolvenz oder Konkurs anmelden mussten.
Meinen Sie, Ihr Vorgehen, wie ich es im Wirtschaftsausschuss mit Erschrecken zur Kenntnis nehmen musste, ist richtig, indem Sie weiterhin den Otto-Versand mit Geldern in Millionenhöhe fördern und damit den Mittelständlern künftig alle Chancen nehmen? Ist das die Verantwortung, die Sie weiterhin wahrnehmen wollen?
Herr Krause, jetzt darf ich einmal darauf hinweisen, dass wir im Bereich des Einzelhandels ein differenziertes Systems haben. Es gibt die Versandhäuser, es gibt den Einzelhandel, es gibt die unterschiedlichsten Angebote auf der grünen Wiese und in der Innenstadt.
Natürlich hat jedes Ding auf dieser Welt zwei Seiten. Aber wenn ein so großes Unternehmen sein Zentrum für die ganze Bundesrepublik bei Haldensleben errichtet und dabei Tausende von Arbeitsplätzen entstehen, dann wären wir schlecht beraten, das abzulehnen. Dem Einzelhandel in Haldensleben wäre doch damit nicht geholfen.
Der hat ganz andere Probleme, die ich nicht verkenne und bei denen in gewissem Umfang öffentliche Hände helfen können, aber eben nur in gewissem Umfang. Eines halte ich für unabdingbar: Über die Frage, wer Erfolg hat oder nicht, auch im Einzelhandel, müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden und nicht die Landesregierung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Krause, ich glaube, Ihnen ist nicht so richtig bewusst gewesen, was Sie eigentlich gesagt haben.
(Herr Krause, PDS: Doch, doch! - Frau Dr. Sitte, PDS: Da können Sie sicher sein! - Herr Krause, PDS: Der billige Preis wird staatlich gefördert und die Kleinen können nicht mithalten! Dann sagen Sie: Wettbewerb!)
Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion lehnt den Antrag der PDS-Fraktion ab, und zwar nicht, Herr Thiel, weil es nicht sinnvoll wäre,
im Ausschuss über diese Themen zu reden, sondern weil die Intention, die Sie Ihrem Antrag zugrunde legen,
falsch ist. Das passt nicht. Das geht in Richtung Staatswirtschaft. Wir sind in der sozialen Marktwirtschaft.
Meine Damen und Herren! Dem Antrag der PDS-Fraktion ist zu entnehmen, dass die Zahl der instabilen und von Insolvenz bedrohten Unternehmen in Sachsen-Anhalt wächst. Über die Ursachen dafür soll berichtet werden. Ein negatives Bild wird gezeichnet. Sie haben es in Ihren mündlichen Ausführungen noch einmal zum Ausdruck gebracht.
Dies entspricht so nicht den Tatsachen. Sie müssen, wenn Sie negative Beispiele bringen, die Realität wiedergeben und auch die andere Seite beleuchten. Natürlich sind wir noch lange nicht zufrieden,
- es wäre toll, wenn Sie zuhören würden; dann können Sie nachher reagieren und Rückfragen stellen -, aber es gibt Anzeichen, die hoffen lassen. Ich will nicht alles wiederholen, sonst werden wir wieder verdächtigt, nur Populistisches zu sagen.
Im Bereich der Insolvenzen ist es eben nicht so; dort ist eine Trendwende zu erkennen. Das Gründungsgeschehen ist im letzten Jahr gegenüber dem Vergleichsjahr positiv gewesen.
Es gibt vorsichtigen Optimismus. Wir bemühen uns auch immer darum, vorsichtig zu formulieren. Ein Silberstreif am Horizont ist auch schon etwas. Bei den Umsätzen der Industriebetriebe im Bereich des verarbeitenden Gewerbes ist bundesweit der stärkste Zuwachs in SachsenAnhalt zu verzeichnen gewesen. Ich glaube, an dieser Tatsache sollte man nicht einfach vorbeigehen.
Die Indikatoren schlagen noch nicht auf die Arbeitslosenquote durch, das ist so. Aber um einen großen Tanker auf hoher See zu wenden, brauchen Sie einen großen Wendekreis und eine bestimmte Zeit.
Meine Damen und Herren! Ich komme zum Kern des Antrags. Im PDS-Antrag wird gefordert, dass wirtschaftspolitische Steuerungsmaßnahmen für eine wirksamere Hilfe für Unternehmen, die von Zahlungsschwierigkeiten und Insolvenz betroffen sind, vorzulegen sind.
Herr Thiel, Ihnen als Unternehmer sind die vorhandenen Instrumente, Liquiditätshilfe, Bürgschaften, Beratung, und der Umgang mit diesen wohl bekannt. Davon gehe ich aus. Sie können der Landesregierung nicht vorwerfen, sie kümmere sich nicht um die Unternehmen, die in Schwierigkeiten sind, im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Das haben bisher auch alle anderen Regierungen so gehandhabt.
Insbesondere marktfähigen Unternehmen, die ohne eigenes Verschulden in Not geraten sind, kann meistens auch geholfen werden. In Ihrem Antrag fordern Sie aber ganz klar - Sie haben es auch mündlich begründet - eine Ausweitung der bisherigen und neue Instrumente. Ihre Vorschläge, die Sie gebracht haben, waren zwar ganz interessant, aber deren Umsetzung bedeutet in jedem Fall den Einsatz von viel mehr öffentlichem Geld, den Einsatz von viel mehr Beratung und das Entstehen von neuer Bürokratie. Darum kommen Sie nicht herum. Es bedeutet mehr staatliche Einflussnahme in der Marktwirtschaft.
Ihr Antrag wirft die Frage auf, ob die PDS in letzter Konsequenz bei von Insolvenz bedrohten Unternehmen dem Staat, dem Land und damit auch dem Steuerzahler zusätzliche wirtschaftliche Risiken aufbürden will. Diese Frage müssen Sie sich tatsächlich stellen.
Das ist nicht unser Ansatz. Unser Ansatz ist, dass der Staat die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen verbessert.