Hans-Jörg Krause

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Herr Hacke, hätten dann nicht Ihre Bedenken auch in dem Punkt eine Rolle spielen müssen, den wir, glaube ich, als Punkt in dem Staatsvertrag zwischen Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zur forstwirtschaftlichen Versuchsanstalt verhandelt haben? Dort steht klar formuliert - dabei gab es keine Bedenken gegen unsere Zustimmung -, dass der Sitz in Göttingen ist. Dort steht nicht „kann“. Dann hätten wir doch auch Bedenken verfassungsrechtlicher Art äußern müssen.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Auf der Klausurtagung des Landesbauernverbandes Mitte November sind wir, die agrarpolitischen Sprecher aller Fraktionen, und auch Frau Ministerin Wernicke mit dem jetzt zu behandelnden Thema konfrontiert worden. Es geht um die Altschuldenregelung in der Landwirtschaft und insbesondere um die Ablöseregelung für die Altschulden und die daraus für nicht wenige Betroffene erwachsenden Probleme.
Das Problem besteht darin, dass eine Reihe von Agrarunternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, die willens sind, ihre Altschulden abzulösen, damit rechnen müssen, dass die Ablösung ihrer Altschulden ertragssteuerlich behandelt werden wird. Es wird also davon ausgegangen, dass die Ablösung der Altschulden entsprechend der Verordnung zur Durchführung des Landwirtschaftsaltschuldengesetzes vom 24. November 2004 dem Charakter nach wie ein steuerrechtlich wirksamer Gewinn zu behandeln ist.
Da die GmbH & Co. KG bekanntermaßen Personengesellschaften sind, werden die hieraus erwachsenden Forderungen natürlich den entsprechenden Kommanditisten angelastet. Dies wird zu einer finanziellen Überforderung der Betroffenen mit der Konsequenz führen, dass die Kommanditgesellschaft in ihrer Existenz aufs Äußerste gefährdet wird.
Im Moment kann ich die konkrete Zahl der so Betroffenen noch nicht nennen; Tatsache ist aber, dass es in Sachsen-Anhalt ca. 20 GmbH & Co. KG mit einer Fläche von schätzungsweise mehr als 30 000 ha und unter anderem ca. 500 Beschäftigten gibt, die Altschulden haben. Der Anteil gleichfalls betroffener GbR als Rechtsnachfolger einer ehemaligen LPG mit Altschulden ist hierbei noch nicht berücksichtigt.
Angesichts dieser Tatsache und in Kenntnis der allgemeinen Situation in den ländlichen Räumen haben wir hier unbedingt Handlungsbedarf. Angefangen vom Landwirtschaftsanpassungsgesetz bis hin zum Landwirtschaftsaltschuldengesetz war es der politische Wille des Gesetzgebers, dass zunächst die Umwandlungsprozesse der damaligen LPG in neue Rechtsformen und schließlich auch die Bewältigung der Altschuldenproblematik so gelöst werden, dass Agrarunternehmen nicht gefährdet werden sollten, sondern eine solide Agrarstruktur in den neuen Bundesländern gesichert und ausgebaut werden sollte.
Insbesondere mit den zuletzt getroffenen Regelungen zum Verfahren der Ablösung von Altschulden zielte der Gesetzgeber darauf ab, den Agrarunternehmen ein faires, möglichst realisierbares Angebot für die Ablösung der umstrittenen Altschulden zu unterbreiten. Die steuerliche Regelung, die nunmehr praktiziert werden soll, ist aus unserer Sicht mit dieser Intention des Gesetzgebers unvereinbar.
Dazu muss man wissen, dass die Regelungen zur Ablösung der Altschulden so eng bemessen sind, dass eine
Weiterführung des Unternehmens bzw. seine Sanierung gerade eben möglich ist und erforderliche Investitionen zurückgestellt werden müssen, um den Ablöseverpflichtungen nachkommen zu können. Gerade hinsichtlich dieser Frage gab es in der Vergangenheit die hartnäckigsten Auseinandersetzungen zwischen Gesetzgeber und Agrarunternehmen sowie außerordentlich große Bedenken auf der Seite der betroffenen Agrarunternehmen selbst.
Wenn man sich schließlich doch dem Ablöseverfahren angeschlossen hat, dann deshalb, weil Themen wie Werthaltigkeit der Altschuldenkredite oder umwandlungsbedingte Eigentumsfragen bewusst als unlösbare Problemfelder bei diesem Akt außen vor bleiben sollten. Außerdem sind zu diesem Zeitpunkt insbesondere die Gesellschafter der GmbH & Co. KG nicht im Geringsten davon ausgegangen, dass aus der Ablösung ihrer Altschulden ein steuerlicher Nachteil erwächst und sie damit gegenüber den vielen anderen Mitgliedern von Agrargenossenschaften und GmbH, die auch Altschulden haben, ungleich behandelt werden.
Praktisch bedeutet die jetzige Regelung zur Ablösung der Altschulden, insgesamt 30 % zu zahlen, doch lediglich eine Verbesserung der Bilanz im Buchwert, hinter der kein wirklicher betrieblicher Gewinn steht, der fiskalisch zu messen wäre; somit fließt kein Cent mehr in den Geldbeutel der Betroffenen, aber dennoch müssten die einzelnen Gesellschafter, wenn diese Regelung griffe, entsprechend ihren jeweiligen Steuersätzen Steuern zahlen.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir machen mit unserem Antrag weder der Landesregierung noch Ihnen, Herr Minister Paqué, einen Vorwurf hinsichtlich einer falschen Auslegung dieses Gesetzes. Nein, das können wir auch nicht; diese Gesetzeslage ist nun so, wie sie ist. Wir möchten einfach nur, dass alle Möglichkeiten genutzt werden, um in dieser Angelegenheit zu heilen. Es geht uns und den Betroffenen selbstverständlich darum, dass eine für Personengesellschaften und deren Gesellschafter akzeptable steuerliche Regelung gefunden wird, die den Geist und die Absicht des Altschuldengesetzes nicht konterkariert.
Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Wernicke und Herr Minister Paqué, aus unserer Sicht wäre es natürlich zweckmäßig, unserem Antrag direkt zuzustimmen.
Lassen Sie uns ansonsten in den Ausschüssen darüber reden - damit ziele ich auch auf Ihren Änderungsantrag ab -, inwiefern hier Ungleichbehandlungen vorliegen, der Wille des Gesetzgebers konterkariert wird und inwiefern damit nicht abschätzbare wirtschaftliche, aber auch soziale Folgen in den Dörfern regelrecht provoziert werden.
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, Ihrem Änderungsantrag könnten wir uns anschließen, wenn die Intention unseres Antrages zur Beratung mit in die Ausschüsse überwiesen würde. Daher schlagen wir folgende Veränderung im letzten Satz vor, der da lautet: „Der Beschluss der Finanzminister des Bundes und der Länder vom April soll erläutert...“ An dieser Stelle soll die Passage eingefügt werden: „und geprüft werden, inwiefern im Rahmen einer grundsätzlichen Billigkeitsregelung entschieden werden kann.“ Ich muss sagen, diese Frage stellen wir, stellen Betroffene und stellt auch der Bauernverband.
Meine Damen und Herren! Bis zur abschließenden Beratung sollten die Einzelverfahren zurückgestellt werden, um auch - und das ist unsere Intention - das Ergebnis bezüglich dieser Prüfung einer grundsätzlichen Billigkeitsregelung zu erfahren. Wir würden mit dieser Änderung auch dem Änderungsantrag der CDU unsere Zustimmung geben und die Beratung in der gemeinsamen Ausschusssitzung abwarten.
Wenn beide Anträge in den Ausschuss überwiesen werden können, wäre das Problem gelöst. Es liegt aber ein Änderungsantrag vor, der - so habe ich ihn verstanden - beschlossen werden soll und durch den der Text unseres Antrags ersetzt wird. Damit würde unsere Intention eigentlich nicht Gegenstand sein; im Ausschuss wäre vielmehr nur eine Information aus der Sicht des Finanzministers Gegenstand. Wir möchten aber auch seine Sicht und seine fachliche Position hinsichtlich einer generellen Billigkeitsregelung - Einzelfallregelungen sind in diesem Gesetz festgeschrieben - erfahren. Das ist die Änderung, die ich formuliert hatte.
Frau Dr. Hüskens, ohne jetzt daran zu zweifeln: Steuerrechtlich haben Sie alles richtig erklärt.
Die Theorie und die Praxis sind im Steuerrecht oftmals zweierlei. Wir hatten Betroffene am Tisch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in der Kürze alle schon diese Gespräche mit Betroffenen geführt haben. Sie sagten vorhin, da fällt Gewinn an. Ich habe in meinem Redebeitrag darauf hingewiesen, dass das nur fiktiv ist, buchmäßig und dass die Betroffenen, die Kommanditisten wie auch die Gesellschafter einer GbR, keinen Cent mehr in der Tasche haben, aber jetzt aufgrund dieser Situation, wenn
wir nicht abhelfen, in barer Münze Steuern zahlen müssen. Können Sie sich das vorstellen?
Ich wollte Herrn Schröder, weil er aus der Region ist, nur etwas mit auf den Weg geben,
damit man nicht überrascht ist von neuen Sichtweisen. In der Begründung zu dem Änderungsantrag wird darauf
verwiesen, dass es schon ähnliche Anlagen in der Größenordnung von 20 000 Schweinen im Land gebe. Das Konzept spricht dagegen gegenwärtig von 2 500 Sauen und 20 000 Mastplätzen. Ich möchte Herrn Schröder bitten, dass er sich einmal mit der Ministerin darüber verständigt, was das konkret heißt.
Bei aller Öffentlichkeit wurde noch nicht darüber gesprochen, wie sich die Reproduktion darstellen wird, die Frage des Bestandes der Ferkel und Läufer. Es ist nur die halbe Wahrheit - ich will nicht sagen: die Unwahrheit -, wenn man von 20 000 Schweinen schreibt. Es sind weitaus mehr, wenn man auch den Reproduktionsbestand mit berücksichtigt, der in der ganzen Diskussion zurzeit keine Rolle spielt. Wenn man entsprechend auch den GV-Schlüssel im Immissionsschutzverfahren berechnet, dann kommen ganz andere Zahlen zutage.
Herr Daldrup, Sie wissen - Sie haben es im Agrarausschuss erlebt -, dass wir zweimal versucht haben, die Landesregierung mit einem Antrag zu bewegen, die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens fachlich richtig zu werten und letztlich in das Gesetzgebungsverfahren mit einfließen zu lassen. Wir hatten auch die Rücküberweisung gefordert, damit sich die Landesregierung damit befasst.
Für mich ergibt sich daraus die Frage, warum Sie so vehement dagegen sind und jeglichen Versuch abgelehnt haben, die Landesregierung aufzufordern, sich mit den fachlich fundierten - ich sage es einmal so - Expertenmeinungen ernsthaft auseinander zu setzen.
Eine ganz kurze Bemerkung. Frau Ministerin, ich möchte nicht aberkennen, dass Sie mit den Menschen gesprochen haben. Die Frage ist aber nicht, ob Sie mit den Betroffenen und mit den Fachleuten gesprochen haben. Die Erfahrung, die ich im Ausschuss oder in Gesprächen mit den Fachleuten und auch mit Betroffenen gemacht habe, war, dass Sie gesagt haben, wo es lang geht, und Hinweise und Bedenken nicht zur Kenntnis genommen haben. Das war das Ergebnis.
Herr Minister, es ist eben auch schon von meinem Vorredner gesagt worden: Es geht hier nicht um das Bemühen einer adligen Familie.
Es geht hier einzig und allein um das Verhalten, das Engagement eines Ministers - ich sage es einmal so - ohne die Beachtung verwaltungsrechtlicher Prinzipien und Normen in einer privat- bzw. zivilrechtlichen Angelegenheit.
Sie haben immer wieder die Aufmerksamkeit auf die Familie gelenkt; es geht aber um Ihre Person. Ich kenne, seit ich hier im Landtag tätig bin, keinen Fall, in dem ein Minister seinen dienstlichen oder gar privaten Terminkalender so sehr strapaziert hat wie Sie, um ein Verfahren durchzusetzen gegen - jetzt bewerte ich das mit meinen Worten - die Intention von Kommunalpolitikern und des Bürgermeisters von Ilsenburg. Das Ergebnis war fast einstimmig; es gab nur eine Stimmenthaltung. Das ist ein Fakt.
Kein Ministerium kann eine solche Bilanz ziehen, wie Sie sie in diesem Fall jetzt gezogen haben.
Ich weiß dagegen von Bemühungen und Aussagen des Wirtschaftsministeriums in Einzelverfahren, wo wir als Abgeordnete eine Antwort erhalten haben, wenn bestimmte Anträge nicht bearbeitet wurden. In Fällen, in denen Förderanträge bzw. Konzepte nicht vollständig waren, sind Äußerungen aus Ihrem Haus gemacht wor
den - ich muss aber dazusagen: Sie waren damals nicht Minister -,
haben Mitarbeiter des Ministeriums gesagt: Wir sind nicht für die Schularbeiten der Antragsteller verantwortlich. Hier macht der Minister Schularbeiten in einem ganz konkreten Fall. Entschuldigen Sie, aber das stinkt zum Himmel.
Herr Minister, dieses Thema ist mehrfach auch im Agrarausschuss behandelt worden. Damals ist auch gesagt worden: In Abhängigkeit von dem Ausgang des Genehmigungsverfahrens steht bei einem Negativbescheid eine Reduzierung des Kaufpreises in Rede. Was ist vereinbart worden?
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Ministerin, kurz eine Vorbemerkung: Ihr Redemanuskript ist mir gestern am späten Nachmittag zur Kenntnis gegeben worden. Was ich darin las, das brachte mein vorbereitetes Konzept doch etwas durcheinander.
- Ich sagte bewusst „etwas“. - Ich dachte eigentlich, wir verständigen uns hier grundsätzlich zur Sache. Was wir jetzt aber vernehmen konnten, als Sie genüsslich Herrn Sonnleitner zitierten, und zwar dass - so interpretiere ich es - die Entscheidung für Ihre Politik letztlich einer Bauernbefreiung gleichkomme, ist doch wohl etwas übertrieben, um nicht zu sagen starker Tobak.
Aber zurück zu meinem Konzept. Sehr verehrte Damen und Herren! Unser Land, das Land Sachsen-Anhalt, ist einerseits mit der Magdeburger Börde, der Querfurter Platte und mit den ausgedehnten Grünlandgebieten im Norden und im Westen des Landes, andererseits aber auch mit großen Waldstandorten ein prädestinierter Standort für Land- und Forstwirtschaft.
Aber nicht nur die vorzüglichen natürlichen Bedingungen, sondern vor allem auch die Erfahrungen und das Wissen der über 21 000 Beschäftigten in diesem Bereich sind ursächlich dafür, dass die Landwirtschaft - die Forstwirtschaft und die Fischerei eingeschlossen - ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das Land ist.
An der Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche unseres Landes von rund 41,8 Milliarden € erbringt dieser Bereich immerhin einen Anteil von 2,3 %, also 980 Millionen €. Dazu muss gesagt werden, dass der Beitrag der Landwirtschaft zur Gesamtwirtschaft gerade in den letzten drei Jahren doch etwas gesunken ist.
Natürlich kann uns das nicht befriedigen. Ein Hinweis darauf, dass wir damit durchaus im Trend der Bundesrepublik und insbesondere der neuen Länder liegen, macht aus meiner Sicht den Tatbestand nicht besser. Es liegt mir fern, mit dieser Wertung unterstellen zu wollen, dass dies vor allem der Agrarpolitik dieser Landesregierung geschuldet ist; dafür gibt es viele andere Gründe.
Wir wissen auch, dass nicht die Einsatzbereitschaft und die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern bzw. der Landwirte und aller Beschäftigten in diesem Bereich ursächlich diesen Rückgang sein können. Nein, es sind die immer enger werdenden politischen Rahmenbedingungen, unter denen die Landwirte arbeiten und leben müssen.
An dieser Stelle sei mir gestattet, darauf hinzuweisen, dass die tägliche Arbeitszeit eines oder einer Beschäftigten in der Landwirtschaft fernab jeglicher gewerkschaftlichen Regelung liegt. Die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft liegen mit 15 585 € im Jahr ebenso jenseits jeglichen Vergleichs, jedoch in entgegengesetzter Richtung: nach unten. Immerhin nehmen die Beschäftigten der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft in diesem Vergleichszeitraum einen Spitzenplatz unter ihren Berufskollegen und -kolleginnen in den neuen Bundesländern ein, wobei die Bruttolöhne ihrer Kolleginnen und Kollegen in den alten Bundesländern um 2 000 bis 4 000 € im Jahr höher liegen.
Während laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung die Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen-Anhalt insgesamt von 1991 bis 2004 um 92 % auf im Durchschnitt 21 462 € stiegen, erhöhten sich diese in der Landwirtschaft in demselben Zeitraum lediglich um 58 % auf die eben bereits genannten 15 585 €. Wenn Sie es schnell einmal durchrechnen, dann stellen Sie fest: Das sind ganze 1 298 € brutto im Monat.
Mit dem seit dem Jahr 2004 greifenden grundlegenden Systemwechsel in der gemeinschaftlichen Agrarpolitik der EU werden aus meiner Sicht die Bedingungen, unter denen die Landwirte zu wirtschaften haben, nicht besser werden.
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass das proklamierte Ziel, das mit der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik erreicht werden soll, in vielen Punkten von uns auch mitgetragen werden kann. So sind auch wir dafür, dass sich die Landwirte mit mehr Eigenverantwortung dem Wettbewerb stellen und dass die Direktzahlungen für die Landwirtschaft stärker an Umwelt-, Tierschutz- und Qualitätsvorschriften gebunden werden. Auch die Hinwendung zur Entwicklung der ländlichen Räume findet unsere ganze Unterstützung. Doch die Bilanz, die wir ziehen, ist sehr gemischt, ist eher eine andere.
Etwaigen Fortschritten auf dem Weg zu einer umweltgerechten Landwirtschaft, beim Anbau und bei der Verarbeitung und Vermarktung nachwachsender Rohstoffe, bei der Futtermittel- und Lebensmittelsicherheit und
beim Tierschutz stehen, wie ich bereits nachgewiesen habe, eine unbefriedigende Einkommensentwicklung in der Landwirte im Vergleich zur übrigen Wirtschaft und relativ geringe Nettoinvestitionen gegenüber.
Ein Mangel ist, dass die Agrarreform, so wie sie angelegt ist, den Bauern kaum eine Chance lässt, die Anforderungen des Umwelt-, Natur- und Tierschutzes tatsächlich mit den wirtschaftlichen und unternehmerischen Erfordernissen zu verknüpfen. Dadurch besteht die akute Gefahr, dass die Landwirtschaft als Wirtschaftsfaktor mehr und mehr an Gewicht verliert und diese Politik zur verstärkten Aufgabe der Landwirtschaft in Gebieten mit ungünstigen natürlichen Standortbedingungen sowie zum Ausbluten ländlicher Räume führt.
Für solche ländlichen Räume bzw. Regionen wie den Altmarkkreis Salzwedel, den Landkreis Stendal, den Burgenlandkreis oder den Landkreis Mansfelder Land, in denen der Anteil der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten etwa 7 bis 9 % beträgt, kann eine derartige Entwicklung verheerende Folgen haben.
Durch eine ausufernde Bürokratie - auch wenn Sie, Frau Ministerin, einige Unumgänglichkeiten erklärt haben - werden die Landwirte zunehmend belastet und gegängelt.
Trotz ländlicher Entwicklungspolitik nimmt die wirtschaftlich-soziale Ungleichheit unter den Regionen zu. Es zeichnet sich ab, dass es immer mehr strukturschwache, periphere ländliche Räume gibt, in denen sich eine extrem hohe Arbeitslosigkeit und eine fehlende wirtschaftliche Alternative mit einem dramatischen Bevölkerungsrückgang bündeln.
An dieser Stelle muss ich einfach auf die Reform der Zuckermarktordnung zu sprechen kommen, mit der dieser Prozess aus unserer Sicht noch verstärkt wird. Natürlich gibt es Handlungsbedarf dahin gehend, dass wir die Erzeugung von Zucker aus Zuckerrüben nicht auf Teufel komm raus betreiben, um einen Großteil davon zu exportieren. In jedem Fall hat die Politik aber solche Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen wir hier in Europa eine satte Selbstversorgung sichern können. Diese darf auf keinen Fall gefährdet werden.
Mit der Zuckerrübe haben wir in Sachsen-Anhalt den Ausgangspunkt für eine Wertschöpfungskette, auf die wir im Interesse der Sicherheit der Einkommenssituation der Beschäftigten in der Land- und Ernährungsgüterwirtschaft nicht verzichten dürfen.
Außerdem können wir mit der Zuckerrübe neue Wirtschafts- und Arbeitsfelder erschließen. Die Energiegewinnung aus Biogas im Allgemeinen und Ethanol aus Zuckerrüben im Besonderen ist vor allem auch eine Chance für die Landwirte und die Zuckerfabriken und kommt darüber hinaus dem ländlichen Raum zugute. Sie würde die Situation um das Auslaufen der Zuckermarktordnung - so wir das nicht verhindern können - wesentlich entspannen.
Auch sind wir nicht davon überzeugt, dass dieser Weg wirklich eine Hilfe für die ärmsten und schwächsten Länder ist, wenn selbst diese für die Beibehaltung einer modifizierten Zuckermarktordnung sind - von den Arbeits- und Produktionsbedingungen in diesen Ländern ganz zu schweigen.
Der Strukturwandel, der jetzt vollzogen wird, birgt ganz offensichtlich die Gefahr in sich, dass wir die Bilanz, die
wir heute noch ziehen können, dass nämlich die Landwirtschaft eine erfolgreiche Wirtschaftskraft für das Land ist, in einigen Jahren so nicht mehr werden aufmachen können.
In der Debatte über die heutige Regierungserklärung können wir noch auf solide Ergebnisse in der Landwirtschaft verweisen, die sich tatsächlich auch in fassbaren Zahlen ausdrücken.
Ich nenne als Beispiel die nachwachsenden Rohstoffe. Sachsen-Anhalt belegt beim Anbau nachwachsender Rohstoffe - wir hörten es - auf Stilllegungsflächen unter allen Bundesländern einen führenden Platz. Es haben sich bei uns verschiedene Unternehmen zur Verarbeitung von nachwachsenden Rohstoffen etabliert. Ich denke hierbei an Cobbelsdorf, wo kompostierbare Verpackungsfüllstoffe und -formteile hergestellt werden. In zwei Großanlagen und einer kleinen Anlage können jährlich ca. 225 000 t Biodiesel produziert werden. Auch mit der Ausrichtung von Fachmessen zum Thema nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien hat sich Sachsen-Anhalt in der Vergangenheit einen Namen gemacht.
Wenn wir hierfür jemandem Anerkennung zollen müssen, sind es vor allem die Akteure vor Ort, die ein außerordentliches Engagement an den Tag legten und mit langem Atem ihr Ziel verfolgten.
Ich betone das, weil sich nicht nur mir der Eindruck vermittelt hat, dass das Hinzutun der Landesregierung, die konzeptionelle Vorarbeit sowie das offensive Management den Erwartungen der Akteure vor Ort nur unzureichend entsprochen hat. Die im Jahr 2003 eingerichtete Koordinierungsstelle für nachwachsende Rohstoffe ist draußen kaum wahrgenommen worden.
Den ökologischen Landbau sehen wir als eine nützliche Ergänzung zur herkömmlichen Landwirtschaft an. Der Anstieg bei den bewirtschafteten Flächen hat sich in den vergangenen Jahren zwar nur verhalten fortgesetzt, aber immerhin 5 % der Unternehmen bewirtschaften in Sachsen-Anhalt etwa 3 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche des Landes nach klar definierten ökologischen Grundsätzen.
Meine Damen und Herren! Über die Ertragslage bei den wichtigsten Kulturen sowie über die Leistungen in der Tierproduktion müssen wir uns in diesem Hause sicher nicht unbedingt verständigen. Hierbei sind in den zurückliegenden Jahren beachtenswerte Steigerungen erreicht worden, die aber einzig und allein in der Verantwortung der Unternehmen liegen und weniger Ausdruck einer guten oder schlechten Landwirtschaftspolitik der Regierung sind. Daran müssen wir uns heute nicht festhalten.
Uns interessiert nicht die bloße Feststellung - das hat die Landesregierung heute auch in dem Bericht festgestellt -, dass sich die Landesregierung wie zugesagt um die Tierproduktion kümmert. Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, uns interessiert vielmehr das Schicksal der Veredlungsoffensive, die Sie - Sie sind darauf eingegangen - in den Jahren 2002/2003 großartig angekündigt hatten und auf den Weg bringen wollten. Das wäre nun wirklich eine Aufgabe von Agrarpolitik.
Kern dieses Gedankens war es, die Viehbestände in Sachsen-Anhalt nicht nur zu stabilisieren, sondern auch zu vergrößern. Hierbei hat sich in den vergangenen Jahren aber wirklich nichts bewegt. Während sich die
Schweinebestände zwar gehalten haben, gab es bei den Rinderbeständen einen sichtbaren, stetigen Abwärtstrend.
Gerade die Probleme bei der Mutterkuhhaltung sollten uns zu denken geben; denn hierbei sind Widersprüche zum allgemeinen Bedürfnis der Gesellschaft nach einer ökologisch ausgerichteten Pflege der Kulturlandschaft festzustellen. Auch den Trend in der Schafhaltung gelang es nicht aufzuhalten, geschweige umzukehren.
Dabei dürfen wir sicher sein, dass wir über die Vergrößerung der Tierbestände wieder mehr Arbeit, das heißt Arbeitsplätze, in die ländlichen Räume Sachsen-Anhalts bringen können. Man muss nicht erst einen Blick auf die Situation in den alten Bundesländern werfen, um eine Bestätigung dafür zu erhalten, dass zwischen einem hohen Niveau in der Veredlungswirtschaft und dem Arbeitsplatzangebot in der Landwirtschaft und damit der Kaufkraft in den ländlichen Räumen ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
In den ländlichen Räumen Sachsen-Anhalts lebt etwa ein Drittel der Bevölkerung. Weit mehr als ein Zehntel der in der Volkswirtschaft Beschäftigten ist in der Agrarwirtschaft sowie in deren vor- und nachgelagerten Bereichen tätig. Mit der Agrarwirtschaft wird ein entscheidender Beitrag zur Befriedigung des Grundbedürfnisses nach ausreichender, gesunder Ernährung geleistet.
Die Landwirtschaft trägt aber auch maßgeblich dazu bei, dass entscheidende Teile des natürlichen Nationalreichtums geschützt und gemehrt werden. Lebenswichtige Naturressourcen wie Boden, Wasser, Luft, Artenvielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt sowie die Kulturlandschaft werden über die tagtägliche Arbeit in der Landwirtschaft reproduziert.
Meine Damen und Herren! In Sachsen-Anhalt haben wir für all diese Aufgaben eine moderne Agrarstruktur, die eine gute Ausgangsposition für eine starke Wirtschaftskraft bietet. Trotz aller Probleme sind wir in der Lage, den Anforderungen der EU-Agrarreform gerecht zu werden. Wir müssen aber immer wieder die Unterschätzung des wirtschaftlichen und sozialen Potenzials der Gemeinschaftsunternehmen im Allgemeinen und der Genossenschaften im Besonderen feststellen. So werden Genossenschaften in den Agrarberichten der Landesregierung seit dem Agrarbericht 2004 nicht mehr gesondert erfasst.
Meine Damen und Herren! Es ist wichtig, dass wir eine Politik machen, die den Landwirt in die Lage versetzt, auch künftig zukunftsträchtige Investitionen zu tätigen. In dieser Hinsicht betrachten wir Regelungen im Zusammenhang mit dem Landwirtschafts-Altschuldengesetz und die Auswirkungen der Bodenpolitik, die Bodeneigentum vor Pacht stellt, als nicht förderlich. Dringend notwendige Investitionsmittel bzw. Kapital werden durch die Bedienung der Banken und den Zwang, bisher genutzte Flächen kaufen zu müssen, aus den Betrieben abfließen.
In diesem Zusammenhang eine kurze Bemerkung zur Abwicklung der Bodenreform. Dieses Kapitel gehört wohl zu den folgenschwersten politischen Fehlentscheidungen und hat letztlich zu einer Eigenkapitalschwächung bei fast 20 000 Menschen in unserem Land geführt. Straßburg hat zwar juristisch einen Schlussstrich gezogen, politisch ist dieses Kapitel für uns als Linkspartei jedoch nicht abgeschlossen.
Erstens. Nach dem Gesetz - ich bezeichne es einmal kurz; so ist auch der Artikel überschrieben - zur Abwicklung der Bodenreform waren Sie, die Landesregierung, die der CDU von 1990 bis 1994, danach die der SPD und jetzt wieder die der CDU, nicht verpflichtet, diese Enteignungen durchzuführen. Denn Sie hätten auch von der Möglichkeit Gebrauch machen können, zugunsten der Betroffenen zu entscheiden. Schließlich handelt es sich hier lediglich um eine im Gesetz formulierte Kannbestimmung.
Zweitens schließe ich mich dem Votum des deutschen Richters Ress am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an, in dem er, wie weitere fünf Richter, betonte, dass der Gerichtshof in seiner Begründung den kompletten Einigungsprozess zur Hinwendung, zur Festigung des Privateigentums als gemeinsames Programm der DDR und der Bundesrepublik Deutschland negiert habe. - So in dem Minderheitsvotum zu lesen. Auch der Ex-Ministerpräsident Herr de Maizière hat in einer Pressekonferenz am 30. Juni geäußert, dass dieses Urteil einfach unfassbar sei.
Meine Damen und Herren! Auch eine kurze Anmerkung zur Forststrukturdebatte. Trotz zahlreicher Erklärungen der Landesregierung bleiben viele Unklarheiten bestehen. Die Linkspartei.PDS erwartet von der Landesregierung, dass dem Wald ein weitaus höherer Stellenwert als der eines Kostenfaktors für das Land beigemessen wird.
Zudem sollten Sie sich, Frau Ministerin, den verständlichen Interessen der 1 200 Beschäftigten in stärkerem Maße zuwenden und diesen Rechnung tragen.
Die Einheitsforstverwaltung ist aus unserer Sicht zu erhalten. Es ist auch wichtig, der angespannten Forstschutzsituation die erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen. Ich betone noch einmal: Wir bleiben bei der Ablehnung der Privatisierung von Landeswald.
Abschließend, sehr verehrte Damen und Herren, möchte ich noch einmal auf die Entwicklung der ländlichen Räume zu sprechen kommen. Wie nichts anderes stehen diese für Abwanderung aus Sachsen-Anhalt. Sie sind zugleich die schlimmsten Niedriglohnbereiche im Land. Nirgendwo wird der Fortzug der jüngeren Generation so schmerzhaft empfunden wie dort.
Die Lebensqualität in den ländlichen Räumen wird durch den Verlust von Kaufkraft und von Bevölkerung weiter beeinträchtigt. Die Entfernungen zum Arzt, zur Schule und zu anderen Dienstleistungen wachsen.
Der Charakter des ländlichen Raumes unterliegt einer ständigen Veränderung. Diese Perspektive bedeutet, dass die ländliche Struktur unter Berücksichtigung der Bewahrung des dörflichen Charakters sowohl als Standort für Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe als auch hinsichtlich der Landschaftspflege und des Schutzes vor Zersiedlung gezielt zu fördern ist. Die Abwanderung muss gestoppt werden.
Die Zukunft der ländlichen Räume ist eine große Herausforderung für die Landespolitik. Erfolge hierbei werden nur langfristig zu erzielen und nicht in Zeiträumen von Wahlperioden zu messen sein.
In der jetzigen Situation kommt es vor allem darauf an, öffentliche Angebote wie Schulen, Kindergärten und Verkehrsangebote soweit wie möglich aufrechtzuerhalten und bestehende Arbeitsplätze zu sichern.
Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich mit ihren Thesen zur Entwicklung der ländlichen Räume klar positioniert. Trotz der Bildung einer Allianz - wir hörten es vorhin - und wiederkehrender Beratungen und Beteuerungen der Landesregierung fehlen nach wie vor klare politische Leitlinien bzw. Handlungsoptionen der Landesregierung. Meine Damen und Herren! Diesbezüglich werden wir auch künftig Herausforderer der Landesregierung sein. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Hauser, ist Ihnen bei Ihrem Redebeitrag aufgefallen, dass sich die Damen und Herren der CDU-Fraktion für dieses Thema der Regierungserklärung nicht interessieren? Von den 48 Abgeordneten sind, glaube ich, zurzeit zwölf anwesend.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Mit der vorliegenden Antwort wird erneut bestätigt, dass die Rahmenbedingungen für die ländlichen Räume in Sachsen-Anhalt auf nationaler Ebene und europaweit ständigen Veränderungen unterliegen. Wie keine anderen stehen die ländlichen Räume für Abwanderung. Sie sind zugleich der schlimmste Niedriglohnbereich. Nirgendwo sonst wird der Fortzug der jungen Generation so schmerzhaft empfunden wie dort. Die Lebensqualität wird durch den Verlust an Kaufkraft und Bevölkerung weiter beeinträchtigt. Die Entfernungen zu öffentlichen und privaten Dienstleistungen wachsen.
Diese Perspektive bedeutet, dass die ländliche Struktur mit ihrer Multifunktionalität unter Berücksichtigung der Wahrung des dörflichen Charakters sowohl als Standort für Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe als auch hinsichtlich der Landschaftspflege und des Schutzes vor Zersiedlung gezielt zu fördern ist.
Meine Damen und Herren! Die heutige Situation ist das Ergebnis von Entwicklungsprozessen einer Politik über längere Zeiträume. Eine Korrektur ist auch deshalb nicht in Kürze von heute auf morgen möglich.
Ja, die gegenwärtige Entwicklung bestätigt die Sorge, dass die ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts immer mehr von der wirtschaftlichen und damit von der sozialen und kulturellen Entwicklung des Landes abgekoppelt werden. Gerade die Bevölkerungssituation in den ländlichen und ländlichsten Regionen führt zu erheblichen Tragfähigkeitsproblemen, wenn es um die vielfältige Frage der Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge geht, und stellt eine schlechte Ausgangslage zur Ausgestaltung neuer regionaler Strukturen und Wirtschaftskreisläufe dar.
Seit dem Jahr 1991 hat das Land mehr als 275 000 Einwohner verloren. Nach der regionalen Bevölkerungsprognose wird es bis zum Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2002 weitere 20 % seiner Einwohner verlieren. Problematisch stellt sich die Situation vor allem in den peripheren ländlichen Räumen unseres Landes wie in der Altmark, im Elbe-Havel-Winkel, in Anhalt-Zerbst sowie im Raum Jessen/Wittenberg dar. Diese Regionen weisen eine Bevölkerungsdichte von 43 bis 83 Einwohnern pro Quadratkilometer auf.
Die Herausforderung für uns besteht einerseits insbesondere darin, diese Regionen nicht zu ausgesprochenen Problemregionen werden zu lassen, und andererseits darin, dass die natürlichen und die wirtschaftlichen Ressourcen, aber auch die menschlichen Potenziale für die Entwicklung der Regionen und des Landes nutzbar gemacht werden. Es geht also darum, Politik und regionale Akteure zu einem ressortübergreifenden Handeln zu bewegen, das heißt letztlich, eine effiziente Wirt
schafts- und Förderpolitik zu entwickeln und zu betreiben, die den unterschiedlichen Bedingungen und Erfordernissen der ländlichen Räume im Land und den Interessen der betroffenen Menschen Rechnung trägt.
Hieraus erwächst auch unsere kritische Betrachtung der gegenwärtigen EU-Politik zur Entwicklung der ländlichen Räume. Viel zu wenig werden die unterschiedlichen Bedingungen und Erfordernisse der einzelnen Regionen beachtet. Was hat sich in den zurückliegenden Jahren immer wieder gezeigt? - Die Länder standen - so auch ganz konkret jetzt; dies wird auch in den Antworten der Landesregierung auf mehrere Fragen deutlich - von Förderperiode zu Förderperiode in der Pflicht, die Programme auf die neuen Förderbedingungen jeweils neu zuzuschneiden. Das heißt, Entwicklungsfragen der Länder wurden den sich ständig ändernden Förderbedingungen einfach nur angepasst.
Wir meinen, in der künftigen Förderpolitik der EU muss viel mehr den unterschiedlichen Bedingungen und Erfordernissen der Regionen Rechnung getragen werden, und nicht umgekehrt. Darin begründet sich auch die Fragestellung meines Kollegen Uwe Köck vorhin.
Meine Damen und Herren! Der ländliche Raum hat eine Chance, als lebendiger Sozialraum erhalten zu bleiben, wenn seine Entwicklung als relativ eigenständiger - so wie im Landwirtschaftsgesetz festgeschrieben - Wirtschaftsraum mit einem breiten Arbeitsplatzangebot gesichert wird. Dabei muss die Landwirtschaft auf lange Sicht eine tragende wirtschaftliche Säule darstellen. Dabei ist auch uns klar, dass sie längst nicht mehr allein dazu in der Lage ist, die Lebensfähigkeit dieser Räume zu erhalten und auszubauen.
Die Zukunft kann nur durch eine multisektorale ländliche Wirtschaft geprägt sein. Ein Branchenmix aus Agrarproduktion mit Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie Gartenbau und mit der Verarbeitung und Vermarktung agrarischer Erzeugnisse, aber auch mit anderen Wirtschaftszweigen wie Handwerk, Gewerbe, Tourismus und Dienstleistung mit hohem Innovationspotenzial ist zur Sicherung von Arbeit und Einkommen sowie zum Erhalt und zur Pflege der Natur und der Kulturlandschaft notwendig.
Wir meinen, die Landesregierung sollte sich viel stärker der Frage stellen, warum die Ernährungs- und Verarbeitungsbranche den Wirtschaftsbereich darstellt, der in den zurückliegenden Jahren effektiv nicht nur Arbeitsplätze gesichert, sondern auch unter dem Strich zusätzliche geschaffen hat. Dem steht gegenüber - ohne irgendeine Neiddiskussion anzuregen -, dass Milliarden in die Förderung der industriellen Leuchttürme geflossen sind, aber Jahr für Jahr - die Statistik sagt es - die Anzahl der Erwerbsarbeitsplätze in der Industrie abnimmt.
Auch wenn die Globalisierung ein Prozess ist, an dem Sachsen-Anhalt nicht vorbei kann, ist es längst überfällig, dass die Landesregierung die Erfordernisse der Stabilisierung und Entwicklung des Binnenmarktes stärker in den Vordergrund ihres Handelns rückt. Dazu gehört auch ein politisches Engagement, wenn entgegen allen Proklamationen durch die EU im Rahmen der WTOVerhandlungen Wege beschritten werden, die regelrecht zur Zerstörung von wirtschaftlichen Potenzen, von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum beitragen.
Ich sage dies nicht ohne Grund. Die Äußerung des Herrn Ministerpräsidenten anlässlich des Tages des offenen Hofes in Ostrau hat nicht nur mich sehr verwun
dert. Mit seinem Standpunkt, wer Wettbewerb wolle, der müsse sich damit abfinden, dass andere Länder Zucker billiger produzierten, hat er das Bemühen der Ministerin und des Agrarausschusses konterkariert.
Wenn wir Entwicklungsprobleme sehen, vor denen wir heute in Europa, in der Bundesrepublik und schließlich auch in Sachsen-Anhalt stehen, und wenn wir deren Ursachen besser verstehen möchten, dann können wir die Sicht auf diese Zusammenhänge nicht außer Acht lassen.
Die menschenunwürdigen Bedingungen auf den Zuckerrohrplantagen in Brasilien und die Missachtung von Umweltstandards - geschweige denn, dass überhaupt welche bestehen - bei der Produktion von Zucker und anderen Nahrungsmitteln in Brasilien, aber auch in einigen Ländern Europas haben letztlich wohl sehr viel mit den verschärften Problemen in unseren Dörfern zu tun. Wer zur Zuckermarktordnung ja sagt, der muss sich die Frage stellen, wie teuer die EU die Förderung der ländlichen Räume kommt, wenn die wirtschaftliche Basis und Arbeitsplätze zerstört werden.
Ich kann es unseren ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern nicht verdenken, dass sie sich in die Metropolen dieser Welt aufgemacht haben, wie ich es nachvollziehen kann, dass gerade junge Menschen immer mehr die ländlichsten Regionen in unserem Land verlassen. Natürlich ist das schmerzlich; aber darum sind wir angetreten, diesen Trend aufzuhalten und möglichst umzukehren.
Wir werden die Landesregierung beim Wort nehmen, wie sie in der Antwort schreibt, die Kräfte und Mittel zu bündeln mit dem Ziel, die Förderpolitik wirkungsvoller auf der Grundlage differenzierter regionaler Handlungskonzepte zu koordinieren.
Wenn es um wirtschaftliche Potenziale geht, sehen wir beim Anbau, bei der Verarbeitung und bei der Vermarktung von nachwachsenden Rohstoffen eine Chance. Hierbei bieten sich neue Möglichkeiten zur Schaffung gewerblicher Existenzen und neuer Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen. Hierbei wird der ländliche Raum seine Versorgungsfunktion gegenüber der Gesellschaft mit Rohstoffen und Energie künftig auf völlig neue Art und Weise wahrnehmen und seinen ganz spezifischen Beitrag zum Wandel in der Energiepolitik leisten müssen.
Meine Damen und Herren! Der Wert der ländlichen Räume besteht nicht nur in den vermarktungsfähigen Potenzialen, sondern ist auch in den Gratisleistungen zu finden, die sie für die Gesellschaft erbringen. Gefragt ist eine Bundes-, Landes- und auch Kommunalpolitik, die die ländlichen Räume nicht allein nach den Maßstäben der Marktwirtschaft bewertet und die nicht allein aus dem Blickwinkel von Städten und Ballungszentren betrieben wird.
Notwendig ist eine Politik, die Rahmenbedingungen für die Mobilisierung eigener, endogener Entwicklungspotenziale schafft, eine Politik, die der weiteren innerstädtischen Entleerung ebenso entgegenwirkt wie einer diffusen Verstädterung ländlicher Räume.
Es gilt auch zu verhindern, dass diese Räume zu einzigartigen Billiganbietern für zweifelhafte Investoren werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass das, was uns an den ländlichen Räumen vornehmlich begeistert, Schritt für Schritt zerstört wird.
Meine Damen und Herren! Ländliche Entwicklungspolitik erfordert die Beachtung der spezifischen Siedlungsstrukturen und der Einmaligkeit der natürlichen Bedingungen in den unterschiedlichen Regionen. Deshalb muss die Haushaltspolitik des Landes darauf gerichtet sein, Strukturpolitik zugunsten der ländlichen Räume zu ermöglichen.
Daraus resultiert ein besonderer Finanzbedarf, dem gerade in den ländlichen Regionen nicht immer nach den Grundsätzen und Normen städtischer Entwicklung Rechnung getragen werden kann. Diesen finanziellen Spielraum brauchen die Kommunen, um ihrer Verantwortung bei der Wahrung der öffentlichen Daseinsvorsorge gerecht werden zu können.
Die geringe Siedlungs- und Unternehmensdichte - daraus resultieren das geringe Steueraufkommen und geringe sonstige Einnahmen der Kommunen - muss bei der Gestaltung des kommunalen Finanzausgleichs stärker als bisher angemessen berücksichtigt werden.
Es ist eine Tatsache - diese kann nicht vom Tisch gewischt werden -: Die Kommunen, Vereine, Verbände und die im ländlichen Raum lebenden Menschen selbst haben entfernungsbedingt höhere spezifische Fixkosten zur Sicherung der Daseinsvorsorge, zur Nutzung der sozialen und kulturellen Angebote. Nicht nur Schüler, auch Ärzte verbringen mehr Zeit auf der Straße, wenn es zum Beispiel um die Sicherung der Not- und Hausarztversorgung geht. In dieser Hinsicht waren die Veränderungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs und des ÖPNV für die Flächenkreise kontraproduktiv.
Es ist auch längst an der Zeit, einen Schritt weiter zu gehen, als - wie in der Antwort auf die Große Anfrage - darüber zu philosophieren, ob die EU oder die Landesregierung die Diskussion zur Bildung von Entwicklungsfonds für die Gestaltung der ländlichen Räume zuerst eröffnet hat. Jetzt, meine Damen und Herren, muss es darum gehen, endlich auch in dieser Hinsicht zu handeln. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Daldrup, Sie sprachen davon, es werde viel dahergeredet und es werde übertrieben. Warum negieren Sie eigentlich den Fakt, dass zurzeit Otto Müller mit seinen 5 ha bei einer Förderung zum Revierförster geht und dort mit ihm alles abstimmt, sowohl bürokratisch als auch waldkatastermäßig und flurkartenmäßig, mit einem Ansprechpartner? Dieser Revierförster wird weiterhin der Ansprechpartner sein für Herrn Otto Müller. Aber durch das Teilen der Aufgaben, dass die bürokratische Bearbeitung der Förderung dem ALF übergeben wird, wird es künftig zwei Wege geben. Warum negieren Sie das?
Wenn Sie das negieren - weil Sie den Kopf schütteln -, dann nehmen Sie nicht zur Kenntnis, wie gegenwärtig die Förderung bearbeitet wird.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn sich der Bundesrat dieser Initiative von Schleswig-Holstein nicht angeschlossen hat und dort keine Mehrheit dafür vorhanden ist, ist dieses Thema für uns als PDS-Fraktion nicht abgeschlossen. Das Tierschutzverbandsklagerecht wird auf der Tagesordnung bleiben. Wir meinen, es ist längst überfällig, das Mitwirkungsrecht der Verbände, so auch der Tierschutzvereine, in dieser Hinsicht stärker auszugestalten.
Es geht auch nicht, wie in der Debatte immer wieder deutlich gemacht wurde, um die Behinderung des Verwaltungshandelns. Es wurde gesagt, es gehe um pausenlose Beschäftigung der Gerichte oder es sollten gar Investitionen verhindert werden. Man sollte hier nicht den Teufel an die Wand malen.
Es geht darum, dass das Tierschutzrecht, das in Artikel 20a des Grundgesetzes enthalten ist, gesetzlich ausgefüllt wird. Das heißt, dass das Tierschutzrecht und die Rechte der Tierschutzvereine klar formuliert werden, dass Instrumentarien geschaffen werden, dieses Grundrecht konkret mit Leben zu erfüllen, und dass letztlich ein Schritt in Richtung von mehr Bürgerbeteiligung, mehr Bürgerdemokratie, wie wir alle das wollen, gegangen wird. Wie wichtig das ist - machen wir uns doch nichts vor -, zeigen die Debatten, die Umfragen. Sie zeigen, dass die Mitwirkungsrechte, dass die Wahrung von Bürgerdemokratie regelrecht im Keller dieser Gesellschaft liegt.
Ich meine, auch entgegen der in der damaligen Debatte - nun ist der Justizminister nicht da - vorgebrachten Auffassung von Herrn Minister Becker - -
- Ach, hier ist er. - Herr Minister, Sie stellten damals fest, dass es etwas Positives ist, dass das Individualklage
recht als Norm in der Verwaltungsgerichtsordnung enthalten ist. Wir meinen doch, dass es auch Zeit ist, diese Grundsätze etwas zu hinterfragen.
Ich denke da konkret an das aussichtslose Bemühen der Tierschützer in dem kleinen Dorf Danebeck, als es um eine Putenmastanlage ging, die in Ortsnähe errichtet werden sollte. Nach diesen Grundsatzregelungen ist ihr Bemühen, vor Ort mitzusprechen, völlig ins Leere gelaufen. Es half keine Petition an den Petitionsausschuss des Landtages, es half auch keine Klage vor Gericht. Ich muss für mich und so auch für die Betroffenen feststellen, dass das gemeindliche, das allgemeine gesellschaftliche Interesse einfach hinter das Individualinteresse, das Individualrecht gestellt wurde.
Meine Damen und Herren! Auch wenn die Einführung eines Verbandklagerechts im Bundesrat und auch der Antrag zu diesem Thema heute keine Mehrheit gefunden haben, bleiben wir optimistisch. Denken wir an all die Debatten der letzten Jahrzehnte - kann man ruhig sagen -, als es um die Verankerung des Artikels 20a im Grundgesetz ging. Das Grundgesetz musste 53 Jahre alt werden, bevor der Tierschutz im Grundgesetz verankert wurde.
Dass der Tierschutz verankert wurde, stimmt uns optimistisch. Hoffen wir, dass es nicht wiederum ein Jahrhundert benötigt, um dieses Recht im Sinne des Bemühens von Schleswig-Holstein wirklich mit Leben zu erfüllen. Es stimmt uns optimistisch, dass von zwei Jahren mit dem Artikel 20a der erste Schritt gegangen worden ist. Wir bleiben dran und werden in dieser Hinsicht auch die Vereine und Verbände unterstützen und werden in Gesellschaft und Politik auch für dieses Thema um Mehrheiten ringen.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Im Jahr 2000 hat der Europäische Rat in Lissabon das Ziel formuliert, in der Europäischen Union bis zum Jahr 2010 die dynamischste und wettbewerbsfähigste wissensbasierte Wirtschaft der Welt zu schaffen, die sich durch Vollbeschäftigung mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einen verstärkten wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt auszeichnet.
Dieser Anspruch ist umso höher, als dabei das europäische Sozialstaatsmodell auch angesichts des Globalisierungswettlaufes bewahrt werden soll.
Eine besondere Herausforderung ist in diesem Zusammenhang die Zielstellung, die Unterschiede in der Entwicklung der Regionen Europas abzubauen und dabei speziell den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern. Bereits heute besteht ein erhebliches Wohlstandsgefälle auch innerhalb einzelner Mitgliedstaaten. Das trifft nicht zuletzt auch auf die Bundesrepublik Deutschland zu.
Unter den zehn reichsten Regionen der EU befinden sich fünf Regionen in den alten Bundesländern; alle neuen Bundesländer gehören aber zu der Gruppe der ärmeren Regionen in Europa. Diese Differenziertheit setzt sich innerhalb der neuen Bundesländer fort.
Die geografische Spezifik, das Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung, das Vorhandensein von Handwerk, Gewerbe und Industrie, die demografischen Bedingungen sowie auch die historisch gewachsenen sozialen und kulturellen Beziehungen zwischen den hier lebenden Menschen entscheiden darüber, in welchem Maße innerhalb der Region eigene Potenziale für die weitere wirtschaftliche Entwicklung mobilisiert und genutzt werden können.
Wer die Herausforderung annimmt, ein Europa der Regionen aufzubauen, muss sich dieser regionalen Vielfalt stellen, darf jene Regionen nicht aus dem Blickfeld verlieren, die heute mehr denn je unter großen strukturellen Defiziten, unter einem gravierenden Bevölkerungsrückgang und unter einer unter dem Durchschnitt liegenden Finanzausstattung leiden. Der Bevölkerungsrückgang gerade in den ländlichen und ländlichsten Regionen auch Sachsen-Anhalts führt zu erheblichen Tragfähigkeitsproblemen, wenn es um die vielfältigen Fragen der Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang haben wir als PDS-Fraktion schon Anfang der 90er-Jahre die Losung geprägt: Nur ein produktives, ein wirtschaftlich und kulturell lebendiges Dorf ist letztlich auch ein schönes Dorf. Ohne die wirtschaftliche Seite des Dorferneuerungsprogramms und damit auch den Investitionsnachholbedarf in unseren Dörfern infrage stellen zu wollen, haben wir schon seinerzeit darauf hingewiesen, dass der ländliche Raum mehr als Potemkin’scher Dörfer bedarf.
Es soll an dieser Stelle auch gar nicht kleingeredet werden, dass über das Dorferneuerungsprogramm für Sachsen-Anhalt nicht nur Fördermittel bezogen worden sind, sondern auch eine Menge privates Kapital mobilisiert wurde. So sind allein im Jahr 2003 für mehr als 4 800 Maßnahmen 92,3 Millionen € an Zuschüssen bewilligt worden, die zu einer Gesamtinvestition von über 180 Millionen € führten. Diese Investitionssumme führte, wie uns das Ministerium wissen lässt, zu einem Arbeitsmarkteffekt von etwa 2 560 temporären Arbeitsplätzen.
Das Engagement von Frau Wernicke möchte ich hier auf keinen Fall unterschätzen. Alles in allem partizipierten seit 1991 immerhin mehr als 2 200 Dörfer von diesem Programm. Trotzdem konnten die Defizite, die hohe Arbeitslosigkeit, der Mangel an Einkommensmöglichkeiten, die Unzulänglichkeiten in der Verkehrsinfrastruktur, weiterer hoher Sanierungsbedarf in den ländlichen Gemeinden und anderes mehr, nicht nur nicht beseitigt werden; der Trend ist vielmehr, dass sich die Situation noch verschärft. Hinzu kommt das Problem der unzureichenden sozialen und kulturellen Infrastruktur und die sich in dieser Hinsicht abzeichnende künftige Entwicklung in diesen Gemeinden.
Die Landespolitik darauf stärker zu fokussieren, war die Absicht, die wir mit unseren Thesen zur Entwicklung ländlicher Räume und schließlich auch mit unserer Großen Anfrage verfolgt haben. Die sehr medienwirksame Ankündigung von Leitlinien für den ländlichen Raum durch die Ministerin vor zirka eineinhalb Jahren dürfte so gesehen auch ein Produkt unserer Arbeit gewesen sein. Dann aber mussten wir den Eindruck gewinnen, dass das eigene Vorhaben in Vergessenheit geraten war. Doch der Druck, den wir immer wieder gemacht haben, hat seine Wirkung nicht verfehlt.
Wenn Staatssekretär Dr. Aeikens kürzlich auf einer Regionalberatung sehr richtig und auch sehr schön formulierte - ich zitiere -, „ein lebendiger Raum braucht mehr als rote Dächer und schöne Wege“, so können wir das nur begrüßen.
Meine Damen und Herren! Obwohl dieser Satz nicht politisch gemeint ist, spricht er doch dafür, dass der Ball, den wir aus der Tiefe des parlamentarischen Raumes der Landesregierung zugespielt hatten, wie beabsichtigt angenommen worden ist.
Der ländliche Raum braucht in der Tat mehr als schöne Fassaden, sanierte Dächer und Fahrradwege. In diesem Zusammenhang geht es um Schulstandorte, um Kultur- und Freizeiteinrichtungen, um Ausbildungsplätze, um ärztliche Versorgung sowie um die Versorgung der Bevölkerung mit Artikeln des täglichen Bedarfs und anderes mehr.
Wenngleich die Landesregierung in ihrer Antwort, wie allgemein üblich, lediglich von einer drohenden Unterversorgung in der hausärztlichen Betreuung spricht, so dürfte das Problem inzwischen akut sein. Wenn Sie, meine Damen und Herren, am 11. April 2005 die Nachrichten verfolgt haben, dann werden Sie wissen, was es bedeutet, wenn in einem Kreis wie dem Altmarkkreis Salzwedel zwei Allgemeinmediziner im ländlichen Raum aus Gesundheits- und Altersgründen ihre Praxis schließen. Das kann nicht wie in den Ballungsgebieten, zum
Beispiel in Magdeburg und Halle, kompensiert werden. Die Entfernungen sind zu groß.
Recherchen besagen, dass im Altmarkkreis Salzwedel für die ausreichende Versorgung mit Allgemeinmedizinern etwa 64 Ärzte vorhanden sein müssten. Nach dem Ausfall der beiden Mediziner sollen es noch 52 Ärzte sein. - So viel zu der Frage: drohender oder akuter Ärztemangel?
Dieses Problem werden wir kaum durch kommunale Imagewerbung lösen können. Dazu bedarf es ganzheitlicher, gesamtgesellschaftlicher Lösungsansätze, die das Mittel der Steuerung und Lenkung nicht ausschließen. Ich sehe es etwas anders, als Sie es in der Antwort auf die Frage 87 zum Ausdruck bringen. Damit wir uns nicht falsch verstehen, sage ich: Es geht nicht darum, jemanden zu verpflichten oder zu zwingen. Demgegenüber ist es aber ein legitimes Mittel zur Steuerung von Prozessen, Anreize zu schaffen.
Zu einem anderen Problem. Die Antwort bestätigt mehr oder weniger Bekanntes. Das Schulnetz im ländlichen Raum wirkt gefährlich dünn. Die Folgen sind längere Schulwege, eine höhere Schülerkonzentration sowie zeitliche und finanzielle Mehrbelastungen für die betroffenen Kinder und Familien. Außerdem stellt sich die Frage nach den Auswirkungen des Verlustes von Schulstandorten auf das gesellschaftliche und kulturelle Leben in den betreffenden Gemeinden.
Aus dieser Sicht glauben wir, dass es wichtig ist, dass sich Schulen und Schulformen auf die Vielzahl der Gemeinden unter Berücksichtigung ihrer Größe verteilen. Auch wenn die Größe einer Gemeinde für die Schulbehörde kein Kriterium dafür ist, dass in einer Gemeinde ein Schulstandort zugelassen oder aufgehoben wird, sollten wir diese Frage nicht so kurz gefasst sehen. Uns ging es darum zu erfahren, was in solchen Gemeinden an Kultur-, Bildungs- und Jugendarbeit wegbricht, wenn der Schulstandort aufgegeben wird oder aufgegeben werden muss.
Um Antworten darauf zu erhalten und um dieses Problem zu erörtern, hat der Arbeitskreis „Bildung und Kultur“ unserer Fraktion ein Projekt in der Altmark in der Gemeinde Diesdorf sowie im Landkreis Merseburg-Querfurt gestartet. In diesem Zusammenhang sollen Gespräche mit Vereinen, Verbänden sowie mit kommunalen und freien Trägern und sonstigen Akteuren vor Ort Aufschluss und nutzbare Ergebnisse bringen.
Ansonsten hat die Landesregierung, so denke ich, in der Antwort auf die Große Anfrage insbesondere zur Bildungspolitik ein Material zusammengestellt, an dem unsere Bildungspolitiker und -politikerinnen noch ausreichend Beschäftigung finden werden.
Vor dem Hintergrund unserer heutigen Forstdebatte finde ich es bemerkenswert, dass die Plätze in den Jugendwaldheimen schon immer im Voraus belegt sind. Ernüchternd ist aber die Feststellung, dass die Einrichtungen zwar in dem jetzigen Umfang beibehalten, aber definitiv nicht erweitert werden sollen. Dieses Angebot für die Jugendarbeit zu nutzen und auszubauen, dürfte bei diesem hohen Bedarf doch eine lohnende Aufgabe für das Land und gleichzeitig ein erweitertes Arbeitsfeld für Beschäftigte der Forstwirtschaft sein.
Alles in allem ist es wohltuend zu hören, dass die Inbetriebnahme des Zellstoffwerks Arneburg eine so durchschlagende Wirkung auf die Verbesserung der Ertrags
lage der Forstwirtschaft hat und dass das Holzverarbeitungswerk außerdem als Kern eines Clusters zur Erschließung weiterer Entwicklungspotenziale für die Region betrachtet werden kann.
An dieser Stelle sei auf die sehr widersprüchliche Darlegung des Zusammenhangs von Globalisierung, Liberalisierung und Regionalisierung in der Antwort auf die Frage 22 aufmerksam gemacht. Die Landesregierung weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Globalisierung die Öffnung der regionalen Wirtschaften und die Einbindung in die internationale Arbeitsteilung bedeutet. Das Problem besteht aber gerade darin, unter diesen Bedingungen regionale Wirtschaftskreisläufe zu etablieren. Der Anbau, die Verarbeitung und die Vermarktung nachwachsender Rohstoffe und Energieträger machen schließlich nur auf der Grundlage dieses Prinzips Sinn.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! So viel Landwirtschaft muss sein, wenn es um den ländlichen Raum geht.
Unter diesem Gesichtspunkt entdecken wir das außerordentlich große wirtschaftliche Potenzial der Landwirtschaft für die ländlichen Räume. Auch wenn mit der EUAgrarreform die Zeichen für die Landwirtschaft anders gestellt sind, lasse ich mir diese Überzeugung nicht nehmen. In den ländlichen und vor allem in den ländlichsten Regionen wird von der Landwirtschaft die Initialzündung für die weitere wirtschaftliche Belebung der ganzen Region ausgehen.
Es ist Tatsache, dass die Lebensmittelbranche der einzige Sektor in Sachsen-Anhalt ist, der im Netto aller Investitionen auf Zuwachs und auf einen tatsächlichen Aufwuchs bei der Zahl der Arbeitsplätze verweisen kann. Dies, so denken wir, ist noch ausbaufähig, wenn wir in Sachsen-Anhalt Anreize zur Erhöhung der Viehbestände in einem wirtschaftlich erforderlichen und ökologisch vertretbaren Umfang bieten.
In der Region um Cloppenburg ist der Beweis dafür angetreten worden. Dort liegen die Viehbestände bei etwa vier bis fünf Großvieheinheiten pro Hektar, bei uns sind es lediglich 0,5. Allein diese Zahlen sprechen für sich. Das Problem darf nicht damit abgetan werden, dass man meint, die Landwirte müssten sich in stärkerem Maße an den Erfordernissen des Marktes orientieren. Schließlich wissen wir, dass wir in den neuen Bundesländern ein einträglicher Marktplatz für das alte Bundesgebiet sind, uns aber dort kaum ein Zipfel Markt zugestanden wird. An dieser Stelle ist die Politik gefragt. Nach 15 Jahren gäbe es einiges zu korrigieren.
Diese Zusammenhänge einmal auszuloten, dürfte ein Feld für Wissenschaft und Forschung sein. Spezielle Forschungsvorhaben des Landes im wirtschafts-, agrar-, natur- und sozialwissenschaftlichen Bereich, die sich unter Beachtung der kulturellen und sozialen Besonderheiten einer Region mit dem Wechselverhältnis zwischen Wirtschaftsentwicklung und Sicherung des ökologischen Potenzials auseinander setzen, sind jedoch nicht bekannt, wie uns die Landesregierung bestätigt.
Ich denke, wenn wir in Sachsen-Anhalt von einer Offensive in Wissenschaft und Forschung sprechen, sollte dieses Gebiet nicht ausgespart bleiben. Noch haben wir die Landwirtschaftliche Fakultät an der Martin-LutherUniversität. Wir sollten sie uns bewahren, aber nicht als
ein Anhängsel irgendeiner naturwissenschaftlichen Fakultät, sondern als eigenständige wissenschaftliche Forschungs- und Lehranstalt.
Wir sollten das nicht allein deshalb tun, weil sie so geschichtsträchtig wie wohl keine in der Bundesrepublik Deutschland ist, sondern wir sollten das vor allem auch deshalb tun, weil es gerade die Landwirtschaft war, die als einziger Bereich etwas völlig Neues in den Prozess der deutschen Einheit eingebracht hat. Das ist nicht nur die großräumige Struktur, sondern das ist vor allem das genossenschaftliche Prinzip, das wir nachhaltig durchsetzen konnten.
Es muss einfach eine universitäre Einrichtung geben, die sich dieser Sache wissenschaftlich annimmt und die Leute ausbildet, die mit diesen Strukturen und mit dem genossenschaftlichen Prinzip umzugehen verstehen. Es geht also nicht nur um die Standortfrage in Halle, sondern zuallererst um eine inhaltliche Ausrichtung.
In diesem Sinne möchte ich meine Ausführungen im Zusammenhang mit der Großen Anfrage mit einer Zusatzfrage beenden. Frau Ministerin, ich habe mir sagen lassen: Wenn es an der Landwirtschaftlichen Fakultät um betriebswirtschaftliche Fragen, um Unternehmensrecht und Agrarökonomie insgesamt geht, spielen zwar alle Rechtsformen eine Rolle, aber vom Funktionieren einer Agrargenossenschaft soll ein Absolvent der ehrwürdigen Landwirtschaftlichen Fakultät nie etwas gehört haben. Jetzt, Frau Ministerin, meine Frage: Stimmt das? - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, ich möchte die sieben Minuten nicht gebrauchen, nur eine Anmerkung machen. - Es gab nicht so viel Dissens. Ich wünsche mir, dass wir bei der Bearbeitung dieses Themas, um die Aufgaben zu bewältigen, vielleicht doch ein bisschen mehr Schwung zeigen, als ihn der Redner zum Schluss erkennen ließ.
Denn die Probleme im ländlichen Raum - ich denke, niemand unter uns, der in einem Kreistag oder Gemeinderat Kommunalpolitiker ist, kann das übergehen - sind vorhanden. Wir haben Probleme in der Frage der Schulentwicklung. Wir haben Probleme beim ÖPNV. Wir haben Probleme im ländlichen Raum, wenn es darum geht, Ansiedlungen zu realisieren, Synergieeffekte zu nutzen, und wir haben Probleme - das muss ich auch sagen - aufgrund der Neuausrichtung der Politik, der Zentralisierung von öffentlichen Behörden, Stichwort Katasterämter oder Landesverwaltungsamt. Auch in dieser Hinsicht wird der ländliche Raum ausgedünnt.
Also zum Schluss: Ich wünsche mir, dass wir an einem Strang ziehen, aber mit mehr Elan und mit klarer Zielstellung.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Sachsen-Anhalt mag auf den ersten Blick und verglichen mit anderen Bundesländern einen relativ geringen Anteil an Wasserflächen haben. Konkret beträgt er 34 500 ha. Das sind 1,7 % der Landesfläche. Dennoch sind mit einem weit verzweigten Fließgewässersystem und anderen Gewässerarten, so zum Beispiel im Harz und in der Altmark, sehr gute natürliche Voraussetzungen für ein artenreiches Fischaufkommen gegeben.
Durch eine Reihe von Schutzmaßnahmen und eine seit 1990 verbesserte Gewässergüte kann derzeit in Sachsen-Anhalt auch tatsächlich ein dynamischer Aufwärtstrend in der Fischpopulation verzeichnet werden. Dass dies zu einem großen Teil aber auch die bloße Folge einer beispiellosen Entindustrialisierung des Landes war, soll jetzt nicht mein Thema sein.
Tatsache ist, dass Sachsen-Anhalt aus fischökologischer Sicht inzwischen überregionale Bedeutung besitzt. Gegenwärtig werden 47 % der Gesamtwasserfläche von Anglern und Fischern genutzt, davon 6 830 ha im Haupterwerb und 9 554 ha als reine Angelgewässer.
Als Wirtschaftsfaktor hat die Binnenfischerei in SachsenAnhalt eher regionale Bedeutung, vor allem im Harz, im Fläming und in der Altmark.
In Sachsen-Anhalt existieren ca. 20 Fischereiunternehmen im Haupterwerb. Davon betreiben drei hauptsächlich Seen- und Flussfischereien, sieben überwiegend Karpfenteichwirtschaft und zwölf vorwiegend Forellenerzeugung. Außerdem entwickeln sich in allen Landesteilen Anglergewässer zunehmend zu Erholungs- und Tourismusfaktoren.
Mit der Novelle des Fischereigesetzes wollen wir auch dieser Situation neben den gewachsenen Erwartungen der 60 000 Angler im Land Sachsen-Anhalt Rechnung tragen.
Ich denke, unabhängig von den Erfordernissen, die sich zum Teil auch aus der erforderlichen Umsetzung europäischer Richtlinien ergaben, hat sich nicht zuletzt auch aus der Sicht der Angler und unter Beachtung der veränderten ökologischen Bedingungen und der gewachsenen und noch abzusehenden Möglichkeiten für Wassertourismus ein außerordentlich großer Änderungsbedarf bei dem Gesetz ergeben. Die Verbandsanhörung zu dieser Gesetzesänderung hat dies mit Nachdruck bestätigt.
Alles in allem wollen wir auch nicht in Abrede stellen, dass es in der Tat einige Verbesserungen gibt, zum Beispiel die sichtbaren Fortschritte im Hinblick auf eine bessere gesellschaftliche Integration behinderter Menschen bei der Ausübung des Fischereisports. - Herr Daldrup, das sollte nicht nur Veranlassung sein, dies im Jahr des Behinderten tun zu müssen, weil Sie darauf verwiesen haben.
Andererseits wurden aber Überlegungen nicht berücksichtigt, die sehr wohl im Interesse der Anglerverbände wären. Wir bedauern, dass entsprechende Anträge von uns hier nicht die erforderliche Mehrheit gefunden haben, zum Beispiel die Option der Einführung eines Tourismusangelscheins, weil das sehr wohl, wie es auch in Mecklenburg-Vorpommern getan wurde, helfen könnte, bestimmte Regionen Sachsen-Anhalt noch besser touristisch zu vermarkten.
Ich denke dabei unter anderem an den Arendsee, an einige Harzgewässer und an die Elbe.
Oder nehmen wir die Herabsetzung der Altersgrenze, ab der, wenn auch unter Aufsicht, geangelt werden darf. Dies hätte mit Sicherheit die Nachwuchsarbeit in den Verbänden gefördert.
Vor diesem Hintergrund wollen wir, sehr verehrte Damen und Herren, den vorliegenden Gesetzentwurf nicht ablehnen. Aber mit einer Zustimmung unsererseits können Sie angesichts der Tatsache, dass es aus unserer Sicht noch weitergehende Verbesserungen gäbe, nicht rechnen.
Frau Ministerin, bezüglich Ihres Weges, den Sie zur Suche nach der besten Form zur Bewirtschaftung des Waldes eingeschlagen haben, werden Sie uns, ich glaube, als Partner finden. Wir werden Sie auf diesem Weg kritisch begleiten, aber auch mitgehen. Ich habe aber das Gefühl, habe auch bisher die Erfahrung gemacht, dass bestimmte Entscheidungen nicht dem Ziel nachgehen, die beste Bewirtschaftungsform suchen. Ich denke dabei an die Fragestellung Magdeburgerforth, die Fragen der Berufsausbildung. Ich denke auch an das Landjugendtreffen in Haldensleben, bei dem junge Forstwirte sehr viele Fragen gestellt haben.
Ich habe das Gefühl, dass die Antworten, die in dieser Richtung von Ihnen gegeben werden, eher den Anschein erwecken, dass Sie sich, stellvertretend für die Landesregierung und für die Regierungskoalition, Schritt für Schritt immer mehr aus der Verantwortung gegenüber dem Wald als sensiblem Ökosystem ziehen wollen, anstatt wirklich ernsthaft den besten Weg zur vernünftigen Bewirtschaftung des Waldes einzuschlagen.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Mit diesem Ausführungsgesetz zum Tierische-Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz ist erneut die Frage nach der Verteilung der Kosten, die bei der Beseitigung von tierischen Nebenprodukten entstehen, aufgekommen. Die dazu bezogenen Standpunkte sind nach unserer Kenntnis selbst innerhalb der einzelnen Fraktionen nach wie vor recht unterschiedlich. Wir sind uns allerdings darüber einig, dass wir dieses Thema mit dem Ausführungsgesetz nicht erneut ausdiskutieren müssen, weil das nicht Anliegen der Gesetzesinitiative ist.
Was uns aber mit dem Gesetzentwurf als nicht ausreichend geklärt erscheint - daher unser Änderungsantrag -, ist die Frage, wie mit verendeten Heimtieren zu verfahren ist. Was geschieht also mit den Tieren - ich zitiere aus der EU-Verordnung 1774/2002 -, „die normalerweise von Menschen zu anderen Zwecken als zu landwirtschaftlichen Nutzzwecken gefüttert und gehalten, jedoch nicht verzehrt werden“? Es geht also um Hund und Katze.
Um diese Unsicherheit zu beseitigen, haben wir den vorliegenden Änderungsantrag eingebracht. Im Agrarausschuss sind wir mit dieser Ergänzung nicht durchgekommen. Das hat Herr Schrader gesagt. Vielleicht lag es auch daran, dass für die Mehrheit meiner Kollegen Landwirte ein Tier vordergründig immer erst zum Zwecke der wirtschaftlichen Nutzung und des Verzehrs gehalten wird. Es gibt jedoch auch andere Bedürfnisse, denen wir Rechnung tragen sollten. Ich kann es jedenfalls verstehen, wenn es Menschen gibt, die ihre Katze oder ihren Schoßhund nicht von dem Tierkörperbeseitigungsunternehmen Saria entsorgen und verarbeiten lassen möchten.
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass dieses Problem nicht aus der Luft gegriffen ist. Inzwischen sind erste Briefe eingegangen, in denen darüber berichtet worden ist, dass gegenüber den betroffenen Heimtierbesitzern, in diesem Fall gegenüber Frauchen, seitens des Landkreises verfügt worden ist, dass das verendete Heimtier in dem oben genannten Tierkörperbeseitigungsunternehmen zu entsorgen ist. Auch der Petitionsausschuss hat sich bereits mit diesem Problem befassen müssen.
Nebenbei bemerkt, Herr Geisthardt, bezüglich der von Ihnen vertretenen Auffassung zur rechtlichen Zuständigkeit: Die Länder Baden-Württemberg und NordrheinWestfalen - ich habe das auch schon im Agrarausschuss betont - haben solche Regelungen, wie wir sie mit unserem Änderungsantrag vorschlagen, bereits auf den Weg gebracht. Wir meinen, wir sollten nicht erst auf irgendeine angekündigte Verordnung des Bundes warten. So habe ich die Fragestellung der Ministerin verstanden.
Frau Hajek, wir tolerieren auch nicht die von Ihnen gemachte Äußerung, dass lediglich eine zeitlich befristete Gesetzeslücke vorhanden sei. Eine solche Gesetzeslücke sollten wir auf alle Fälle nicht zulassen. BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen haben deshalb gehandelt.
In diesem Sinne bitten wir auch im Interesse der Tierhalter, um ihnen ihre Sorgen zu nehmen, um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte eines vorweg bemerken. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU- und der FDP-Fraktion, wenn Sie nach wie vor Probleme damit haben, einem PDS-Antrag zuzustimmen, dann sage ich Ihnen: Wir haben kein Problem, dem Alternativantrag, den Sie eingebracht haben, zu folgen und ihm unsere Zustimmung zu geben.
Zu der eigentlichen Problematik, sehr verehrte Damen und Herren. Auf dem Welternährungsgipfel in Rom im Jahr 1956 ist das Recht jeder Nation verkündet worden, eigene Möglichkeiten zur Nahrungsgütererzeugung zu entwickeln. Die europäische Agrarpolitik ist gehalten, alles zu unterlassen, was dieses Recht für andere Nationen, insbesondere in der Dritten Welt, einschränkt. Das schließt auch die moralische Pflicht der reichen Länder ein, sich selbst zu ernähren, die eigenen Ressourcen zu nutzen sowie sich an Programmen für die armen Länder zur Durchsetzung des Rechts auf Eigenversorgung mit Nahrungsmitteln zu beteiligen. - So ist es in etwa auch in dem Agrarkonzept der PDS nachzulesen.
In diesem Kontext stehen wir der Reform der EU-Agrarpolitik und dem Vorschlag zur Reform der Zuckermarktordnung kritisch gegenüber. Beides wird zur weiteren Beschleunigung des Strukturwandels und zur verstärkten Aufgabe der Landwirtschaft in Gebieten mit ungünstigen natürlichen Bedingungen sowie zum Ausbluten ländlicher Gebiete führen.
Eine wirkliche Alternative wäre eine Reform, die das Recht auf regionale Produktion für die Versorgung der eigenen Bevölkerung in Europa und in allen Teilen der Welt sicherstellt und den Ruin lokaler Produktion verhindert. Hierbei geht es nicht um primitive Autarkie, sondern um das Primat der Regionalisierung. Exporte der EU sollten sich auf veredelte agrarische Erzeugnisse beschränken und Importe sollten einem qualifizierten, das heißt differenzierten Außenschutz unterliegen. Ohne diese Voraussetzungen ist in der EU eine flächendeckende, multifunktionale Landwirtschaft dauerhaft nicht zu verwirklichen.
Ausgehend von dieser grundsätzlichen Position vertreten wir in der aktuellen Diskussion um eine Reform der EU-Zuckermarktordnung folgenden Standpunkt:
Erstens. Es ist untragbar, dass die EU - obwohl die Zuckererzeugung aus Zuckerrüben weitaus teurer ist als die aus Zuckerrohr - ständig Überschüsse produziert und auf dem Weltmarkt zu massiv gestützten Preisen absetzt. Das ist für Produzenten in Entwicklungsländern zerstörerisch und kommt die europäischen Steuerzahler teuer zu stehen. Deshalb ist eine Reform, mit der künftig strukturelle Überschüsse verhindert, aber zugleich Arbeitsplätze in der europäischen Landwirtschaft und Zuckerindustrie gesichert werden, dringend notwendig.
Zweitens. Im Gegensatz zu der EU-Kommission stellt die PDS in den Mittelpunkt der Reform nicht den Abbau der Erzeugerpreisstützung für Zuckerrüben, sondern eine Mengenregulierung, mit der ein relativ hoher Eigenversorgungsgrad mit Zucker gesichert und zugleich ein schrittweise größerer Zugang der Zuckerexportländer auf den EU-Markt ermöglicht wird. Das bedingt ein rasches Auslaufen der direkten und indirekten Exportsubventionen, den Ausbau der Produktion von Bioethanol
und die Unterstützung weiterer alternativer Verwertungsmöglichkeiten für Zuckerrüben, aber auch den Anbau alternativer Kulturen. Nur so lassen sich die Überschüsse der EU reduzieren, ohne massiv Arbeitsplätze zu gefährden.
Drittens. Aufgrund der allgemein unterdurchschnittlichen Einkommenssituation der Landwirte ist nicht nur die beabsichtigte Höhe der Preissenkungen unakzeptabel, sondern auch die Absicht, dass durch die vorgesehenen Zuckerbeihilfen lediglich 60 % der Preiskürzungen ausgeglichen werden sollen. Um Anpassungsprobleme zu minimieren, sollte ein höherer Ausgleich, der in Abhängigkeit von der tatsächlichen Einkommensentwicklung degressiv gestaltet werden könnte, geprüft werden.
Viertens. Gegen den Vorschlag der Kommission spricht auch, dass insbesondere die massive Preissenkung und die Staaten übergreifende Handelbarkeit der Quoten dazu führen würde, dass die Zuckerrübenproduktion nur noch auf den allerbesten Standorten und mit einem intensiven Einsatz von Agrochemie für Erträge von 700 bis 800 dt konkurrenzfähig wäre.
Auch deshalb ist die Aufrechterhaltung des Zuckerrübenanbaus in reduziertem Umfang notwendig. Dadurch lässt sich eine völlige Aufgabe der Zuckerrübenproduktion auf den mittleren Standorten verhindern.
Das ist nicht nur aus sozialen Gründen geboten. Ein Rückzug der Zuckerrübe würde zur weiteren Verarmung der Fruchtfolgen führen. Nur noch Getreide und Raps anzubauen ist keine Fruchtfolge. Das ist nicht ökologisch und widerspricht dem Erfordernis der Mehrung der Bodenfruchtbarkeit.
Fünftens. Die Beibehaltung von höheren EU-Referenzpreisen liegt keinesfalls nur im Interesse der europäischen Bauern, sondern auch jener Entwicklungsländer, die einen privilegierten Marktzugang zur EU haben. Jede EU-Preissenkung würde die Exporterlöse dieser ärmsten Entwicklungsländer schmälern. Das ist unakzeptabel. Unsere Unterstützung hat deshalb die Forderung von 49 Entwicklungsländern zur Einführung von Importquoten.
Zumindest bedarf es einer Regelung, die dem Nord-SüdKonflikt und zugleich dem zunehmenden Süd-Süd-Konflikt Rechnung trägt. Dazu gehört, keine Monopolisierung des Zuckermarktes durch wenige Zuckerrohr anbauende Länder zuzulassen. Sie ginge nicht nur zulasten der EU, sondern auch vieler Entwicklungsländer.
Die seit Jahren forcierte Ausdehnung des Zuckerrohranbaus ist mit der Verdrängung anderer Nahrungsmittelproduktion bis hin zur Abholzung von Regenwald und damit verbundenen negativen Klimaauswirkungen verbunden.
Zudem unterstützen wir Forderungen nach verbindlichen Sozial- und Umweltstandards in der Zuckerproduktion. Das schließt die Gewährung spezieller Hilfen für die ärmsten Länder zur Erreichung dieser Standards ein. Standards dürfen aber nicht zu einem Instrument des neuen Protektionismus werden.