Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 56. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der vierten Wahlperiode. Dazu begrüße ich Sie, verehrte Anwesende, recht herzlich.
Ich erinnere daran, dass sich für die heutige Sitzung Herr Ministerpräsident Professor Dr. Böhmer ab 14.30 Uhr, Herr Dr. Daehre von 10 Uhr bis 14 Uhr und Herr Robra ganztägig entschuldigt haben.
Wir setzen nunmehr die 29. Sitzungsperiode fort. Wir beginnen die heutige Beratung vereinbarungsgemäß mit dem Tagesordnungspunkt 5. Danach folgen die Tagesordnungspunkte 8 und 10. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:
Die erste Beratung fand in der 47. Sitzung des Landtages am 14. Oktober 2004 statt. Berichterstatter wird der Abgeordnete Herr Dr. Schrader sein. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie gerade erwähnt, ist der Gesetzentwurf der Landesregierung in der 47. Sitzung des Landtages am 14. Oktober 2004 in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend und in die Ausschüsse für Umwelt und für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport zur Mitberatung überwiesen worden.
Das bestehende Fischereigesetz wurde vor zehn Jahren verabschiedet. Das vorrangige Ziel des Änderungsgesetzes besteht darin, Voraussetzungen für eine bundesweite Anerkennung des Fischereischeins zu schaffen.
So soll der Fischereischein künftig auf Lebenszeit erteilt werden können. Ferner soll mit der Änderung des Gesetzes ein Sonderfischereischein für beeinträchtigte Personen möglich werden.
Die Beratungen zum Gesetzentwurf fanden in den Sitzungen des Ausschusses am 19. November 2004, am 10. Dezember 2004 und am 4. Februar 2005 statt.
Die Einbringung durch die Landesregierung erfolgte in der 36. Sitzung des Ausschusses am 19. November 2004. In dieser Sitzung schlugen die Fraktionen der SPD und der PDS zunächst vor, eine Anhörung durchzufüh
ren. Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt bot dem Ausschuss an, an dem halbjährlich stattfindenden Gespräch des Ministeriums mit den Angler- und Fischereiverbänden teilzunehmen, um mögliche Fragen zu stellen. Der Ausschuss sah daraufhin von einer Anhörung ab und verständigte sich darauf, eine Auswertung des mit den Verbänden geführten Gesprächs über das Fischereigesetz am 8. Dezember 2004 durch das Ministerium entgegenzunehmen.
Zur Beratung lagen dem Ausschuss außerdem eine Stellungnahme des Landesanglerverbandes und eine Stellungnahme des Landesfischereiverbandes vor. Der Ausschuss nahm die vorgebrachten redaktionellen Änderungsvorschläge des GBD sowie eine Empfehlung des Ministeriums zur Änderung des Gesetzentwurfs einstimmig an. Der strittige Punkt um den so genannten Touristenschein wurde auf die abschließende Beratung des Gesetzentwurfes vertagt.
Die abschließende Beratung des Gesetzentwurfs fand in der 41. Sitzung des Ausschusses am 4. Februar 2005 statt. Dazu lagen neben den Voten der mitberatenden Ausschüsse Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der FDP sowie der Fraktion der PDS vor.
Schwerpunkt der Beratungen bildete die Diskussion um den § 28 - das ist der Fischereischein - und die mit dem Fischereischein verbundenen Prüfungen. Im Verlauf der Beratung zog die Fraktion der PDS ihren Änderungsantrag zu § 28 zurück und der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wurde mit 10 : 0 : 3 Stimmen gebilligt. Der Antrag der PDS-Fraktion, einen Touristenfischereischein zu genehmigen, wurde bei 2 : 7 : 4 Stimmen abgelehnt. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten stimmte dem Gesetzentwurf in der Ihnen vorliegenden Fassung mit 7 : 0 : 6 Stimmen zu.
Danke, Herr Dr. Schrader. - Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Als erste Debattenrednerin wird die Abgeordnete Frau Hajek für die SPD-Fraktion sprechen. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bereits in meiner Rede bei der Einbringung des Gesetzentwurfes darauf verwiesen, dass die Gesetzesnovelle im Wesentlichen den Ansprüchen der heutigen und der künftigen Zeit standhält und unseren Erwartungen durchaus entspricht. Defizite in dem alten Gesetz werden beseitigt und mit der Novelle erfolgt eine Anpassung an die Rechtslage der anderen Bundesländer.
Mit der Novelle wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Fischereischein aus Sachsen-Anhalt in allen Bundesländern anerkannt wird. Die notwendige Teilnahme an einem Lehrgang, welche Voraussetzung für die Fischereiprüfung sein wird, dürfte langfristig zu einer qualitativen Aufwertung des Fischereiwesens beitragen.
Die Verlängerung der Geltungsdauer des Jugendfischereischeins vom 14. bis zum 18. Lebensjahr ermöglicht einen fließenden Übergang vom Jugendfischerei- zum Fischereischeininhaber. Die Einführung eines Sonder
fischereischeins für Personen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, eine Fischereiprüfung abzulegen, wird den berechtigten Interesse dieser Personengruppe gerecht. Diese Regelung begrüßen wir besonders und außerordentlich.
Im Ausschuss wurde weiterhin festgelegt, dass Begleitpersonen im Beisein eines Fischereischeininhabers ebenfalls das Angeln mit der Handangel auf Friedfische erlaubt werden soll. Auch diese Regelung halten wir für sinnvoll, da es aus unserer Sicht keine schlüssige Begründung für die Versagung gibt, zumal die Präsenz einer fachkundigen Person gegeben ist.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal kurz auf den bereits vom Vorsitzenden des Ausschusses erwähnten Angelschein für Touristen eingehen. Die Gründe, die für und gegen einen Angelschein für Touristen sprechen, lassen sich äußert kontrovers diskutieren. Einerseits würde dieser Touristenschein durchaus eine Bereicherung des touristischen Angebots darstellen, andererseits sind die tierschutzrechtlichen Bedenken nicht von der Hand zu weisen.
Nun könnte man entgegnen, dass sich jeder Bürger Fische im Aquarium halten könne und auf Wunsch den gekauften Karpfen sicherlich auch lebendig mit nach Hause nehmen dürfe. Dies alles sollte aber nicht dazu verführen, sorglos mit unseren Tieren umzugehen. Es gibt Fischarten in Sachsen-Anhalt, die auf der roten Liste stehen. Von einem Fischereischeininhaber erwarte ich natürlich, dass er sie, sollte er diese am Haken haben, wieder freilässt. Von einem Unkundigen dagegen dürfte das kaum zu erwarten sein. Ein pauschaler Touristenschein für das Land Sachsen-Anhalt wäre also insbesondere aus artenschutzrechtlichen Gründen nach meiner Auffassung bedenklich. Die in § 28 Abs. 4 verankerte Verordnungsermächtigung schließt einen regional sehr begrenzten Angelschein für Touristen nicht aus. Damit könnte dem Anliegen zumindest in Teilen nachgekommen werden.
Alles in allem sind unsere Vorstellungen, die wir in zahlreichen Änderungsanträgen versucht haben, in dem Entwurf unterzubringen, im Wesentlichen mit eingeflossen. Was uns aber insbesondere dazu bewegt, der Gesetzesnovelle zuzustimmen, ist, dass eigentlich die gesamten Vorstellungen der Verbände mittels unserer Änderungsanträge übernommen worden und in den Gesetzentwurf eingeflossen sind. Demzufolge könnte die SPDFraktion dem Änderungsantrag und der Novelle selbst zustimmen.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU, bei der PDS, bei der FDP und von Ministerin Frau Wernicke)
Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen! Frau Hajek, ich könnte Ihrem Beitrag vorbehaltlos zustimmen; das tue ich auch, weil er inhaltlich richtig ist. Ich möchte aber trotzdem noch einige Bemerkungen und Ausführungen machen.
Das Fischereigesetz ist vor elf Jahren verabschiedet und erst einmal im Jahr 1997 mit dem Beschluss des Feld-
und Forstordnungsgesetzes novelliert worden. Der Änderungsbedarf ergibt sich heute im Wesentlichen durch die Anpassung an die Wasserrahmenrichtlinie, an das geänderte Bundesrecht und an das novellierte Wassergesetz. Die Inhalte haben Sie richtig beschrieben.
Ich will zum Touristenschein sagen, dass die Tatsache, dass Touristen gegebenenfalls völlig ohne Sachkunde angeln könnten, aber die Landeskinder große Prüfungen für das Angeln in unseren Gewässern ablegen müssten, eine Ungleichbehandlung darstellte und natürlich schwer zu vermitteln wäre. In der Novelle wurde gleichwohl eine Lösung gefunden: die Möglichkeit der Begleitung durch einen sachkundigen Begleiter, sodass jeder die Möglichkeit hat, zu angeln. Insofern erübrigt sich dieser Touristenschein tatsächlich.
Wichtig scheint mir aber auch zu sein, dass die Einführung eines Pflichtlehrgangs zum Fischereischein notwendig ist, um die bundesweite Anerkennung zu erzielen und damit einen Beitrag zur Entbürokratisierung des Angelns zu leisten, und dass wir den Sonderfischereischein für geistig beeinträchtigte Personen haben. Das ist auch ein ganz wesentlicher Punkt, weil er zur Integration dieser Menschen beiträgt, damit sie die Möglichkeit haben, auch an solchen Aktivitäten teilzunehmen. Das ist ein Fortschritt und im Jahr der Behinderten ganz wichtig.
Wie Sie schon richtig gesagt haben, sind die übrigen Änderungen im Wesentlichen redaktioneller Art und Anpassungen an das geltende Recht. Deswegen möchte ich auch noch gern den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in Drs. 4/2076 einbringen. Die Änderungsvorschläge sind im Wesentlichen rechtsförmlicher Natur und dienen der Klarstellung, da der GBD noch einmal einen entsprechenden Hinweis gegeben hat, dass man das wie vorgeschlagen machen sollte. Dem sind wir auch gefolgt. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag und zu dem so geänderten Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses. - Danke.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Sachsen-Anhalt mag auf den ersten Blick und verglichen mit anderen Bundesländern einen relativ geringen Anteil an Wasserflächen haben. Konkret beträgt er 34 500 ha. Das sind 1,7 % der Landesfläche. Dennoch sind mit einem weit verzweigten Fließgewässersystem und anderen Gewässerarten, so zum Beispiel im Harz und in der Altmark, sehr gute natürliche Voraussetzungen für ein artenreiches Fischaufkommen gegeben.
Durch eine Reihe von Schutzmaßnahmen und eine seit 1990 verbesserte Gewässergüte kann derzeit in Sachsen-Anhalt auch tatsächlich ein dynamischer Aufwärtstrend in der Fischpopulation verzeichnet werden. Dass dies zu einem großen Teil aber auch die bloße Folge einer beispiellosen Entindustrialisierung des Landes war, soll jetzt nicht mein Thema sein.
Tatsache ist, dass Sachsen-Anhalt aus fischökologischer Sicht inzwischen überregionale Bedeutung besitzt. Gegenwärtig werden 47 % der Gesamtwasserfläche von Anglern und Fischern genutzt, davon 6 830 ha im Haupterwerb und 9 554 ha als reine Angelgewässer.
Als Wirtschaftsfaktor hat die Binnenfischerei in SachsenAnhalt eher regionale Bedeutung, vor allem im Harz, im Fläming und in der Altmark.
In Sachsen-Anhalt existieren ca. 20 Fischereiunternehmen im Haupterwerb. Davon betreiben drei hauptsächlich Seen- und Flussfischereien, sieben überwiegend Karpfenteichwirtschaft und zwölf vorwiegend Forellenerzeugung. Außerdem entwickeln sich in allen Landesteilen Anglergewässer zunehmend zu Erholungs- und Tourismusfaktoren.
Mit der Novelle des Fischereigesetzes wollen wir auch dieser Situation neben den gewachsenen Erwartungen der 60 000 Angler im Land Sachsen-Anhalt Rechnung tragen.
Ich denke, unabhängig von den Erfordernissen, die sich zum Teil auch aus der erforderlichen Umsetzung europäischer Richtlinien ergaben, hat sich nicht zuletzt auch aus der Sicht der Angler und unter Beachtung der veränderten ökologischen Bedingungen und der gewachsenen und noch abzusehenden Möglichkeiten für Wassertourismus ein außerordentlich großer Änderungsbedarf bei dem Gesetz ergeben. Die Verbandsanhörung zu dieser Gesetzesänderung hat dies mit Nachdruck bestätigt.
Alles in allem wollen wir auch nicht in Abrede stellen, dass es in der Tat einige Verbesserungen gibt, zum Beispiel die sichtbaren Fortschritte im Hinblick auf eine bessere gesellschaftliche Integration behinderter Menschen bei der Ausübung des Fischereisports. - Herr Daldrup, das sollte nicht nur Veranlassung sein, dies im Jahr des Behinderten tun zu müssen, weil Sie darauf verwiesen haben.
Andererseits wurden aber Überlegungen nicht berücksichtigt, die sehr wohl im Interesse der Anglerverbände wären. Wir bedauern, dass entsprechende Anträge von uns hier nicht die erforderliche Mehrheit gefunden haben, zum Beispiel die Option der Einführung eines Tourismusangelscheins, weil das sehr wohl, wie es auch in Mecklenburg-Vorpommern getan wurde, helfen könnte, bestimmte Regionen Sachsen-Anhalt noch besser touristisch zu vermarkten.