Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/1313

Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/1337

Einbringer für die PDS-Fraktion ist der Abgeordnete Herr Gärtner. Herr Gärtner, Sie haben das Wort.

(Oh! bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Donnerstag, dem 15. Januar 2004, konnte man im Sportteil der „Magdeburger Volksstimme“ unter der Überschrift „Neue Hoffnung für Galoppsport in Magdeburg“ eine Erfolgsstory über die Zukunft des Galoppsports im Magdeburger Herrenkrug lesen. Diese neue Erfolgsstory ist im Beitrag unweigerlich mit dem Rennvereinspräsidenten Karl-Heinz Daehre verbunden, der im Hauptamt bekanntlich Bau- und Verkehrsminister des Landes ist.

(Frau Weiß, CDU: So ist es! Das stimmt!)

Das alles ist noch nicht schlimm. Auch ein Minister kann und soll Hobbys haben.

(Oh! bei der CDU - Zurufe von der CDU)

In dem Artikel wird allerdings die Tatsache verschwiegen, dass es um die Rennwiesen und insbesondere ihren Pächter, die Magdeburger Rennwiesen GmbH, finanziell gar nicht gut bestellt ist. Die Stadt Magdeburg wartet seit Ewigkeiten erfolglos auf mehrere tausend Euro an Pachtzins; Firmen warten auf Gelder, die aufgrund der Erfüllung von Aufträgen fällig werden usw.

Dass Rennverein und Rennwiesen GmbH nicht so einfach zu trennen sind, ergibt sich sehr schnell. Der Präsident des Rennvereins, Herr Daehre, ist qua Amt in der Gesellschafterversammlung der GmbH.

(Minister Herr Dr. Daehre: Das ist ja falsch!)

Verein und GmbH sitzen im selben Gebäude, hatten dieselbe Sekretärin, und der Verein sitzt in einer Gesellschafterversammlung, in der seit Jahren keine Bilanzen der GmbH vorgelegt werden.

Aber der Reihe nach. Seit Wochen liegen der Öffentlichkeit Informationen darüber vor, dass im Zusammenhang mit der Pferderennbahn im Magdeburger Herrenkrug Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von Fördermitteln aufgetreten sind. Beispielsweise fordert das Arbeitsamt 343 000 € von der Rennwiesen GmbH zurück. Allerdings ist das ein Verfahren, das nicht nur seit Wochen und Monaten, sondern schon seit dem Jahr 2001 läuft.

Bei all den Sachen geraten immer wieder die Magdeburger Rennwiesen GmbH und natürlich auch der Verein ins Zwielicht, da Letzterer in der Gesellschafterversammlung vertreten ist.

Im Übrigen hat sich die GmbH im Pachtvertrag mit der Stadt Magdeburg verpflichtet, die Rennwiese ohne Zuschüsse der öffentlichen Hand zu betreiben. Mit der Stadt ist übrigens per Vertrag ein Pachtzins in Höhe von damals ca. 358 000 DM vereinbart worden. Was daraus geworden ist, werde ich später resümieren.

Das alles hat dazu geführt, dass ich am 19. November 2003 einen 27 Fragen umfassenden Fragenkomplex an die Landesregierung gerichtet habe, um Informationen bezüglich aller in den letzten Jahren geflossenen Fördermittel, vor und nach dem Hochwasserereignis im Jahr 2002, zu erhalten.

Des Weiteren sollte etwas über die finanzielle Situation der GmbH in Erfahrung gebracht werden. Zudem spielte natürlich auch die Rolle von Karl-Heinz Daehre, im Nebenamt Präsident des Rennvereins und somit in der Gesellschafterversammlung vertreten, eine Rolle.

Ich stelle meiner Ausweitung voran: Die Antworten waren und sind außerordentlich mager und laden förmlich zu neuen Fragen ein. Einiges möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Angesichts der Brisanz des Vorganges kann mich die allgemeine Vorbemerkung bei den Antworten zu Fragen nach Fördermitteln nicht befriedigen, die wie folgt lautet:

„Es wird darauf hingewiesen, dass Angaben über Subventionen, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der geförderten Unternehmen darstellen können, nicht unbefugt, das heißt regelmäßig nicht ohne Einverständnis des Subventionsemp

fängers, offenbart werden dürfen. Deshalb wurde auf die Angabe von Förderdaten bei der Gemeinschaftsaufgabe ‚Verbesserung der regionalen Wirtschaftstruktur‘ verzichtet.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um öffentliche Gelder. Man muss doch beispielsweise erfahren dürfen, wie viel Geld in die Förderung einer Golfanlage gesteckt worden ist, die sich nachweislich in einem hochwassergefährdeten Gebiet befindet. Bereits im Jahr 1996 bejahte die Landesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Bischoff, SPD, zur Errichtung einer Golfanlage im Rennwiesenareal in Magdeburg die Frage, ob die Pferderennbahn hochwassergefährdet ist.

Diese Golfanlage wurde in Kooperation mit der Rennwiesen GmbH und unter Zahlung umfänglicher Fördermittel des Landes errichtet. Knapp 305 000 € Fördermittel wurden dann nochmals nach dem Hochwasser 2002 seitens des Landes zur Wiederherstellung gezahlt - zur Wiederherstellung, Wiedererrichtung einer Golfanlage in einem hochwassergefährdeten Gebiet!

Stichwort „Hochwasserentschädigung“. Hierbei kommt es zu großen Merkwürdigkeiten. Die Rennwiesen GmbH hatte am 15. Oktober 2002 einen umfänglichen Antrag im Rahmen der Hochwasserschadensregulierung gestellt. Mit Schreiben vom 26. August 2003 wurde dieser zurückgezogen und stattdessen tritt nun seit dem 2. Dezember 2002 die Stadt Magdeburg als Antragstellerin auf. 1,87 Millionen € wurden für die Sanierung nach dem Hochwasser beantragt.

Obwohl dieses Areal für 99 Jahre verpachtet ist, obwohl Fördermittel des Landesförderinstituts Ende der 90erJahre aus dem GA-Topf an die Rennwiesen GmbH geflossen sind - umfänglicher Natur; wie viel, wissen wir nicht genau -, tritt nun auf einmal die Stadt als Antragsstellerin auf. Knapp 1 Million € sind bereits an die Stadt geflossen. Was ist denn mit der GmbH los? Welche Auswirkungen hätte das auf die in den 90er-Jahren geflossen GA-Mittel?

Denn nunmehr wacht auch die Stadt auf. Mit Beschluss vom 12. Dezember 2003 fordert der Verwaltungsausschuss der Stadt die Rennwiesen GmbH auf, unverzüglich den rückständigen Erbbauzins in Höhe von 170 044 € und den am 15. Januar 2004 fälligen Zins in Höhe von 82 972 € zu zahlen.

Die Stadt hatte sich für die Jahre 1999 und 2000 großzügig gezeigt. Kurzerhand wurde der fällige Zins von über 170 000 € wegen angeblicher Ertragsschwäche der GmbH auf 4 100 € jährlich gesenkt. Das sind ungefähr 300 und noch etwas Euro im Monat. Nicht einmal eine größere Wohnung kann man damit bezahlen, allerdings ein Rennwiesenareal - und das bei der Situation der kommunalen Kassen, die bekanntlich auch in Magdeburg angespannt ist.

Für das Jahr 2000 steht selbst diese Summe noch aus und angesichts dessen stellt sich die Frage: War diese GmbH überhaupt lebensfähig? - Offensichtlich nicht, denn auch die Bilanzen für die Jahre 2000, 2001 und 2002 sind nicht vorhanden. Hier stellt sich die Frage nach der Rolle der Gesellschafterversammlung, in der Herr Daehre sitzt. Was wusste die Versammlung? Ihr kann doch die klamme Situation der GmbH nicht völlig entgangen sein. Warum werden von den entsprechenden Ämtern die Bilanzen nicht angefordert? Hatte die GmbH überhaupt jemals die für die Fördermittelbeantra

gung notwendigen Eigenmittel? Was ist hier mit öffentlichen Geldern geschehen?

Noch mehr Fragen stehen im Raum. So schreibt Magdeburgs OB Lutz Trümper einen Brief an Minister Daehre, in dem er eine so genannte Hochwasserschutzmauer an der Rennbahn anregt, obwohl Herrn Trümper doch definitiv bekannt sein sollte, dass der zuständige Landesbetrieb für Hochwasserschutz nicht Herrn Daehre, sondern dem Umweltministerium untergeordnet ist. Sicherlich, Minister Daehre hat den Brief weitergeleitet, und das sicherlich wohlwollend.

(Herr Gürth, CDU: Korrekt, wie er ist! - Herr Schomburg, CDU: Was spinnen Sie hier zusam- men? - Frau Feußner, CDU: Schämt Ihr Euch nicht? - Weitere Zurufe von der CDU)

Das alles wird in den Antworten auf die Fragen nicht beantwortet. Deshalb fordert die PDS mit dem heutigen Antrag eine umfängliche Aufklärung aller Vorgänge in diesem Zusammenhang. Es muss auf den Tisch des Hauses, wie viel Mittel der öffentlichen Hand aus welchen Gründen geflossen sind,

(Herr Gürth, CDU: Das ist die innovative PDS für die Zukunft der Jugend! Sehr intelligent!)

es muss die Rolle der zuständigen Ämter in dem Zusammenhang geklärt werden.

Lieber Kollege Gürth, eine kurze Zwischenbemerkung: Ich erinnere mich sehr genau, wie Sie hier gestanden haben und eingefordert haben, dass die Affäre um den damaligen Minister Heyer aufgeklärt wird, und ich denke, das Recht haben wir als heutige Opposition im Parlament auch.

(Herr Gürth, CDU: Das war ja auch eine Affäre! - Weitere Zurufe von der CDU)

Es muss die Rolle von Karl-Heinz Daehre in dem Zusammenhang geklärt werden und es muss insbesondere schnell gehandelt werden; denn ich habe den Eindruck, dass eine GmbH, in die Millionen öffentliche Gelder geflossen sind, still und heimlich von der Bühne verschwinden soll und somit auch die Verantwortlichen nicht mehr belangt werden können, da aufgrund fehlender Insolvenzmasse ein Insolvenzverfahren nicht einmal eröffnet wird. Das muss verhindert werden. Herr Minister Daehre, sorgen Sie für Klarheit, was Ihre Rolle in diesem Zusammenhang war und ist.

Meine Damen und Herren! Es gibt weitere Dinge, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte und die meines Erachtens geklärt werden müssen.

Würden Sie zwischendurch eine Frage des Abgeordneten Kosmehl beantworten?

Nein, im Moment nicht. - Eine kleine Recherche im Internet hat Folgendes ergeben: Der Magdeburger Rennverein ist unter der Domain www.md-rennverein.de erreichbar. Dort kann man sogar einige Seiten betrachten. Interessant ist, dass die einzelnen Seitenabrufe zu folgender Adresse weitergeleitet werden: www.seniorenhilfe.germancom.de/rennverein.html.

Diese Seniorenhilfe, die auch ihre Seite bei Germancom hat, ist ein Verein aus Haldensleben. Der Denic-Aus

zug - der Domaininhaber ist der Vertragspartner der Denic und damit der an der Domain materiell Berechtigte -, Name und Adresse: Germancom, GeschwisterScholl-Straße 26 in Magdeburg, Deutschland. Der administrative Ansprechpartner ist die vom Domaininhaber benannte natürliche Person, die als sein Bevollmächtigter berechtigt und gegenüber Denic auch verpflichtet ist, sämtliche die Domain md-rennverein.de betreffende Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden. Das ist Harald Kreibich von der Firma Germancom.

Nun wollen wir uns einmal die Firma Germancom ansehen. Sie ist unter folgender Adresse erreichbar: Germancom, Postfach 1831, 39008 Magdeburg, in der Liebigstraße 12, hier um die Ecke. Der administrative Ansprechpartner für die Germancom-Seite ist die vom Domaininhaber genannte natürliche Person, die als sein Bevollmächtigter berechtigt und gegenüber Denic auch verpflichtet ist, sämtlich die Domain germancom.de betreffenden Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden. Das ist auch in diesem Fall Harald Kreibich.

Sollte es womöglich die Person sein, die auch Pressesprecher des Bau- und Verkehrsminister ist, stellen sich erst einmal kleine Fragen.

(Herr Scharf, CDU: Welche Fragen denn?)

Was der Pressesprecher des Bau- und Verkehrsministers in seiner Freizeit macht, ist seine Sache. Ob diese Verquickung wirklich sinnvoll, bleibt zu fragen.

(Frau Feußner, CDU: Jetzt wird es ja lächerlich!)

Das müssen die beiden Pferdefreunde unter sich ausmachen.

(Lachen bei der CDU)

Allerdings ist zu klären, ob die nebenamtliche Tätigkeit auch vertraglich abgesichert ist.

Meine Damen und Herren! Wir wollen eine lückenlose Aufklärung aller Vorgänge im Zusammenhang mit der Pferderennbahn im Magdeburger Herrenkrug.