Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Sie können davon nicht ausgehen, auch vor dem Hintergrund: Die Bezeichnung der bisher zu den jeweiligen drei Regierungsbezirken gehörenden Landkreise und kreisfreien Städte als nichtadministrative Regionen dient nur der Erfassung für die EU-Statistik.

Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. Damit ist auch diese Zusatzfrage beantwortet.

Wir kommen zu Frage 3, der letzten Frage. Sie wird gestellt von dem Abgeordneten Herrn Bernward Rothe von der SPD-Fraktion. Es geht um das Thema „Staatlich Anerkannter Feiertag 6. Januar“.

Ministerpräsident Böhmer hat der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 8. Januar 2004 zufolge das Ergebnis einer Umfrage zur Abschaffung des Dreikönigstags als gesetzlichem Feiertag in Sachsen-Anhalt wie folgt kommentiert: „Ich habe Respekt vor der nüchternen Einschätzung der Leser der ‚MZ’. Ich wünschte mir, dass der Landtag mit den gleichen Mehrheiten zum gleichen Ergebnis käme.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Beabsichtigt die Landesregierung, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage mit dem Ziel einzubringen, dass der Dreikönigstag künftig kein staatlich anerkannter Feiertag mehr ist?

2. Wirkt sich nach Einschätzung der Landesregierung die vom Sonn- und Feiertagsgesetz vorgeschriebene allgemeine Arbeitsruhe am 6. Januar auf das Wirtschaftswachstum, die Steuerkraft, das Kaufverhalten der Bevölkerung und die Standortwahl von Investoren aus?

Vielen Dank, Herr Rothe. - Die Antwort wird ebenfalls von Herrn Minister Jeziorsky gegeben.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Abgeordneten Rothe namens der Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Nein.

Zu Frage 2: Bei Gleichbleiben aller anderen konjunkturellen Einflussfaktoren würde die Streichung eines Feiertages in Sachsen-Anhalt eine Erhöhung des Wirtschaftswachstums gegenüber einem vergleichbaren Vorjahreszeitraum zur Folge haben.

Infolge der Überlagerung der Auswirkungen verschiedener Einflussfaktoren auf das Wirtschaftswachstum ist eine quantifizierte seriöse Prognose nicht möglich. Erst im Nachhinein ist durch eine Zerlegung einzelner Wachstumsbeiträge eine Zuordnung annähernd möglich.

Die wissenschaftlichen Forschungsinstitute haben allerdings sowohl in ihrem Frühjahrs- als auch in ihrem Herbstgutachten 2003 versucht, im Rahmen der Wachstumsprognose für dieses Jahr den Beitrag der auf Wochenenden fallenden Feiertage und des Schaltjahres 2004 zu quantifizieren. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass ein Anteil von rund 0,6 % des für 2004 erwarteten Wachstums auf den Arbeitstageeffekt zurückzuführen ist.

Auswirkungen auf die Steuerkraft dürften durch die Streichung des 6. Januar als Feiertag in Sachsen-Anhalt nicht auftreten. Es ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung insbesondere in den an Sachsen angrenzenden Regionen die am 6. Januar in Sachsen geöffneten Geschäfte besucht. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag in Sachsen das Kaufverhalten in umgekehrter Richtung beeinflusst.

Die Streichung eines bezahlten Feiertages in SachsenAnhalt würde infolge der Reduzierung der Personalzusatzkosten Wettbewerbsvorteile für die Wirtschaft bewirken. Ausgehend davon, dass es in Sachsen-Anhalt derzeit elf gesetzliche Feiertage gibt, ist der Wettbewerbsvorteil aus der Streichung eines Feiertages zu vernachlässigen. Vor diesem Hintergrund sind Auswirkungen auf die Standortwahl allein aufgrund des Wegfalls des 6. Januar als gesetzlicher Feiertag nicht zu erwarten.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Kos- mehl, FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Zusatzfragen werden offensichtlich nicht gestellt. Damit ist die Fragestunde abgeschlossen.

Ich freue mich, auf der Besuchertribüne Damen und Herren des Jugendclubs Hohenwarsleben zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Sie verlassen die Besuchertribüne soeben. Wir haben sie gerade noch erwischt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/1083

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 4/1305

Ich bitte zunächst den Abgeordneten Herrn Kolze, als Berichterstatter des Ausschusses das Wort zu nehmen.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU, und von Herrn Kosmehl, FDP)

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Die erste Beratung über diesen Gesetzentwurf fand in der 27. Sitzung des Landtages am 23. Oktober 2003 statt. In dieser wurde der Gesetzentwurf zur Beratung an den Ausschuss für Inneres überwiesen.

Zunächst vereinbarte der Innenausschuss in seiner 22. Sitzung am 12. November 2003 eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände und des Landesrechnungshofs. Diese Anhörung fand in der 23. Sitzung am 26. November 2003 statt. Den Mitgliedern des Innenausschusses lag dazu auch eine schriftliche Stellungnahme des Wasserverbandstages e. V. vor.

Der Innenausschuss verabschiedete die Beschlussempfehlung an den Landtag in seiner 24. Sitzung am 17. Dezember 2003. Im Rahmen der Beratung lagen schriftliche Änderungsanträge sowohl der PDS-Fraktion als auch der Fraktionen der CDU und der FDP vor. Sowohl die Fraktionen der CDU und der FDP als auch die PDSFraktion griffen in ihren Änderungsanträgen Vorschläge des Landesrechnungshofs auf.

Diese betrafen zum einen die Einfügung eines § 12b - siehe Nr. 13 der Beschlussempfehlung. Der Landesrechnungshof hielt aus rechtssystematischen Gründen für die Verpflichtungsgeschäfte des Zweckverbandes eine gesonderte Regelung für notwendig.

Zum anderen betrafen die Änderungsanträge § 16 Abs. 2, Ihnen vorliegend unter Nr. 16 der Beschlussempfehlung. Diese Änderung soll der Rechtsvereinfachung dienen. Eine unmittelbare Anwendung der für Eigenbetriebe geltenden Vorschriften kann zu unbilligen Ergebnissen führen. Die vorgenannten Vorschriften müssen von ihrem Inhalt her auf die Zweckverbände, die der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung oder der Abfallentsorgung dienen, anwendbar sein. Eine entsprechende Anwendung stellt darauf ab, dass manche Regelungen einfach nicht übertragbar sind.

Die PDS-Fraktion hält die Einführung eines Pflichtverbandes - geregelt unter Nr. 8 der Beschlussempfehlung - für einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Diese Ansicht wird von der SPD-Fraktion mit Verweis auf die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände geteilt. Ein entsprechender Änderungsantrag wurde von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Weitere Änderungsanträge der PDS-Fraktion betrafen Nr. 11 und Nr. 14 der Beschlussempfehlung.

Der Innenausschuss votierte für die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung mit 7 : 5 : 0 Stimmen und bittet den Landtag um die Annahme des Gesetzentwurfes in der Fassung der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kolze. - Bevor die Fraktionen zu Wort kommen, hat Herr Minister Jeziorsky um das Wort gebeten. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem heute zu beschließenden Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit soll das aus dem Jahr 1992 stammende Gesetz aktualisiert werden. Wir werden heute die bisherigen Strukturen des Gesetzes dem geltenden Kommunalverfassungsrecht anpassen. Zielrichtung der Novelle ist die heutige Vorstellung von einer eigenverantwortlich handelnden Kommune.

Bereits bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs habe ich darauf geachtet, dass die Belange und Anregungen der Praxis intensiv bedacht und abgewogen werden. Wir hatten zahlreiche Gespräche mit und schriftliche Kontakte zu den betroffenen Verbänden, die sich konstruktiv in die Arbeit eingebracht haben. Stellenvertretend für alle möchte ich mich an dieser Stelle bei unseren kommunalen Spitzenverbänden und dem Wasserverbandstag bedanken.

Das Änderungsgesetz will den Gebietskörperschaften flexiblere und effektivere Modelle der Aufgabenerledigung anbieten. Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, dass die angebotenen Formen der kommunalen Gemeinschaftsarbeit nicht in Konkurrenz zu den Gebietskörperschaften und den Verwaltungsgemeinschaften treten, sondern diese ergänzen und unterstützen.

Der Gesetzentwurf hält an den bewährten Formen kommunaler Gemeinschaftsarbeit, der Zweckvereinbarung und dem Zweckverband, fest. Hinzu tritt die Möglichkeit der Bildung einer Arbeitsgemeinschaft als Vorstufe der kommunalen Gemeinschaftsarbeit.

Wichtige Veränderungen werden bei den Zweckverbänden vorgenommen. So werden die Organstrukturen des Zweckverbands denen der Gemeindeordnung angepasst, damit die Doppelspitze der Verwaltung aus Verbandsvorsitzendem und Verbandsgeschäftsführer beseitigt wird. Der Verbandsgeschäftsführer erhält deutlich mehr Verantwortung, muss im Gegensatz dazu aber auch deutlich höhere Qualifikationserfordernisse erfüllen.

Ebenso erfährt der Aufgabeninhalt der Verbände Veränderungen, die sich aus den Praxiserfahrungen ergeben. Es werden jetzt Mehrzweckverbände zugelassen, wenn die verschiedenen Aufgaben inhaltlich im Zusammenhang stehen.

Bei der Wahrnehmung von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises stehen durch die Bildung und Fortentwicklung von Verwaltungsgemeinschaften künftig leistungsfähigere Aufgabenträger zur Verfügung. Damit ist für Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften die Notwendigkeit der Bildung von Zweckverbänden zur gemeinsamen Erfüllung von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises entfallen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit der Bildung von Pflichtverbänden wurde in den Ausschusssitzungen intensiv und kontrovers beraten. Mit Blick auf die Sicherung der finanziellen Leistungsfähigkeit auf kommunaler Ebene kann darauf aber nicht verzichtet werden. Im Übrigen - das sei an die Kritiker gerichtet - besteht diese Möglichkeit der Bildung von Pflichtverbänden auch in den Gesetzen anderer Bundesländer. Wir beschreiten hierbei kein Neuland.

Zudem kann ein Pflichtverband nur unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips und der sehr strengen Voraussetzung, dass zwingende Gründe des öffentlichen Wohls es gebieten, von der Kommunalaufsichtsbehörde gebildet werden. Ein derartiger Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung ist vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß anerkannt worden. Der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung der Gebietskörperschaften wird damit nicht verletzt.

Auch hinsichtlich der Zweckvereinbarungen gibt es Neuerungen. Zwar besteht - wie bisher - das Wesen der Zweckvereinbarung darin, den kommunalen Körperschaften eine Organisationsform zur effektiveren und wirtschaftlicheren Aufgabenerfüllung in die Hand zu geben, indem eine kommunale Körperschaft eine Aufgabe zugleich für die anderen Beteiligten wahrnimmt.

Künftig wird weitergehend die Möglichkeit eröffnet, durch Zweckvereinbarungen nicht nur eine einzelne Aufgabe, sondern mehrere Aufgaben in die Zuständigkeit einer anderen kommunalen Körperschaft zu übertragen. Der Abschluss dieser Mehrzweckvereinbarungen kann der Erledigung freiwilliger oder pflichtiger Selbstverwaltungsaufgaben, aber auch der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises dienen. Anders als beim Zweckverband müssen die Aufgaben, die Gegenstand einer Zweckvereinbarung sind, nicht in einem sachlichen Zusammenhang stehen.

Ferner ermöglicht die modifizierte Regelung künftig auch eine abweichende Vereinbarung über den mit Wirksamwerden der Zweckvereinbarung verbundenen Aufgabenübergang, indem eine kommunale Körperschaft nicht die Aufgabe selbst, sondern lediglich ihre Durchführung auf eine andere kommunale Körperschaft übertragen kann. Es findet in diesen Fällen also keine Übertragung der Aufgabenverantwortung statt, sondern nur eine Wahrnehmung im Sinne eines Auftragsverhältnisses.

Auf Anregung des Landesrechnungshofes erfolgte zum einen die Konkretisierung der Form der Verpflichtungsgeschäfte des Verbandsgeschäftsführers, zum anderen eine Klarstellung hinsichtlich der Geltung der Vorschriften über Wirtschaftsführung und Rechnungswesen der Eigenbetriebe bei Zweckverbänden der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung und der Abfallentsorgung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle gibt unseren Kommunen ein modernes und zukunftsweisendes Instrument für die kommunale Gemeinschaftsarbeit in die Hand. Das Land SachsenAnhalt gehört damit zu der ersten Gruppe der Bundesländer, die die Modernisierung dieses Bereiches abgeschlossen haben. Die anderen werden folgen.