Ich muss dazu sagen, dass die mediale Begleitung Ihres Entwurfs nicht schlecht war, dass sie, gespickt mit Nebelkerzen und Teilwahrheiten, auch einen ganz guten Eindruck erweckt hat. Aber wenn man ins Detail geht, ist doch das eine oder andere deutlich zu hinterfragen.
ist uns nun eben jener Entwurf wieder auf den Tisch gekommen, Herr Höppner. Er ist in weiten Passagen wörtlich abgeschrieben worden,
außer denen, die in der Diskussion waren. Deshalb können wir natürlich auch bei vielen Punkten nicht sagen, dass sie schlecht seien; wir würden sonst unseren eigenen Entwurf kritisieren.
Allerdings bleibt Ihr Gesetzentwurf in weiten Teilen hinter dem zurück, was Sie verkündet haben. Wenn man sich anschaut, dass Sie verkündet haben, dass demnächst die Strukturen größer sind, dann suche ich eben jene Passage in diesem Gesetzentwurf vergebens.
Das von Ihnen vorgesehene „zwingende öffentliche Bedürfnis“, bei dem das Ministerium ermächtigt werden soll, durch Rechtsverordnung die Landkreise und kreisfreien Städte zur Zusammenlegung zu verpflichten, widerspricht eigentlich der bisher auch von Ihnen im Landtag geäußerten Haltung, dass eine Verordnungsermächtigung durchaus genau beschreiben soll, worum es geht. In diesem Fall wurde bewusst darauf verzichtet, weil die SPD offensichtlich wieder nicht den Mut hatte, neue Strukturen vorzuschlagen und neue Bereiche öffentlich und entsprechend streitig zu diskutieren, weil es eben doch den einen oder anderen Widerstand geben könnte.
Da die Landkreise nach wie vor den Rettungsdienst als eigenständige Aufgabe haben, verbietet es sich aus kommunalverfassungsrechtlichen Gründen eindeutig, einen zwangsweisen Zusammenschluss der Rettungsdienstbereiche durch ministerielle Verordnung vorzunehmen.
Wenn man aber einen zwangsweisen flächendeckenden Zusammenschluss möchte, dann müsste das Land die Aufgabe des Rettungsdienstes stärker an sich ziehen und sie dem übertragenen Wirkungskreis der Kommunen zuordnen. Dies wiederum wird zu einem Einflussverlust der Kommunen führen und dem Land die Mitverantwortung für die Organisation, zum Beispiel für den Einzugsbereich der Rettungswachen, aufbürden. Ortsnahe Aufgaben werden auf diese Weise verstaatlicht,
Der Tatbestand des zwingenden öffentlichen Bedürfnisses ist außerdem so allgemein gehalten, dass er nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.
Unabhängig von dieser formalen Beurteilung ist Folgendes zu bedenken: Für den Fall, dass ein Landkreis nicht in der Lage ist, den bodengebundenen Rettungsdienst durchzuführen, gibt es bereits heute die kommunalaufsichtsrechtliche Anordnung als letztes Mittel, benachbarte Rettungsdienstbereiche zusammenzuschließen. Sofern aus Gründen der Kosteneinsparung Zusammenschlüsse geboten sind, stellt sich die Frage, welches der Kostenmaßstab sein solle, mit dem ein zwingendes öffentliches Bedürfnis für den Erlass einer Rechtsverordnung bestimmt werden kann.
Sie müssen auf jeden Fall an dieser Stelle bekennen, welche Lösung Sie nun wollen. Alles auf einmal geht jedenfalls nicht.
Ein Einspareffekt bei der Zusammenlegung von Rettungsleitstellen ist sicherlich dann anzunehmen, wenn gleichzeitig die Leitstellen der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes zusammengelegt werden. Sie haben sich auch zu integrierten Leitstellen bekannt, müssten dies also auch verfolgen.
Dann allerdings müssten auch entsprechende Gesetzesänderungen in das Brandschutzgesetz und das Katastrophenschutzgesetz eingebaut werden. So, wie die Vorlage jetzt gefasst ist, bedeutet das, dass die vorhandenen Leitstellen im Feuerwehrbereich erhalten bleiben. Da die Leitstellen im Land überwiegend recht klein strukturiert sind, hätte dies zur Folge, dass etwa doppelt so viel Personal in den Leitstellen des medizinischen Rettungsdienstes und den Leitstellen des abwehrenden Brandschutzes im Wege einer Parallelvorhaltung vorhanden sein müsste. Dies kann von Ihnen doch nicht wirklich so gewollt sein.
- Das ist die Gesetzesrealität. Der kann man auch mit markigen Worten an dieser Stelle nicht ausweichen.
Ihre Behauptung, Sie würden die Hilfsfrist nicht verändern, trifft insoweit zu, als sich das Wort „Hilfsfrist“ auch in Ihrem Gesetzentwurf wiederfindet.
Die Definition haben Sie verändert. Entweder wurde bewusst ein Zusammenhang verschleiert oder es ist Ihnen nicht aufgefallen, dass Sie beim Abschreiben von unserem Entwurf die Änderung mit übernommen haben. Auf jeden Fall beginnt die Hilfsfrist nach der alten Definition mit dem Eingang des Anrufes. Bei Ihnen beginnt sie erst mit dem Ende des Meldegesprächs.
Hier deckt sich diese planerische Größe genau mit der von uns vorgeschlagenen Eintreffzeit. Das ist auch vernünftig. Aber behaupten Sie nicht öffentlich das Gegenteil, Sie würden angeblich nichts verändern.
Der wichtige Bereich des Qualitätsmanagements, auf den Sie vorhin so viel Wert gelegt haben, ist in Ihrem Entwurf überhaupt nicht zu finden. Offensichtlich soll hierbei nach dem Willen der SPD alles beim Alten bleiben. Die Qualitätssicherung ist an keiner Stelle in dem Gesetzentwurf erwähnt, obwohl sich alle Fachleute darüber einig sind, dass in diesem Punkt erheblicher Handlungsbedarf besteht.
Bereits im Sachverständigengutachten der konzertierten Aktion im Gesundheitswesen vom Februar 2003 wurde das mangelnde Qualitätsmanagement im Rettungswesen angeprangert und wurde auf Abhilfe gedrängt. Hierzu ist es erforderlich, dass in der Notfallrettung erfahrene Ärzte und Ärztinnen endlich die Möglichkeit haben, ihre Kenntnisse in die Arbeit im Bereich des Rettungsdienstes einfließen zu lassen.
Der in meinem Ministerium erarbeitete Entwurf sieht deshalb die verpflichtende Einführung des ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes vor. Man hat offensichtlich vergessen, diese Vorschrift ebenfalls abzuschreiben. Ein verbessertes Qualitätsmanagement bedeutet nämlich langfristige Einsparungen im Bereich der Krankenhäuser und der Rehabilitation sowie eine Entlastung der Rentenversicherungsträger.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Konstatierend kann man sagen, dass von dem ursprünglichen Entwurf - gut gebrüllt, Löwe - nichts weiter übrig bleibt als ein von Motten zerfressenes Tigerfell, das vielleicht als Running Gag in dem Stück „Dinner for one“ dienen kann, aber nicht als ein vernünftiger Gesetzentwurf.
Wir treten nun in die Debatte der Fraktionen ein. Als erste Rednerin rufe ich die Abgeordnete Frau Liebrecht für die CDU-Fraktion auf. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir wissen, dass seit Jahren eine Änderung des Rettungsdienstgesetzes gefordert wird; denn aufgrund der Strukturen steigen die Kosten für die Leistungserbringer ständig, ohne dass damit eine qualitative Verbesserung des Rettungsdienstes verbunden wäre.
Die Erfordernisse in der Rettungsmedizin hinsichtlich der Qualität und der Quantität sowie die ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich verändert. Diesen Entwicklungen muss durch eine Gesetzesänderung Rechnung getragen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD! In Ihrer Pressemitteilung vom 17. September 2003 haben Sie angekündigt, dass Sie einen Entwurf für ein neues Rettungsdienstgesetz - dieser liegt heute vor - in den Landtag einbringen werden, mit der Begründung, dass Sie auf die anhaltende Untätigkeit der Landesregierung von CDU und FDP reagieren.
Ich denke, es ist keine Glanzleistung, wenn Sie einen Referentenentwurf des Ministeriums abschreiben und ein, zwei Paragrafen im Nachhinein ändern.
Zudem sind Widersprüche enthalten, wie der Minister bereits ausgeführt hat. Sie haben während Ihrer Regierungszeit acht Jahre Zeit gehabt, diese Dinge in die Hand zu nehmen.
Es steht die Frage im Raum, ob wir eine Fortschreibung des jetzigen Gesetzes wollen, indem wir einige Symptome kurieren, oder ob wir eine wirklich neue Lösung erarbeiten wollen, die ein modernes Rettungsdienstgesetz schafft. Letzteres braucht noch etwas Zeit, aber - das ich kann Ihnen versichern - keine acht Jahre. Wir haben noch Abstimmungsbedarf, vor allem mit unserem Koalitionspartner.
Ich denke, in Bezug auf die Abkehr von der Satzungslösung zugunsten einer Vertragslösung zwischen den Kostenträgern und den Leistungserbringern auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Verträge gibt es einen breiten Konsens. Ebenso halten wir an der integrierten Leitstelle fest, die weitere Bereiche wie den Brand- und Katastrophenschutz und die Feuerwehr einbeziehen sollte.
Standardisierte Fragebögen für die Leitstelle zur Vermeidung von Fehleinsätzen wären denkbar und wünschenswert; denn dies dient der Verbesserung der Qualität. Wir können uns auch vorstellen, die Rettungsdienstbereiche in einer organisatorisch und betriebswirtschaftlich sinnvollen Größe zu gestalten.
Ich denke, es besteht Einvernehmen darüber, dass die Zahl der Rettungsleitstellen zu reduzieren ist. In Anbetracht der vorhandenen technischen Möglichkeiten sind drei Stellen ausreichend. Aber hinsichtlich der Bedeutung der integrierten Leitstelle für Rettung wäre auch eine Lösung auf der Ebene der Polizeidirektionen denkbar.
Angesichts der Situation der Ärzte in Sachsen-Anhalt, die heute schon in der Aussprache zur Großen Anfrage angesprochen worden ist, wäre eine Verzahnung des kassenärztlichen Notdienstes mit dem Rettungsdienst sinnvoll. Eine Analyse, die der Innenminister von Bayern, Herr Beckstein, im Jahr 2000 veranlasst hat, untersetzt dies. Darin wurde nämlich dargestellt, dass sich die Zahl der Einsätze insgesamt auf bis zu 60 % reduziert, wenn der kassenärztliche Notdienst mit dem Rettungsdienst verzahnt wird.
Für den wichtigen Bereich des Qualitätsmanagements wäre es sicherlich ein wesentlicher Aspekt, wenn der Verantwortungsbereich des Rettungsdienstassistenten, der als Erster am Ort des Geschehens ist, erweitert würde. Eines muss uns klar sein: Je schneller der Arzt oder das Rettungsmittel zur Stelle ist, um einen Patienten zu versorgen, umso geringer sind die Folgekosten. Jede verlorene Minute bei der Notfallversorgung ist kostenintensiv.
Die Folgekosten, die durch ein späteres Eintreffen des Rettungsmittels oder des Arztes entstehen, steigen mit zunehmender Zeit nicht einfach kumulativ, sondern exponentiell. Aus diesem Grund müssen wir den Rettungsdienst modern und effektiv bezüglich der technischen Ausrüstung und der Kosten gestalten. Dabei