Vielen Dank, Herr Felke. - Für die Landesregierung hat Minister Herr Dr. Rehberger um das Wort gebeten. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Felke hat mit Recht darauf hingewiesen, dass im Jahr 2002 der Eigentümer des Werkes in Ammendorf, die Firma Bombardier, drauf und dran war, dieses Werk zu schließen; denn die Situation im Waggonbau ist in Deutschland und in Europa leider nicht so, dass die
Zahl der Aufträge zunimmt. Vielmehr hat die Zahl der Aufträge deutlich abgenommen und nimmt weiter ab.
Ich möchte nicht beleuchten, was bei den Absprachen zwischen Bombardier, der Bundesregierung und der Landesregierung im Einzelnen gelaufen ist; denn das ist in der Vergangenheit bereits getan worden. Ich möchte lediglich drei wesentliche Ergebnisse in Erinnerung rufen.
Erstens war man sich einig über den Kauf von Flächen bzw. des Kraftwerkes durch das Land bzw. durch die Stadt Halle für einen Kaufpreis von 7,5 Millionen €.
Zweitens war man sich - so höre ich aus dem Bombardier-Konzern - darüber einig - das war das Ergebnis der Gespräche mit dem Bundeskanzler -, dass Zugbestellungen durch die Deutsche Bahn AG in spürbarer Größenordnung durchgeführt werden sollten. Offensichtlich sind damals im Bundeskanzleramt die Investitionspläne der Deutschen Bahn AG bis zum Jahr 2006 durchgesprochen worden. Es war davon die Rede, dass man bestimmte Bestellungen vorziehen wolle, um zusätzliche Aufträge an das Werk in Ammendorf vergeben zu können.
Drittens. Im Gegenzug hat der Konzern keine Schließung vorgenommen, sondern hat zugesagt, das Werk bis zum Jahr 2004 als Produktionsstandort weiterzuführen. Das ist auch bisher eingehalten worden. Der Konzern hat zugleich keinen Zweifel daran gelassen, dass der Standort anschließend in einen Servicestandort mit maximal 450 Arbeitsplätzen umgewandelt werden solle.
Das waren die drei Punkte, bezüglich derer man zu einem so genannten Gentleman’s Agreement gekommen ist. Genau darin liegt jetzt das eigentliche Problem; denn, meine Damen und Herren, bei allen Gesprächen mit dem Bombardier-Konzern können wir zwar darauf verweisen, dass das Land Sachsen-Anhalt die Zusagen eingehalten hat.
Aber wir werden zugleich darauf aufmerksam gemacht, dass es hinsichtlich der Gegenleistung des Konzerns, nämlich wenigstens einen Servicestandort auf Dauer zu erhalten und vielleicht sogar weiterzuentwickeln, keinerlei rechtlich verbindliche Vereinbarung gibt.
Das ist unser eigentliches Problem. So, wie man es vonseiten des Konzerns hört, ist die Auftragslage generell und speziell in Deutschland so schlecht, dass man über die Schließung mehrerer Standorte nachdenkt.
Die neue Landesregierung hat diese Situation vorgefunden. Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten das getan, was man tun konnte. Das wird auch weiterhin geschehen. Dazu gehört auch, dass wir die nicht betriebsnotwendigen Flächen für neue, interessante und möglichst produzierende Betriebe erschließen und dass wir vorhandene Gebäude vermieten, um Arbeitsplätze zu sichern. Es ist ein Millionenbetrag aufgewendet worden, um einen Strukturwandel am Standort zu ermöglichen.
Es ist in der Tat so, Herr Felke, meine Damen und Herren, dass der Ministerpräsident auch mit der Konzernspitze gesprochen hat. Aber ihm ist deutlich gesagt worden, dass einer Fortführung der Produktion das Konzept,
das im Jahr 2002 auch mit der Landesregierung von Sachsen-Anhalt besprochen worden sei, entgegenstehe, und dass ganz klar gewesen sei, dass man lediglich einen Servicestandort fortführen wolle. Das ist ein Punkt, den man so hinnehmen muss und bei dem, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht der Eindruck erweckt werden darf, als wären andere Absprachen getroffen worden.
Herr Felke, Sie haben im Zusammenhang mit den Perspektiven des Unternehmens in Ammendorf unter anderem die Vergabe des Nordharznetzes angesprochen. Das ist im Rahmen einer Ausschreibung geschehen. Ich glaube, das war zwingend geboten. In diesen Tagen liest man viel über Ausschreibungen und über unterbliebene Ausschreibungen. Bei einem Auftrag mit einem Umfang von mehreren Millionen Euro ist es sonnenklar, dass ausgeschrieben werden muss.
Es ist interessant, dass es die Landesregierung war, die die Anbieter aufgefordert hat, bei ihrem Angebot auch zu berücksichtigen, welche Leistungen in Ammendorf erbracht werden könnten.
Aber, verehrter Herr Felke, natürlich haben die, die Angebote unterbreitet haben, auch bei anderen Standorten angefragt. Das ist doch wohl erlaubt.
Wenn sich dann herausstellt, dass die Angebote aus Ammendorf deutlich teurer sind als die von Anbietern, zu denen auch die Standorte Halberstadt und Dessau gehören,
dann kann man nur dem günstigsten Anbieter den Zuschlag geben. Wir wollen alles für Ammendorf tun, aber doch nicht dadurch, dass wir geltendes Recht nicht mehr beachten
Ich bin froh, dass der Antrag dahin geht, dass wir die Einzelheiten - dazu ist noch viel zu sagen - im Ausschuss und nicht in der Öffentlichkeit besprechen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle einmal einen Punkt machen. Aber ich fände es bei allen Bemühungen der Landesregierung, für das Werk in Ammendorf eine möglichst gute Lösung zu finden, nicht hilfreich, wenn das Thema weiterhin so in die Öffentlichkeit gespielt werden würde, dass seitens der Landesregierung nicht das Notwendige geschehe, und die Opposition gemeinsam mit denen, die in Ammendorf Verantwortung tragen,
Die handwerklichen Fehler der Vorgängerregierung können wir leider nicht in jedem Punkt korrigieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Waggonbau Ammendorf ist zum wiederholten Male Gegenstand einer Landtagsdebatte - in der Regel immer dann, wenn eine brisante Situation ansteht. Natürlich haben die Ammendorfer Waggonbauer bei ihrem Ringen, das Traditionswerk als Standort für die Produktion von Zügen zu erhalten, Hoffnungen auf den Nahverkehr des Landes gesetzt, auch wenn das Auftragsvolumen den Bestand des Werkes nur für vier bis fünf Monate gesichert hätte.
Leider ist der Zuschlag bei der Vergabe des Nordharznetzes an einen Mitbewerber gegangen, weil er die gleiche Leistung günstiger und mit einer vergleichbaren Wertschöpfung im Land geboten hatte.
Auch die Vertreter der SPD wissen, wenn sie ehrlich sind, dass politische Preise vergaberechtlich niemals durchzuhalten wären.
Das Land hat sich bisher, wie Minister Rehberger bereits ausgeführt hat, massiv für den Erhalt des Standortes Halle-Ammendorf eingesetzt. Das schließt auch die Bemühungen des Ministerpräsidenten in Kanada ein. Mit dem Wissen um den Standortsicherungsvertrag, der die drei Komplexe Fahrzeugbau, Service und Wartung sowie die Vorgabe, dass die Wertschöpfung im Land bleibt, beinhaltet, hat das Land im Ausschreibungsverfahren die Leistungsbeschreibungen so formuliert, dass für die Ammendorfer Fahrzeugtypen keine Wettbewerbsnachteile entstehen.
Darüber hinaus wurde der Bombardier-Konzern erst von der Landesregierung dazu aufgefordert, sich an der Angebotserarbeitung im Ausschreibungsverfahren für das Nordharznetz zu beteiligen. Durch diese Verfahrensweise entsteht der Eindruck, dass die Führung des Bombardier-Konzerns nicht bereit ist, für den Standort Ammendorf Trümpfe zu ziehen. Offenbar soll die bereits im Jahr 2002 eingeleitete Umstrukturierung und Neuausrichtung hin zu einem Sevice- und Wartungsstandort fortgeführt werden.
Wir wissen, dass vor zwei Jahren aufgrund der drohenden Schließung des Werkes in Ammendorf zahlreiche Verhandlungen geführt wurden. Die Wende zugunsten des Werkes in Ammendorf wurde damals mit der Bereitschaft von Bahnchef Mehdorn begründet, dem Bombardier-Konzern Aufträge aus dem Investitionsprogramm der Bahn AG in Aussicht zu stellen, sodass letztendlich im Verhandlungsergebnis verkündet wurde, dass der Erhalt des Produktionsstandortes abgesichert sei.
Allerdings wollte der Bombardier-Konzern im Gegenzug durch den Verkauf der nicht betriebsnotwendigen Flä
chen finanziell entlastet werden. Das Land hat sich an die Absprache gehalten. Die Vorgängerregierung hat im März 2002 die Betriebsflächen im Wert von 7,5 Millionen € angekauft. Umgesetzt wurde dies aber von der jetzigen Regierung, die diese Summe Ende 2002 in den Nachtragshaushalt eingestellt und bezahlt hat.
Gleichzeitig muss darauf hingewiesen werden, dass das Ministerium eine sinnvolle Nutzung der nicht betriebsnotwendigen Flächen in Ammendorf in die Wege geleitet hat. Dennoch bleibt die Frage offen: Was ist das Versprechen des Kanzlers wert?