Protokoll der Sitzung vom 02.04.2004

250 Änderungsanträge, meine Damen und Herren, das war schon heftig.

(Zurufe von der CDU)

Immerhin ist es durch diesen Marathon gelungen, den vermurksten Regierungsentwurf an einigen Stellen zu verbessern.

(Unruhe bei der CDU)

Aber, Herr Olbertz, meine Damen und Herren von der Koalition, damit ist immer noch kein gutes Gesetz zustande gekommen. Das ist sträflich.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die Chance vertan, für Sachsen-Anhalt und seine Hochschulen ein transparentes, ein modernes und ein motivierendes Gesetz zu schaffen, das im Vergleich mit anderen Bundesländern die Spitze mitbestimmt.

(Beifall bei der SPD)

Die Bereitschaft, daran ernsthaft mitzuwirken, war und ist aufseiten der SPD-Fraktion bis zuletzt vorhanden.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das bezweifele ich!)

Offensichtlich hatten auch die Regierungsfraktionen zu Beginn der Beratungen gewisse reformerische Ansätze.

Ihren Hinweis, Herr Schomburg, dass die CDU-Fraktion beabsichtigt, nennenswerte Teile des SPD-Gesetzentwurfes zu übernehmen und in den Regierungsentwurf einzuarbeiten, habe ich jedenfalls so verstanden. Diese Annahme erwies sich als Illusion.

Meine Herren, meine Damen! Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion folgte einem anderen Leitgedanken als der Entwurf der Landesregierung. Wir wollten das autonome Handeln der Hochschulen stärken und nur noch das Nötige in den Beziehungen zwischen Staat und Hochschulen regeln, die durch gegenseitiges Vertrauen gekennzeichnet sind. Deswegen haben wir ein schlankes, ein prägnantes Gesetz vorgelegt, das auch progressive Elemente anderer Landeshochschulgesetze aufgenommen hatte.

Unser Ansatz ließ sich nicht ohne weiteres in den Regierungsentwurf einfügen. Dazu hätte der Regierungsentwurf in Gänze umgeschrieben werden müssen. Da dazu keine Bereitschaft vorhanden war, leidet auch die Beschlussempfehlung an einer viel zu hohen Regelungsdichte.

Eine zweite Anmerkung zum Verfahren, die zugleich die inhaltliche Qualität der Beratungen charakterisiert. Noch bis ca. eine Stunde vor der Endabstimmung über die Beschlussempfehlung warnte der Vertreter des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes davor, dass in den Änderungsanträgen der Fraktionen der CDU und der FDP verfassungswidrige Passagen enthalten seien.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört! - Herr Schom- burg, CDU: Was er nicht belegen konnte! - Weite- re Zurufe von der CDU)

Betroffen waren der Umgang mit den Zielvereinbarungen und die entsprechende Verordnungsermächtigung für das Kultusministerium in den §§ 57 und 124.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das stimmt über- haupt nicht!)

Nach hastigen Beratungen der Regierungsfraktionen mit dem Minister in mehreren Auszeiten sind dann in der letzten Ausschusssitzung eher zufällig gefundene Formulierungen in das Gesetz aufgenommen worden.

(Herr Tullner, CDU: Was soll denn das?)

Einige Paragrafen wurden versetzt und Absätze vertauscht, ohne dass die Sinnhaftigkeit dieses Tuns geprüft werden konnte, Herr Tullner.

(Beifall bei der SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: Das ist ja ein Ding!)

Das ist fürwahr keine Sternstunde des Parlamentarismus und absolut keine Referenz an die Bedeutung der Hochschulen.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU - Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das ist auch kei- ne Sternstunde der Opposition!)

Die SPD-Fraktion betreibt bis zur heutigen Schlussabstimmung eine konstruktive Kritik.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Ich will deshalb auf einige inhaltliche Punkte und auf unsere Änderungsanträge eingehen.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das ist aus je- dem Satz zu hören!)

- Herr Minister, hören Sie doch zu!

(Herr Dr. Püchel, SPD: Er kann es nicht!)

Erstens der Stellenwert der Zielvereinbarungen. Zielvereinbarungen sind für uns das zentrale Instrument, um eine von Staat und Hochschulen gemeinsam erarbeitete Hochschulentwicklungsplanung des Landes umzusetzen. Damit sie zugleich eine Vertrauensbasis für eine gedeihliche Zusammenarbeit bilden, müssen Zielvereinbarungen auf gleicher Augenhöhe verhandelt werden.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Ein Scheitern kann von jeder Seite verursacht werden. In der Formulierung der Beschlussempfehlung wird die Verbindlichkeit der Zielvereinbarungen durch die Möglichkeit von Ergänzungsvereinbarungen aufgeweicht und die Dominanz des Ministeriums bekräftigt.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Meine Güte! - Frau Feußner, CDU: Das ist falsch!)

In unseren Änderungsanträgen schlagen wir erneut die Einrichtung einer unabhängigen, aber sachkundigen Schiedsstelle, nämlich den Landeshochschulrat, vor. Im Falle von dessen erfolglosen Bemühungen soll der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft tätig werden und erst in dritter Instanz das Ministerium im Rahmen der gemeinsamen Hochschulentwicklungsplanung Festlegungen treffen können. Nach unserer Auffassung würde damit die Hochschulautonomie am besten respektiert.

Zweitens. Die SPD-Fraktion sah früher das Promotionsrecht für Fachhochschulen eher kritisch. Heute geben wir Promotionsverfahren an Fachhochschulen unter den zukünftigen Bedingungen der Bachelor- und MasterStudiengänge und unter Berücksichtigung der Anforderungen der Wirtschaft eine gute Chance. Deshalb beantragen wir die Wiederaufnahme in das Gesetz.

Drittens. Wir messen den Studienkollegs in SachsenAnhalt eine wachsende Bedeutung bei, wenn mehr ausländische Studentinnen und Studenten ins Land geholt werden sollen. Nach der Anhörung der Hochschulen halten wir die Zuordnung eines Kollegs zu einer Hochschule und deren Verantwortung für die Qualität und die Betreuung der Studierenden für die beste Variante. Herr Tullner, Ihre Ablehnung war erklärungsbedürftig, aber Sie wollen ja noch eine Änderung vortragen.

Viertens. Unser Vorschlag, bei Berufungsverfahren die Frist von der Vorlage der Unterlagen bis zur Ruferteilung durch den Minister auf drei Monate zu begrenzen, wurde angenommen. Das wird sich positiv auf das Image des Landes in der gesamten Hochschullandschaft auswirken und die Arbeitsfähigkeit unserer Hochschulen befördern. Da Frauen in der Gruppe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer immer noch in hohem Maße unterrepräsentiert sind, beantragen wir erneut die Aufnahme der betreffenden Mitwirkungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten bei der Vorbereitung des Berufungsvorschlages.

(Zustimmung bei der SPD)

Darüber hinaus soll von einer öffentlichen Ausschreibung einer Professur abgesehen werden können, wenn eine Juniorprofessorin oder ein Juniorprofessor berufen werden soll, um entsprechend dem Hochschulrahmenrecht des Bundes besonders befähigten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern international vergleichbar kurze Berufungswege zu eröffnen.

Fünftens. Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen wollen, dass das Konzil abgeschafft wird. Das halten wir für falsch.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb soll die Grundordnung bestimmen können, ob ein Konzil gebildet wird. Dazu gehört auch die Festlegung der Aufgaben eines Konzils. Wir wollen das Prinzip - das unterstreiche ich ganz dick - „starke Hochschulleitungen brauchen eine starke Demokratie an den Hochschulen“ umsetzen. Deshalb beantragen wir gerade zu diesem Änderungsantrag in der Drs. 4/1489 eine namentliche Abstimmung.

Im Interesse von Demokratie und Transparenz sollen der Senat und die Fachbereichsräte hochschulöffentlich und das Konzil öffentlich tagen. Die Nichtöffentlichkeit kann im Ausnahmefall durch eine Zweidrittelmehrheit hergestellt werden. Diese Vorschläge entsprechen den Stellungnahmen der Rektorenkonferenz, der Personalvertretung und der Studierendenschaft.

Gebühren bei einer Überschreitung der Regelstudienzeit lehnen wir ab. Wir hatten das Modell der Bildungsgutscheine in Form von Studienkonten vorgesehen, das jetzt in einer Reihe von Bundesländern eingeführt wird, hier im Land aber noch keine Akzeptanz findet.

Siebtens. Auch bei dem Thema Stiftungshochschulen waren wir offensichtlich der Zeit etwas voraus. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass schon in naher Zukunft Hochschulen in der Trägerschaft einer Stiftung auch in Sachsen-Anhalt eine interessante Option darstellen werden.

Achtens. Übergangsregelung für wissenschaftliche und künstlerische Assistentinnen und Assistenten sowie Oberassistentinnen und Oberassistenten. Obwohl der Vertreter des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes die von uns vorgeschlagene Übergangsregelung mit dem Hochschulrahmenrecht des Bundes ausdrücklich für vereinbar hält, lehnten die CDU- und die FDP-Fraktion unseren Vorschlag ab.

(Herr Tullner, CDU: Das löst das Problem nicht!)

Da in der Anhörung vom 17. März erneut Handlungsbedarf signalisiert wurde, geben wir Ihnen heute wieder eine Chance.

(Herr Tullner, CDU: Es löst doch das Problem nicht!)

Neuntens. Um demokratische Prozesse zu fördern und Personalentscheidungen an den Hochschulen transparent zu gestalten, sollen die Personalräte vor Entscheidungen zu Veränderungen im Stellenplan eine Stellungnahme abgeben können. Auch das haben die CDU- und die FDP-Fraktion abgelehnt. Wir geben Ihnen heute nochmals die Gelegenheit, den entsprechenden Hinweisen aus der Anhörung zu folgen.