Die PDS geht in ihrem Antrag davon aus, dass immer noch die Möglichkeit besteht, dass das Optionsgesetz doch noch verabschiedet wird. Alle Signale weisen allerdings darauf hin, dass das Gesetz im Bundesrat scheitern soll und damit die Option einfach vom Tisch ist. Dann bleibt nur noch die Arbeitsgemeinschaft übrig.
Die Landesregierung sollte in Sachsen-Anhalt mit dafür Sorge tragen, dass sich Agenturen für Arbeit und die Kommunen wenigstens in gleicher Augenhöhe begegnen können, sodass sie gleichberechtigt ihre Erfahrungen, ihre Leistungsfähigkeit und ihre Dienstleistungsangebote einbringen können. Deshalb beziehen sich die letzten drei Anstriche unter Punkt 3 ausschließlich auf die Ausgestaltung dieser Arbeitsgemeinschaften.
Zum Änderungsantrag der SPD ist zu sagen, dass wir den Vorschlag machen würden, ihn gemeinsam mit unserem Antrag in den Ausschuss zu überweisen. Damit habe ich gleichzeitig etwas zur Behandlung des Antrages gesagt. Wir schlagen nicht vor, dass über diesen Antrag sofort abgestimmt werden soll, weil uns selbstverständlich klar ist, dass es unterschiedliche Auffassungen geben kann; diese wollen wir im Ausschuss diskutieren. Wir wollten aber mit unserem Antrag das Thema im Landtag und hoffentlich auch in der Öffentlichkeit noch einmal ansprechen und bekannt machen.
Ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung zur Überweisung des Antrages und des Änderungsantrages in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit. - Vielen Dank.
Ich werde eben von meiner Kollegin Bull darauf aufmerksam gemacht, dass ich auch um eine Überweisung in den Ausschuss für Soziales bitten soll; das habe ich hiermit getan.
Danke, Frau Abgeordnete Dirlich, für die Einbringung. - Für die Landesregierung wird der Minister für Wirtschaft und Arbeit Herr Dr. Rehberger sprechen. Bitte sehr.
Verehrte Kollegin Dirlich, Sie haben das Pult sehr weit heruntergefahren. Bei dem Abstand brauchten Sie offensichtlich Ihre Brille nicht. Sie können sie hier vorn abholen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, mit Ausnahme der PDS sind sich hier im Hause alle darüber einig, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland ein einheitliches Leistungssystem für alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen benötigen.
(Frau Dirlich, PDS: Da irren Sie sich! - Frau Bull, PDS: Ich habe es Ihnen doch schon beim letzten Mal erklärt! Das ist doch nicht so schwer!)
- Frau Bull, ich freue mich, dass Sie mich korrigieren und damit die Übereinstimmung perfekt ist. Herzlichen Dank.
Ich korrigiere mich ausdrücklich: Auch die PDS ist der Meinung, dass man hier ein einheitliches System brauche. Ich halte das für ein Gebot der Vernunft; denn bisher haben wir aufgrund der beiden nebeneinander liegenden Systeme außerordentlich große Gerechtigkeitsprobleme gehabt.
Die Frage, in welcher Höhe das Arbeitslosengeld II festzusetzen ist, ist ein Thema des Bundes. Das ist klar. Das können wir in den Ländern aus guten Gründen nicht festlegen; denn hierbei muss trotz aller Unterschiedlichkeiten, die es etwa zwischen der westlichen und der östlichen Bundesrepublik gibt, eine gewisse Einheitlichkeit gewährleistet sein.
Aber eines scheint mir ganz klar zu sein: Wir müssen bei dem Arbeitslosengeld darauf achten, dass es nicht so hoch ist, dass diejenigen, die arbeiten und nicht sehr viel verdienen, veranlasst sind, auf die Arbeit zu verzichten, weil sie über das Arbeitslosengeld II mindestens das Gleiche oder annähernd das Gleiche verdienen können und mit Schwarzarbeit vielleicht noch zu einem etwas höheren Einkommen kommen. Insofern ist es eine schwierige Entscheidung, die man ohne jeden Zweifel in Berlin treffen wird.
Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die Aufgabenträgerschaft haben wir nach dem Gesetz bekanntlich eine Teilung zwischen der Arbeitsverwaltung einerseits und den Kreisen und den kreisfreien Städten andererseits. Die Aufgabe der Trägerschaft der Kreise und der kreisfreien Städte bezüglich der Grundsicherung für Arbeitsuchende gehört zum eigenen Wirkungskreis der Kommunen, sodass das Land lediglich im Rahmen der Rechtsaufsicht einschreiten kann, wenn es der Meinung ist, dass bestimmte Normen nicht beachtet würden. Es kann aber keinerlei Weisungen erteilen. Ich glaube, auch darüber gibt es hier Einigkeit.
Insofern ist die Ausgestaltung und die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaften, die jetzt geschaffen werden sollen, primär eine Aufgabe der Bundesagentur einerseits und den kommunalen Gebietskörperschaften andererseits. Deswegen ist es sinnvoll, dass derzeit ein Mustervertrag zur Ausgestaltung und Organisation der Arbeitsgemeinschaften erarbeitet wird. In diese Beratung sind auch die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene einbezogen.
Ich habe das Gefühl, dass man das nicht oft genug sagen kann. Sie haben vom Lohnabstandsgebot gesprochen. Ich möchte von Ihnen gern wissen, ob Sie nicht auch der Meinung sind, dass man nicht die Leistungen
für die Arbeitsuchenden herunterschrauben sollte, sondern dass man sich auch ein bisschen darum kümmern müsste, dass die Löhne in der Wirtschaft etwas höher werden.
wenn man einfach verkündet: Die Löhne werden hochgesetzt, dann kann man auch mit dem Arbeitslosengeld II entsprechend höher gehen. Denn die Frage ist, was unsere Volkswirtschaft verkraftet. Wir haben heute Morgen über die Verschuldung nicht nur des Landes Sachsen-Anhalt, sondern aller Bundesländer und insbesondere des Bundes gesprochen. Wir stehen seit Jahren in einer Situation, in der wir über unsere Verhältnisse leben.
Meine Damen und Herren! Ob es uns gefällt oder nicht, wir werden uns nach der Decke strecken müssen, sonst werden wir in dieser Republik noch ganz andere Probleme bekommen.
Kurz und gut: Ich sagte, dass der Mustervertrag im Moment ausgearbeitet wird und dass die kommunale Seite beteiligt ist. Ich gehe davon aus, dass in Kürze ein entsprechender Mustervertrag auf dem Tisch liegen wird.
Die Bundesagentur hat im März 2004 in einem bundesweit durchgeführten Workshop zum Sozialgesetzbuch II bereits ihre Vorstellungen vorgetragen. Ich nehme an und hoffe, dass man mit der kommunalen Seite zu Lösungen kommt, die für beide Seiten tragbar sind und die insbesondere den berechtigten Belangen der Menschen, für die das eingerichtet wird, nämlich der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, gerecht wird.
In Bezug auf die Finanzierungsseite ist es so - Frau Dirlich hat das mit Recht ausgeführt -, dass nach dem Sozialgesetzbuch II der Bund die entstandenen Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende trägt und für die übrigen Leistungen die Zuständigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften gegeben ist.
Die Bundesregierung verfolgt mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe auch das Ziel - so ist es zumindest verkündet worden -, die Kommunen aufgrund des Wegfalls der alten Sozialhilfe für erwerbsfähige Hilfeempfänger im Ergebnis um einen Betrag in Höhe von 2,5 Milliarden € zu entlasten. Vor allem wegen der von den Kommunen jetzt allerdings zu tragenden Kosten für die Unterkunft erscheint es fraglich, ob das wirklich erreicht wird oder ob es nicht möglicherweise zu einer zusätzlichen Belastung der kommunalen Gebietskörperschaften kommen wird.
Beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ist eine Arbeitsgruppe „Quantifizierung“ eingesetzt worden, in der neben der Bundesregierung unter anderem auch die kommunalen Spitzenverbände, die Länder und die Bundesagentur mitarbeiten. Aufgabe dieser Arbeitsgruppe ist die Prüfung der nach dem SGB II zugrunde zu legenden Zahlen und gegebenenfalls die Entwicklung von Vorschlägen, wie man eine Korrektur in der Form
erreichen kann, dass die kommunalen Gebietskörperschaften tatsächlich um einen Betrag in Höhe von 2,5 Milliarden € entlastet werden.
Auch der erweiterte interministerielle Arbeitskreis Hartz IV in meinem Ministerium hat sich die Aufgabe gestellt, die finanziellen Auswirkungen für Sachsen-Anhalt genauer zu ermitteln, und hat zu diesem Zweck eine Erhebung in den betreffenden Kommunen durchgeführt. Eine Auswertung findet zurzeit statt; das Ergebnis wird in Kürze vorgelegt werden können.
Es zeichnet sich aber schon jetzt ab - darin haben Sie, Frau Dirlich, völlig Recht -, dass auf die Kommunen erhebliche zusätzliche Kostenbelastungen zukommen werden. Im Moment schätzen meine Mitarbeiter den zusätzlichen Aufwand der kommunalen Ebene auf Mittel in Höhe von 420 bis 430 Millionen €. Wenn das so sein sollte, dann haben wir ein weiteres, und zwar gewaltiges Problem. Ich glaube, darin sind wir alle einer Meinung.
Im Zusammenhang mit der Frage, wie man sich angesichts der veränderten Sach- und Rechtslage zwischen dem Land einerseits und den kommunalen Gebietskörperschaften andererseits zurechtfindet, möchte ich darauf verweisen, dass es letztlich eine Entscheidung des Landtages ist, und zwar im Rahmen der Etatberatungen, in welcher Weise die Lasten hier verteilt werden.
Ich möchte aber für die Landesregierung klipp und klar zum Ausdruck bringen, dass wir nicht die Absicht haben, die Landesfinanzen, wie es im Antrag heißt, auf Kosten der Kommunen zu sanieren.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, sind wir gern bereit, sowohl über diesen Antrag wie über den Änderungsantrag in den beiden zuständigen Ausschüssen zu diskutieren. Ich hoffe, dass man bis dahin in Berlin ein Stück weiter ist. Sie wissen, dass die Bundesagentur für Arbeit inzwischen andeutet, dass sie den Termin 1. Januar 2005 nicht halten kann. Das bedeutet, dass wir auch in diesem Zusammenhang möglicherweise ein riesiges bundesweites Problem bekommen werden, dem wir jedenfalls in der Form begegnen müssen, dass nicht am Schluss die Hilfebedürftigen die eigentlich Leidtragenden dieser Reform sind. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beantrage im Namen der FDP-Fraktion, den Antrag der PDS und den Änderungsantrag der SPD in die Ausschüsse für Wirtschaft und Arbeit, für Soziales und Gesundheit und - ich nehme noch zwei dazu - für Finanzen sowie für Inneres - für diese ist dieses Thema auch von sehr starkem Belang - zu überweisen. Ich gebe meine Rede zu Protokoll.
In den letzten Wochen war viel über die Umsetzung von Hartz IV, von der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II und vor allem vom Streit um das so genannte Optionsgesetz in den Zeitungen zu lesen. Jede Woche werden neue Zahlen, Umsetzungsvarianten und Prognosen veröffentlicht.
Klar ist, dass die Landkreise und kreisfreien Städte bis zum 31. August dieses Jahres erklären müssen, ob sie von der Option mit Wirkung zum 1. Januar 2005 Gebrauch machen und damit die Grundsicherung für Arbeitsuchende in eigener Verantwortung übernehmen wollen.
Der Zeitdruck wächst - wenn nicht Herr Clement die Warnungen seines BA-Chefs Weise erhört und das Projekt verschiebt - und die Probleme, die im Antrag der PDS-Fraktion und auch im Änderungsantrag der SPDFraktion angesprochen werden, stehen noch ungelöst in der Welt.