Die PDS-Fraktion fordert in ihrem Antrag, dass sich die Landesregierung für eine anonyme Geburt einsetzen möge. Nicht ersichtlich ist, ob sich dieser Antrag auf den bereits im Bundesrat vorliegenden Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg bezieht. Dieser hat zum Ziel, die anonyme Geburt in Deutschland zu legalisieren, indem die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Personenstandsrechts geändert werden.
Der Mutter soll darüber hinaus eine Frist von acht Wochen eingeräumt werden, in der sie sich zu ihrem Kind bekennen kann, bevor es zur Adoption freigegeben wird. Außerdem werden besondere Beratungspflichten, eine Kostenregelung und die Möglichkeit der Mutter, für das Kind eine Nachricht oder Mitteilung über die Identität zu hinterlassen, festgelegt. Damit wären einige der PDS-Forderungen bereits durch den vom Land Baden-Württemberg eingebrachten Gesetzentwurf berücksichtigt.
Meine Damen und Herren! Die Legalisierung der anonymen Geburt wirft darüber hinaus eine Reihe weiterer moralischer, ethischer und rechtlicher Fragen auf. Dabei ist nicht nur das Recht der Mutter zu berücksichtigen, später doch noch Kontakt zu dem Kind aufzunehmen, sondern auch die Gefahr, dass ein Dritter die junge Frau gegen ihren Willen zwingt, ein Kind anonym zur Welt zu bringen und zur Adoption freizugeben.
Hierzu gehört auch, wie in der Begründung des PDSAntrages erwähnt, das Recht des Kindes auf die Kenntnis der eigenen Abstammung. Dieser Aspekt ist juristisch umstritten. Einerseits wird die Kenntnis der eigenen Identität als elementares Menschenrecht gesehen, andererseits wird jedoch das Recht der Mutter auf Achtung ihrer Würde entgegengesetzt.
Bedenken Sie bei allen juristischen und ethischen Fragen bitte eines: Wenn wir zwischen dem Leben und dem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung entscheiden müssten, dann muss das Recht auf Leben höher bewertet werden.
Wir alle wissen, dass das Thema der anonymen Geburt nicht mit ein paar Sätzen abgetan werden kann. Neben den juristischen Fragen müssen ethische und moralische Aspekte beleuchtet werden. Im Kern muss aber gelten: Der Schutz des Lebens und das Recht auf Leben ist das höchste Gut, meine Damen und Herren. Daher müssen wir Müttern, die sich in ausweglosen Situationen
befinden, Lösungen anbieten, die es Ihnen ermöglichen, ihr Kind auf die Welt zu bringen, ohne sich und das Baby in Gefahr zu bringen.
Die anonyme Geburt bietet eine Möglichkeit, die wegen der professionellen medizinischen Versorgung der Babyklappenvariante eindeutig vorzuziehen ist. Ob mit der Legalisierung der anonymen Geburt tatsächlich Kindstötungen oder Abtreibungen verhindert werden können, bleibt abzuwarten. Ich habe aber die Hoffnung, dass dies eintritt.
Die Frauen, die den Schritt der Trennung von ihrem Kind wählen, stehen in der Regel unter unglaublichem seelischem Druck. Wir können nur hoffen, dass das Wissen um die Möglichkeit, in einem Krankenhaus anonym ein Baby zur Welt bringen zu können, Kurzschlussreaktionen verhindern kann. Wenn wir mit einem solchen Gesetzesvorhaben die Tötung auch nur eines Babys verhindern und damit einer jungen Frau die Entscheidung erleichtern, ihr Kind gefahrlos, das heißt mit medizinischer Hilfe zu bekommen, dann, so denke ich, haben wir viel gewonnen.
Daher ist es sinnvoll, über den Antrag der PDS-Fraktion zu diskutieren. Dies wollen wir, auch unter Einbeziehung des Gesetzesantrages aus Baden-Württemberg, im Rechtsausschuss und mitberatend im Ausschuss für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport gern tun. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Brakebusch. - Nun haben Sie, Frau Ferchland, noch einmal die Möglichkeit zu sprechen. Bitte schön.
Herr Minister, wir wissen natürlich, dass das Thema im Bundesrat diskutiert wird. Die PDS-Fraktion beschäftigt sich seit drei Jahren mit der anonymen Geburt.
- Mit der Legalisierung der anonymen Geburt, nicht mit der anonymen Geburt. - Wir wissen, dass dieses Thema im September auf der Tagesordnung steht. Wir wollten
mit diesem Antrag dazu beitragen, dass Sie als Landesregierung den Landtag im Rücken haben. Unser Ziel war es, eine Aussage des Landtages zu erreichen, die Landsregierung solle sich so und so verhalten. Ich verstehe natürlich, dass darüber diskutiert werden muss. Ich verstehe auch die Bedenken. Das habe ich auch gesagt. Wir werden uns einer Ausschussüberweisung nicht verschließen.
Vielen Dank, Frau Ferchland. - Damit ist die Debatte beendet. Alle Fraktionen wollten eine Ausschussüberweisung. Es geht nur um die Frage der Federführung. Der erste Antrag lautete Überweisung in den Ausschuss für Recht und Verfassung als federführendem Ausschuss. Wer stimmt zu? - Das ist auf jeden Fall die Mehrheit. Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Ein paar Gegenstimmen, ein paar Stimmenthaltungen. Als federführend ist der Ausschuss für Recht und Verfassung bestimmt worden.
Zur Mitberatung wurde der Gleichstellungsausschuss benannt. Wer stimmt zu? - Das sind nahezu alle. Damit ist auch das beschlossen. Ein weiterer Ausschuss zur Mitberatung ist nicht beantragt worden. Damit ist die Entscheidung in dieser Richtung gefallen und der Tagesordnungspunkt 20 beendet.
Meine Damen und Herren! Das bedeutet, dass wir am Ende der 43. Sitzung des Landtages angelangt sind. Morgen um 9 Uhr beginnt die 44. Sitzung, und zwar mit den Tagesordnungspunkten 3 bis 5 und danach 14, 15 und 7 wie vereinbart.
Bevor ich die Sitzung schließe, darf ich Sie an die Einladung zum parlamentarischen Abend erinnern, die wir alle vom Landtagspräsidenten erhalten haben. Darin heißt es, der parlamentarische Abend findet entweder im Innenhof oder im Restaurant, abhängig vom Wetter, statt. Das heißt, wenn Sie in den Innenhof kommen und Sie stellen schönes, dauerhaft schönes Wetter fest, dann wird es im Innenhof stattfinden. Anderenfalls, wenn die Dauerhaftigkeit des Wetters nicht sichergestellt ist, findet der parlamentarische Abend im Restaurant statt. Die Sitzung ist geschlossen.