Protokoll der Sitzung vom 14.10.2004

Natürlich müssen Eingriffe in Natur und Landschaft eingegrenzt und ausgeglichen werden. Aber dies sollte bitte nicht in Verwaltungsverfahren festgelegt werden, die zehnmal teurer sind als der Ausgleich des Eingriffs. Natürlich müssen unsere Flüsse sauberer werden und die Anlieger müssen vor Hochwasser geschützt werden.

(Herr Bullerjahn, SPD: So einen Blödsinn erzählt der!)

Das darf aber nicht dazu führen, Herr Bullerjahn,

(Herr Bullerjahn, SPD: Herr Ruden!)

dass der Umwelt- und der Hochwasserschutz auf Kosten der Elbe- und Saaleschifffahrt ideologisch hochstilisiert werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Müssen wir nicht auch darauf vertrauen, dass Wasserbauer und Landwirte jahrhundertealte Erfahrungen im Umgang mit der Natur und der Umwelt haben?

(Herr Dr. Köck, PDS: Deshalb haben wir jetzt auch Jahrhunderthochwasser, Herr Ruden! - Zu- ruf von Herrn Bischoff, SPD)

Natürlich müssen unsere Städte und Dörfer von schädlichen Umweltimmissionen befreit werden, zuallererst im Übrigen - das hat die Ministerin nicht herausgestellt - vom Straßenlärm, dem Krankheitsfaktor Nr. 1. Aber dann müssen wir auch in die Infrastruktur, in Umgehungsstraßen, in Tunnel sowie in die Eisenbahn und die Schifffahrt investieren

(Minister Herr Dr. Daehre: Richtig!)

und Eingriffe in Natur und Landschaft hinnehmen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Natürlich ist der Klimaschutz durch die Vermeidung von CO2-Emissionen ein anerkanntes Ziel auch unserer Umweltpolitik. Die Ministerin sprach es an. Muss deswegen aber eine auf dem neuesten technischen Stand befindliche Zuckerfabrik 2 Millionen € für den Kauf von Emissionsrechten ausgeben und damit ihre Produkte verteuern?

Selbstverständlich hat der Naturschutz in solchen geschützten Gebieten wie dem Harz oder dem Drömling Priorität. Das darf aber wiederum nicht dazu führen, dass der Hochwasserschutz als Bittsteller beim Naturschutz antreten muss oder dass die Landwirte wegen der Vernässung ihrer Kulturen und Wiesen die Höfe aufgeben müssen.

Ich könnte die Reihe noch beliebig weit fortsetzen. Ich höre an dieser Stelle auf, Herr Bullerjahn, und möchte stattdessen auf Beispiele zu sprechen kommen, bei denen unsere Regierungspolitik klar punkten konnte.

(Zuruf von Herrn Sachse, SPD)

Bei der Abfallpolitik ist es dem Ministerium sehr gut gelungen, die Entsorgungssicherheit ohne staatliche Regulierung sich über den Markt regeln zu lassen.

(Zuruf von der PDS)

Die Bündelung der gesamten Restmüllverwertung in Sachsen-Anhalt in drei bis vier Müllverbrennungsanlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung ist die Garantie dafür, dass der Müll zukünftig umweltgerecht entsorgt wird.

(Herr Bischoff, SPD: Damit hätten Sie früher an- fangen sollen!)

Bei der Frage der Abwasserentsorgung wird es durch das Teilentschuldungsprogramm unserer Regierung noch in dieser Legislaturperiode gelingen, trotz der Haushaltslage des Landes - das muss man immer im Hinterkopf behalten - die Abwasserverbände wirtschaftlich auf eigene Füße zu stellen.

(Zuruf von Herrn Kühn, SPD)

In vielen Bereichen, die den Erhalt von Natur und Landschaft betreffen, gibt es von unserer Regierung initiierte Konsenslösungen. Solche Lösungen bahnen sich bei der Landwirtschaft im Naturpark Drömling an. Im Harz ist der gemeinsame Nationalpark im Entstehen begriffen. Im Fläming werden zugunsten der Landwirtschaft die Wasserrechte zur Entnahme von Trinkwasser eingeschränkt.

Ein hervorragendes Beispiel für die zu erreichenden Synergieeffekte ist die energetische Nutzung landwirtschaftlicher Produkte. Als wichtige zukünftige Standbeine der Landwirtschaft seien als Beispiele Biodiesel, Biomasseverwertung und die Bioethanolerzeugung bei der Zuckerproduktion genannt.

(Zustimmung von Frau Wybrands, CDU, und von Herrn Daldrup, CDU)

Neben der weitgehenden Klimaneutralität dieser Produkte möchte ich hierbei den Effekt des regionalen Wirtschaftskreislaufes und die im Gegensatz zur Windkraft kontinuierliche Produktion hervorheben.

Der Umwelt- und Naturschutz lebt von der Subsidiarität. Deshalb bleibt es oberstes Prinzip unserer Umweltpolitik, Problemlösungen dorthin zu delegieren, wo sie am kostengünstigsten und ohne Verletzung von Umweltstandards umgesetzt werden können. Dies betrifft sowohl die angesprochene Privatisierung der Fernwasser Sachsen-Anhalt GmbH als auch das Ziel, staatliche Umweltbetriebe wie die MDSE Bitterfeld zu privatisieren.

Die Strukturen aller mit Umweltaufgaben betrauten Verwaltungseinheiten sollten auf ihre Effizienz als staatliche Einrichtungen hin überprüft werden. Im Prinzip können Umweltmonitoring, Umweltanalysen und Umweltgestaltung auf marktwirtschaftlicher Basis durchgeführt werden. Wichtig ist hierbei nur die staatliche Aufsicht verbunden mit einem entsprechendem Qualitätsmanagement.

(Herr Dr. Köck, PDS: Und das Einstellen der Mit- tel in den Haushalt! - Zuruf von Herrn Sachse, SPD)

Neben der Privatisierung von Landesaufgaben soll aber auch die Delegierung von Verwaltungsaufgaben auf die kommunale Ebene vollzogen werden - Frau Ministerin Wernicke erwähnte es -, damit der Vollzug des Umweltrechtes möglichst nahe vor Ort angesiedelt wird.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht all das wiederholen, was die Ministerin als erfolgreiche Umweltpolitik im Einzelnen herausgearbeitet hat.

(Ach! bei der SPD)

Gestatten Sie mir aber zum Schluss eines hervorzuheben: Das ist die von der Ministerin und ihrem Staatssekretär Herrn Dr. Aeikens zum Erfolg geführte Methode des Dialogs mit den Partnern, die man für eine effektive Umweltpolitik gewinnen muss.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Dies betrifft sowohl die Wirtschaft als auch die Kommunen, die branchenspezifischen Verbände, die Umweltverbände, aber auch die Regierungen der Nachbarländer sowie - last, but not least - die gute Steuerung der eigenen Verwaltungsstrukturen. In diesem Sinne gestatten Sie mir, der Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt, ihrem Staatssekretär und allen Mitarbeitern des Ministeriums meinen Dank auszusprechen für die bisher geleistete konstruktive Arbeit

(Zuruf von Herrn Reck, SPD)

zum Wohle der Umwelt und der Menschen im Land Sachsen-Anhalt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP - Zurufe von der SPD und von der PDS)

Danke, Herr Ruden. - Für die PDS-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Dr. Köck sprechen. Bitte sehr.

Frau Präsidentin, ich hoffe, meine Blätter kleben jetzt nicht am Pult fest.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der PDS)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Ministerpräsidenten und Herrn Staatsminister Robra darf nun Frau Minister Wernicke als erste der Fachminister ihr Aufgabengebiet mit einer Regierungserklärung vertreten. Ich wäre geradezu zutiefst enttäuscht gewesen, wenn als Begründung nicht der selbstverständlich außerordentlich hohe Stellenwert der Umweltbelange in der Arbeit der Landesregierung herangezogen worden wäre.

Meine Damen und Herren! Der Stellenwert der Umweltpolitik ist in der Koalitionsvereinbarung klar umrissen. Sie wird als Hemmschuh für die Wirtschaftsentwicklung angesehen. Umweltaspekte sind aktuell weniger denn je eine Querschnittsaufgabe, die alle Ministerien durchzieht.

Meine Damen und Herren! Die Umweltpolitik ist gegenwärtig schlicht und einfach der einzige Politikbereich, bei dem die Landesregierung nicht sofort Gefahr läuft, ein politisches Eigentor zu schießen. Frau Minister Wernicke verursacht im Gegensatz zu mindestens drei ihrer Kabinettskollegen keine negativen Schlagzeilen. Weiterhin ist als Reaktion auf die Regierungserklärung kein übermäßig großer politischer Aufruhr zu erwarten.

Ganz im Gegenteil: Viele Menschen haben gegenwärtig Hartz IV vor Augen. Angesichts der traurigen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt rücken Umweltthemen bei den Menschen verständlicherweise in ihrer Bedeutung in den Hintergrund. Bei den Medien ist dies offensichtlich auch der Fall. Eine in der Stadt Halle im Jahr 2003 vom soziologischen Institut der dortigen Universität durchgeführte Bürgerumfrage ergab hinsichtlich der Wichtung der Aufgabenbereiche der Stadt, dass Grünanlagen, Parks und Erholungsgebiete erst an zehnter Stelle stehen. Der Umweltschutz landete sogar auf Rang 13 von 16 möglichen Plätzen.

Der geringe Handlungsdruck, den die Bürger im Umweltbereich auszumachen glauben, ist sicherlich auch den seit der Wende erreichten gewaltigen Verbesserungen in den Bereichen der Luftreinhaltung und des Gewässerschutzes zuzuschreiben.

Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu den Regierungserklärungen des Herrn Ministerpräsidenten Professor Böhmer vom 13. März 2003 bzw. des Chefs der Staatskanzlei vom 7. Mai dieses Jahres, in denen versucht wurde, Visionen für die Landesentwicklung zu eröffnen, ist die heutige Regierungserklärung - bei allem Respekt, Frau Ministerin - nicht viel mehr als ein Tätigkeitsbericht des Ministeriums und eine Rechenschaftslegung hinsichtlich der Erfüllung des Koalitionsvertrages.

(Zustimmung bei der PDS)

Letzterer hatte die Latte nicht besonders hoch gelegt, sodass Frau Minister Wernicke aus der Sicht des Kabinetts ihre Hausaufgaben nicht nur bereits erledigt, sondern sogar übererfüllt hat.

(Zustimmung von Herrn Ruden, CDU)

Dies war sicherlich ein weiterer Grund dafür, sie heute als erste Vertreterin der Kabinettsrunde auftreten zu lassen.