Protokoll der Sitzung vom 11.11.2004

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion der FDP schließt sich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen an, den Antrag der Fraktion der PDS in der Drs. 4/663 neu und den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drs. 4/678 als erledigt zu betrachten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Cross-Border-LeasingTransaktionen können als ein grundsätzlich zulässiges Finanzierungsmodell für das Land Sachsen-Anhalt und die Kommunen in unserem Bundesland angesehen werden. Die gesetzlichen Regelungen in den USA wurden jedoch mit dem „Job Creation Act of 2004“ in der Weise geändert, dass der Steuervorteil für die US-Partner entfällt. Somit werden derartige Geschäfte für die US-Partner uninteressant. Es ist davon auszugehen, dass für die Zukunft keine weiteren Transaktionen auf der Basis von Cross-Border-Leasing angestrebt werden. Daher bedarf es auch keiner Regelung für das Land Sachsen-Anhalt.

Nach den gesetzgeberischen Aktivitäten von Senat und Repräsentantenhaus ist mit hoher Wahrscheinlichkeit

nicht davon auszugehen, dass durch zukünftige gesetzliche Regelungen rückwirkend mit negativen Auswirkungen in bestehende Verträge eingegriffen wird. Typischerweise trägt in CBL-Geschäften das Risiko einer Änderung der USA-Gesetzgebung der US-Investor und nicht der deutsche Partner. Dennoch ist es aus unserer Sicht angeraten, sich bei den betreffenden Kommunen nochmals genau anzusehen, wer nach den Vertragsvereinbarungen das amerikanische Rechtsänderungsrisiko trägt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Qual. - Für die SPD-Fraktion erhält nun das Wort der Abgeordnete Herr Doege. Bitte sehr, Herr Doege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus der Sicht vieler ist das CBL-Finanzierungsmodell seit der Verabschiedung des Job-Creation-Act tot. Der bisherige Steuervorteil für die US-Partner entfällt rückwirkend zum 12. März 2004. Damit ist dieses Finanzierungs- und Steuersparmodell für die amerikanischen Partner nicht mehr aktuell und auch nicht mehr attraktiv.

Das Anliegen des Antrages der PDS-Fraktion, zu dem wir als SPD-Fraktion einen Änderungsantrag gestellt hatten, ist damit hinfällig. Ich möchte allerdings trotzdem noch einmal an den Ausgangspunkt unserer Diskussion erinnern; denn letztendlich waren es notorisch klamme Kommunen, in Sachsen-Anhalt unter anderem Wittenberg, Halle und Magdeburg, die derartige Modelle für sich entdeckten. Das Ziel war es aus der Sicht der Kommunen, einen einmaligen Gewinn in Form eines Barwerts zu realisieren, um damit letztlich - in den meisten Fällen zumindest - die riesigen Haushaltslöcher zu stopfen.

Im April 2003 war dann der Presse zu entnehmen, dass der Finanzminister beabsichtigte, für die Unikliniken in Magdeburg und in Halle ein Cross-Border-LeasingModell anzudenken. Die Absicht des Finanzministers führte letztlich dazu, dass sich alle Fraktionen des Hohen Hauses intensiver mit dem Cross-Border-LeasingModell und seinen Vor- und Nachteilen befassten.

Der von der PDS-Fraktion eingebrachte Antrag und der Änderungsantrag der SPD-Fraktion bildeten dann die Grundlage für eine intensive Beratung in den Fachausschüssen und für die öffentliche Anhörung hier im Hohen Hause.

Im Rahmen der Anhörung zum Thema Cross-BorderLeasing, die bereits am 5. September 2003 stattfand, wurden von allen Vortragenden nochmals die wirtschaftlichen und auch die rechtlichen Aspekte dargestellt und umfassend erläutert. Insbesondere die mit der langen Bindung im Rahmen derartiger Geschäfte verbundenen Risiken konnten hier nicht hinreichend ausgeräumt werden.

Ich räume an dieser Stelle ein, dass insbesondere große Kommunen - ich sagte es bereits: Magdeburg, Wittenberg, in anderen Bundesländern auch Leipzig und die Stadt München, meist auch von SPD-Leuten regiert - derartige Geschäfte abgeschlossen haben.

(Herr Tullner, CDU: Was heißt denn das?)

- Allerdings, Herr Tullner, möchte ich an dieser Stelle auch sagen,

(Herr Tullner, CDU: Ja, was?)

dass sie es meistens nicht deshalb gemacht haben, weil es ein so tolles Finanzierungsinstrument ist, sondern letztlich aus blanker finanzieller Not. Der Griff nach diesem vermeintlichen Strohhalm erfolgte überwiegend, weil Landesregierungen, wie in Sachsen-Anhalt, nicht genügend Finanzmittel zur Verfügung stellten, um bei den Kommunen eine ordentliche Haushaltsführung realisieren zu können.

(Herr Tullner, CDU: Also, Herr Doege!)

- Herr Tullner, das ist so; die Wahrheit tut manchmal einfach weh.

Meine Damen und Herren! Die von den jüngsten Entscheidungen in Amerika auf die bestehenden Verträge ausgehenden Wirkungen deuten wir dahin, dass zumindest für vor dem 12. März 2004 abgeschlossene Verträge keine negativen Auswirkungen entstehen werden. Wir erwarten aber auch, wie es mein Kollege Qual ausdrückte, dass die Landesregierung im Rahmen der Kommunalaufsicht tätig wird und bei den betroffenen Kommunen prüft, inwieweit von amerikanischen Partnern noch Ansprüche geltend gemacht werden könnten.

(Zustimmung von Frau Fischer, Naumburg, SPD)

Seit dem 12. März sind nach unserer Kenntnis keine neuen Verträge geschlossen worden, die unter die neue Regelung fallen könnten.

Meine Damen und Herren! Getreu dem Motto „Der König ist tot! Es lebe der König!“

(Herr Gürth, CDU: Ja!)

werden sich sicherlich in den nächsten Monaten und vielleicht auch Jahren findige Anwaltskanzleien, Steuerberater und die internationalen Großbanken auf neue Steuersparmodelle einschießen. Ich gehe davon aus, dass wir in absehbarer Zeit hier erneut über derartige Projekte werden reden dürfen und reden müssen.

Meine Damen und Herren! Unsere grundsätzlichen Bedenken gegen die geplante Geldbeschaffung durch die Nutzung des CBL für die Unikliniken in Halle und Magdeburg sind durch die Entscheidung des US-Parlaments bestätigt worden. Wir fordern den Finanzminister auf, endlich zu einer soliden Haushaltspolitik zurückzukehren und bei der Bewältigung der Haushaltsprobleme des Landes auf bewährte Instrumente zurückzugreifen.

Effekten-Lombard-Vereinbarungen, Islamic Bonds und Ähnliches sind sicherlich ganz gut dafür, einen netten Artikel in den einschlägigen Gazetten der Finanzpresse zu erheischen, sie verschaffen vielleicht auch ein wenig Luft, aber sie schnüren unsere Handlungsspielräume für die Zukunft ein.

Herr Minister Paqué,

(Frau Fischer, Naumburg, SPD: Wo ist er denn?)

Sie waren mit Ihrem Versuch wieder einmal auf dem Holzweg. Zum Glück für unser Land hat man Sie doch noch rechtzeitig auf den richtigen Weg zurückgeführt, ehe Sie sich völlig im Wald verlaufen hätten. Aber so ist es halt bei der Methode Versuch und Irrtum.

Zu unserem Abstimmungsverhalten - Herr Präsident, ich sehe, dass die Uhr abgelaufen ist - möchte ich nur so

viel erklären: Wir werden dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion nicht folgen.

(Herr Gürth, CDU: Nicht?)

Leider kann ich das nicht mehr begründen, weil die Redezeit abgelaufen ist. Bei der Abstimmung über die Beschlussempfehlung werden wir uns der Stimme enthalten. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Doege. - Für die CDUFraktion spricht nun der Abgeordnete Herr Scheurell. Bitte sehr, Herr Scheurell.

Sehr geehrter Herr Präsident Spotka! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Um es vorwegzunehmen: Ich bin dafür, die oben genannten Anträge für erledigt zu erklären, weil sie einfach erledigt sind. Wegen der neuen steuergesetzlichen Regelungen in den USA ist es nicht mehr erforderlich, darüber zu streiten, ob Cross-BorderLeasing-Verträge für deutsche Kommunen erlaubt sein sollten oder nicht.

Die Begründung in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen ist allerdings falsch. Durch das In-Kraft-Treten des „American Job Creation Act of 2004“ sind Cross-Border-Leasing-Verträge nicht verboten worden. Ihnen wird ab dem 12. März 2004 nur die steuerliche Anerkennung versagt. Das ist ein großer, aber doch entscheidender Unterschied.

(Zustimmung bei der CDU)

Natürlich wird niemand mehr solche Verträge abschließen, wenn die steuerlichen Vorteile nicht mehr anerkannt werden. Damit ist dieses Kapitel steuerinduzierter grenzüberschreitender Finanzierungen mit den USA abgeschlossen. Sehen Sie, um es auf den Nenner zu bringen: Es wird doch auch später niemand auf den Wunsch verzichten, ein Eigenheim zu errichten, nur weil der Vorteil der Zulage entfällt.

(Herr Tullner, CDU: Genau!)

Aber gestatten Sie mir an dieser Stelle einen Rückblick. Insgesamt wurden in den letzten Jahren ca. 200 solcher Verträge mit deutschen Kommunen und kommunalen Unternehmen abgeschlossen. Die Kommunen und kommunalen Unternehmen konnten hieraus einen finanziellen Vorteil von mehreren Hundert Millionen Euro verbuchen. Natürlich gibt es wie bei jeder Finanzierung dieser Art eine ganze Reihe von Verpflichtungen und auch eine ganze Reihe von Risiken. Die deutschen Kommunen und kommunalen Unternehmen haben aber offensichtlich die komplexen Vertragswerke gut beherrscht und konnten bisher alle Verpflichtungen erfüllen.

(Herr Tullner, CDU: Genau!)

Es gibt bis heute keinen einzigen Fall, in dem durch Verschulden einer deutschen Kommune oder auch anderweitig das Vertragsverhältnis gestört wurde. Aus meiner Sicht gab es aus deutscher Sicht auch nie einen Grund, Cross-Border-Leasing-Verträge zu verbieten. Ich verweise an dieser Stelle auf meine Ausführungen vom 10. April 2003 zu diesem Thema und den Dialog zwischen der sehr geehrten Frau Dr. Weiher und mir, die ich Ihnen

auch gern, wenn Sie es wünschen, noch einmal schriftlich zur Verfügung stellen kann.

Die deutsche Seite jedenfalls hat vom steuerlichen Gestaltungsspielraum des US-Steuerrechts erheblich profitiert. Die Verpflichtungen waren erfüllbar und die Risiken beherrschbar.

Am Beispiel meiner Heimatstadt, der Lutherstadt Wittenberg, und hier des Entwässerungsbetriebes kann ich Ihnen sagen, dass wir, so der Stadtrat es demnächst beschließen wird, zum 1. Januar 2005 die Abwassergebühren jetzt schon zum zweiten Mal in Folge senken werden. Dieser Vorteil für die Bürger und das Gewerbe unserer Stadt wäre ohne dieses abgeschlossene CrossBorder-Leasing-Geschäft nicht möglich gewesen.

Um Ihnen die Zahlen für Wittenberg - dabei habe ich mitgewirkt - ganz kurz zu vergegenwärtigen: Es ist so, dass wir im Jahr 2000 einen Barwertvorteil von insgesamt 8,8 Millionen € erhalten haben. Rechnet man den Zinsgewinn für unsere Kommune hinzu, beläuft sich der Vorteil für unsere Stadt auf 10,5 Millionen €. Das ist schon erwähnenswert.

Dann bitte ich all diejenigen, die das ablehnen, die Kreativität der Kommunalparlamente, die Kreativität von kommunalen Unternehmen, sich Geld über die normalen Finanzierungswege zu beschaffen, auch zu unterstützen und zu sagen, woher sie denn das Geld für die Erledigung ihrer Pflichtaufgaben fürderhin nehmen sollen. Denn, meine Damen und Herren, solange in den Kommunen eine angespannte Haushaltslage vorherrscht, wird es so sein, dass Kommunen und ausländische Banken oder Investoren nach neuen Möglichkeiten suchen und diese auch finden werden.

Ich komme zum Schluss. Ich bin zwar dafür, die oben genannten Anträge durch den Landtag abzulehnen. Wenn aber jetzt vorgeschlagen wird, die Anträge für erledigt zu erklären, kann ich mich damit auch einverstanden erklären. In beiden Fällen werden wir uns mit dem Thema Cross-Border-Leasing nicht mehr zu beschäftigen haben.

Jedoch ist unsere Kommune, die damit schon positive Erfahrungen gesammelt hat, bereits von Finanzexperten angeschrieben worden. Uns ist ein großer Strauß von neuen Möglichkeiten aufgezeigt worden, wie wir für unsere Kommune, für unsere Bürger wieder günstig zu Geld kommen können. Ich würde es begrüßen, wenn das Parlament die kommunalen Betriebe und die Kommunen in der Gangart unterstützt, zusätzlich Geld für unsere deutschen Kommunen zu akquirieren. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)