Protokoll der Sitzung vom 18.07.2002

Die IHK Magdeburg schreibt, die Aufhebung entspreche der Position der IHK Magdeburg. Die ursprünglich wettbewerbsgerechten Vergabekriterien reichten völlig aus, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.

Die Handwerkskammer Magdeburg schreibt: Befürwortung der Abschaffung des Vergabegesetzes. Die Vergabe öffentlicher Aufträge werde durch das Vergabegesetz praxisfern überreguliert und politisiert, ohne die mit dem Gesetz verfolgten Ziele tatsächlich auch nur annähernd zu erreichen.

(Herr Gürth, CDU: Genau so ist es!)

Wie sich die kommunalen Spitzenverbände geäußert haben, habe ich Ihnen bereits gesagt. Die Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt schreibt: Zustimmung in vollem Umfang. Die Architektenkammer sagt, die Aufhebung des Vergabegesetzes sei eine Erleichterung, eine logische Folgerung. - Ich könnte das fast endlos fortführen, meine Damen und Herren.

Hinzu kommt, dass, wie Sie alle wissen, der Bundesrat vor wenigen Tagen, nämlich am 12. Juli, den Entwurf eines Tariftreuegesetzes abgelehnt hat. Die Begründung ist sehr interessant. Sie lautet, die Einführung eines gesetzlichen Tarifanwendungszwanges bedeute einen Eingriff in die Tarifautonomie und die europarechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit. Auch sei das Gesetz aus wirtschaftspolitischen Gründen nicht haltbar.

Meine Damen und Herren! Liebe Frau Budde, lieber Herr Metke, ich möchte es ganz vorsichtig sagen: Wer ein solch breites Votum einfach ignoriert, kann in Sachsen-Anhalt nicht ernsthaft wirtschaftspolitische Standards bestimmen wollen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Falsche und verletzte Eitelkeiten führen hier schlichtweg ins Abseits oder gar zum Ausschluss aus der politischen Glaubwürdigkeit.

Für die FDP in Sachsen-Anhalt, meine Damen und Herren, sitzen Wirtschaft und Politik im selben Boot. Nur so haben wir eine Chance, unser Land aus der Talsohle herauszuholen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lukowitz. - Abschließend hat für die Landesregierung der Wirtschaftsminister Herr Dr. Rehberger das Wort. Bitte, Herr Dr. Rehberger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Ersten Investitionserleichterungsgesetz ist in der ersten Lesung, während der Ausschussberatungen und auch heute schon sehr viel gesagt worden. Deshalb bitte ich um Verständnis, dass ich mich nur noch kurz mit drei Stichworten befassen möchte, die heute erneut eine bedeutende Rolle gespielt haben, nämlich mit dem Stichwort Lohndumping, dem Stichwort Anschlussregelung und dem Stichwort Tempo.

Zum Lohndumping, meine Damen und Herren. Lohndumping ist in aller Regel und gerade auch in unserer Bauwirtschaft ein Krisenzeichen. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich die gesamte Branche in einer Schieflage befindet, dass viele Unternehmen nicht mehr normal wirtschaften können, dass viele Unternehmen zusam

menbrechen und dass die, die überleben wollen, jeden Weg zu gehen versuchen, der überhaupt noch gangbar ist, um zu überleben - ein durchaus verständliches Verhalten.

Nun sagen Sie, dass das Vergabegesetz, das Sie vor über einem Jahr verabschiedet haben, bis zum heutigen Tage ein hilfreiches Mittel gewesen sei, um Lohndumping zu vermeiden.

Meine Damen und Herren! Wer das behauptet, kann die Anhörung, die wir zu diesem Stichwort durchgeführt haben, nicht ernsthaft aufgenommen haben. Ich habe mehrere Stunden mit großer Aufmerksamkeit an der Anhörung teilgenommen. Kein einziger der Angehörten - auch kein Vertreter irgendeiner Gewerkschaft - hat zum Ausdruck gebracht, dass er auch nur einen einzigen Fall kenne, in dem das Vergabegesetz Lohndumping vermieden hätte. Dafür haben aber viele glaubwürdig dargetan, dass dieses Gesetz Auftragsvergaben um Monate oder sogar noch länger verzögert hat. Das heißt, es war noch weniger Arbeit vorhanden.

Das Schlimmste, meine Damen und Herren, was man in einer solchen Situation tun kann, ist, dass man noch nicht einmal das, was an Arbeit in der Bauwirtschaft möglich ist, sich tatsächlich vollziehen lässt und durch zusätzliche Paragrafen auch noch verzögert. Das, meine Damen und Herren, ist - -

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Wer so verfährt - - Als Jurist könnte ich mich ja freuen, wenn zumindest ein Teil des Parlaments glaubt, dass mit immer mehr Paragrafen die Welt verbessert werden könnte. Aber das ist ein Irrtum. Ich muss Sie darüber einfach einmal in Kenntnis setzen. Es ist nicht die Frage der Anzahl der Paragrafen, meine Damen und Herren. Die Frage ist, ob die geltenden Normen auch eingehalten werden.

Das Entscheidende beim Vergabegesetz war, dass Sie für die Bauwirtschaft und die dort Beschäftigten überhaupt nichts Positives bewirkt haben. Sie haben mehr Beamte oder mehr Leute im öffentlichen Dienst und Juristen beschäftigt. Es hat eine ganze Reihe von Prozessen deswegen gegeben. Das haben Sie geschafft.

(Unruhe bei der SPD)

Sehen Sie, diese zusätzlichen Paragrafen, die abgeschafft werden sollen und heute abgeschafft werden, waren für die Entwicklung unserer Bauwirtschaft schädlich. Deswegen glaube ich, dass wir dort ansetzen müssen, wo wir wirklich etwas für die Bauwirtschaft tun können.

Das bedeutet, dass wir eine Politik betreiben müssen, die für mehr Investitionen sorgt. Eine Regierung, die die Investitionsquote zurückgefahren hat und die Probleme, die dadurch verursacht worden sind, mit Paragrafen hat auffangen wollen, die ist zu Recht abgewählt worden, meine Damen und Herren. Das ist nämlich das eigentliche Problem.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Die Landesregierung hat - wir haben heute darüber geredet - eine fatale Finanzsituation des Landes vorgefunden. Trotzdem hat das Kabinett in diesen Tagen beschlossen, dass eine windelweiche Regelung, die Sie

sich im Bereich der Gewährung von Krediten für die kommunalen Gebietskörperschaften ausgedacht hatten und die nicht gegriffen hat, jetzt so gestaltet wird, dass sie greift.

Das bedeutet, dass für kommunale Gebietskörperschaften - ich halte das für einen wesentlichen Ansatz - in diesem Jahr 2002 75 Millionen € bereitstehen, damit die Städte, Gemeinden und Kreise bei Projekten, die im Übrigen aus anderen staatlichen Quellen finanziert werden, die Kofinanzierung tatsächlich aufbringen können. Das bedeutet, dass wir mit der Korrektur, die die amtierende Landesregierung durchgeführt hat, indem wir gesagt haben, wir werden den Gemeinden den Kapitaldienst abnehmen, wir lassen ihnen, soweit sie eine Kofinanzierung beanspruchen, das Geld, das sie auf diesem Wege bekommen - - Durch diese Entscheidung setzen wir für das zweite Halbjahr 2002 Investitionen in einer Größenordnung von 250 bis 300 Millionen € frei, und zwar viele kleine, die auch vielen Baubetrieben helfen.

Sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist der richtige Weg: dafür zu sorgen, dass mehr gebaut werden kann in diesem Lande. Dann brauchen wir uns viele zusätzliche Paragrafen nicht mehr ins Programm zu nehmen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustimmung von der Regierungsbank - Unruhe bei der SPD - Zurufe von der SPD und von der PDS)

Der zweite Punkt, die Anschlussregelung.

(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren! Ich muss zugeben, dass ich mich auch erst einmal kundig machen musste, was es auf dem Sektor der Vergabe öffentlicher Aufträge bereits alles an Normen, Ausführungsbestimmungen und Durchführungsverordnungen gibt. Es sind unendlich viele Paragrafen, die bereits seit langem gelten.

Deswegen sage ich klipp und klar: Wer wirklich etwas bewirken will, der muss dafür sorgen, dass die geltenden Bestimmungen der VOB beachtet werden. Das ist für mich eine vernünftige Anschlussregelung, nicht wieder 100 oder 200 zusätzliche Paragrafen, sondern der entschlossene Versuch, diejenigen, die in den Vergabestellen überall im Land tätig sind, zu schulen, ihnen zu sagen, wie die VOB vernünftig anzuwenden ist. Das haben wir uns auf das Panier geschrieben. Das werden wir machen.

(Zurufe von der SPD)

Wir werden auch den Präsidenten des Landesrechnungshofs bitten - Herr Gürth hat es mit Recht angesprochen -, dass er persönlich die kommunalen Gebietskörperschaften darauf hinweist, dass das billigste Angebot keineswegs das wirtschaftlichste ist, und sie sollen das wirtschaftlichste wählen und nicht das billigste.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD und von der PDS)

Es ist viel an Fehlvorstellungen im Lande vorhanden. Diese auszuräumen, das ist nun wirklich eine sinnvolle Aufgabe.

(Frau Dr. Kuppe, SPD, lacht)

- Frau Kuppe, da brauchen Sie gar nicht zu lachen. Acht Jahre lang haben Sie es nämlich versäumt, das zu tun. Wir werden das jetzt nachholen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der CDU: Genau! - Zuruf von der SPD: Oh!)

Eine dritte Bemerkung, meine Damen und Herren, zum Tempo.

(Herr Dr. Heyer, SPD, schüttelt den Kopf)

- Ach, Herr Heyer, ich finde es ganz lustig, dass Sie mit dem Kopf wackeln. Ich wollte Sie nämlich ansprechen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen klipp und klar: Sie werden sich bei dieser Landesregierung an ein wesentlich höheres Tempo gewöhnen müssen, als das bisher bei Ihnen üblich war.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Ihr Tempo hat Sie erfolgreich auf Platz 16 von 16 Bundesländern geführt. Dort wollen wir nicht bleiben. Das Land Sachsen-Anhalt hat einen besseren Platz verdient und deswegen brauchen wir mehr Tempo.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Und weil Herr Heyer eben so mit dem Kopf gewackelt hatte - -

(Unruhe bei der SPD - Herr Dr. Heyer, SPD, lacht)

Meine Damen und Herren! Nehmen wir doch einmal ein Paradebeispiel, das für die Bauwirtschaft hochinteressant ist, nämlich den Weiterbau der A 14 durch die Altmark und die Erschließung der Altmark durch Autobahnen und Straßen generell.