Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

(Frau Budde, SPD: Bürgschaften belasten immer fiskalisch!)

Wir werden an dieser Stelle, wie schon so oft, für Entscheidungen der Vorgängerregierung in die Haftung genommen.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Die dritte Mehrbelastung steht im Zusammenhang mit der höchst erfreulichen Entscheidung von DHL, am Flughafen Halle-Leipzig ein neues Frachtverteilzentrum zu errichten. Dieses Vorhaben, das der Region mehrere Tausend Arbeitsplätze bringen wird, macht eine Erweiterung des Flughafens notwendig. Es bedarf einer zusätzlichen Start- und Landebahn. Diese Erweiterung war schon seit längerem im Grundsatz geplant und muss nun erheblich schneller realisiert werden, als es bisher vorgesehen war.

Die Erweiterung kostet die Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt einschließlich der beteiligten Kommunen rund

380 Millionen €. Allein 60 Millionen € davon werden übrigens für Lärmschutzmaßnahmen aufgewendet. Für das Land Sachsen-Anhalt und für die Stadt Halle, die ebenso an der Flughafenträgergesellschaft beteiligt ist, entstehen dadurch Investitionskosten in Höhe von rund 68 Millionen €. Mehr als die Hälfte des Betrages, insgesamt 36,5 Millionen €, wird bereits im Jahr 2005 anfallen. Im Jahr 2006 sind weitere 16,9 Millionen € erforderlich.

Die Landesregierung begrüßt nachdrücklich die Entscheidung von DHL. Sie hat im Vorfeld der Entscheidung zusammen mit dem Land Sachsen alles getan, um im Standortwettbewerb mit Brüssel und Vatry in Frankreich das hohe Interesse der Region an der Investition von DHL politisch deutlich zu machen. Ich selbst war als Mitglied des Aufsichtsrates auch Mitglied einer Delegation, die DHL im letzten Jahr in Brüssel an ihrem alten Standort aufsuchte.

Die direkten und vor allem die indirekten Auswirkungen werden die Wirtschaftslage im Süden dieses Landes nachhaltig verbessern. Es werden Tausende von Arbeitsplätzen im Bereich der Logistik - direkt durch DHL und indirekt durch Folgeansiedlungen - im Raum Halle/ Leipzig entstehen. Deswegen hat der Ausbau des Flughafens - das ist die Grundvoraussetzung für die Ansiedlung - für die Landesregierung höchste Priorität. Die Finanzierung dieser Investition ist nun im Landeshaushalt abgesichert worden.

Veranschlagt wurden übrigens auch Ausgaben zur Finanzierung des Baukostenanteils, der auf die Stadt Halle entfällt. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Vorgehensweise keine Vorentscheidung hinsichtlich des Beitrags der Stadt Halle zu der Erweiterung ist. Das Ziel war lediglich, für alle denkbaren Gestaltungs- und Finanzierungsmöglichkeiten haushalterische Vorkehrungen zu treffen.

Meine Damen und Herren! Ich fasse zusammen: Im parlamentarischen Verfahren war insgesamt eine Mehrbelastung in Höhe von 106 Millionen € im Jahr 2005 und in Höhe von 39,9 Millionen € im Jahr 2006 zu bewältigen.

Stellt man diesen Beträgen die Erhöhung der Kreditaufnahme im Jahr 2005 um 60 Millionen € gegenüber und berücksichtigt man, dass die Neuverschuldung im Jahr 2006 sogar geringer als im Regierungsentwurf vorgesehen ausfallen wird, so sind alle Vorwürfe bezüglich einer zusätzlichen Verschuldung zur Finanzierung von Geschenken vom Tisch.

Die Steuerausfälle wurden vollständig durch Einsparungen kompensiert, und zwar überwiegend im konsumtiven Bereich. Lediglich die Zukunftsinvestition der Flughafenerweiterung und die übernommene Altlast, die jetzt fällige Bürgschaft, waren durch weitere Kürzungen nicht vollständig auszugleichen und werden nun mittels zusätzlicher Kreditaufnahme finanziert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So weit zu den Veränderungen, die sich unmittelbar auf die Höhe der Einnahmen und Ausgaben ausgewirkt haben.

Im Doppelhaushalt wurde zudem die haushalterische Vorkehrung für eine eventuelle Kapitalerhöhung bei der NordLB geschaffen. Es handelt sich hierbei nur um eine Eventualermächtigung. Ich muss ausdrücklich betonen, dass bisher keinerlei abschließende Entscheidung oder auch nur eine politische Zusage getroffen wurde. Der Ausgang der Verhandlungen mit den Gewährträgern und

mit den Anteilseignern ist offen. Selbst eine Veräußerung der Anteile möchte ich nicht von vornherein ausschließen.

Die nun eingefügte Regelung im Haushaltsgesetz schafft die nötige Flexibilität. Im Fall der Kapitalzuführung können Ausgaben von bis zu 150 Millionen € geleistet werden. Im Fall der Veräußerung sind die Erlöse für die Schuldentilgung bzw. für die Rückführung der Neuverschuldung zu verwenden. Diese Flexibilität - ich betone das - ist kein Freibrief für die Landesregierung. Sollte es zu einer Kapitalerhöhung kommen und sollte die Neuverschuldung entsprechend aufgestockt werden müssen, dann bedarf es der Zustimmung des Landtages.

Meine Damen und Herren! Veränderungen hat es auch bei den Zuweisungen des Landes an die Kommunen gegeben. Die Arbeitsmarktreformen werden zu einer Entlastung des Landes und auch des Bundes bei den Wohngeldausgaben führen. Diese Entlastung wird in Form einer sonstigen Zuweisung, die nicht zweckgebunden ist, in vollem Umfang an die Kommunen weitergereicht. Dies gilt trotz aller Irritationen und anders lautender Interpretationen, die in der Öffentlichkeit zeitweilig kursierten. Ich betone das an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich.

Die Wohngeldausgaben für künftige Jahre können allerdings nur prognostiziert werden. Wir alle wissen, dass Prognosen für die Zeit nach einer grundlegenden Rechtsänderung, wie sie nun erfolgt ist, sehr schwierig sind. In das Haushaltsbegleitgesetz wurde daher eine Revisionsklausel eingefügt, nach der eventuelle Minderausgaben des Landes, die über die nun erwarteten Einsparungen hinausgehen, den Kommunen zufließen werden. Damit wird einem zentralen Anliegen der kommunalen Spitzenverbände Rechnung getragen. Die landesinterne Umsetzung der Arbeitsmarktreformen erfolgt in vollem Konsens mit der kommunalen Seite.

Mit Blick auf die Kommunalfinanzen insgesamt gilt meine Aussage, die ich in der letzten Haushaltdebatte im Plenum getroffen habe, unverändert weiter. Die Landeszuweisungen werden weiterhin auf hohem Niveau gehalten und die Entwicklung der eigenen Einnahmen der Kommunen wird zu einer spürbaren Verbesserung der kommunalen Finanzlage führen. Dies ist ein Lichtblick nach den Steuerausfällen der letzten Jahre, von denen die Kommunen in ähnlicher Weise getroffen wurden wie das Land.

Ein guter Teil der kommunalen Steuermehreinnahmen, die für dieses Jahr erwartet werden, ist übrigens auf das stark steigende Gewerbesteueraufkommen zurückzuführen. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass sich diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren fortsetzen oder die Einnahmen sich zumindest auf dem erhöhten Niveau stabilisieren werden. Der Blick in den Landeshaushalt und die Entwicklung der dort ausgewiesenen Zuweisungen an die Kommunen erfasst eben nur einen Teil der Wirklichkeit der kommunalen Finanzlage.

(Herr Bullerjahn, SPD: Dafür können Sie nun als Finanzminister wirklich nichts, oder?)

- Das habe ich auch nicht behauptet, Herr Bullerjahn. Es geht nur darum,

(Zuruf von Herrn Bullerjahn, SPD)

die Finanzlage der Kommunen adäquat zu würdigen. Mehr habe ich nicht getan. Ich habe an dieser Stelle auch nicht behauptet, mehr zu tun, Herr Bullerjahn.

Meine Damen und Herren! Im parlamentarischen Verfahren wurden zwei wichtige Umschichtungen vorgenommen, die wegen ihrer politischen Bedeutung besondere Beachtung verdienen.

So wurden zum einen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie für das Exzellenzprogramm deutlich aufgestockt, um 6,5 Millionen € im Jahr 2005 und um 6 Millionen € im Jahr 2006. Ausgaben dieser Art sind zweifellos Investitionen in die Zukunft des Landes. Sie stärken die Chancen des Landes, zukunftsträchtige Industrien anzusiedeln und damit moderne Wachstums- und Entwicklungspotenziale mit dem entsprechenden Angebot an Arbeitsplätzen zu schaffen.

Forschungsinfrastruktur ist ein zunehmend bedeutsamer Standortfaktor. Wir wissen, dass es ungemein schwer ist, herausragende Wissenschaftler und Forscher mithilfe von attraktiven Forschungsbedingungen in unserem Land zu halten bzw. sie für unser Land zu gewinnen. Hier ist ein wesentlicher Schritt dafür getan worden, dass uns das in Zukunft gelingen wird.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Die zweite Umschichtung betrifft die Sonderzahlungen an Beamte. Die Landesregierung hatte in ihrem Entwurf vorgesehen, das so genannte Weihnachtsgeld für die Beamten, abgesehen von einer sozialen Komponente für die unteren Besoldungsgruppen und einer Kinderpauschale, zu streichen. Ab dem kommenden Jahr sollen nur noch jene Beamtinnen und Beamte eine Sonderzuwendung bekommen, die in den unteren Besoldungsgruppen, also in den Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 eingestuft sind, und zwar in Höhe von 120 €.

Der Entwurf der Landesregierung sah weiterhin für jedes Kind eine Pauschale von früher 50 DM und jetzt 25,56 € vor. Bei diesen Vorschlägen des Regierungsentwurfs ist es geblieben, obwohl sich die Regierung und die sie tragenden Fraktionen darüber klar waren, dass es sich um einen kräftigen Einschnitt und um ein großes Opfer der Beamten handelt. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht.

Allerdings sieht der Haushaltsplan jetzt für die Jahre 2005 und 2006 insgesamt einen Betrag von mehr als 20 Millionen € für die Finanzierung von Beförderungen vor. Die Einschnitte in die Realeinkommen, die angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte unvermeidbar sind, können und sollen hierdurch nicht kompensiert werden. Aber wir wollen Leistung, Motivation und Verantwortungsbereitschaft unserer Beamtinnen und Beamten belohnen, und zwar mehr als dies bisher möglich war.

Es geht hierbei um einen wichtigen Aspekt der Fortentwicklung des öffentlichen Dienstes in einer Arbeitswelt, die sich rasch ändert, auch und gerade angesichts der knappen Kassen. Es gibt nun endlich in größerem Umfang die Möglichkeit, die Unterstützung der Motivation der Beschäftigten durch Beförderungen nachzuholen, die in den letzten Jahren unterbleiben musste, weil wir eine sehr schwierige Situation hatten.

(Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

Ich sage es ganz deutlich: Dies gilt gerade auch für den mittleren Dienst, also die unteren Besoldungsgruppen in

unserer Landesverwaltung. Gerade in diesem Bereich wollen wir die neuen Möglichkeiten auch nutzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage an dieser Stelle, dass die Landesregierung diese Veränderungen im Haushalt begrüßt. Diese Änderungen gehen auf die Initiative der Regierungsfraktionen zurück und sie sind von den Regierungsfraktionen umgesetzt worden. Aber ich sage klar: Die Landesregierung steht völlig hinter diesen Änderungen, zumal sie haushaltsneutral, also durch Umschichtungen und ohne zusätzliche Verschuldung erreicht wurden.

Allerdings bleibt festzustellen, dass die durchweg im konsumtiven Bereich vorgenommenen Einsparungen an anderer Stelle gewisse zusätzliche Haushaltsrisiken bergen, die aber wohl zu schultern sind. Immerhin hat der Landesrechnungshof die Änderungen in den Beratungen des Finanzausschusses intensiv begleitet und die Umschichtungen aus fiskalischer Sicht gutgeheißen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einen weiteren Punkt hinzufügen, der vonseiten der Opposition kritisiert wurde. Es geht um die Regelungen, die im Zusammenhang mit der Gewährung von Trennungsgeld getroffen wurden. Frau Dr. Weiher hat das Thema in ihrer umfänglichen Darstellung bereits angesprochen.

Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Verwaltung im Land zu reformieren und zu modernisieren. Dazu gehört insbesondere auch die Auflösung der Regierungspräsidien und im Gegenzug die Schaffung eines funktional gegliederten Landesverwaltungsamtes.

Meine Damen und Herren! Zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten deshalb versetzt werden, gerade auch Mitarbeiter in den unteren Besoldungsgruppen. Sie nehmen nun zum Teil lange Fahrtzeiten und lange Wegstrecken in Kauf, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Sie handeln flexibel und sie bringen Opfer. Diese Bereitschaft zur Mobilität muss vonseiten der Landesregierung positiv begleitet werden. Eben dies geschieht durch die Zahlung von Trennungsgeld. Wohlgemerkt: Trennungsgeld ist kein zusätzliches Einkommen, sondern lediglich ein Ausgleich für die entstehenden zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Belastungen. Dies gilt umso mehr, als die Belastungen allein aus dienstlichen Gründen entstanden sind.

Die betroffenen Mitarbeiter zeigen genau das, was eine moderne Verwaltung benötigt. Sie zeigen Leistungsbereitschaft, Flexibilität und Verantwortung. Dieses Verhalten muss gefördert werden; denn diese Mitarbeiter tragen entscheidend zur Effizienzsteigerung in der Verwaltung und damit zur Zukunft unseres Landes bei.

In vielen Fällen ist es zudem für Bedienstete nicht ohne weiteres möglich, sofort den Wohnort zu wechseln. Dies gilt insbesondere für Familien mit Kindern, denen wir eine Übergangszeit gewähren wollen. Die Landesregierung setzt in diesem Zusammenhang auf Freiwilligkeit. Wir haben Möglichkeiten zum Arbeitsplatztausch und zum Arbeitsplatzwechsel geschaffen. So können unsinnige und kostenträchtige Umzüge und Rückumzüge bereits im Vorfeld verhindert werden.

Schließlich kann die Zahlung von Trennungsgeld in bestimmten Fällen sogar günstiger sein als ein sofortiger Umzug, und zwar dann, wenn Versetzungen mit relativ

kurzer Verwendungsdauer an einem Dienstort vorkommen. Auch solche Fälle gibt es bei uns in Sachsen-Anhalt.

Kurzum: Es gibt überhaupt keinen Grund, die Trennungsgeldregelung als großzügige Wohltat der Landesregierung darzustellen und damit zu diffamieren. Wer dies tut, trägt dies auf dem Rücken gerade jener öffentlichen Bediensteten aus, die ihren Beitrag zur Modernisierung der Verwaltung in diesem Land bereitwillig leisten.

(Zustimmung von Frau Dr. Hüskens, FDP, und von Herrn Wolpert, FDP)

Meine Damen und Herren! Alles in allem schafft dieser Doppelhaushalt das Fundament dafür, unser Land in den beiden kommenden Jahren weiter voranzubringen. Der schwierige Weg der finanziellen Gesundung wird konsequent fortgesetzt. Gleichzeitig setzen die Regierung und die sie tragenden Fraktionen zukunftsweisende Akzente, die sich sehen lassen können - und dies trotz leerer Kassen.

Wir sind gemeinsam auf dem richtigen Weg. Der Ruf unseres Landes, meine Damen und Herren, verbessert sich. Schritt für Schritt verschwinden die roten Laternen im Archiv der sozialdemokratischen Vergangenheit.

(Zustimmung bei der FDP - Herr Bullerjahn, SPD: Oh! - Frau Fischer, Naumburg, SPD: Oh, mein Gott!)

Wirtschaftlich sind wir seit einiger Zeit nicht mehr das Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit.

(Zuruf von Frau Fischer, Naumburg, SPD)