Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Ich habe schon vor dem Städte- und Gemeindebund gesagt: Die nächsten Landesregierungen werden die Kommunalfinanzen zurückführen müssen; denn wenn man einen Konsolidierungsbedarf von einem Drittel hat, wird dieses Drittel keinen Umweg um die Kommunalfinanzen machen. Deswegen ist es so notwendig, die lange geforderte großteilige Gebietsreform zu machen,

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

und zwar nicht deshalb, weil einzelne Spinner in der SPD größengläubig sind. Wenn wir aber gerade in diesem Punkt nicht vor die Entwicklung kommen, also massiv Personal abbauen, massiv Aufgaben wegfallen lassen, werden wir die Kommunalfinanzen nicht in abgesprochenen Schritten zurückführen können, Herr Schomburg.

(Herr Schomburg, CDU: Erzählen Sie doch kei- nen Scheiß!)

- Herr Schomburg, es ist mittlerweile dem letzten verantwortungsvollen Kommunalpolitiker klar, dass die Finanzen sinken werden. Allerdings verlangen die Kommunalpolitiker, dass man mit ihnen darüber spricht, wie man damit umgehen kann. Man darf ihnen doch nicht sagen: Es kann alles so bleiben, aber wartet mal ab, alle zwei Jahre sieht der Finanzminister in die Bücher und dann werdet ihr erleben, wie es gehen kann und gehen muss.

Das verlange ich von Ihnen. Das haben wir Ihnen immer wieder gesagt. Ich bin Herrn Daehre dafür dankbar, dass er das jetzt noch angefangen hat. Es wird im Landtag viel früher zum Schwur kommen. Dabei werden sich alle, die daran beteiligt sind oder beteiligt sein wollen oder beteiligt sein werden, diese Frage der Finanzierbarkeit zuallererst stellen müssen, nebst der demografischen Entwicklung.

(Beifall bei der SPD)

Dass die Aufgaben reduziert werden müssen, ist jedem klar. Das setzt voraus, dass alle, die vorhaben, in der nächsten Wahlperiode Regierungsverantwortung zu übernehmen, sich vorher klar darüber werden, mit welchem Gesamtkonzept sie die erforderliche drastische Rückführung der Ausgaben erreichen wollen. Es muss damit Schluss gemacht werden, jedes Jahr nach Kassenlage die großen Titelgruppen nach Zufall zu kürzen. Das wird irgendwann nicht mehr gehen. Diesen Zustand zu überwinden war eigentlich die Aufgabe des Ministerpräsidenten. Dieser Aufgabe ist er nicht gerecht geworden.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage in dieser Runde auch ganz klar: Jeder Ministerpräsident - wir streben danach, dass es ein Sozialdemokrat wird - wird diese Aufgabe lösen müssen, denn er wird nicht mehr in der Lage sein, das mit der bisherigen Art und Weise hinzubekommen. Ich bin gespannt, ob das Auswirkungen auf die Äußerungen hat, die dann im Vorfeld von Wahlen gemacht werden.

Fazit: Finanzpolitisch wurden fast alle Wahlversprechen über Bord geworfen. Es lohnt gar nicht mehr, das zu sagen. Ich hoffe nur, dass Ihre eigenen Leute das wenigstens auch so einschätzen. Sie wissen es selbst und sagen: Was soll’s? Die Bürger wissen es übrigens auch schon lange. Nur, die fragen mittlerweile: Was macht ihr jetzt dagegen? - Es ist komisch, wenn man das öffentlich so sagt.

Sie, Herr Finanzminister, haben keine Nachhaltigkeitspolitik betrieben. Sie haben sich - ich will kurz das Thema Kinderbetreuung streifen, ohne zu viel von der morgigen Beratung vorwegzunehmen - in der Diskussion verheddert, indem Sie möglicherweise politisch bewusst - Sie kommen da nicht mehr heraus - 10 Milliarden € Konsolidierung, also den David, nein, Goliath - -

(Herr Scharf, CDU: Der Kleine oder der Große?)

- Ich wollte „Goliath“ sagen. Herr Scharf, wir wollen jetzt nicht auf diesem Niveau diskutieren.

Sie haben also 10 Milliarden € Konsolidierung den 40 Millionen € für die Kinderbetreuung gegenübergestellt. Sie sagen, wer die 40 Millionen € stützt, ist der Reformer; wer die 40 Millionen € nicht gut findet, ist der Bewahrer. Ich sage Ihnen eines: Sie können die Debatte so führen. Wir als SPD haben uns in der Fraktion darauf verständigt, auch das mit auszuhalten.

(Zurufe von der CDU)

- Mit ist es einfach zu dämlich, das jedes Mal hier zu erzählen.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

- Ach, Herr Gürth, ich habe gerade etwas über Schattenspiele in der FDP gehört.

(Zurufe von der CDU)

- Kann ich jetzt fortsetzen? - Ich will Ihnen nur eines sagen: Wir werden diesen Volksentscheid bekommen. Ich hoffe, er bekommt keine Mehrheit.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Aber wenn das vorbei ist, Herr Scharf, werden diese 40 Millionen € wieder in den Hintergrund treten, das Grundproblem aber bleibt, nämlich die Frage der Sanierung des Haushaltes.

(Beifall bei der SPD)

Sie werden sich auf Dauer, bis zu den Wahlen, auch bis zur nächsten Wahlperiode mehr einfallen lassen müssen zu dem, was an die Stelle dieser Kinderbetreuung treten soll. Die Koalitionsvereinbarung ist längst Makulatur. Es ist möglicherweise auch die Pflicht der Koalition, sie ständig zu lesen und zu prüfen.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Meine feste Überzeugung ist - das habe ich am Beginn meiner Rede gesagt -, dass das Ihr letzter Haushalt ist. Wir werden, um das plakativ in den Raum zu stellen, vieles unternehmen, dass das auch so kommt.

Für Abschiedsworte ist es - gerade für Sie, Herr Paqué - noch zu früh. Aber eines will ich Ihnen ins Stammbuch schreiben, Herr Paqué: Gemessen an Ihren eigenen Ansprüchen - das meine ich jetzt nicht als Floskel - sind Sie gescheitert.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Kluft zwischen der Theorie - die Sie völlig beherrschen, das will ich unumwunden zugeben - und der Praxis, also zwischen Anspruch und Wirklichkeit, ist so groß wie bei keinem anderen Mitglied der Landesregierung.

Wir als SPD bereiten uns auf den Haushalt 2007 unter Federführung einer SPD-Regierung vor, der die angesprochenen Probleme berücksichtigt.

(Lachen bei der CDU - Herr Tullner, CDU: Na gut! - Zuruf von der CDU: Vorsicht! - Herr Schrö- der, CDU: Ist das eine Drohung?)

Dieser Haushalt wird schwierig genug werden, egal wer regiert. Aber wir wollen uns diesem Anspruch stellen. Dabei werden wir uns in den nächsten Monaten vor allem mit dem beschäftigen, was wir für die Zukunft dieses Landes erreichen wollen, und weniger mit dem, was Sie bisher getan oder nicht getan haben. Dies wird übrigens

auch dazu führen, dass die Zeit von Schwarz-Gelb und die eines Finanzministers Paqué eine kurze Episode bleiben wird, leider aber eine sehr teure. - Ich danke Ihnen.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Bullerjahn. - Für die CDU-Fraktion sind Redebeiträge der Herren Abgeordneten Scharf und Tullner angemeldet worden. Herr Scharf, Sie werden sicherlich zu Beginn das Wort nehmen. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Beschlussfassung zum Doppelhaushalt 2005/2006 sind die materiellen Grundlagen unserer Politik bis zum Ende dieser Legislaturperiode gelegt worden. Damit hat die Koalition eine ihrer wichtigsten Bewährungsproben bestanden. Die Koalitionsvereinbarung ist im Wesentlichen umgesetzt worden. Weil wir schneller gewesen sind als gedacht, können wir sogar noch einiges zusätzlich in dieser Legislaturperiode erledigen.

Ich will nur stabstrichartig an die wichtigsten Vorhaben erinnern, die wir im Landtag beraten und beschlossen haben. Wir haben in den letzten knapp zweieinhalb Jahren viele Probleme unseres Landes angepackt und gelöst, von denen SPD und PDS in acht Jahren Regierungsverantwortung nur geredet haben, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Stichwort Hochschulreform. Wir haben begonnen, unnötige Doppelstrukturen aufzulösen und einen sinnvollen Konzentrationsprozess einzuleiten.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Ach nein, Herr Scharf!)

Stichwort Gründung des Landesverwaltungsamtes.

(Lachen bei und Zurufe von der SPD und von der PDS)

Wir haben mit der Auflösung zahlreicher Sonderbehörden und der schrittweisen Neuordnung von Zuständigkeiten auf der kommunalen Ebene die umfangreichste Verwaltungsreform in Gang gesetzt, die in den letzten Jahren in diesem Land durchgeführt worden ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Wir haben zum 1. Januar 2005 zudem die kommunale Neugliederung unterhalb der Landkreisebene abgeschlossen, meine Damen und Herren. Mit der Verringerung der Anzahl der Landkreise um mehr als die Hälfte werden Verwaltungsstrukturen geschaffen, die zur Senkung der Verwaltungskosten führen werden. Dies geschieht im Gegensatz zu den Ansätzen der Vorgängerregierung weitgehend im Einklang mit den Landräten und den kommunalen Spitzenverbänden.

Dies gilt gleichzeitig für die Reform der gemeindlichen Ebene. Mit der Gründung von vergrößerten Verwaltungsgemeinschaften wird auch dies zu Effizienzgewinnen führen und dient der Basis dazu, im Rahmen der Freiwilligkeit die jeweils für sie effektivste Leistungsform der Zusammenarbeit zu finden.

Dies sind Fakten, meine Damen und Herren, die durchaus auf der Habenseite dieser Regierung zu verbuchen sind.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Dr. Köck, PDS)

Mit dem Ziel, Förderprogramme für private Investoren zu bündeln und deren Angebotsstruktur zu verbessern, wurde am 1. März 2004 die Investitionsbank gegründet, die erfolgreich arbeitet, meine Damen und Herren.

Schulwesen. In umfangreichen Reformen des Schulwesens wurden Qualität und Leistungsfähigkeit der allgemein bildenden Schulen entscheidend gestärkt. PDS und SPD haben den Schülerinnen und Schülern mit der Einführung des 13. Schuljahres nur ein wertvolles Lebensjahr gestohlen. CDU und FDP geben dieses der Jugend zurück und haben damit einen Irrweg in diesem Lande beendet, meine Damen und Herren.