Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auch mal daran denken, dass Studierende am Ende zu Prüfende sind.
Drittens. Die finanzielle Situation der Hochschulen. Es ist doch ein aberwitziges Märchen zu behaupten, die Einnahmen aus Studiengebühren kämen den Hochschulen in vollem Umfang zugute und würden ihre finanzielle Situation aufbessern. Sprechen Sie mit den Hochschulen. Dort würde Ihnen das niemand glauben. Zum einen wären die Einnahmen aus Gebühren von zum Beispiel 500 € pro Semester ohnehin nur ein „Tropfen auf den
heißen Stein“ und würden im günstigsten Fall gerade mal das wettmachen, was Sie den Hochschulen gerade aus der Tasche gezogen haben.
Im Übrigen sehe ich doch schon den Finanzminister in den nächsten Jahren, wie er angesichts der Haushaltssituation weitere Kürzungen der öffentlichen Mittel als unabweisbar darstellen würde. Also: In die eine Tasche der Hochschulen hinein und aus der anderen wieder heraus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Tageszeitung schrieb dieser Tage, die PDS fordere ein GratisStudium. Selbst wenn dieser Landtag sich gegen Studiengebühren entscheiden würde, hieße das noch lange nicht, ein Studium wäre gratis zu haben. Schon heute, schon ohne Studiengebühren, ist ein Hochschulstudium für die Studierenden und deren Familien mit einem beachtlichen Kostenaufwand und Einschränkungen verbunden.
Viele beenden ihr Studium aufgrund des Bafög-Bezuges mit einem Schuldenberg. Viele sind auf einen oder mehrere Jobs angewiesen, um ihr Studium und ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Das ist übrigens sehr oft ein maßgeblicher Grund für die Überschreitung der Regelstudienzeit.
Anstatt den Weg für Studiengebühren frei zu klagen, müsste sich die Politik eigentlich den Kopf darüber zerbrechen, wie wir Bildung und Hochschulbildung insgesamt finanzieren und wo wir Möglichkeiten sehen, Schülerinnen, Auszubildende und Studierende vom Einkommen ihrer Eltern unabhängiger zu machen und insgesamt bessere Studienbedingungen zu ermöglichen, zum Beispiel über eine Ausbildungsgrundsicherung.
(Zustimmung bei der PDS - Frau Feußner, CDU: Sie kritisieren es nur! Sagen Sie doch Ihre Vor- stellungen, wie Sie es machen wollen! - Frau Dr. Sitte, PDS: Er hat doch etwas gesagt! Dazu können Sie doch einen Vorschlag machen!)
Danke schön, Herr Präsident. - Stattdessen werden die Studierenden dazu verdonnert, die Löcher zu stopfen, die Ihre verfehlte Finanz- und Steuerpolitik in die öffentlichen Haushalte gerissen hat.
(Herr Schomburg, CDU: Das ist ja aberwitzig! - Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das ist alles nicht von dieser Welt!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es höchste Zeit, Farbe zu bekennen. Die Studierenden und die Hochschulen haben ein Recht darauf zu erfahren, was diese Landesregierung beabsichtigt. Sie haben in dieser Woche nochmals erklärt, sie wollten dies vor der Landtagswahl hören.
Die PDS lehnt die Einführung von Studiengebühren ab. Ich habe Ihnen ausführlich begründet, warum wir diese Position beziehen.
Es ist an Ihnen, der mit Händen zu greifenden Verunsicherung der Betroffenen entgegenzutreten. Es ist an Ihnen, sich unserer Position anzuschließen und dem Land Sachsen-Anhalt gegenüber anderen Bundesländern einen klaren Standortvorteil zu ermöglichen. Es ist an Ihnen, ein klares Signal auszusenden, dass Sie Hochschulbildung nicht noch mehr als ohnehin schon vom Geldbeutel der Eltern abhängig machen wollen. Die Studierenden und die Hochschulen warten darauf. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Höhn. - Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Debatte eintreten, hat für die Landesregierung der Kultusminister Herr Professor Dr. Olbertz um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem zur Diskussion stehenden ersten Gesetz zur Änderung des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt will die Fraktion der PDS Studiengebühren grundsätzlich ausschließen und die Möglichkeit zur Erhebung weiterer Entgelte einschränken. Es ist offensichtlich, dass die PDS etwas anderes beabsichtigt, nämlich statt eines Verbotes von Studiengebühren eine parlamentarische Debatte über Studiengebühren auszulösen.
Denn sie weiß ganz genau, dass man mit einem Gesetz gar nichts grundsätzlich und erst recht nicht ein für allemal ausschließen kann. Insofern ist Ihnen auch bekannt, dass der Gesetzentwurf gar nicht hält, was damit suggeriert wird.
Hinzu kommt, dass mit der Forderung, auf Studiengebühren zu verzichten, ein Gesetz berührt wird, in dem derzeit steht, dass keine Studiengebühren erhoben werden.
Jedenfalls gilt das für ein Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und das so genannte konsekutive Studium, also in der Regel ein Masterstudium.
Die einzige Gruppe - ich komme doch dazu, seien Sie doch nicht so ungeduldig -, die vom Entwurf der PDS begünstigt wird, sind diejenigen, die die Regelstudienzeit um mehr als vier Semester überschreiten. Das gilt, soweit ich weiß, auch für einige von Ihnen.
Im Grunde legt die PDS also ein Gesetz zur Kostenbefreiung von Langzeitstudenten vor und abgesehen davon ein Gesetz zur Bekräftigung des geltenden Hochschulgesetzes.
Sie verkennt, dass unsere Hochschulen Ausbildungsstätten sind. Das muss ich einfach einmal sagen: Unsere Hochschulen sind Ausbildungsstätten und nicht Orte für einen unbefristeten Aufenthalt in einem Lebensstil, für den die Allgemeinheit aufzukommen hat.
Wenn Sie sich anschauen, wie viel Geld ein junger Facharbeiter oder Handwerker auf den Tisch zu legen hat, um seinen Meisterbrief zu erwerben, dann können Sie sehen, wie es um das Bewusstsein von sozialer Gerechtigkeit bei uns bestellt ist. Überlegen Sie einmal, dass wir jungen Eltern für Kindergartenplätze eine beträchtliche finanzielle Beteiligung abverlangen und gleichzeitig Studierenden, die sich durch eine Hochschulausbildung bereits auf dem Pfad gesellschaftlicher Privilegierung und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch wirtschaftlicher Absicherung befinden, einen unlimitierten Zugriff auf ein öffentliches Gut zugestehen wollen. Meiner Meinung nach ist es ehrlicher, sozial gerechter und auch an der Zeit, über ein sozial ausgewogenes, also intelligent differenziertes System einer Kostenbeteiligung nachzudenken.
Die Fraktion der PDS begründet ihren Vorstoß damit, dass Studiengebühren geeignet seien, den Bildungszugang einzuschränken. Sie will eine solche Entwicklung ausschließen, weil sie die soziale Chancengleichheit gefährde und darüber hinaus nicht dem wachsenden Bedarf an Fachkräften mit einer Qualifikation auf Hochschulniveau gerecht werde. Diese Argumentation ist auf den ersten Blick gar nicht mal unschlüssig, sie widerspricht aber den tatsächlichen Befunden und ist - verzeihen Sie mir - nach meinem Eindruck mehr populistisch als aufrichtig.
Kein geringerer als Karl Marx - den habe ich mir herausgesucht - schrieb in seinen Randglossen zur Kritik des Gothaer Programms im Jahr 1875 - ich zitiere wörtlich -:
„auch höhere Unterrichtsanstalten unentgeltlich sind, so heißt das faktisch nur, dass höhere Klassen ihre Erziehungskosten aus dem allgemeinen Steuersäckel bestreiten.“
Genau so verhält es sich auch bei uns, denn jede Kassiererin im Supermarkt - das habe ich schon einmal als Argument verwendet - oder jede Krankenschwester in der Klinik finanziert das System mit, von dem gerade in Deutschland - darin haben Sie nun leider Recht - ausgerechnet ihre eigenen Kinder wahrscheinlich am wenigsten profitieren, die ihrer Chefs - das möchte ich noch anmerken - mit einiger Wahrscheinlichkeit.
Mit sozialer Gerechtigkeit, glaube ich, muss man sich etwas differenzierter auseinander setzen. Die kann man auf diese Weise nicht schaffen.
In einem bemerkenswerten Artikel in der „Taz“ - Sie werden über meine Lektüre staunen - vom 23. Februar 2005 führt der Autor aus, dass die Unentgeltlichkeit des Hoch
In Deutschland nehmen in der Tat nur 16 % der Kinder von Eltern, die über keinen Abschluss im Sekundarschulbereich II verfügen, und nur 23 % der Kinder von Eltern, die einen Abschluss im Sekundarbereich II haben, ein Studium auf. Das ist in der Tat beunruhigend. Die im Vergleich zu Deutschland hohe Beteiligung aus solchen Familien in Australien - dort liegt sie bei 20 bzw. bei 26 % - oder in Kanada - dort liegt sie bei 24 bzw. 42 % - zeigt, dass eine Erhöhung der Bildungsbeteiligung der Kinder von Nichtakademikern trotz Studienbeiträgen möglich ist. - Wie machen die das denn?
Diese Analyse bestätigt auch ein Blick auf andere Länder, in denen es Studiengebühren gibt. In Australien ist die Studentenzahl ungeachtet der Gebühreneinführung im Jahr 1989 um ein Drittel gestiegen.