Diese Analyse bestätigt auch ein Blick auf andere Länder, in denen es Studiengebühren gibt. In Australien ist die Studentenzahl ungeachtet der Gebühreneinführung im Jahr 1989 um ein Drittel gestiegen.
In England mit seinen bekannt hohen Gebühren liegt die Anfängerquote derzeit bei 44 % eines jeden Jahrgangs. Trotz eines enormen Anstiegs der Studiengebühren in den Vereinigten Staaten nimmt dort der Anteil der Studierenden zu. Heute studieren in den USA mehr als 40 % eines Altersjahrgangs. Die Phänomene der sozialen Ausgrenzung gibt es in den Systemen, in denen Studiengebühren erhoben werden, merkwürdigerweise am wenigsten. Dieses Rätsel müssen wir erst einmal klären.
Wie gesagt, heute studieren in den USA mehr als 40 % eines Altersjahrgangs, vor 30 Jahren war es übrigens nur ein Viertel.
Lassen Sie mich auch auf das Beispiel Österreichs eingehen, das in den Diskussionen zum Hochschulgesetz eine große Rolle gespielt hat. Im ersten Jahr nach der Einführung von Gebühren ging in Österreich die Studentenzahl tatsächlich um rund ein Viertel zurück. Das wurde teilweise damit erklärt, dass vor allem Scheinstudierende zu Hause blieben. Seitdem sind die Zahlen übrigens wieder stetig angestiegen und die Anfängerzahlen sind in Österreich heute so hoch wie nie zuvor.
Meine Damen und Herren von der PDS, wenn Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts genau lesen würden, dann kann Ihnen nicht entgehen, dass es den Ländern gerade keine freie Hand bei den Gebühren lässt. Expressis verbis wird den Ländern die Verantwortung und die Zuständigkeit auch dafür zugeschrieben, dass der Verfassungsgrundsatz gleichwertiger Lebensverhältnisse gewahrt bleibt. Das steht in der Begründung.
Bei dem Streit vor dem Verfassungsgericht ging es überhaupt nicht um pro oder kontra Studiengebühren.
- Ich will es gleichwohl sagen. - Es ging nur darum, wer für die Beantwortung dieser Fragen zuständig ist - nicht mehr und nicht weniger. Und nur in diesem Sinne waren wir seinerzeit beigetreten.
Daraus ist abzuleiten, dass es weiterhin rechtlich geboten ist, allen dazu Befähigten ein Studium zu ermöglichen und eine Sonderung der Studierenden nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu verhindern. Dies setzt jedoch kein System einer allgemeinen Gebührenfreiheit voraus, schon gar nicht zwingend, sondern ein vernünftiges und die sozialen Unterschiede eher ausgleichendes Beitrags- und Stipendiensystem. Denn der Status quo ist überhaupt nicht ausgeglichen; das ist er nun gerade nicht.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie auch auf einen anderen Aspekt der Studienbeiträge hinweisen. Eine Einführung solcher Gebühren kann durchaus auch einen Einfluss auf das Verhältnis zwischen den Studierenden und ihrer Hochschule haben. Sie werden sicherlich in weitaus stärkerem Maße als bisher die Qualität ihrer Lehre kritisch einklagen und prüfen. Ihre Position, Qualität zu verlangen, würde also eher gestärkt werden.
Meine Damen und Herren! Wenn dieses Hohe Haus mehrheitlich zu der Überzeugung gelangt, keine Studiengebühren einführen zu wollen, dann muss es nach der gegenwärtigen Gesetzeslage mit Ausnahme der Weiterbildungsstudiengänge und der Langzeitstudierenden überhaupt nichts unternehmen. Ist die Auffassung eine andere, dann kann ebenso wenig von heute auf morgen einfach so gehandelt werden, sondern es müsste sehr sorgfältig und abgewogen eine Reihe von Voraussetzungen geklärt und geschaffen werden.
Dazu gehört zuallererst die soziale Absicherung, damit niemand nur wegen seiner wirtschaftlichen Lage von einem Hochschulstudium in Sachsen-Anhalt abgehalten wird. Hierzu bedarf es vor allem der Entwicklung eines Unterstützungs-, Freistellungs- und Stipendiensystems. Eine weitere Voraussetzung, die meines Erachtens sogar gesetzlich zu regeln wäre, müsste sicherstellen, dass Einnahmen aus Studienbeiträgen in vollem Umfang den Hochschulen zur Verfügung stehen, und zwar - -
- Einen Moment. Wie wäre es denn, wenn Sie einfach zuhörten? Der Satz war nicht zu Ende, Frau Weiher. Sie werden es nicht glauben, aber ich versuche, sogar die Interpunktion mitzulesen, um eine Chance zu haben, durchzukommen.
Es müsste also sichergestellt werden, dass Einnahmen aus Studienbeiträgen in vollem Umfang den Hochschulen zur Verfügung stehen, und zwar - jetzt kommt es - in saldo, also auch ohne dass es auf der anderen Seite Budgetabsenkungen gibt. Das kann man mit Zielvereinbarungen absichern.
Zum Dritten müsste unter den Ländern eine Verständigung stattfinden, damit die unter Umständen verschiedenen Beitragssysteme zumindest untereinander kompatibel sind. Das ist einfach ein Gebot der Vernunft. Die Diskussion ist überall ausgebrochen. Sachsen-Anhalt
kann am Ende nicht eine beitragsfreie Insel sein, wie Sie es sich vorstellen. Die Folgen daraus wären im Land gar nicht zu bewältigen.
Schließlich müssten Regelungen getroffen werden, mit denen die Beitragshöhe, die Staffelung, die Entscheidungsspielräume der Hochschulen, Momente einer Leistungsstimulierung und vieles andere mehr berücksichtigt werden.
In diesem Zusammenhang ist für mich das Studienkontenmodell übrigens nach wie vor keine gangbare Alternative. Ich fürchte hierbei eher ein bürokratisches Monstrum, dessen Auswirkungen kaum abzuschätzen sind.
Zu alldem brauchte man auch noch ein mittelfristiges Übergangskonzept, damit gegenwärtig Studierende, die ihre Regelstudienzeit nicht überschreiten, auch bei der Einführung von Studienbeiträgen ihr Studium wie erwartet kostenlos zu Ende führen können.
Es gibt also eine ganze Menge Voraussetzungen, über die wir reden müssen, und das sollten wir unbedingt tun. Diese notwendige Debatte durch ein formales Verbot im Gesetz zu blockieren und zur Tagesordnung überzugehen, hieße übrigens auch, die ganzen Verwerfungen, die wir gerade in Bezug auf die soziale Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit in unserem gegenwärtigen System haben, nicht zu berücksichtigen. Das kann wohl niemand von uns verlangen.
Der Status quo hat genau diese unbefriedigenden Befunde, die Sie aufgeführt haben, hervorgebracht. Wer also für den Status quo ist und ihn auch noch im Gesetz verankern will, den kann ich einfach nicht als Anwalt für die soziale Gerechtigkeit wahrnehmen.
Meine Damen und Herren! Diese Voraussetzungen sind also derzeit nicht gegeben. Wenn wir gute Gründe für die Erhebung von Studienbeiträgen haben - solche gibt es -, dann müssen erst einmal in enger Zusammenarbeit mit den Hochschulen und ihren Gremien, auch den studentischen, die Voraussetzungen geklärt und entsprechende Programme eingeführt werden. Anders ist eine öffentliche Akzeptanz für solche Beiträge auch gar nicht zu erlangen.
Vor diesem Hintergrund kann man den Gesetzentwurf der PDS-Fraktion nur ablehnen, insbesondere wenn man es mit der Stärkung der Autonomie der Hochschulen und auch mit der Schaffung sozialer Gerechtigkeit ernst meint. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Mitglieder der Fraktion der CDU des Kreistages Burg.
Wir treten nun in die Fünfminutendebatte ein. Zunächst erhält für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Herr Dr. Volk das Wort. Bitte, Herr Dr. Volk.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Höhn, als Frau Sitte noch zu die
Ich hoffe, dass die bildungspolitischen Themen in diesem Hause in Zukunft nicht auf das, was hier im Gesetzentwurf dokumentiert wurde, nämlich ein Stück Populismus, reduziert werden.
Vor fünf Wochen hat das Bundesverfassungsgericht die Regelungen des Hochschulrahmengesetzes für unwirksam erklärt, die ein generelles Verbot von Studiengebühren vorschreiben. Als Grund dafür sieht das Gericht die Unvereinbarkeit mit den Artikeln 70, 72 und 75 des Grundgesetzes an. Diese Artikel regeln die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern.
Damit hat das Bundesverfassungsgericht keine inhaltliche Aussage zur Problematik der Studiengebühren getroffen, sondern lediglich die Entscheidung darüber auf die Ebene der einzelnen Bundesländer verwiesen. Das bedeutet, wir als Landespolitiker sind explizit dazu aufgefordert, über die Frage der Studiengebühren sorgfältig zu diskutieren und am Ende eine entsprechende gesetzliche Regelung zu verabschieden.
Das Recht, auf Landesebene über diese Frage zu entscheiden, verpflichtet uns auch zu einem verantwortungsbewussten Umgang damit. Die uns vom Verfassungsgericht zugesprochene Gesetzgebungskompetenz erlegt uns die volle Verantwortung für die mit unserer Entscheidung verbundenen Konsequenzen auf.
Die seit geraumer Zeit geführte Diskussion um die Studiengebühren hat erheblich an Fahrt gewonnen. Die damit einhergehende Emotionalisierung der Debatte verleitet jedoch einige dazu, sich mit populistischen Forderungen zu profilieren. Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf ist nicht mehr als ein solcher Versuch. Ich lehne einen solchen Versuch ab. Damit soll von einer sachlichen Debatte abgelenkt werden,