Protokoll der Sitzung vom 14.04.2005

Es ist doch „Otto“ und „Erna Normalverbraucher“ nachher nicht mehr zu erklären, warum für den Wald das Landesverwaltungsamt, das Ministerium - im Ministerium muss es immer eine Stabsgruppe Forst geben -, das LAU, die LLG(F) und die ALFs - dann mit „FF“ - zuständig sein müssen und die Strukturen in dieser Art und Weise aufgefächert werden.

Es gibt in diesem Land ganz andere Sachen, die aus unserer Sicht dringend einer Veränderung bedürfen. Wenn Herr Dr. Aeikens im Agrarausschuss meinte, dass die Forststrukturreform erforderlich sei, um in veränderten Strukturen mit weniger Geld mehr leisten zu können, dann ist das die Definition von der Steigerung der Effektivität. Frau Wernicke hat das noch einmal bekräftigt.

Zur Presseerklärung Nr. 048/2005 von gestern. Wir begrüßen es, dass LHO-Betriebe in Zukunft auch Rücklagen bilden dürfen. Aber es steht der Halbsatz in Ihrer Presseerklärung, Frau Wernicke, dass dies für den Landesforstbetrieb erst n a c h erfolgter Reform zutreffen werde.

Wir sagen: Wenn Einsparungen in erheblichen Größenordnungen erzielt werden - dabei geht es nicht nur um den Teil der Forstverwaltung, der für die Holzwerbung und die Holzernte zuständig ist; es geht auch um den Teil, der sich mit Umweltbildung und mit der Betreuung von Schullandheimen beschäftigt; dorthin kommen viele Kinder und Jugendliche, die ein Recht darauf haben, im Wald umweltgebildet zu werden -, so spricht das nach unserer Überzeugung dafür, dass der Forstbereich nicht auch noch wie schon in der Vergangenheit als die „Sparbüchse“ oder die Variante zum Rundrechnen des Einzelplans 09 herhalten muss. Auch in der Vergangenheit ist für den Holzeinschlag die eine oder andere Million hinzugerechnet worden, damit es rund lief.

Ich habe erst im Januar an dieser Stelle im Zusammenhang mit der von der PDS-Fraktion beantragten Aktuellen Debatte zum Waldschadensbericht über den Wald und seine besondere Bedeutung als sensibles Ökosystem gesprochen. Daher möchte ich dies nicht wiederholen.

Wir haben aber Probleme damit, wenn man zum Beispiel die Hiebsreife als blanke Verhandlungsmasse betrachtet. Wenn man die Hiebsreife des Waldes ganz willkürlich herabsetzt, dann bedeutet das, dass die Altersklassen verringert werden und man - das ist natürlich vollkommen in Ordnung - in einer größeren Dimension ernten kann. Aber erst in fünf, sechs Jahren wird man wissen, ob dadurch eventuell in das Prinzip der Nachhaltigkeit eingegriffen wird. Das, hoffen wir, wird nicht eintreffen.

Ein Wort noch zu den vergleichbaren Unternehmen. Uns ist immer die Bundesforst AG in Österreich als das „Highlight“ dargestellt worden. In das Management dieses Unternehmens setzte man aber keine Forstfachleute, sondern „nur“ Manager ein. Die hörten das Wort „Kostensenkung“ und haben das Personal reduziert. Das war aus deren Sicht das Einzige, was möglich war. Das hat in Österreich eine solche Protestwelle hervorgerufen, dass die derzeitigen Beschäftigten dem Kündigungsschutz unterstellt sind. - Es ist natürlich wünschenswert, wenn der Prozess dazu führen kann.

Frau Wernicke, wir haben immer noch im Ohr, dass Sie sagten: Wenn das Gutachten nicht in seiner Fülle zum Tragen kommen kann, dann können Sie nicht versprechen, Ihre Einlassungen gegenüber dem Kabinett zu Einsparungen nicht durch Waldprivatisierungen zu praktizieren. Das lässt den Umkehrschluss zu: Falls das Gutachten nicht so umgesetzt werden kann - die Forst AG ist nun hoffentlich endgültig vom Tisch -, kann es dann eventuell doch zu Privatisierungen kommen. Diese lehnen wir bekanntlich ab.

(Zustimmung von Herrn Krause, PDS)

Zum Schluss sei mir ein Satz gestattet. Der Forstamtsleiter von Halle sagte gestern bei seiner Verabschiedung - das möchte ich auch als Schlusssatz stehen lassen -:

„Wir wollen uns das Geld, das wir als Gehalt oder Lohn erhalten, auch gegenüber der Gesellschaft, gegenüber den Menschen in Sachsen-Anhalt verdienen.“

Das, so denke ich, sind wir dem Wald schuldig. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Czeke. - Meine Damen und Herren! Wir treten nun in eine Fünfminutendebatte ein. Die FDP-Fraktion hat signalisiert, dass sie verzichtet. Die SPD-Fraktion und die CDU-Fraktion verzichten ebenfalls. Herr Czeke, Sie hätten noch einmal das Schlusswort.

(Herr Czeke, PDS: Ich verzichte!)

- Sie verzichten ebenfalls. Herr Czeke, ich habe nicht vernommen, was mit diesem Antrag passieren soll - Abstimmung oder Überweisung in einen Ausschuss?

(Herr Czeke, PDS: Da Herr Kollege Hauser Re- debedarf hat, beantrage ich die Ausschussüber- weisung!)

- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten?

(Herr Czeke, PDS: Ja!)

Meine Damen und Herren! Damit stimmen wir über die Überweisung dieses Antrages in der Drs. 4/2107 in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ab. Wer dieser Überweisung die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS- und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen nun über den Antrag als solchen ab. - Meine Herren auf der Bank der FDP-Fraktion, ich bitte Sie um Ruhe; wir befinden uns im Abstimmungsverfahren. - Wer diesem Antrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS- und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Enthaltungen? - Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt 3 ist somit beendet.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 2 b:

Aktuelle Debatte

Ethik und Religion - Säulen eines wertebezogenen Unterrichts

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 4/2140

Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Für die Debatte wird folgende Reihenfolge vorgeschlagen: CDU-, PDS-, FDP- und SPD-Fraktion. Zunächst hat der Antragsteller, die CDU-Fraktion, das Wort. Ich erteile der Abgeordneten Frau Feußner das Wort. Bitte sehr, Frau Feußner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht hat sich der eine oder andere Abgeordnete gefragt, ob dieses Thema der Aktuellen Debatte „Ethik und Religion - Säulen eines wertebezogenen Unterrichts“ überhaupt einer gewissen Aktualität entspricht.

Einerseits wird diese Thematik häufig angesprochen; andererseits sind durch die jüngsten Ereignisse bestimmte Fragen neu aufgeworfen worden bzw. sie werden auch wieder intensiver diskutiert.

Mit dem Tod von Papst Johannes Paul II. wurde viel über die Hinwendung der Jugend zur Kirche gesprochen und auch berichtet. Erstaunlicherweise geschah das unter der Fragestellung: Wie kann ein so konservativer Verfechter religiöser Werte eine so große Anerkennung und Anhängerschaft bei der Jugend finden? - Zunehmend mehr Jugendliche suchen Halt, den ihnen die Gesellschaft nicht mehr bietet. Sie fragen nach dem Sinn des Lebens und nach Hoffnung, weil die Gesellschaft vornehmend durch Individualismus, Egoismus, Anspruchsdenken, Werteverfall und Entsolidarisierung geprägt ist.

Der Beschluss des Berliner SPD-Parteitages, den Werteunterricht zulasten von Religionsunterricht verpflichtend einzuführen, verleiht dieser Debatte eine weitere Aktualität. Gerade in einer Großstadt wie Berlin, wo ein großer Anteil von ausländischen Bürgern und demzufolge auch von ausländischen Schülern wohnt, stellt sich die Frage nach unserer kulturellen Identität immer drängender. Im Blick auf das Vorhaben des rot-roten Berliner Senats, Beamten und Lehrern das Tragen nicht nur von Kopftüchern, sondern auch von Kreuzen zu verbieten, erklärte der Bundestagsabgeordnete Günther Nooke dazu:

„Nachdem die Linken die Entchristlichung unserer Gesellschaft vorangetrieben haben, geht es nun an die abendländischen Wurzeln.“

Mit dem jüngsten Beschluss hat die Berliner SPD diese Aussage nochmals bekräftigt.

Verehrte Anwesende! Das eine ist vielleicht eher eine internationale Betrachtung, das andere ist eher eine nationale Frage. Es soll von unserer Seite aus hier nicht der Sinn oder Unsinn des Ethik- und Religionsunterrichts dargestellt werden, was sicherlich auch sehr interessant wäre, sondern es soll über Möglichkeiten gesprochen werden, wie und warum es aus unserer Sicht besser als bisher möglich wird, Jugendliche, Kinder und Schüler wieder mehr bzw. nachhaltiger an den Werteunterricht heranzuführen. Dabei geht es uns im Wesentlichen darum, was können bzw. müssen wir tun, um die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass dies auch möglich wird.

Gemäß Artikel 7 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes und Artikel 27 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung unseres Landes ist der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach an den Schulen. Für unser Land gilt dies auch für den Ethikunterricht. Religions- und Ethikunterricht stehen somit gleichberechtigt nebeneinander. Sie sind beide versetzungsrelevante Fächer. Gemäß § 19 Abs. 5 des Schulgesetzes des Landes wird der Unterricht in den Fächern Ethik und Religion eingerichtet, sobald hierfür die erforderlichen Unterrichtsangebote entwickelt sind und geeignete Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stehen. Es ist also unsere Pflicht, diese Voraussetzungen zu schaffen.

Nun richten wir unsere Landespolitik bereits seit 13 Jahren nach unserer Landesverfassung aus, aber die vorgegebenen Voraussetzungen für die Einrichtung des Ethik- und Religionsunterrichts sind bis heute nicht zufrieden stellend erfüllt worden. Dies liegt mit Sicherheit auch an

den unterschiedlichen Prioritätensetzungen der jeweiligen Landesregierungen. In diesem Sinne kann ich es nur begrüßen, dass diese Landesregierung sich des Themas intensiv angenommen hat.

Mit dem Erstellen eines Gutachtens zur rechtlichen Situation des Ethik- und Religionsunterrichts wurden Tatbestände bekannt, die vorher zumindest nicht in dieser Form diskutiert wurden. Es hat sich dabei herauskristallisiert, dass eine Pflicht zur Teilnahme an Ethik- oder Religionsunterricht besteht, unabhängig davon, ob an der Schule sowohl Ethik als auch evangelische oder katholische Religion angeboten wird. Das Gutachten stellt ebenfalls fest, dass die Unterrichtsangebote entwickelt sind und dass das Land die Pflicht hat, sich um eine ausreichende Anzahl von Lehrkräften zu bemühen und, soweit erforderlich, für den Abschluss von Gestellungsverträgen zu sorgen. § 19 Abs. 5 ist somit weitestgehend obsolet geworden.

Was bedeutet das nun konkret? - In Zukunft wird also die Teilnahme am Ethikunterricht verpflichtend sein, wenn sich Schüler nicht für katholischen bzw. evangelischen Religionsunterricht entschieden haben. Das Ziel bleibt es weiterhin, flächendeckend auch Werte bildenden Unterricht anzubieten. Es bleibt aber ein Freiheitsrecht der Kinder und Eltern, sich für den Religionsunterricht zu entscheiden.

Der Religionsunterricht ist kein Privileg der Kirchen. Durch Briefe an die Schulleiter mit entsprechenden Erhebungsbögen für Eltern und Schüler soll durch eine bessere Aufklärung und Information das Wahlverhalten erfasst werden, um mit entsprechenden personellen Untersetzungen reagieren zu können. Diese Initiative der Landesregierung werden wir voll unterstützen.

Verehrte Anwesende! Es ist aber andererseits nicht so, dass wir allein den Anspruch erheben, eine Verbesserung der derzeitigen Situation zu fordern. Die SPD-Fraktion hat im Juni 2003 einen Antrag gestellt, in dem sie die Landesregierung aufforderte, zur Verbesserung der ethischen und religiösen Bildung ein Handlungskonzept vorzulegen.

Zunächst gehe ich davon aus, dass die SPD-Fraktion weiterhin zu ihrem Antrag steht und solche Wege, wie sie jetzt in Berlin beschritten werden sollen, ablehnt.

(Herr Dr. Polte, SPD: Was soll das? - Weitere Zu- rufe von der SPD)

Unabhängig davon muss ich aber ebenfalls kritisch bemerken, dass sich in den Jahren vor 2002 die Bemühungen der alten Regierung hierzu stark in Grenzen hielten.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Bei der Vorbereitung dieser Rede fiel mir ein Brief des Gemeindekirchenrates der Evangelischen Hoffnungsgemeinde Magdeburg vom 30. Januar 1999 an den damaligen Ministerpräsidenten Herrn Höppner in die Hände, der sich sehr kritisch dazu äußerte. Ich möchte mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, einige Sätze daraus zitieren:

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Höppner, wir wenden uns an Sie als verantwortungsvollen Politiker, praktizierenden Christen und Familienvater. Mit Sorge sehen wir die derzeitige Entwicklung des Religions- und Ethikunterrichts an den Schulen von Sachsen-Anhalt.“

Weiter heißt es:

„Nach der momentanen Praxis können die Schulversammlungen, also Eltern, Lehrer und Schüler, entscheiden, ob es an einer Schule den Religions- oder Ethikunterricht überhaupt geben soll. Es ist danach also häufig der Fall, dass gegen dieses Fach Ethik/Religion generell gestimmt wird und dieser Unterricht somit an vielen Schulen entfällt.“

Weiter sagt die Evangelische Hoffnungsgemeinde:

„Sehr geehrter Herr Dr. Höppner, wir denken, dass die wichtigsten Einflüsse und Impulse für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen aus dem Elternhaus kommen. An bedeutender zweiter Stelle steht aber gleich danach der Einfluss der Schule. Wenn hier nur das Vermitteln von Fachwissen im Vordergrund steht und den Schülern ethische, humanistische und christliche Wertvorstellungen in der Schule nicht nahe gebracht werden, ist das ein sehr großer Mangel. Es ist wohl eine Aussage unseres evangelischen Bischofs Axel Noack, der äußerte, dass eine Generation heranwächst, die vergessen hat, was sie vergessen hat.“

Eine Verbesserung der geschilderten Lage blieb aber damals aus.