An dieser Stelle wollte ich eigentlich einige Zahlen zu der Dorferneuerung nennen. Das können Sie aber in der schriftlichen Antwort des Ministeriums nachlesen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirtschaftsansiedlungen lassen sich nicht staatlich anordnen. Industrie und wirtschaftliche Unternehmen siedeln sich dort an, wo sie optimale Bedingungen haben. Die Aufgabe des Staates ist es, diese Bedingungen zu schaffen. Besonderes Augenmerk muss beim Fördermitteleinsatz weiterhin auf die Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum und auf die Verbesserung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse gerichtet werden.
Dabei können nachwachsende Rohstoffe, Sonderkulturen, alternative Energieträger, Veredlungsinitiativen und Agrarumwandlungsmaßnahmen mittelfristig zielführende Maßnahmen sein. Wir sehen grundsätzlich gute Chancen, unter den Bedingungen der Globalisierung und der zunehmenden Liberalisierung auch regionale Wirt
Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt ist im Vergleich zu der in anderen Bundesländern überdurchschnittlich gut strukturiert, organisiert und erfolgreich. Insofern bietet die Reform gerade für die Landwirtschaft in SachsenAnhalt Chancen und Entwicklungsperspektiven. Angesichts der starken Liberalisierung verschiedener Agrarmärkte und auch des aktuellen Schiedsspruchs der Welthandelsorganisation zur Zuckermarktordnung der EU sind Anpassungen der bisherigen Regelungen der Zuckermarktordnung erforderlich.
Von entscheidender Bedeutung für wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Folgen wird jedoch die endgültige Festlegung der Höhe des Zuckermarktpreises sein. Da die drei Zuckerfabriken in Sachsen-Anhalt an den Standorten Zeitz, Könnern und Wanzleben zu den modernsten Anlagen Europas gehören und Sachsen-Anhalt aufgrund seiner natürlichen Bedingungen überwiegend zu den besten Standorten Europas zählt, kann man davon ausgehen, dass hier nach der Reform der Zuckermarktordnung die Zuckerrübenproduktion und -verarbeitung auch weiterhin eine wesentliche Bedeutung behalten wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe gerade, dass es blinkt. Ich habe noch einen kurzen Satz zur Schulentwicklung zu sagen. Die mittelfristige Schulentwicklungsplanung ist in der Zuständigkeit der Landkreise in Sachsen-Anhalt abgeschlossen worden. Die von der PDS und der SPD eingeforderte Absenkung der Sollschülerzahlen für die Sekundarschulen und Gymnasien wird sich aufgrund der weiter sinkenden Schülerzahlen von allein relativieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Redezeit ist zu Ende. Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie mir zugehört haben.
Vielen Dank, Herr Ernst. - Als zweitem Redner erteile ich für die SPD-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Oleikiewitz das Wort. Bitte sehr, Herr Oleikiewitz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Wernicke, ich kann Sie beruhigen. Die SPD-Fraktion hat ja schon eine ganze Reihe von zukunftsweisenden Papieren erarbeitet. In einem der nächsten zukunftsweisenden Papiere wird auch der ländliche Raum die ihm gebührende Stellung einnehmen. Wir haben das Thema also nicht unterdrückt, auch wenn das vielleicht bei Ihnen so angekommen ist.
Meine Damen und Herren! Zwei Große Anfragen zum Thema ländlicher Raum zeigten uns, dass es in diesem Landtag noch zwei Parteien gibt, die sich mit dem ländlichen Raum wirklich offensiv und intensiv beschäftigen.
Wir haben die Debatte zu unserer Großen Anfrage auf den Juli verschoben, weil wir abwarten wollen, wie die näheren Einzelheiten bei der Entwicklung des EU-Strukturfonds sein werden. Das ist ganz günstig, denke ich,
Meine Damen und Herren! Neben den städtischen Zentren ist der ländliche Raum in unserem Land außerordentlich vielgestaltig. Auf der einen Seite gibt es Regionen, die von einer starken wirtschaftlichen Nutzung geprägt sind, Regionen, in denen es so richtig „brummt“, wie der Deutsche sagt. Auf der anderen Seite gibt es Regionen - das ist flächenmäßig der größere Anteil; wir haben gerade gehört, 80 % der Bevölkerung leben in diesen Räumen -, die mit einer hohen Arbeitslosigkeit, mit mangelnden Perspektiven für die Jugendlichen und in der Konsequenz mit der Abwanderung der jüngeren Bevölkerung konfrontiert sind. Die Regionen unterscheiden sich aber auch in regionalen Traditionen, im kulturellen Angebot und vor allen Dingen in der Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung.
Besonders betroffen sind die Gebiete außerhalb der großen Städte, die durch jahrhundertlange landwirtschaftliche Nutzung geprägt sind. Führte dies noch in früheren Jahrhunderten dazu, dass sich Städte und Dörfer überhaupt bilden konnten und dass die Mehrheit der Bevölkerung gerade in diesen Räumen Arbeit und Brot fand, ist diese Entwicklung in den letzten Jahrzehnten stark rückläufig.
Insbesondere seit der Wiedervereinigung Deutschlands ist nicht zu übersehen, dass neben einem drastischen Arbeitsplatzabbau in den ländlichen Gebieten strukturelle Probleme hinzukommen. Die Finanzierung von Infrastruktur, die Schullandschaft, der ÖPNV und die ärztliche Versorgung der verbleibenden, vorwiegend älteren Bevölkerung zwingen zu neuen Denkansätzen, um die Entwicklung dieser ländlichen Räume nachhaltig zu gestalten.
All das ist Gegenstand der Großen Anfragen, von denen wir heute die Anfrage der PDS debattieren. Sie mögen es mir nachsehen, dass ich trotzdem auf einige Detailfragen unserer Großen Anfrage sowie deren Beantwortung eingehe, da beide Anfragen schlecht voneinander zu trennen sind.
Eine der wichtigsten Fragen, die uns bewegt, lautet wie folgt: Wie können wir den Trend des Konzentrationsprozesses auf Wachstumskerne und die demografische Entwicklung in unserem Lande gestaltend begleiten und dabei eine nachhaltige Entwicklung unserer ländlichen Räume sicherstellen? Diese sehr komplexe Fragestellung bedarf ganz zwangsläufig einer Sektoren übergreifenden Betrachtung, wobei wir bei dieser Diskussion nicht außer Acht lassen dürfen, dass die Entwicklung der ländlichen Räume ganz wesentlich von der Entwicklung der städtischen Oberzentren abhängig ist.
Der Raumordnung und Landesplanung kommt in diesem Problemfeld eine Schlüsselrolle zu. Wir müssen uns die Frage stellen, welche Voraussetzungen notwendig sind, um mit den Instrumenten der Raumordnung die Entwicklung dieser Räume langfristig zukunftsfähig zu gestalten, und wie wir in diesem Prozess auch das bürgerliche Engagement stärken können.
Die Landesregierung hat in ihren Vorschlägen zur Überarbeitung der Grundsätze für die zukünftige Förderpolitik vier Raumtypen charakterisiert. Auf unsere Nachfrage, welche Regionen den jeweiligen Raumtypen zuzuordnen sind, stellte die Landesregierung fest, dass eine Zuordnung nicht zielführend sei. Einen Absatz darüber wird
ausgeführt, dass die Grundsätze zum Handlungsbedarf für die entsprechenden Raumtypen festgelegt worden sind, die durch weitere Programme bzw. Förderstrategien zu unterstützen sind.
Was sollen wir davon halten? Wozu sollen die Grundsätze und Förderstrategien für die entsprechenden Raumtypen nützen, wenn nicht untersetzt wird, in welchen Gebieten sie gelten?
Auf die Frage 4 der Großen Anfrage der PDS, welche Landkreise bzw. Regionen in Sachsen-Anhalt strukturell besonders benachteiligt sind und Gefahr laufen, sich zu Problemregionen zu entwickeln, wurde erst gar nicht geantwortet.
In der Antwort auf die nächste Frage, worin das vorrangige Problempotenzial der genannten Regionen und Kreise besteht und mit welcher Entwicklung die Landesregierung in den nächsten Jahren rechnet, ist keine Rede von der demografischen Entwicklung, keine Rede von geringer Bevölkerungsdichte, keine Rede von aus der Historie heraus überwiegend agrarisch geprägten Regionen, keine Rede von alten Bergbauregionen und keine Rede von massiven Bevölkerungsverlusten. Hier sehen wir ganz klar Defizite, die aufgearbeitet werden müssen.
Ich möchte nachdrücklich feststellen, dass die in der Anfrage gewählten Kernpunkte der Schulentwicklung und der Grundversorgung absolut berechtigt sind. Die Schulentwicklung in Sachsen-Anhalt hält uns die ganze Dramatik der Entwicklung vor Augen. Während im Jahr 1966 auf dem Gebiet von Sachsen-Anhalt mehr als 50 000 Kinder geboren wurden, sind es zurzeit nur noch 17 000 Kinder, und das mit fallender Tendenz. Ohne ganz massive Veränderungen wird diese Geburtenzahl in den nächsten 20 Jahren weiter abnehmen.
Das bedeutet für die ländlichen Räume, dass man sich darüber Gedanken machen muss, wie man die dort vorhandene Infrastruktur, zum Beispiel Wasser- und Abwassersysteme und auch die anderen Infrastruktureinrichtungen, zukünftig finanzieren kann. Wir brauchen ein Problembewusstsein und keine Schönfärberei.
Die Grundversorgung insbesondere mit Dienstleistungen im ländlichen Raum muss auch zukünftig abgesichert werden. Der Trend, der sich darin zeigt, dass ca. ein Drittel der Hausarztstellen in den letzten Jahren nicht wieder besetzt wurde, muss gestoppt werden. Die Abwasserverbände, die jetzt schon unter Problemen leiden, müssen natürlich auch unter den veränderten Bedingungen weiter Abwasser entsorgen und diese Leistung den Bürgern zu finanziell erschwinglichen Konditionen anbieten können.
Wo müssen wir ansetzen? - Wir brauchen eine grundsätzliche Überarbeitung auch der zentralörtlichen Gliederung im Landesentwicklungsplan. Wir müssen im Rahmen von Entscheidungsfindungen auch die Wirkungen auf die demografische Entwicklung berücksichtigen. Wir brauchen eine familienfreundliche Gesellschaft und wir brauchen auch wesentlich mehr Bürgerbeteiligung der Akteure vor Ort.
Wenn wir das alles berücksichtigen, meine Damen und Herren, werden wir bei der Entwicklung der ländlichen Räume sicher einen Schritt weiterkommen, auch wenn ich an dieser Stelle sage: Wir werden die Probleme in
Vielen Dank, Herr Oleikiewitz. - Für die CDU-Fraktion spricht nun der Abgeordnete Herr Daldrup. Bitte sehr, Herr Daldrup.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der ländliche Raum umfasst in Sachsen-Anhalt, außer den Verdichtungsräumen Magdeburg und Halle, das gesamte Land. Er ist damit Lebensraum für ca. zwei Millionen Menschen. Die forstwirtschaftliche und landwirtschaftliche Flächennutzung umfasst ca. 84 % der Gesamtfläche des Landes.
Der ländliche Raum ist im Wesentlichen geprägt durch seine wirtschaftlichen Ressourcen im kleinbetrieblichen und mittelständischen Bereich, insbesondere in Handwerk und Gewerbe, sowie von der Erzeugung und Verarbeitung landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Produkte und zunehmend von der Erzeugung und Vermarktung alternativer Energien und Energieträger.
Abgesehen von seiner hohen Bedeutung für die Regeneration von Wasser, Luft und Boden hat der ländliche Raum einen hohen sozialen und kulturellen Wert als Lebens- und Erholungsraum für die gesamte Bevölkerung und damit auch für die Bevölkerung in den Verdichtungs- und Stadtbereichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Blick in die Unterlagen des Statistischen Landesamtes und die Haushaltslage macht deutlich, dass wir uns in den nächsten Jahren mit einer Vielzahl von sich weiter verschärfenden Problemen befassen müssen. Nicht mehr allein wirtschaftliche Fragen und sich daraus ableitende Probleme sind es, die uns beschäftigen werden, sondern vor allem Fragen der Entwicklung von Regionen und hier insbesondere der ländlichen Regionen und ihrer Lebensqualität. Dazu zählt das, was heute Morgen mehrfach genannt worden ist.
Im Land Sachsen-Anhalt stehen wir nach einem drastischen Bevölkerungsrückgang, bedingt durch Abwanderung und Geburtenrückgang, vor vielfältigen Fragen der Zukunftsfähigkeit unseres Landes, in manchen Regionen kann man schon fast sagen: vor der Existenzfrage.
Die Bevölkerungsstatistik zeigt eindrucksvoll den anstehenden Handlungsbedarf in den einzelnen Landkreisen auf. Äußere Einflussfaktoren sind die Ursache dafür, dass das Potenzial nicht entsprechend genutzt werden kann. Besonders deutlich zeigt sich dies an bundespolitischen Rahmenbedingungen, wie der Steuer- und der Arbeitsmarktpolitik, die in den letzten Jahren in keiner Weise in der Lage waren, Deutschland im Vergleich zu anderen Nationen voranzubringen und insbesondere als attraktiven Wirtschaftsstandort zu erhalten.
Attraktive Kostenstrukturen, ein gutes Wohnumfeld, hohe gesellschaftliche Integration und gute berufliche Chancen für gut ausgebildete Fachkräfte - das sind die treibenden Kräfte, auch im ländlichen Raum. Von der Europäischen Union wurden und werden die ländlichen Regionen und ihre Entwicklung deshalb in besonderem Maße als Schwerpunktaufgaben angesehen, weil hier
nach wie vor die meisten Menschen leben und große Mengen an Wirtschaftskraft und Humankapital zu finden sind, die nicht entsprechend genutzt werden.
Die wirtschaftliche Entwicklung darf sich nicht nur auf Ballungsgebiete konzentrieren und Metropolregionen berücksichtigen. Die sich in den Metropolen und Ballungszentren entwickelnden Probleme sind vielschichtig und komplex. Sie werden heute nicht näher behandelt.
Wirtschaftliches Wachstum auf Kosten der Menschen, der Umwelt, der Natur kann in einer modernen Gesellschaft nicht mehr toleriert werden. Das trifft auch auf die Gefahr der Ausgrenzung und des Abhängens ganzer Regionen zu, wie wir es teilweise heute schon im Süden Europas beobachten können. Die EU hat diese Gefahr erkannt und schützt daher in besonderem Maße die ländlichen Regionen und hierbei die ansässige Landwirtschaft als Bindeglied zwischen Gemeinden, Städten und Metropolregionen.
Im Allgemeinen wird die Rolle der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft sowie der nachgelagerten Bereiche einschließlich der damit verbundenen Dienstleistungen als sehr unbedeutend betrachtet. Diese Sichtweite ist, wie wir wissen, mehr als einseitig, überholt und auch falsch. Ausgehend von den knapp 5 200 landwirtschaftlichen Betrieben im Land kann gesagt werden, dass das bei uns im ländlichen Raum ansässige Betriebspotenzial die regionalen Wirtschaftskreisläufe in ganz erheblichem Maße beeinflusst und gestaltet.
In vielen Dörfern abseits der Städte und Ballungsgebiete sind die landwirtschaftlichen Betriebe oftmals noch der einzige größere Arbeitgeber bzw. Auftraggeber sowie Ansprechpartner von Kommunalverwaltungen mit entsprechenden Potenzialen zur Weiterentwicklung und Existenzsicherung. Wer wenn nicht die Landwirtschaft ist kompetent in Fragen der Erhaltung der Kulturlandschaft, der Pflege des kulturellen Erbes sowie der Unterstützung und Förderung des Vereinslebens?
Besonders deutlich und anschaulich macht sich die Förderung des ländlichen Raumes im Bereich der Dorferneuerung und Dorfentwicklung sowie der Verbesserung der ländlichen Infrastruktur bemerkbar. Sie ist für jeden augenscheinlich wahrnehmbar und hat ein hohes Maß an Qualität und auch an Dichte erreicht.
Insbesondere die wirtschaftliche Stabilität der Haupterwerbsbetriebe der Landwirtschaft und auch des Handwerks unseres Landes hat dazu geführt, dass sich insbesondere die Ernährungswirtschaft in den letzten Jahren gut entwickelt hat. Herausgehoben zählen hierzu die Molkerei- und die Zuckerwirtschaft. Mit ihnen hat sich auch die Zulieferindustrie in der jeweiligen Region etabliert. Beispielhaft wurde die Milchindustrie in den Schwerpunktgebieten der Milchproduktion aufgebaut. Zu nennen ist dabei die Altmark. Bei der Zuckerindustrie sind die Börde und auch der Süden des Landes zu nennen.
Aufbauend auf den landwirtschaftlichen Rohstoffen, entwickeln sich die Ernährungs- und die Nahrungsmittel verarbeitende Industrie sowie die sich darum rankenden Wirtschaftsbereiche im Dienstleistungs- und Handwerkssektor zu mittelständischen Clustern. Es gibt also nicht nur in den Ballungszentren Cluster, sondern auch im ländlichen Raum. Die Landwirtschaft ist ein solcher.