Ich würde aber sagen: Der Kollege Radke wird sich garantiert nicht von Herrn Fischler als einen „Hüter von postkommunistischen Strukturen“ bezeichnen lassen, nur weil er einen 500 ha großen Betrieb bewirtschaftet. Ich sage einmal: Das zeugt davon, dass die Europäische Union groß ist und - in Abwandlung eines anderen Sprichwortes - Brüssel sehr, sehr weit weg ist. Das zeugt davon, wie viel Ahnung Herr Fischler hat.
Frau Ministerin, wir hatten bereits die große Ehre, Frau Künast zum Bauerntag in Gardelegen begrüßen zu dürfen. Sie hat sich nicht dazu hinreißen lassen, diese so genannten Agrarfabriken einmal in Augenschein zu nehmen. Ich weiß nicht, ob Herr Fischler hierher kommt. Ich
halte es deshalb mit einem Kommentar einer großen Tageszeitung in Sachsen-Anhalt, die darauf eingegangen ist, welche Wertschätzung Herr Fischler der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern und deren Wettbewerbsfähigkeit zollt.
Fakt ist eines: Er will uns den Einstieg mit der Pro-KopfPrämie versüßen, die er aussetzt, um den bundesdeutschen Widerstand, der vonseiten der Praktiker kommt, zu brechen. Fakt ist auch, dass Frau Künast durchaus damit sympathisieren kann. Ich erinnere mich an eine Reportage, in der Herr Graefe zu Baringdorf, ein Grünen-Politiker im Europäischen Parlament, gesagt hat: Gegen die „Funke-Lobby“ sind wir nicht angekommen! Aber unter Frau Künast können wir über die Zwischenbewertung einiges machen!
Es ist vollkommen richtig: Bis zu den Jahren 2006/2007 ist uns Planungssicherheit zugesichert worden. Das ist jetzt alles andere als noch gegeben. Die Modulation, auch wenn sie derzeit nur bei 2 % liegt, macht im übernächsten Jahr dann bereits ein Plus von 3 % aus. Wir können aber auch auf 5 % nicht verzichten. 20 % sind eine absolute Illusion. Das geht mit einem Bauernsterben auch hierzulande einher. Das sind Arbeitsplätze.
Ich kann aus eigener Berufserfahrung sagen: Wir haben sehr wenige Schlepperfahrerinnen in unseren Reihen. Wir haben mehr Schlepperfahrer. Es sind mehr Melkerinnen und Kälberpflegerinnen. Ich denke, in diesem Bereich müssen wir unwahrscheinlich aufpassen.
Zu den Anträgen so viel: Der SPD-Antrag - nehmen Sie es mir nicht übel, Herr Kollege Oleikiewitz - ist schadlos. Er unterstützt das Anliegen. Frau Wernicke hat klipp und klar gesagt: Es kommt einem Feldzug gegen die neuen Bundesländer gleich. - Das akzeptiere ich. So kenne ich sie auch, dass sie sich nicht in irgendeiner Weise erweichen lässt.
Anders ist es da schon mit unserem Bundeskanzler. Alles andere ist in der Berichterstattung schon wieder drin. Es setzt die Anträge Ihrer Fraktion fort, die ganz „pflaumenweich“ formuliert sind und keinem weh tun. Sagen Sie doch dem Bundeskanzler, Ihrem Parteikollegen, was Sie davon halten, sagen Sie ihm, dass er endlich seine Verbraucherschutzministerin zurückpfeift. Ich würde mir das wirklich wünschen.
Zu der Dauerstilllegung, die von Herrn Fischler geplant ist, sage ich auch aus ökologischer Sicht: Wir wissen, dass es, wenn man Dauerstillegungen über fünf Jahre hatte und man diese Flächen wieder in die Produktion nimmt, nur ein Mittel gibt, die chemische Keule, und die in Größenordnungen. Punkt, aus, Ende. Bei dem, was wir gegenüber den Flächeneigentümern so alles organisieren müssen, da ist der Pachtmarkt durcheinander. Was ist da mit der Werterhaltung? Die können wir gleich außen vor lassen.
Zu den Arbeitsplätzen sei mir noch Folgendes zu sagen gestattet: Wenn in den alten Bundesländern die Betriebsgröße im Durchschnitt bei 17, 18 ha - ich mache es rund: 20 ha - liegt, kommen fünf Arbeitskräfte auf 100 ha. Der Osten wird überdimensioniert mit 2,7, 2,8 angegeben.
Selbst wenn wir drei ansetzen, ist immer noch Fakt, dass wir einen Vergleich nicht zu scheuen brauchen. Ich
weiß nicht, wie Herr Fischler dazu kommt. Ihm scheint es zu gefallen. Bis Österreich ist es doch noch sehr, sehr weit.
Ich komme jetzt zum Schluss. - Die Agenda war eindeutig auf Ökologie ausgerichtet. Das Beispiel mit der Flächenstilllegung beweist eindeutig, dass sie dagegen gerichtet ist. Wir unterstützen die Bemühungen der Frau Ministerin. Ich denke, wir sehen einer Berichterstattung sehr positiv und aufgeschlossen gegenüber.
Ich möchte mich noch eines Auftrages entledigen. Die drei Südkreise Sachsen-Anhalts, Burgenland, Merseburg-Querfurt und Weißenfels, haben vor drei Tagen eine agrarpolitische Konferenz der PDS abgehalten. Ich bin beauftragt worden, Frau Wernicke eine kurze Resolution zu übergeben, was ich hiermit tun möchte. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt wenige Themen, wo eine so breite, fast einhellige Zustimmung, wie wir sie hier bei diesem Thema Agrarpolitik erleben, festzustellen ist. Ich kann Ihnen versprechen: Beim Thema Agrarpolitik wird das noch häufiger der Fall sein.
Wir haben es mit einem Thema zu tun, das für das Land Sachsen-Anhalt von wesentlicher Bedeutung ist; denn die Landwirtschaft ist eine der wenigen Wirtschaftsbranchen, in denen wir wettbewerbsfähig sind, in denen wir eine Spitzenstellung einnehmen. Deshalb können wir es nicht einfach zulassen, dass diese Möglichkeiten, die wir haben, durch Reglementierungen, durch den Staat, durch staatliche Gewalt beschnitten werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben in der Agrarpolitik ein Wechselbad der Gefühle: BSE, Nitrofen, Hormonfutter und jetzt Kommissar Fischler.
Es ist schon schlimm. Wir brauchen, wie für die übrigen Wirtschaftsbetriebe auch, Planungssicherheit und Kontinuität für unsere Agrarunternehmen. Es ist unsinnig, von Großbetrieben zu reden, von Agrargroßbetrieben, wenn man einmal die KMU-Definition nimmt. Nach der Definition für kleine und mittlere Unternehmen sind unsere „großen“ Agrarunternehmen kleine und mittlere Unternehmen im europäischen Maßstab und keine Großunternehmen. Die Großunternehmen haben wir in Australien, haben wir in den USA und haben wir in Kanada. Das sind nämlich unsere eigentlichen Wettbewerber.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade die 300 000-€-Kappungsgrenze ist der wesentliche Knackpunkt. Es gibt zwei, drei Geschichten, bei denen man sagen kann: Okay, das ist auf dem Weg, beispielsweise
die Umorientierung von der Produktprämie auf die Flächenprämie. Aber die 300 000-€-Kappungsgrenze ist quasi nicht hinnehmbar.
Auch das Thema Modulation - im Klartext: es wird reduziert von der ersten Säule der Landwirtschaft, von den Direktinvestitionen und geht in Bürokratie und Verwaltung unter; so kann man es ganz platt sagen - ist einfach nicht hinnehmbar. Wir kommen nur zu einer Umschichtung im europäischen Maßstab. Wir kommen nicht zu dem, was wir schrittweise eigentlich machen wollen, nämlich zu der schrittweisen Abschaffung der Beihilfezahlungen und der Dauersubventionierung insgesamt, was uns sehr helfen würde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Auswirkungen, die sich in Sachsen-Anhalt und in MecklenburgVorpommern ergeben würden, sind natürlich ganz andere als in Österreich, als in Baden-Württemberg und als in Bayern. Hier haben wir es nicht nur mit einer nationalen Zerrissenheit zu tun, wir haben es auch mit einer Zerrissenheit zu tun, die im europäischen Maßstab anzusetzen ist. Das ist nicht hinzunehmen.
Ziele müssen sein: keine Kappungsobergrenzen, Förderung unabhängig von der Betriebsform und von der Betriebsgröße, keine nationalen Alleingänge, mehr Wettbewerb, mehr Chancen für diejenigen, die es wirklich können und die auch die günstigen Bedingungen haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP möchte eine leistungsfähige, wettbewerbsfähige und eine zukunftsweisende Agrarwirtschaft, die auf den Märkten konkurrenzfähig ist und die ihren Unterhalt und ihre weitere Entwicklung auf Dauer selbst erwirtschaftet. Wir haben in Sachsen-Anhalt hierfür eine hervorragende Chance. Die dürfen wir uns nicht aus der Hand nehmen lassen.
Wenn ich richtig informiert bin, würde die Umsetzung der Fischler-Vorschläge einen Investitionsverlust, einen Kaufkraftverlust von etwa 55 Millionen € pro Jahr bedeuten. 55 Millionen € pro Jahr Verluste an Investitionen und Kaufkraft in Sachsen-Anhalt sind schon ein ganz schöner Hammer. Das darf man nicht hinnehmen. Das ist nicht hinnehmbar. Wir sollten versuchen, das durchzudrücken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Oleikiewitz, wir nehmen den Vorschlag sehr gern auf, den ersten Satz Ihres Antrages unserem gemeinsamen Antrag voranzustellen. Dann haben wir eine gute Grundlage. Wir freuen uns auf die Berichterstattung und versuchen, im Ausschuss noch etwas darunter zu legen, um die Sache ganz einfach abzuwenden. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Letztlich kann man den gesamten Themenkomplex mit diesem Antrag in seiner Bedeutung und seiner Tragweite für die deutsche, insbesondere für die ostdeutsche Landwirtschaft in fünf Minuten auf gar keinen Fall ausreichend interpretieren und darlegen. Deshalb werde ich versuchen, mich in meinen Ausführungen in der Hoffnung auf ausreichen
des Verständnis in diesem Hause auf das Wichtigste und Wesentliche zu konzentrieren. Außerdem wurden hier schon wesentliche Inhalte genannt und die Vorschläge mehrfach dargelegt.
Meine Damen und Herren! Sicherlich sind die Reformvorschläge nicht vollends von der Hand zu weisen. Ich frage mich aber, warum diese Vorschläge jetzt im Rahmen einer Halbzeitbewertung gemacht werden. Dazu sollen diese Vorschläge mehr oder weniger sofort ohne Diskussion über die Auswirkungen und Alternativen beschlossen werden. Dies soll schon im November 2002 geschehen und Anfang 2004 sollen die Regelungen in Kraft treten. Bisher wurde den Bauern Planungssicherheit bis 2006 zugesichert. - Dies allgemein zu den Reformvorschlägen.
Was ist zu den Auswirkungen auf die ostdeutsche bzw. die sachsen-anhaltinische Landwirtschaft zu sagen? - Nach intensiver Analyse steht folgendes Ergebnis fest: Würden die Fischler-Pläne 1 : 1 umgesetzt - ich nenne noch einmal die wichtigsten: die Kappung der Direktbeihilfen bei 300 000 € pro Betrieb, Einführung einer obligatorischen Modulation, Abschaffung der Intervention bei Roggen -, käme es in den Betrieben SachsenAnhalts zu tiefen Einschnitten, ja es wären Folgen für die gesamte Agrarstruktur des Landes zu befürchten.
Auf die Frage, wie sich solche gravierenden Einschnitte kompensieren lassen, fehlen bisher Antworten. Mit Bauernhofcafés und Marktständen an der A 2 jedenfalls wird dies nicht gelingen.
Ich denke, dass es in Sachsen-Anhalt mit dieser so genannten Reform, wenn sie denn durchgesetzt wird, doch zu Betriebsteilungen kommen wird, die aber nicht so einfach sind. Erstens käme auf die Betriebe aufgrund der Sonderabschreibungen der letzten Jahre, die jeder Betrieb mit Sicherheit gemacht hat, eine riesige Steuerlast zu. Ich kenne mich da aus. Ich wollte das schon einmal vollziehen, habe dann aber tunlichst die Finger davon gelassen.
Was würde zweitens mit laufenden Krediten und Altschulden? Ein zu erwartendes Chaos auf dem Pachtpreismarkt würde auch kleinere Betriebe treffen.
Nach der Agenda 2000, die den Landwirtschaftsbetrieben Europas eigentlich eine Sicherheit für die Zukunft garantieren sollte, fordere ich nun endlich Kontinuität in der Agrarpolitik. Die Fischler-Pläne wären gleichbedeutend mit einem zweiten Umbruch in der ostdeutschen Landwirtschaft innerhalb weniger Jahre. Man bekommt unweigerlich den Eindruck, dass die Landwirtschaft speziell in Sachsen-Anhalt, wo sie immer von Bedeutung war, durch diese Reform geschwächt werden soll und der letzte funktionierende Wirtschaftszweig ebenfalls in die Krise geritten wird.
Zum Schuss meiner Ausführungen. - Die Landwirtschaft als Primärproduktion - dies zu erkennen ist die Pflicht
der Politik. Die Landwirtschaft als tragende Säule für andere Wirtschaftszweige wie zum Beispiel die Nahrungsmittelindustrie oder die Futtermittelindustrie; dort werden Milliarden Euro umgesetzt. Auch die Bauwirtschaft als Hauptarbeitgeber zumindest in der Altmark muss gestärkt und darf nicht geschwächt werden. Wichtig ist auch: So wie wir Vielfalt auf kommunaler Ebene möchten, muss auch eine Vielfalt der Rechtsformen auf dem landwirtschaftlichen Sektor garantiert sein.
Meine Damen und Herren! Von immenser Bedeutung wird sicherlich noch in diesem Jahr der Standpunkt der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag sein. Zu den EU-Vorschlägen vertritt die CDU folgenden Standpunkt:
Auch die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sieht Reformbedarf bei der gemeinsamen Agrarpolitik und ist bereit, notwendige Schritte entschlossen mitzugehen. Die europäische und die deutsche Landwirtschaft brauchen allerdings auch Planungssicherheit und verlässliche Perspektiven. Deshalb tritt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit Nachdruck für die volle Laufzeit der Vereinbarungen der Agenda 2000 bis zum Jahr 2006 ein, zumal die Halbzeitbewertung keine grundlegenden Änderungen verlangt.
Im Großen und Ganzen ist festzustellen, dass sich die Bundestagsfraktion der CDU/CSU im Grunde genommen mit den Vorstellungen unserer Landesregierung bzw. mit den Äußerungen, die jetzt zu dem Thema hier schon gemacht wurden, im Konsens befindet.
Meine Damen und Herren! Die genauen Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt müssen schnellstmöglich erfasst und erhebliche Nachbesserungen bewirkt werden. Die Fraktionen der CDU und der FDP fordern deshalb die Landesregierung auf - so wie es in den Anträgen steht -, in den beiden Ausschüssen zu den akuten Problemen zu berichten.