Protokoll der Sitzung vom 08.07.2005

Wer dem Antrag in Drs. 4/2260 seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - 63 sind dafür. Wer ist dagegen? - Teile der FDP-Fraktion und Teile der CDU-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Neun Enthaltungen. Damit ist der Antrag angenommen worden.

Wir haben mit diesem Beschluss den Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes ernannt und wir haben zwei Mitglieder des Landtages zu Mitgliedern des Landesrechnungshofes ernannt.

(Herr Kosmehl, FDP: Herr Elze ist kein Mitglied des Landtages!)

- Es sind zwei Mitglieder des Landtages.

(Frau Feußner, CDU: Nein, ein Mitglied des Land- tages!)

- Entschuldigung. Es wurde ein Mitglied des Landtags zum Mitglied des Landesrechnungshofes ernannt. Allen dreien unseren herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Frau Dr. Weiher, PDS, werden Blumen überreicht)

Die anderen, die hier benannt wurden, sitzen oben auf der Tribüne. Wir möchten auch Ihnen recht herzlich zu Ihrer Ernennung gratulieren und wünschen Ihnen recht viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren unter dem Tagesordnungspunkt 30 b. Es geht um das Abstimmungsverfahren zu den in der Drs. 4/2261 vorgeschlagenen Änderungen der Geschäftsordnung des Landesrechnungshofes. Wünscht jemand eine Überweisung? - Das ist nicht der Fall.

Dann stimmen wir über die Drs. 4/2261 ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung ist die Änderung der Geschäftsordnung beschlossen worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 30.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung

Erledigte Petitionen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Petitionen - Drs. 4/2220

Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau Knöfler. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses! Schon wieder ist ein Halbjahresbericht des Petitionsausschusses fällig. Wieder darf ich Ihnen im Auftrag über die im Ausschuss geleistete Arbeit und über die Anzahl und die Vielfalt der Arbeitsthemen, denen wir uns im Berichtszeitraum gewidmet haben, Bericht erstatten.

Aber sagen Zahlen eigentlich viel? Ich nenne dennoch einige wenige: Im Berichtszeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Mai 2005 erreichten uns 320 Petitionen. Die Schwerpunkte lagen unter anderem im Sachgebiet Inneres und Medien mit 88 Petitionen, im Sachgebiet Justiz mit 57 Petitionen und im Sachgebiet Wirtschaft und Arbeit mit 32 Petitionen, wie Sie der Anlage 10 zu dem vorgelegten Bericht - das ist in der Drucksache die Seite 14 - entnehmen können.

Abgeschlossen wurden im Berichtszeitraum 313 Petitionen. Bei den abschließend behandelten Petitionen konnte eine andere Schwerpunktbildung beobachtet werden

als bei den eingegangenen Petitionen: Im Bereich Gesundheit und Soziales gingen 38 Eingaben ein, 40 wurden abgeschlossen. Im Sachgebiet Bildung, Wissenschaft und Kultur gingen 28 Petitionen ein, 31 wurden abgeschlossen. Im Sachgebiet Finanzen gingen elf Petitionen ein, 21 wurden abgeschlossen. Im Bereich Wirtschaft und Arbeit gingen 32 Petitionen ein - hierbei ist eine steigende Tendenz zu verzeichnen, verursacht durch die Hartz-Gesetzgebung und die Zuständigkeit im Land - - Aber weg von der Statistik. Sie wissen selbst, was man Statistiken im Einzelfall nachsagt.

Was sind eigentlich Petitionen? Warum gibt es noch immer Menschen, die Vertrauen in die Politik setzen und sich mit ihren Eingaben gerade an jene wenden, die die Gesetze erlassen, die Auslöser für Petitionen sind? Das ist doch eigentlich ein Widerspruch in sich.

Alle Kolleginnen und Kollegen, die im Ausschuss tätig sind, wissen, dass der Petitionsausschuss im Gegensatz zum Finanzausschuss, der seine Spitzenarbeitszeiten und die damit verbundene Hochkonjunktur vor dem Erlassen der Haushaltsgesetze hat, keine Flaute kennt.

Geben Sie es zu: Manchmal, wenn wir unsere Aktenberge schleppen, neigt der eine oder andere zu einem Scherzchen und auch zum Schmunzeln: Na, da habt ihr eine Menge Arbeit zu erledigen. Es stellt sich die Frage: Warum? Eine weitere Frage wäre: Was machen die da eigentlich im Ausschuss?

Ich möchte folgendes Fallbeispiel ins Gedächtnis rufen: Schon immer hat die Obrigkeit dem Volk bei Problemen Gehör geschenkt, damals wie heute. Auch gab es Änderungen in der Gesetzgebung oder Abhilfe im Einzelfall. Nur, heute hat ein Petitum nicht die Konsequenz wie damals; damals wurde der Petent nach dem Vorbringen seiner Eingabe nämlich einen Kopf kürzer gemacht, er wurde geköpft. Wir gehen weitaus höflicher mit unserer Klientel um.

Das Petitionsrecht im Jahr 2005 ist ein Jedermannsrecht und kein Gnadenrecht. So ist es geregelt und festgeschrieben in Artikel 17 des Grundgesetzes sowie in den Artikeln 19 und 61 der Verfassung unseres Landes. Es ist eine fast runde Sache, wenn da nicht eine Kleinigkeit fehlen würde.

Im Sinne der Petenten hören wir an, lesen wir nach, fragen wir nach, sind wir bei Bedarf am Ort des Geschehens, fordern wir Akten an, schauen wir hinein, verschaffen wir uns Zugang zu Institutionen und Einrichtungen - unter anderem auch zu Justizvollzugsanstalten; wir dürfen hinein und kamen bis jetzt auch immer wieder heraus -, betreiben wir Sachaufklärung, holen wir Auskünfte ein, setzen wir Fristen, bitten wir um Amtshilfe, die wir regelmäßig auch erhalten, bitten wir Minister, uns zu unterstützen und einen Vorgang im Einzelfall auszusetzen, und fordern wir Kostenvergleiche an.

Arbeitsschwerpunkte im Ausschuss sind unter anderem Lärmbelästigung durch Windkraftanlagen, Straßenausbau und neue Trassenführungen, die zum Teil recht unglücklich gewählt sind. Ich denke dabei an Ilberstedt, Warnstedt und Beesedau, um nur einige zu nennen. Weitere Themenschwerpunkte sind Schulschließungen, Klassenumbildungen, Schülerbeförderung, Lehrerversetzungen, Studiengebühren, Ausfallstunden, Abwasser, Straßenausbau, Ärztemangel, Streichung von Weihnachtsgeld bei Beamten, Rückverlegung von Dienstorten, Rückversetzungen und in zunehmendem Umfang auch die Auswirkungen der Hartz-IV-Gesetze.

Sie sehen, die Arbeitspalette ergibt ein buntes Bild und ein breites Feld für die Betätigung der Ausschussmitglieder. Es verlangt uns einiges ab, uns in Wissensgebiete einzuarbeiten. Die fachausschussübergreifende Arbeit macht uns aber noch lange nicht zu einem Überausschuss. Der Petitionsausschuss prüft vielmehr Verwaltungsakte auf ihre Richtigkeit und kontrolliert deren korrekte Umsetzung. Er prüft und kontrolliert aber auch, wie neu beschlossene Gesetze greifen.

Tendenziell ist festzustellen, dass sich Bürgerinnen und Bürger im Zusammenhang mit bestimmten Problemfeldern zu Initiativgruppen zusammenschließen, so beim Bau von Windkraftanlagen, Kläranlagen und beim Straßenausbau. Hier stößt der Petitionsausschuss auch an Grenzen, weil oft erst im fortgeschrittenen Verfahren die Chance zu einer Akteneinsicht besteht, dann aber schon Umstände eingetreten sind, aus denen den Bürgern Nachteile entstehen und an denen dann nichts mehr geändert werden kann.

Meinen Dank möchte ich an jene richten, die sich einzeln oder in Gemeinschaft vertrauensvoll an den Petitionsausschuss wenden. Ich möchte ihnen von hier aus versprechen, dass die Ausschussmitglieder und alle die an der Bearbeitung Beteiligten auch zukünftig große Anstrengungen auf sich nehmen und sich bemühen werden, in ihrem Sinne tätig zu werden, das heißt: zu prüfen, zu klären, zu kontrollieren, nachzufragen und zu helfen.

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung. - Danke.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Danke sehr, Frau Abgeordnete Knöfler, für die Berichterstattung. - Eine Debatte ist nicht vorgesehen.

Dann treten wir in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/2220 ein. Der Ausschuss für Petitionen empfiehlt, die in den Anlagen 1 bis 9 aufgeführten Petitionen mit Bescheid an die Petenten für erledigt zu erklären. Wer stimmt dem zu? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Beschlussempfehlung zugestimmt worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 21.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung

Enterprise-Projekt

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/2244

Die Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Rogée. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der DGB hatte den 1. Mai dieses Jahres unter das Motto gestellt: Du bist mehr, mehr als eine Nummer, mehr als ein Kostenfaktor. Du hast Würde. Zeig sie! - Er hat die Würde des Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Das hat er deswegen getan, weil er die Würde des Menschen aufgrund von Hartz IV, von Niedriglohn, der Liberalisierung von Arbeitnehmerrechten, der Rentenkürzungen

und vielem mehr in Gefahr sieht. Ich finde, es war höchste Zeit, das offen zu sagen.

Die Arbeit bleibt die wichtigste Voraussetzung für den gesellschaftlichen Reichtum und die soziale Integration der Menschen. Unter dem Druck der offenen und verdeckten Arbeitslosigkeit, die in Deutschland mehr als sieben Millionen Menschen betrifft, wächst der Anteil diskriminierender, mangelhaft abgesicherter oder ungeschützter Arbeitsverhältnisse. Damit verbunden sind gesundheitsschädigender Leistungsstress, Existenzangst, persönliche Abhängigkeitsverhältnisse, geringe Einkommen, ungenügende soziale Absicherung und eingeschränkte berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Ein Leben mit Kindern wird zum beruflichen und zum Armutsrisiko.

Das empfinden viele Menschen, ob jung oder alt, als würdelos. Deswegen hat die IG-Metall-Jugend jüngst in Nürnberg ihre Forderung zur Bundestagswahl an die Politik formuliert. Diese lautet: Wir streiten für eine Politik, die jungen Menschen eine Perspektive bietet, am gesellschaftlich Leben teilzuhaben.

Meine Damen und Herren! Wie sieht es denn konkret mit der Perspektive junger Menschen in Sachsen-Anhalt aus? - Mehr als 35 000 Jugendliche unter 25 Jahren sind erwerbslos. Davon sind 4 995 Jugendliche unter 20 Jahren. Insgesamt sind 21,3 % der Erwerbslosen jünger als 25 Jahre.

Seit der Wende klafft die Schere zwischen der Zahl der Bewerber und der Zahl der Ausbildungsstellen immer weiter auseinander. Im Mai dieses Jahres haben sich 24 981 Bewerberinnen um 7 404 betriebliche und außerbetriebliche Berufsausbildungsstellen beworben, im Durchschnitt also 3,3 Jugendliche um eine Ausbildungsstelle. Summa summarum wurden demnach 15 031 junge Menschen nicht vermittelt.

Von den 24 981 Bewerberinnen waren 9 711 Altnachfragerinnen, oder anders gesagt: junge Menschen, die bereits seit mehreren Jahren versuchen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass 3 342 Berufsausbildungsstellen nicht besetzt wurden.

Der viel gelobte Ausbildungspakt mit der Wirtschaft ist ein richtiger Ansatz, weil eben nur die Wirtschaft Arbeitsplätze schaffen kann. Den Erfolg schätzen wir als mäßig ein; denn trotz vom Ministerium für Wirtschaft und Arbeit schöngeredeter Zahlen ist es eben doch eine Tatsache, dass bisher nur 40 % der Bewerberinnen vermittelt und 60 % nicht vermittelt wurden. Deshalb ist die Suche nach alternativen Lösungen ein Gesetz der Zeit. Deswegen werden qualifizierte Unternehmensgründungen als Alternative zur Perspektivlosigkeit von jungen Menschen von uns unterstützt.

Die Verbindung von Schule und Wirtschaft kann ein Unterpfand für die Entwicklung der jungen Generation sein. Deshalb lassen Sie mich, bevor ich zum EnterpriseModell komme, etwas zu einem anderen Projekt ausführen.

Das Schulprojekt „Junior“ ermöglicht Schülern Unternehmensgründungen. Im Rahmen dieses Projekts können jeweils zehn bis 15 Schüler ab der 9. Klasse gemeinsam für den Zeitraum eines Schuljahres ein Junior-Unternehmen gründen. Sie entwickeln eigenständig eine Geschäftsidee und besetzen die Positionen in dem Unternehmen. Das Projekt kann an allen allgemein bildenden

und berufsbildenden Schulen durchgeführt werden. Es wird in 15 Bundesländern angeboten.

Bereits im Schuljahr 1994/1995 startete dieses Projekt in Sachsen-Anhalt. Damals gründeten 100 Schüler neun Junior-Unternehmen. Inzwischen haben in mehr als 1 500 Junior-Unternehmen knapp 20 000 Schülerinnen und Schüler die Wirtschaft live erlebt und die eigene Geschäftsidee verwirklicht. Aus unserer Sicht gilt auch hier: Früh übt sich, wer ein Meister werden will.