Protokoll der Sitzung vom 08.07.2005

Wir werden den Nachweis führen, dass deutliche Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen erreicht werden, ohne dass hierfür qualitative Einschränkungen in Kauf genommen werden müssen.

Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt: Das Einheitsforstamt ist ein Auslaufmodell. Der Gesetzentwurf enthält die Bestimmung der Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forstwirtschaft als untere Forstbehörde. Obere Forstbehörde bleibt das Landesverwaltungsamt.

Die fiskalische Aufgabe der Landeswaldbewirtschaftung wird die Landesregierung weiterhin einem Landesbetrieb nach § 26 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung übertragen, der jedoch mit grundlegend besseren Rahmenbedingungen ausgestattet sein wird.

Die Betreuung des Privatwaldes und die Waldpädagogik sollen in dem bisherigen Umfang fortgeführt werden. Die Landesregierung wird sie einem Landesbetrieb übertragen, der der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gar

tenbau als gesonderter Geschäftsbereich zugeordnet wird.

Ferner wird die Managementplanung für die FFH-Gebiete des Landes im Landesamt für Umweltschutz konzentriert.

Diese Grundstruktur hat das Kabinett am 5. April 2005 beschlossen. In den letzten Wochen und Monaten haben Arbeitsgruppen von Fachleuten - es war mir wichtig, dass die Förster selbst die Struktur mit entwickeln - in Zusammenarbeit mit dem Fachministerium intensiv an der Konzeption für die Forstverwaltung gearbeitet. Dabei hat sich bestätigt, dass die wesentlichen Kernaussagen des Gutachtens umgesetzt werden können.

Erstens kann die Trennung der Bewirtschaftung des Landeswaldes von den übrigen Aufgaben realisiert werden, ohne dass Nachteile für die Bürgerinnen und Bürger eintreten und ohne dass, wie von manchem vermutet, zusätzliche Bürokratie entsteht.

Zweitens wird die Bewirtschaftung des Landeswaldes mindestens kostendeckend erfolgen. Dies erreichen wir aber nicht durch den vermuteten Raubbau am Wald, sondern dadurch, dass die Organisationsstrukturen optimiert werden. Damit werden auf der Aufwandsseite deutliche Effizienzsteigerungen erreicht.

Die Bewirtschaftung des Landeswaldes wird in einem Landesbetrieb nach § 26 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung erfolgen. Da dieser Betrieb dann Gewinne erzielen kann, ist es nach den kürzlich von der Landesregierung verabschiedeten Grundsatzregelungen für Landesbetriebe künftig auch nicht mehr ausgeschlossen, Rücklagen für spätere Investitionen zu bilden. Somit gestalten wir einen unternehmerischen Landesbetrieb, der flexibel wirtschaften kann.

Meine Damen und Herren! Dieser Landesbetrieb wird eine gänzlich andere Qualität aufweisen als der bisherige, am 1. Januar 2002 gegründete Landesforstbetrieb.

Drittens erreichen wir die vom Gutachten prognostizierte Einsparung bei den Personalausgaben durch die Reduzierung um 384 Stellen bis zum Jahr 2011. Nach dem derzeitigen Stand kann mit 438 Stellen die Prognose des Gutachtens sogar übertroffen werden. Die Personalausgaben werden im Jahr 2011 um 19,3 Millionen € geringer sein als im Vergleichsjahr 2003. Dabei sind Gehaltssteigerungen bereits eingerechnet worden.

Hinzu kommt die Einsparung laufender Bewirtschaftungskosten für nicht mehr erforderliche Liegenschaften in einer Höhe von 448 000 € jährlich. Hierin sind die Verwertungserlöse noch nicht enthalten. Damit wird der Zuschussbedarf im Jahr 2011 um etwa 20 Millionen € geringer ausfallen als im Jahr 2004.

In den Personal- bzw. Finanzbedarf eingerechnet ist auch die Fortführung der waldpädagogischen Aufgaben, insbesondere die fünf Jugendwaldheime und das „Haus des Waldes“. Diese Aufgabe wurde zwar aus dem Katalog der Forstbehörde gestrichen, unter § 4 ist aber, weil es sich nicht um eine hoheitliche Aufgabe handelt, die Aufnahme einer inhaltlich gleich lautenden Zielbestimmung vorgesehen. Dies ermöglicht größere organisatorische Gestaltungsspielräume bei der Umsetzung der Waldpädagogik.

Noch ein Wort zur Betreuung der mehr als 18 000 Privatwaldbesitzer im Land. Deren unmittelbarer Ansprech

partner vor Ort ist der Revierförster. Bisher bestehen im Landesforstbetrieb 82 reine Privatwaldreviere und 46 gemischte Privat- und Landeswaldreviere. Nach derzeitigem Stand ist vorgesehen, in dem der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau zuzuordnenden Landesbetrieb 92 Privatwaldreviere zu bilden. Daraus können Sie ersehen, dass die Flächendichte bei der unmittelbaren Betreuung der Privatwaldbesitzer annähernd gleich bleibt.

Dagegen nehmen die Betreuungsforstämter überwiegend verwaltungstechnische Aufgaben wahr, die nicht den persönlichen Kontakt zum Waldbesitzer erfordern. Nach derzeitigem Stand wird es lediglich zehn Betreuungsforstämter geben.

An diesen Beispielen können Sie sehen, auf welche Weise es uns gelingt, die Kosten der Forstverwaltung deutlich zu senken, ohne die Qualität der Leistungen einschränken zu müssen.

Wir wollen, da viele Waldeigentümer ihren Wald nicht nutzen, eine Mobilisierungskampagne starten und mehr Privateigentümer motivieren, Forstbetriebsgemeinschaften beizutreten, und zwar sowohl zu ihrem eigenen Nutzen als auch zur verbesserten ortsnahen Versorgung der Holz verarbeitenden Industrie mit heimischen Rohstoffen.

Wir haben kürzlich eine Wunschzettelaktion in der Forstverwaltung durchgeführt, um ein Bild von den Wünschen der Beschäftigten zu erhalten. Dabei konnten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unverbindlich angeben, bei welcher Einrichtung sie nach der Reform tätig sein möchten. Das Ergebnis ist durchaus erfreulich: Etwa 90 % der Bediensteten haben sich daran beteiligt. Im Grunde können fast alle Stellen bereits aufgrund der erstrangigen oder der zweitrangigen Einsatzwünsche der Beschäftigten besetzt werden. Insofern sehe ich auch die Kritik der Gewerkschaften und der Personalvertretung in meinem Haus gelassen.

Ich gehe guten Gewissens davon aus, dass das Ministerium auch dieses zugegebenermaßen anspruchsvolle Reformprojekt meistern und zum Jahreswechsel erfolgreich umsetzen wird. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dem vorgelegten Gesetzentwurf. Durch diese Reform wird der Landesbetrieb besser aufgestellt, der Privatwaldbereich gestärkt und zugleich werden Budgetbelastungen deutlich reduziert werden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Wernicke. - Damit ist der Gesetzentwurf eingebracht worden und wir kommen zur Debatte darüber. Zunächst spricht Herr Czeke für die PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, im Gegensatz zu Ihnen halte ich das Einheitsforstamt nicht für ein Auslaufmodell.

(Zustimmung von Herrn Oleikiewitz, SPD, und von Herrn Felke, SPD)

Aber wenn wir in der Bundesrepublik Deutschland so weiterdümpeln, wie wir es tun, dann wird aus diesem lahmen Dampfer vielleicht noch ein Tauchboot.

Uns liegt ein Gesetzentwurf zu einer Reform vor. Wenn ich mir den Text ansehe, stelle ich fest: Abschnitt A - Zielsetzung - beginnt mit den Worten: „Die Forstverwaltung des Landes...“ Es trägt aber alles die Tarnbezeichnung „Waldgesetz des Landes Sachsen-Anhalt“.

Ich finde es schade, dass leider nur noch sehr wenige Interesse zeigen, wenn es um unseren Wald geht; auch die Besuchertribüne ist leer.

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass sie sich gerade füllt.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Okay. Die Besuchergruppe ist aber nicht bestellt gewesen.

Das ist wahrscheinlich auch wegen des Eindrucks, der in der Öffentlichkeit entsteht, so: Es ist doch alles ganz harmlos; damit werden zwei oder drei Worte geändert. - Es ist nicht harmlos. Die Einbringung dieses Gesetzentwurfes basiert - salopp gesagt - auf einem grottenschlechten Gutachten.

(Zustimmung bei der PDS)

Das ist durch die Öffentlichkeit gegangen. Der Inhalt des Gesetzentwurfes lässt nichts Besseres erahnen.

Zur Rohholzmobilisierung. Wenn ich in die Tagespresse schaue, dann sehe ich, dass die „Volksstimme“ am 1. Juli 2005 titelt: „Zu viel Holz in Deutschland - Branche setzt auf Export“. Wir wissen, gerade im Ausland gibt es jede Menge Holz, das zu weitaus niedrigeren Preisen auf unseren Markt drängt. Und wir wollen in unseren Privatwäldern - das halte ich für gut und richtig - mehr Holz mobilisieren. Wenn man jedoch nicht mehr Absatzmöglichkeiten schafft, wird Folgendes passieren: Der Preis geht nach unten. Kein Privatwaldbesitzer ist dann mehr dazu zu motivieren, sich - von wem auch immer - Rohholz mobilisieren zu lassen.

Der bestehende Landesforstbetrieb wird jetzt vollständig in die LLG überführt. Wir gründen dann einen neuen Landesforstbetrieb. Der Rest wird sich um die Privatwaldbetreuung kümmern. Das Land hat schon vor einiger Zeit eine Forstdienstleistungsgesellschaft ausgegründet, die die Bewirtschaftung des Treuhandwaldes und die Landschaftsgestaltung als Aufgaben hatte.

Mittlerweile konkurrieren im Hinblick auf die Wahrnehmung der Aufgabe der Landschaftsgestaltung Ein-EuroJobber mit den Bediensteten dieser Gesellschaft. Mir ist bekannt, dass bundesdeutsche Länder darüber nachdenken, mehrere Hundert Ein-Euro-Jobber - natürlich zusätzlich - in den Wald zu schicken, und zwar obwohl alle erklären, sie hätten einen Personalüberhang.

Frau Ministerin Wernicke, Sie haben eben stolz verkündet, dass sich 90 % der Beschäftigten an der Aktion in der Forstverwaltung beteiligt haben. Ich kann Ihnen jetzt Folgendes nicht ersparen: Einer Ihrer höchsten Forstbeamten hat irgendwann einmal geäußert - ich zitiere -: „Wenn man einen Personalüberhang produziert, ist natürlich auch ein Zwang da, jede Aufgabe zu übernehmen.“

Zum Personalüberhang haben Sie schon etwas gesagt. Voller Stolz erklärten Sie, dass die in dem Gutachten in

Bezug auf den Personalabbau prognostizierten Zahlen noch überschritten würden; 438 Stellen würden bis zum Jahr 2011 abgebaut. In den mir vorliegenden Unterlagen steht: noch verbleibender Überhang 81 Stellen, und zwar trotz des Abbaus von 438 Stellen.

Ich konnte Ihrem heutigen Angriff - das war PR-mäßig sehr gut gemacht - entnehmen, dass jeder eine sinnvolle Aufgabe erhalten wird. Wenn es so ist, dass auch schon heute jeder eine sinnvolle Aufgabe hat, dann frage ich ganz verblüfft: Warum müssen wir die Strukturen der Einheitsforstverwaltung zerschlagen?

Wir wissen nicht, wer danach für die Bürgerinnen und Bürger der Ansprechpartner ist. Wir haben dann in den ALFFs - ich hätte nicht gedacht, dass meine Idee, ein F an die Abkürzung anzuhängen und die Ämter umzubenennen, in die Tat umgesetzt wird - einen beratenden Förster, der keinen Forstbezug mehr hat. Er muss das Förderziel einschätzen und kommt, zum Beispiel weil er nur einmal begutachtet hat, dabei zu dem Ergebnis: Das Geld muss zurückgezahlt werden. Im Einheitsforstamt war das anders. Es gab einen Ansprechpartner für alle diejenigen, die eine Frage hatten.

Die Motivation der Beschäftigten ist doch gleich null, wenn sie nicht sogar im Minusbereich liegt. Ich habe Hochachtung vor Herrn Streletzki, der gesagt hat, er mache das nicht mit, und um Versetzung gebeten hat. Ich war vorher nicht immer ganz seiner Auffassung zu dem, was dort gewesen ist.

Zur Forstwirtschaft so viel: Herr Stadelmann hat es vorhin in seinem Beitrag zum Thema ländliche Räume auch schon wieder unterlassen, auf die Forstwirtschaft einzugehen. Er sprach nur von der Landwirtschaft als dem Prägenden. Leider ist die Forstwirtschaft auch dabei. Wenn wir das unterlassen, dann machen wir diesen Fehler erneut.

(Frau Brakebusch, CDU: Das weiß man doch!)

Frau Wernicke, es gibt wiederum kein Personalkonzept. Ich kann mich an die Jahre in den letzten Legislaturperioden erinnern, in denen wir von der SPD-Regierung immer das Personalkonzept gefordert haben. Es ist nicht zu Ende gedacht. Es sollen 438 Personalstellen abgebaut werden. Es bleibt ein Überhang von 81 Personalstellen.

Das wird nicht nur so dahergeredet: Es wird sich verteuern. Sie sagen nicht, dass die Kollegen in deutlich größerem Umfang durch die Gegend fahren müssen. Auch das Bundesland Bayern kommt zu dem Schluss, dass die Zerschlagung des Einheitsforstamtes Probleme bringt. Eine reine Holzeinschlagbrigade, wie sie der neue Landesforstbetrieb sein soll, birgt immer die Gefahr der Übernutzung unserer Wälder, weil andere Aspekte aus dem Auge verloren werden.

Die Schlacht ist zwar erst eröffnet, ich weiß aber schon jetzt: Wir haben sie wegen der bekannten Mehrheit bereits verloren. Wir werden uns im Ausschuss garantiert sehr offen darüber streiten. Ich hoffe, dass wir in dieser Angelegenheit noch ein Umdenken erreichen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Czeke. - Bevor wir den Beitrag der FDP-Fraktion hören, freuen wir uns, Schülerinnen und

Schüler der Humboldt-Sekundarschule aus Naumburg begrüßen zu können.