Entwurf eines Gesetzes über die Studentenwerke im Land Sachsen-Anhalt (Studentenwerksgesetz - StuWG)
Ich erteile zunächst als Einbringer für die Landesregierung Herrn Kultusminister Professor Olbertz das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im September 1991 wurden mit dem Gesetz über die Studentenwerke im Land Sachsen-Anhalt die Studentenwerke Halle und Magdeburg gebildet. Sie haben sich seitdem als Partner der Hochschulen zu leistungsstarken Sozial- bzw. Serviceeinrichtungen für die Studierenden und darüber hinaus zu nicht unbedeutenden Wirtschaftsunternehmen und damit Arbeitgebern in der Region entwickelt.
Die von mir vorgelegte Neufassung des Studentenwerksgesetzes schreibt die wesentlichen Elemente des alten Gesetzes fort, trägt aber der seit Jahren fortschreitenden positiven Entwicklung und Verselbständigung der Studentenwerke Rechnung. Der Entwurf folgt den aktuellen Trends und Anforderungen an eine moderne studentische Serviceeinrichtung. Es schafft für die Studentenwerke die erforderlichen Voraussetzungen, um den Kunden oder Nutzern dienlich zu sein und sie bei der Gestaltung ihres sozialen Umfelds im Hochschulstudium bzw. am Hochschulort zu unterstützen.
Um dieser Zielstellung genügen zu können, sind in den Entwurf die Erfahrungen der letzten Jahre und Ansprüche der Studentenwerke selbst in maßgeblichem Umfang eingeflossen. Auch eine Analyse des bundesweiten Sachstandes in den Ländergesetzen und die gesammelte Kompetenz der Trägergesellschaft der deutschen Studentenwerke, DSW, fanden Eingang in die Neufassung des Studentenwerksgesetzes.
Das Gesetz enthält den geringstmöglichen, zugleich aber notwendigen und erforderlichen Regelungsrahmen. Der Staat hat nämlich die Aufgabe, größtmögliche Freiräume für die wirtschaftliche Betätigung der Studentenwerke zu schaffen und dafür Sorge zu tragen, dass wirtschaftliche Effizienz unmittelbar sozialen Leistungen, das heißt einem anspruchsvollen und modernen Angebotsspektrum für die Studierenden, zugute kommt.
Im Einzelnen wird mit der Konkretisierung und Begrenzung der Grundaufgaben der Studentenwerke auf soziale, wirtschaftliche, kulturelle und sportliche Förderung der Studierenden ein klarer Rahmen abgesteckt. Zur Erfüllung dieser Aufgaben nutzen die Studentenwerke eigene oder von ihnen betriebene Landeseinrichtungen. Sie können Aufgabenbereiche auf Dritte übertragen, wenn das Angebot eigener Dienstleistungen nicht möglich oder nicht ausreichend effizient ist.
Auch können sie künftig, allerdings bei strikter Wahrung der Gemeinnützigkeit, Tätigkeitsfelder auslagern und eigene Unternehmen gründen, um damit neue Möglichkeiten zur Kostensenkung und zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit zu erschließen. Gestärkt wird auch die Eigenverantwortung der Studentenwerke im Umgang mit den Eigenmitteln, mit den Regelungen zur Beitragspflicht und zur Ermittlung und Bereitstellung der Landeszuschüsse sowie bei der Stärkung der Autonomie ihrer Gremien.
Gleichzeitig folgt das neue Studentenwerksgesetz dem Grundsatz der Landesregierung, die Regelungsdichte abzubauen. Es ist ein klar strukturiertes, knappes Regelwerk, das die staatlichen Aktionsräume und Aufsichtsrechte minimiert, die Satzungsautonomie des Studentenwerks stärkt und übersichtliche, schlanke Gremienstrukturen schafft, die übrigens künftig nur noch zweistufig sind.
Eine tragende Säule des neuen Gesetzes ist die Änderung der Finanzierung. Staatliche Zuschüsse sollen künftig auf der Basis von Leistungsvereinbarungen über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren erfolgen. Eckpfeiler dieser Leistungsvereinbarungen werden Kennziffern sein, die die wirtschaftliche Entwicklung der Studentenwerke und den effizienten Einsatz staatlicher Mittel dokumentieren und dabei den sozialen Auftrag der Studentenwerke freilich in den Vordergrund auch seiner wirtschaftlichen Maximen stellen.
Meine Damen und Herren! Die Studentenwerke haben sich zu leistungsstarken Dienstleistungsunternehmen für die Studierenden und die Hochschulen entwickelt. Sie bestimmen maßgeblich die Attraktivität der Hochschulstandorte in unserem Land mit. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben und zur Deckung der dazu erforderlichen Ausgaben benötigten sie im Jahr 1992 noch fast 50 % als Landeszuschuss, der bis zum Jahr 2004 auf durchschnittlich 20 % abgesenkt werden konnte.
Mit der Schaffung von Planungssicherheit über einen längeren Zeitraum, der Möglichkeit der Ausgründung kostenintensiver Teilbereiche und der Aufgabenübertragung an Dritte wie übrigens auch mit der Möglichkeit des Abschlusses von Haustarifverträgen soll eine Grundlage für eine weitere Stärkung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Studentenwerke gelegt werden.
Die Studentenwerke sind faktisch mittlere Wirtschaftsunternehmen im Sinne des Handelsgesetzbuches. Sie wenden die kaufmännische doppelte Buchführung an und unterliegen der Prüfung durch Wirtschaftsprüfungsunternehmen. In diesem Sinne hält das Gesetz auch fest, dass die Landeshaushaltsordnung auf die Arbeit der Studentenwerke nicht mehr angewendet wird, sondern die Aufgabenerfüllung, wirtschaftliche Betätigung, Leistungsdokumentation und Mittelabrechnung über die inneren Regelungen des Gesetzes selbst erfolgen.
Das neue Studentenwerksgesetz ist ein modernes Gesetz, das die Studentenwerke und damit die Anforderun
gen an die Attraktivität des sozialen Umfeldes der Hochschulstandorte Sachsen-Anhalts weiterentwickelt. Es bestimmt damit den Trend einer modernen Studentenwerksgesetzgebung auch in anderen Bundesländern mit.
Im Ergebnis des Anhörungsverfahrens mit 30 Einrichtungen, Verbänden und Institutionen, den Studentenwerken und den Studierendenschaften bestätigte sich dieser hohe Anspruch. Der Gesetzentwurf insgesamt erhielt eine breite Zustimmung. Das gilt vor allem im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzentwurfes zur Schaffung effizienterer Strukturen und schnellerer Entscheidungsabläufe. Aber auch die Straffung der Organstrukturen, die Möglichkeit der Unternehmensgründung und die Globalzuschüsse mit Leistungsvereinbarungen fanden weithin Zustimmung.
Allerdings mussten bestimmte Anregungen auch unberücksichtigt bleiben, zum Beispiel wenn die Erwartungen von Interessenverbänden nicht kompatibel mit den Sichtweisen der Aufgaben- und Gewährträger waren. Dazu gehört auch die von den Personalräten und von ver.di gewünschte stärkere Mitarbeiterbeteiligung in den Gremien. Diesem Anliegen konnte so nicht gefolgt werden, da die Interessenvertretung durch das Personalvertretungsgesetz geregelt ist und nicht primäre Zielrichtung eines Studentenwerksgesetzes sein kann.
Meine Damen und Herren! Die Landesregierung legt Ihnen ein zeitgemäßes, auf soziale Verpflichtung, Angebotsqualität und -vielfalt sowie wirtschaftliche Effizienz ausgelegtes Gesetz vor, für das ich Sie um Ihre Zustimmung bitte. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Olbertz. - Die Debatte der Fraktionen beginnt mit einem Beitrag der Linkspartei.PDS. Es spricht Herr Höhn. Bitte schön.
Herr Präsident, gestatten Sie mir am Anfang den Hinweis, dass im Namen der Partei, der ich vorstehe, der Punkt zu sehen, aber nicht zu hören ist.
(Frau Budde, SPD: Das kommt darauf an, wie man es ausspricht! - Herr Dr. Sobetzko, CDU: Das verstehe ich nicht!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Gesetzentwurf. Die Studentenwerke waren ursprünglich reine studentische Selbsthilfeeinrichtungen. In ihrer mehr als 80-jährigen Geschichte haben sie sich zu modernen Dienstleistungsunternehmen für Studierende entwickelt. Gegenwärtig befinden sie sich bundesweit erneut im Umbruch. So wie sich das Hochschulsystem seit den 90er-Jahren in einer Reformphase befindet, so werden auch die Studentenwerke mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Die Finanzknappheit des Staates fällt zusammen mit unverkennbaren Tendenzen der Deregulierung und Entstaatlichung.
Vor diesem Hintergrund durfte man gespannt sein, welche Veränderungen dieser Gesetzentwurf beabsichtigt. Nach seiner Durchsicht kann festgestellt werden, dass er den gesellschaftlichen Grundkonsens, die sozialen
Rahmenbedingungen des Studierens zu fördern, nicht verlässt. Es bleibt bei dem gesetzlichen Auftrag, die Dienstleistungen im sozialen und wirtschaftlichen Bereich für den Lebensraum Hochschule anzubieten.
Die Studentenwerke operieren im Spannungsfeld zwischen sozialer Preisgestaltung und kostenfreiem Angebot sozialer Dienste einerseits sowie der Notwendigkeit zur Erwirtschaftung kostendeckender Einnahmen andererseits. Diese Synergieeffekte bleiben auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möglich. Er bietet den Studentenwerken bessere Voraussetzungen zur Aufgabenerfüllung.
Wir sehen auch die Mitbestimmung der Studierenden als Akteure oder so genannte Konsumenten im Aufsichtsgremium gestärkt. Es ist sinnvoll, die Gremienstruktur durch den Verzicht auf den Vorstand zu vereinfachen. Dadurch können Verfahren und Entscheidungen beschleunigt und Parallelarbeiten vermieden werden.
Erstens. Eine Budgetierung über Zielvereinbarungen anzustreben halten wir für folgerichtig. Dabei gehen wir jedoch davon aus, dass die Mittel nicht schrittweise heruntergefahren werden. Diese Anmerkung scheint nötig, weil die Frage der Absicherung künftiger Investitionsmaßnahmen insbesondere im Bereich der Mensen nicht aus dem Blickwinkel geraten darf.
Zweitens. Wir werden das Vorhaben nicht behindern, die Übertragung von Aufgaben an Dritte zu ermöglichen. Es sei dennoch schon jetzt gesagt, dass diese Entwicklung aufmerksam beobachtet werden sollte; denn die Studentenwerke dürfen ihre eigene wirtschaftliche Basis damit nicht preisgeben.
Drittens. Die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten über Haustarifverträge zu regeln ist nur dann akzeptabel, wenn zunächst niemand schlechter gestellt wird. Ausgangspunkt sind für uns die Tarifverträge des Landes. Entwicklungspotenzial sehen wir auf dieser Basis in der Einführung von motivierenden leistungsbezogenen Elementen. Ich will aber gern zugeben, dass in dieser Anmerkung Skepsis mitschwingt, berücksichtigt man die Entwicklungen in anderen Ländern.
Viertens. In Sachen Wahrung von Kontrollrechten haben wir allerdings noch erheblichen Beratungsbedarf. Die Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung wurden nicht nur widersprüchlich ausgeblendet, sondern entziehen insbesondere dem Landtag seine Kontrollrechte und -pflichten. Zudem ist bislang nicht vorgesehen, den Landtag in die Vorbereitung der Zielvereinbarungen einzubeziehen. Solange öffentliche Gelder in die Studentenwerke fließen, können und sollten diese Kontrollaufgaben nicht reduziert werden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf dieses Gesetz wurde seit längerer Zeit gewartet. Insofern sollte die Verabschiedung durch den Landtag zügig erfolgen. Ich beantrage eine Überweisung zur federführenden Beratung in den Bildungsausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Höhn. Das war also der Beitrag der Linkspartei.PDS. Herr Höhn, Sie haben bemerkt, dass
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Das Entscheidende sind nie Satzungen oder Geldmittel, sondern Menschen.“ Dieser Satz steht an zentraler Stelle im 1921 verabschiedeten Gründungsprogramm der Vorläuferorganisation der heutigen Studentenwerke. Er hat bis heute nichts von seiner Bedeutung eingebüßt und kann als Essenz der Aufgaben aller Studentenwerke in Deutschland angesehen werden.
Die Studentenwerke haben sich im Verlauf einer 80-jährigen Geschichte zu Einrichtungen entwickelt, die mit ihrer Tätigkeit im Interesse der Studierenden für die Rahmenbedingungen sorgen, die zur Attraktivität eines Hochschulstandortes unmittelbar dazugehören.
Seit der Wiedergründung der beiden Studentenwerke in Sachsen-Anhalt, in Halle und in Magdeburg, vor 15 Jahren wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich die Studierenden aller Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt überhaupt auf das Studium konzentrieren können. Dabei geht die Aufgabe der Studentenwerke weit über die Befriedigung der primären Bedürfnisse wie Speisen- oder Wohnraumangebot hinaus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den in dieser Legislaturperiode verabschiedeten Gesetzen haben wir neben den Hochschulen auch den assoziierten Einrichtungen und den dort tätigen Akteuren gesetzliche Freiheit gegeben. Die konsequente Ausstattung aller Hochschulen des Landes mit einem Globalbudget steht dabei beispielhaft für den Abbau der Regelungsdichte und für den Rückgang der staatlichen Einflussnahme in der Wissenschaft. Lehre und Forschung brauchen kreative Freiräume und keine kameralistische Bevormundung bis zum letzten Bleistift. Der eingeschlagene Weg führt aus meiner Sicht in die richtige Richtung und muss konsequent fortgesetzt werden.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir nun auch den Studentenwerken zusätzliche Freiheitsgrade. Dabei ist es jedoch wesentlich, dass sich das Land weiter und nachdrücklich zu seiner Verantwortung für die Studentenwerke, auch zu seiner finanziellen Verantwortung für die Studentenwerke bekennt. Ihre Arbeit ist für die meisten Studierenden eine notwendige Bedingung für einen erfolgreichen Studienabschluss. Deshalb ist es richtig, wenn der Gesetzentwurf die Zuschüsse des Landes als eine Säule der Finanzierung der Studentenwerke festschreibt.
Die geplante Ausreichung der Zuschüsse als Globalbudget verbunden mit dem Abschluss von Leistungsvereinbarungen begrüße ich dabei ausdrücklich. Die Verantwortung des Staates und die Erhöhung des Gestaltungsspielraumes der Studentenwerke lassen sich mit diesem Instrumentarium vereinbaren. Ebenso befürworte ich die Möglichkeit der Gründung von Unternehmen, wenn sich damit die Aufgabe besser und effektiver umsetzen lässt.
Zu einer effektiven Aufgabenerfüllung und zu einem effizienten Umgang mit den Finanzen gehört schließlich die Beschränkung der Verwaltungsstrukturen auf das not
wendige Maß. Es ist aus meiner Sicht deshalb auch notwendig, neben dem Geschäftsführer lediglich einen Verwaltungsrat als oberstes Beschlussgremium zu belassen und die Verantwortung des Geschäftsführers für den laufenden Geschäftsbetrieb zu erhöhen.
Meine Damen und Herren! Nach 15 Jahren passen wir die Regelungen über die Studentenwerke den aktuellen Entwicklungen an. Ich bin zuversichtlich, dass damit auch zukünftig die Menschen, die Studentinnen und Studenten Sachsen-Anhalts, im Mittelpunkt der Arbeit der Studentenwerke stehen werden. In diesem Sinne stimmen wir der Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zu. - Besten Dank.